Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 04.01.2010

OVG Berlin-Brandenburg: form, vollziehung, aussetzung, verwaltungsverfahren, aufenthaltserlaubnis, rechtswidrigkeit, sammlung, quelle, link, fax

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 S 12.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 58 Abs 1 VwGO, § 58 Abs 2
VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 82
Abs 1 S 1 VwGO, § 146 Abs 4
VwGO
Einstweiliger Rechtsschutz gegen Abschiebung
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 4. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500,- € festgesetzt.
Gründe
Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde mangels Angabe einer ladungsfähigen
Anschrift der Antragstellerin, die – ausweislich der Feststellungen des Antragsgegners
vom 17. März 2009 und ihrer eigenen Angaben vom 27. April 2009 – derzeit
unbekannten Aufenthalts ist, bereits unzulässig ist (§ 82 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).
Denn die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil sie entgegen § 146 Abs. 4 Satz
1, Satz 3 VwGO nicht begründet worden ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Zwar ist die Monatsfrist für die Begründung der Beschwerde (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO)
gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nicht in Gang gesetzt worden. Nach dieser Vorschrift beginnt
die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der
Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen
der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder
elektronisch belehrt worden ist. Eine Rechtsmittelbelehrung ist nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur dann fehlerhaft, wenn sie die in § 58 Abs. 1
VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält. Sie ist es vielmehr auch dann, wenn
ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der geeignet ist, beim
Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in
Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den
Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (vgl. BVerwG,
vom 21. März 2002 – 4 C 2.01 –, DVBl. 2002, 1553 m.w.N.). In diesem Sinne irreführend
ist der in der der Antragstellerin erteilten Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene Hinweis,
dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich
zu begründen ist. Denn er ist nach dem objektiven Empfängerhorizont geeignet, den
Eindruck zu erwecken, dass die Beschwerde nicht in elektronischer Form begründet
werden kann, obwohl seit dem 1. Januar 2010 die Möglichkeit besteht, die Begründung
bei dem erkennenden Gericht auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten
elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes auf dem unter veröffentlichten
Kommunikationsweg (vgl. Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der
Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. 1183 in der Fassung der Zweiten
Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) einzureichen (vgl. VG Trier,
Urteil vom 22. September 2009 – 1 K 365/09.TR –, juris, Rn. 25, 28). Die Verweisung auf
das Erfordernis, die Begründung schriftlich einzureichen, erschwert dem Betroffenen die
Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Es ist durchaus denkbar,
dass die Einreichung der Beschwerdebegründung in elektronischer Form – für den
Beteiligten persönlich ebenso wie für dessen Bevollmächtigten – eine erhebliche
Vereinfachung der Einlegung bzw. rechtzeitigen Einlegung des Rechtsbehelfs gegenüber
der Einreichung durch Einwurf in den Gerichtsbriefkasten, per Post bzw. Boten oder Fax
darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 – 6 C 77.78 –, BVerwGE 57, 188,
190 f. m.w.N.).
Weiter ist auch die Jahresfrist, die § 58 Abs. 2 VwGO für den vorliegend gegebenen Fall
einer im Sinne dieser Vorschrift unrichtig erteilten Belehrung vorsieht, noch nicht
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einer im Sinne dieser Vorschrift unrichtig erteilten Belehrung vorsieht, noch nicht
abgelaufen. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anspruch darauf, diese Frist im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren auszuschöpfen, da die im streitgegenständlichen
Bescheid verfügte Abschiebungsandrohung – wie ihr bekannt – nach zwischenzeitlichem
Ablauf der Ausreisefrist vollstreckbar ist und ihr durch das Beschwerdegericht unter
Fristsetzung Gelegenheit gegeben worden ist, abschließend vorzutragen. Hinzu kommt,
dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin diese bereits im
Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten hat, sodass
er mit den hier maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen vertraut ist (vgl. OVG Berlin-
Brandenburg, Beschluss vom 17. Juni 2008 – OVG 12 S 87.08 –).
Unabhängig davon ist auch nicht ersichtlich, dass das private Interesse der
Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners
vom 13. Februar 2009 in der Fassung vom 19. Februar 2009 das öffentliche
Vollzugsinteresse überwiegt. Die Ablehnung ihres Antrages auf Verlängerung ihrer
Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit (§ 21 der
Aufenthaltsgesetzes – AufenthG –) erweist sich nach summarischer Prüfung als
offensichtlich rechtmäßig. Einem entsprechenden Anspruch der Antragstellerin steht –
wie in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zutreffend im Einzelnen
ausgeführt (S. 3 BA) – bereits entgegen, dass die allgemeine
Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts (§ 5 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG) nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht erfüllt ist, ohne dass
Anhaltspunkte für atypische Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich wären, die
eine Abweichen vom Regelfall begründen könnten. Schließlich spricht auch nichts für die
Rechtswidrigkeit der im streitgegenständlichen Bescheid verfügten
Abschiebungsandrohung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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