Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017
OVG Berlin-Brandenburg: bebauungsplan, windenergie, deponie, gemeinde, ausweisung, gewerbe, windkraftanlage, amtsblatt, stadt, begriff
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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 A 18.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 7 BauGB, § 4a Abs 3 S
4 BauGB, § 1a Abs 3 S 4
BauGB, § 8 Abs 2 S 1 BauGB, §
35 Abs 3 S 3 BauGB
Normenkontrolle eines Bebauungsplans für eine
Windkraftanlage - Änderung des Bebauungsplanentwurfs nach
Öffentlichkeitsbeteiligung
Leitsatz
1. Die mit der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verbundene Ausweisung von
Sondergebieten für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan schließt es nicht aus, die
Errichtung solcher Anlagen in den Konzentrationszonen durch einen Bebauungsplan einer
Feinsteuerung, z.B. durch Festlegung der Standorte für einzelne Anlagen zu unterziehen (wie
BVerwG, Beschlüsse vom 27. November 2003 - 4 BN 61.03 - und vom 25. November 2003 - 4
BN 60.03 -).
2. Die durch den Flächennutzungsplan in diesen Fällen begründete Aussicht auf Übernahme
entsprechender Darstellungen in den Bebauungsplan ist als abwägungserheblicher Belang zu
berücksichtigen, wenn die Flächen für die Windenergienutzung im Bebauungsplan
eingeschränkt werden.
Tenor
Der Bebauungsplan NAU 45/04 „Industriegebiet Schwanebecker Weg“ der Stadt Nauen
vom 1. November 2006, bekanntgemacht im Amtsblatt für die Stadt Nauen vom 9.
Februar 2007, ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen den Bebauungsplan NAU 45/04
„Industriegebiet Schwanebecker Weg“ der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin beabsichtigt, auf dem im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans
gelegenen Grundstück Flur 2..., Flurstück 2... der Gemarkung Nauen, eine
Windkraftanlage mit einer Gesamthöhe von 149,30 m und einer Nennleistung von 2000
kW zu errichten und zu betreiben. Ihren hierfür unter dem 10. November 2006 gestellten
Genehmigungsantrag lehnte das Landesumweltamt Brandenburg mit Bescheid vom 22.
Juni 2007 unter Berufung auf die Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans ab,
da sich der geplante Standort in einem als eingeschränktes Industriegebiet
ausgewiesenen Planbereich befinde, in dem nur Gewerbe- und Industriebetriebe,
Lagerhäuser und Lagerplätze des deponiebezogenen Gewerbes (d.h. Betriebe mit
Synergieeffekten zur Deponie) zulässig seien. Diese Einschränkung treffe auf die
geplante Windkraftanlage nicht zu, die allein der Stromerzeugung diene und keinen
besonderen Deponiebezug habe. Über die von der Antragstellerin gegen die
Genehmigungsversagung beim Verwaltungsgericht Potsdam – 5 K 1951/07 – erhobene
Klage ist noch nicht entschieden.
Das etwa 50,14 ha große Plangebiet des angegriffenen Bebauungsplans liegt
südwestlich von Nauen zwischen den Ortsteilen Neukammer und Schwanebeck an der
Verbindungsstraße zwischen diesen Ortsteilen, dem Schwanebecker Weg. In dem Gebiet
befinden sich u.a. die Hausmülldeponie des Landkreises Havelland mit einem
abgeschlossenen Deponiealtkörper und einem gegenwärtig noch betriebenen
Deponieabschnitt sowie südlich davon eine von der A... betriebene mechanisch-
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Deponieabschnitt sowie südlich davon eine von der A... betriebene mechanisch-
biologische Abfallbehandlungsanlage. Im östlichen, zuvor durch den Bebauungsplan NAU
36/99 „Windpark Nauen II“ der Antragsgegnerin überplanten Teil des Plangebiets
befinden sich drei durch diesen Bebauungsplan ausgewiesene Windkraftanlagen, die
durch einen östlich an dem Deponiekörper vorbeiführenden Wirtschaftsweg erschlossen
werden. Ziel der Planung war es nach der Begründung des Bebauungsplans, ein
Abfallwirtschaftszentrum zu entwickeln, auf dem sich vor allem „die deponiebezogenen
Gewerbebetriebe (mit Synergieeffekten zur Deponie)“ ansiedeln sollten.
Das Plangebiet liegt in dem durch den Sachlichen Teilplan „Windenergienutzung“ des
Regionalplanes Havelland-Fläming ausgewiesenen Eignungsgebiet für die
Windenergienutzung „Nauener Platte“. Der Teilplan war von der Regionalversammlung
am 2. September 2004 als Satzung beschlossen und im Amtsblatt für Brandenburg vom
2. März 2005 (ABl. S. 318) bekannt gemacht worden. Mit Urteil vom 25. Oktober 2007 –
OVG 10 A 2.06 – erklärte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Plan
wegen eines Ausfertigungs- und Bekanntmachungsfehlers für unwirksam. Die Satzung
vom 2. September 2004 und der Teilplan wurden hierauf im Amtsblatt für Brandenburg
vom 30. April 2008 (ABl. S. 1127) erneut bekanntgemacht.
In dem parallel zu dem angegriffenen Bebauungsplan aufgestellten Flächennutzungsplan
der Antragsgegnerin, dessen räumlich und sachlich eingeschränkte Genehmigung durch
den Landkreis Havelland im Amtsblatt für die Stadt Nauen vom 22. Dezember 2006 (S.
4) bekannt gemacht wurde, wird das Gebiet des Bebauungsplans teils als „Fläche für
Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung sowie für
Ablagerungen“ mit der Zweckbestimmung „Abfall“ und im Übrigen als „Gewerbliche
Baufläche“ ausgewiesen. Ein das Bebauungsplangebiet mit umfassendes größeres
Gebiet wird durch eine Randsignatur als „Sonderbaufläche für Windenergie“
gekennzeichnet, wobei im Wege einer textlichen Darstellung angeordnet wird, dass die
Sonderbauflächen ein Entgegenstehen öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3
Satz 3 BauGB im übrigen Gemeindegebiet, das keine entsprechende Darstellung
aufweist, begründen. In der Ausgangsfassung des Flächennutzungsplans war die
Sonderbaufläche durch eine gepunktete Linie in zwei Bereiche geteilt und im westlichen
Teil eine Höhenbeschränkung für bauliche Anlagen von 150 m angeordnet. Mit Beschluss
vom 28. Januar 2008, dessen Genehmigung im Amtsblatt für die Stadt Nauen vom 7.
Mai 2008 bekanntgegeben wurde, wurde diese Linie gestrichen und die
Höhenbegrenzung auf die gesamte Sonderbaufläche für Windenergie ausgedehnt.
Dem angegriffenen Bebauungsplan liegt im Wesentlichen das folgende Verfahren
zugrunde:
Der Aufstellungsbeschluss wurde am 18. August 2004 gefasst und im Amtsblatt für die
Stadt Nauen vom 17. September 2004 bekannt gemacht. Mit dem Verfahren sollte das
bereits begonnene Aufstellungsverfahren des Bebauungsplans NAU 44/04
„Industriegebiet an der Deponie“ weitergeführt werden. Nach Durchführung der
frühzeitigen Bürgerbeteiligung sowie erster Beteiligung der Behörden und sonstigen
Träger öffentlicher Belange wurde der Planentwurf im Mai 2005 geändert und neben den
drei bereits vorhandenen Windkraftanlagen des Windparks Nauen II an dem nunmehr
auch von der Antragstellerin für ihre Anlage angestrebten Standort eine weitere
Windkraftanlage ausgewiesen. Diese Fassung des Planentwurfs wurde vom Ausschuss
für Bau, Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft der Antragsgegnerin am 23. Juni 2005
abgelehnt. In dem im Oktober 2005 nochmals überarbeiteten Planentwurf wurde auf die
zusätzliche Windkraftanlage verzichtet. Der Entwurf wurde vom 5. Dezember 2005 bis
zum 6. Januar 2006 öffentlich ausgelegt. Unter Berücksichtigung der hierauf
eingegangenen Stellungnahmen, vor allem von Hinweisen des Landesumweltamtes zum
Immissionsschutz, wurde er auf der Grundlage einer zur Festsetzung flächenbezogener
Immissionskontingente erstellten Schallprognose erneut überarbeitet und vom 26. Juni
2006 bis zum 26. Juli 2006 ausgelegt. Nach der Auslegung gingen weitere
Stellungnahmen ein, darunter ein Schreiben des Landkreises Havelland vom 4. Juli 2006
mit Anregungen und Hinweisen der Unteren Naturschutzbehörde, vor allem zu den
Anordnungen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Aufgrund dieser Stellungnahme
wurden der Plan einschließlich der textlichen Festsetzungen sowie der Begründung
nochmals überarbeitet. Die Antragsgegnerin teilte den Betroffenen die Änderungen mit
Schreiben vom 14. Juli 2006 unter Beifügung der mit der Verwaltung abgestimmten
Abwägungsvorschläge mit. Am 1. November 2006 billigte die
Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Abwägungsvorschläge und
fasste den Satzungsbeschluss, der am 9. Februar 2007 im Amtsblatt für die Stadt
Nauen bekannt gemacht wurde.
Der Bebauungsplan enthält im Wesentlichen folgende Festsetzungen:
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Für das Gelände der Deponie nebst Erweiterungsflächen wird eine Fläche „für
Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung sowie für
Ablagerungen“ festgesetzt. Ein im Westen des Plangebiets liegendes Areal, in dem sich
eine ehemalige Fettrückstandsdeponie befindet, wird als Gewerbegebiet (GE)
ausgewiesen. Daneben werden fünf eingeschränkte Industriegebiete (bezeichnet als GIe
1, 2, 3, 4-1 und 4-2) festgesetzt. Der von der Antragstellerin geplante Standort für die
Errichtung der Windkraftanlage liegt in dem eingeschränkten Industriegebiet GIe 2, in
dem sich auch die mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage befindet. Die von
den bestehenden drei Windkraftanlagen beanspruchten Flächen werden als
Sondergebiete mit der Zweckbestimmung Windenergie ausgewiesen. Außerdem werden
u.a. Flächen für Anpflanzungen festgesetzt. In den textlichen Festsetzungen wird
insbesondere die Art der Nutzung im Gewerbegebiet und in den eingeschränkten
Industriegebieten näher bestimmt, wobei für beide eine Einschränkung auf „Gewerbe-
und Industriebetriebe, Lagerhäuser und Lagerplätze des deponiebezogenen Gewerbes
(d.h. Betriebe mit Synergieeffekten zur Deponie)“ erfolgt (Ziff. 1.1 und 1.2 der textlichen
Festsetzungen). Ferner werden Kompensationsmaßnahmen zum Ausgleich für Eingriffe
in Natur und Landschaft angeordnet.
Die Antragstellerin hat den Normenkontrollantrag am 29. August 2007 gestellt. Zur
Begründung macht sie zusammengefasst geltend:
Die nach § 4 a Abs. 3 Satz 1 BauGB gebotene erneute Auslegung und Einholung von
Stellungnahmen nach Änderung des Planentwurfs sei versäumt worden. Nach der
letzten Auslegung des Entwurfs seien die Anordnungen zum Schutz, zur Pflege und zur
Entwicklung von Natur und Landschaft maßgeblich verändert worden. Die das
eingeschränkte Industriegebiet GIe 2 betreffende Kompensationsregelung sei dabei nicht
nur umformuliert worden, sondern weise auch neue inhaltliche Regelungen auf. Von der
deshalb gebotenen erneuten Auslegung habe die Antragsgegnerin aber abgesehen.
Daneben sei die textliche Festsetzung unter Ziff. 1.2 (Art der baulichen Nutzung in den
eingeschränkten Industriegebieten) hinsichtlich der Einschränkung auf Betriebe des
„deponiebezogenen Gewerbes“ zu unbestimmt. Dieser Begriff sei sowohl einer engen
als auch einer weiten Auslegung zugänglich, ohne dass ein eindeutiges
Auslegungsergebnis feststehe. Darüber hinaus seien die Einschränkungen zur Art der
Nutzung in dem Gewerbegebiet und in den Industriegebieten unzulässig. Die allgemeine
Zweckbestimmung dieser Gebiete sei nicht gewahrt und die Voraussetzungen des § 1
Abs. 9 BauNVO für einen Ausschluss bestimmter Arten baulicher oder sonstiger Anlagen
lägen nicht vor. Der Bebauungsplan verstoße bei der Auslegung, dass in dem
eingeschränkten Industriegebiet Windenergieanlagen nicht zulässig seien, außerdem
gegen das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Der Flächennutzungsplan
enthalte für den fraglichen Bereich sich überlagernde Darstellungen. Daraus sei zu
schließen, dass die Windenergienutzung auch außerhalb der drei im Bebauungsplan
ausgewiesenen Sondergebiete zulässig sein sollte. Dabei müsse berücksichtigt werden,
dass die Antragsgegnerin die Ausweisung der Vorrangflächen für die Windenergie im
Flächennutzungsplan mit der Konzentrationswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
ausgestattet habe. Eine nochmalige Reduzierung dieser Flächen entspreche nicht ihrem
planerischen Willen. Im Übrigen zeige sich hier ein Abwägungsmangel, da eine Abwägung
mit den herausgehobenen Belangen der Windenergienutzung nicht erfolgt sei. Jedenfalls
wäre eine Abwägung über die Reduzierung der im Flächennutzungsplan und im
Regionalplan vorgesehenen Windkraftflächen notwendig gewesen. Die Antragsgegnerin
habe jedoch ohne jede Abwägung und Begründung die Windenergienutzung
ausgeschlossen. Nach der Planbegründung seien die drei Sonderbaufelder für die
Windenergienutzung nur deshalb in den Bebauungsplan aufgenommen worden, weil dies
bereits ein alter Bebauungsplan vorgesehen habe. Eine Befassung mit den
Darstellungen in dem Flächennutzungsplan zeige sich in keiner Weise. Schließlich sei §
214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht einschlägig, denn der Verstoß gegen das
Entwicklungsgebot beeinträchtige die geordnete städtebauliche Entwicklung. Außerdem
verstoße der Bebauungsplan im Hinblick auf den Sachlichen Teilplan
Windenergienutzung des Regionalplans Havelland-Fläming gegen das Anpassungsgebot
in § 1 Abs. 4 BauGB. Im Rahmen der Aufstellung des Teilplans seien sämtliche Einwände
bereits abgewogen worden, was zu einer Anpassung der Eignungsgebiete im Stadtgebiet
der Antragsgegnerin geführt habe. Für eine weitere Reduzierung dieser bereits
schlussabgewogenen Flächen sei kein Raum. Ein weiterer Mangel liege in der fehlenden
Absicherung der zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft vorgesehenen
Ersatzmaßnahmen auf den außerhalb des Plangebiets gelegenen Flächen E1 und E2.
Bereits die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises habe in ihrer Stellungnahme
vom 4. Juli 2007 darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der planexternen
Kompensationsmaßnahmen vor dem Satzungsbeschluss abzusichern sei. Die
Antragsgegnerin habe die Kompensationsmaßnahmen weder ausdrücklich festgesetzt
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Antragsgegnerin habe die Kompensationsmaßnahmen weder ausdrücklich festgesetzt
noch hierüber einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen. Von der weiteren
Möglichkeit nach § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB, den Ausgleich durch sonstige geeignete
Maßnahmen auf von der Gemeinde bereit gestellten Flächen zu ermöglichen, habe sie
ebenfalls nicht Gebrauch gemacht. Soweit die Gemeinde, wie hier, nicht selbst
Eigentümerin der betroffenen Flächen sei, müsse zumindest ein dingliches, durch eine
Baulast oder durch ein Erbbaurecht gesichertes Nutzungsrecht bestehen. Daran fehle es
hier aber.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bebauungsplan NAU 45/04 „Industriegebiet Schwanebecker Weg“ der
Antragsgegnerin vom 1. November 2006, bekanntgemacht im Amtsblatt der
Antragsgegnerin vom 9. Februar 2007, für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Sie führt aus, der gerügte Verfahrensfehler nach § 4 a Abs. 3 Satz 1 BauGB liege nicht
vor. Die Antragsgegnerin habe im Hinblick auf den geringen Umfang der zuletzt
vorgenommenen Änderungen im Planentwurf zulässigerweise von der Möglichkeit einer
beschränkten erneuten Beteiligung nach § 4 a Abs. 3 Satz 4 BauGB Gebrauch gemacht.
Die Festsetzungen zur Art der Nutzung seien hinreichend bestimmt. Wie ausdrücklich
erläutert werde, fielen unter das deponiebezogene Gewerbe auch Betriebe mit
Synergieeffekten zur Deponie. Nach der Planbegründung habe die Antragsgegnerin
beabsichtigt, den Deponiestandort zu sichern und zu erweitern. Ziel sei ferner die
Ansiedlung von Betrieben gewesen, die von den Synergieeffekten profitieren könnten.
Die Möglichkeit einer weiten Auslegung ändere nichts an der Bestimmtheit der
Festsetzung. Die Antragsgegnerin habe mit den Festsetzungen zur Art der Nutzung
gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO zulässigerweise eine bestimmte Unterart von Nutzungen
herausgegriffen. Der Begriff des deponiebezogenen Gewerbes stelle eine typisierbare
Unterart der zulässigen Gewerbebetriebe dar. Durch die Festsetzung gehe auch nicht
die allgemeine Zweckbestimmung des Gebiets verloren, denn bei den zugelassenen
Gewerbebetrieben handele es sich ausschließlich um störende Gewerbebetriebe, die
typischerweise im Industriegebiet angesiedelt würden. Der Bebauungsplan stehe auch
im Einklang mit dem Entwicklungsgebot. Es sei nicht richtig, dass der
Flächennutzungsplan das von dem Bebauungsplan umfasste Gebiet „doppelt“ ausweise.
Soweit das im Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche sowie als Fläche für
Versorgungsanlagen, für die Abwasserbeseitigung und für Ablagerungen dargestellte
Gebiet innerhalb einer als Sonderbaufläche für Windenergie ausgewiesenen Fläche liege,
überlagere sich dies nicht. Der Plangeber habe die nebeneinander liegenden Nutzungen
durch eine gepunktete Linie voneinander zeichnerisch getrennt. Zudem seien die Pläne
gemäß § 8 Abs. 3 BauGB im Parallelverfahren aufgestellt worden, da eine Abstimmung
zwischen ihnen gewollt gewesen sei. Bereits nach der Begründung des
Flächennutzungsplans habe das Gebiet für die Ansiedlung von deponiebezogenem
Gewerbe ausgewiesen werden sollen. Es sei keine überlagernde Darstellung gewollt
gewesen, die der im parallel aufgestellten Bebauungsplan enthaltenen Festsetzung
entgegenstehe. Aber auch wenn der Flächennutzungsplan an dieser Stelle zwei sich
überlagernde Darstellungen enthielte, wäre das Entwicklungsgebot nicht verletzt, denn
die planende Gemeinde dürfe sich auf der Ebene des Bebauungsplans für eine der
beiden Nutzungen entscheiden. Voraussetzung sei lediglich, dass die im
Flächennutzungsplan dargestellte Grundkonzeption planerisch fortentwickelt werde. Die
von der Antragsgegnerin gewählte Festsetzung gehe auch nicht über das übliche Maß an
Konkretisierung hinaus. Weder sei das Sondergebiet Wind eingeschränkt, noch sei eine
andere als die im Flächennutzungsplan vorgesehene Nutzung festgesetzt worden. Es sei
allein die schon im Flächennutzungsplan vorgesehene Abgrenzung der Nutzungstypen
herausgearbeitet worden. Da eine Abweichung nicht vorliege, sei auch keine Abwägung
darüber notwendig gewesen, ob die Sonderbauflächen für Windenergie reduziert werden
sollten. Abgesehen davon wäre ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot gemäß § 214
Abs. 2 Nr. 2 BauGB unbeachtlich, da die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende
städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt worden sei. Auch gegen die Wirksamkeit
der Festsetzungen von Kompensationsmaßnahmen bestünden keine Bedenken. Hierfür
sei nicht stets der Abschluss eines städtebaulichen Vertrags erforderlich. Nur wenn sich
die Gemeinde für die Sicherung von Kompensationsmaßnahmen ohne Festsetzung
entscheide, müsse sie gewährleisten, dass durch eine vertragliche Vereinbarung der
Erfolg ebenso sichergestellt werde, wie durch eine ansonsten mögliche bauplanerische
Festsetzung. Hier seien sämtliche vorzunehmenden Kompensationsmaßnahmen in dem
Bebauungsplan festgesetzt worden. Die Durchführung der angeordneten Maßnahmen
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Bebauungsplan festgesetzt worden. Die Durchführung der angeordneten Maßnahmen
sei hinreichend gesichert. Die Grundstücke für die außerhalb des Plangebiets
vorzunehmenden Ersatzmaßnahmen E 1 und E 2 stünden im Eigentum des Landkreises
Havelland. Dieser habe seine Zustimmung bereits im Planaufstellungsverfahren erklärt
und mit Datum vom 12. Oktober 2006 beschlossen, dass die Grundstücke für
Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Zudem habe sich der
Vorhabenträger, die A..., vertraglich zur Durchführung aller vorgesehenen
Kompensationsmaßnahmen und Übernahme der Kosten verpflichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Streitakte, die beigezogenen Aufstellungsvorgänge des angegriffenen
Bebauungsplans und die ebenfalls beigezogene Planzeichnung und Begründung zum
Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin sowie zu deren Bebauungsplan NAU 36/99
„Windpark Nauen II“ Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
I. Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist insbesondere im Sinne von § 47 Abs. 2
Satz 1 VwGO antragsbefugt. Für die Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte
genügt es, dass sie, wie sie im Antragsschreiben vom 29. August 2007 dargelegt hat, im
Geltungsbereich des Bebauungsplans mit Zustimmung des Grundstückseigentümers
die Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage beabsichtigt und ihr Antrag auf
immissionsschutzrechtliche Genehmigung wegen entgegenstehender Festsetzungen
des Planes abgelehnt worden ist (vgl. Beschluss des Senats vom 9. September 2009 – 2
S 6.09 –, juris Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 – 4 CN 13.03 –, NVwZ 2004,
984, und Beschluss vom 18. Mai 1994 – 4 NB 27.93 –, NVwZ 1995, 264).
II. Der Antrag ist auch begründet. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin zwar, die Vorschrift
des § 4 a Abs. 3 BauGB sei nicht beachtet worden, die Festsetzungen zur Beschränkung
der Art der Nutzung auf das „deponiebezogene Gewerbe“ seien nicht hinreichend
bestimmt sowie mit den Vorgaben der Baunutzungsverordnung unvereinbar, und ferner
habe die Antragsgegnerin gegen das Entwicklungsgebot aus § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB
verstoßen (dazu nachfolgend unter 1. bis 4.). Der Plan leidet jedoch an einem
Abwägungsfehler, weil die Antragsgegnerin die Ausweisung einer Sonderbaufläche für
Windenergie in dem von ihr parallel aufgestellten Flächennutzungsplan bei der
Entscheidung über die Zulässigkeit von Windkraftanlagen im Bebauungsplan nicht
hinreichend berücksichtigt hat (dazu unter 5.). Daneben ist die unzureichende
Absicherung der angeordneten Maßnahmen zur Kompensation naturschutzrechtlich
erheblicher Eingriffe auf planexternen Flächen zu beanstanden (vgl. nachfolgend unter
6.). Ob der Bebauungsplan im Hinblick auf die Festsetzungen des Sachlichen Teilplans
„Windenergienutzung“ des Regionalplans Havelland-Fläming darüber hinaus gegen das
Anpassungsgebot nach § 1 Abs. 4 BauGB verstößt, bedarf unter diesen Umständen
keiner Entscheidung.
1. Ein Verstoß gegen das Gebot, die Öffentlichkeit und die Träger öffentlicher Belange
nach einer Änderung des Planentwurfs erneut zu beteiligen, ist nicht festzustellen. Wie
sich übereinstimmend aus § 233 Abs. 1 BauGB und § 244 Abs. 1 BauGB ergibt, waren
dem nach dem 20. Juli 2004 eingeleiteten Aufstellungsverfahren die Vorschriften des
Baugesetzbuchs in der seit diesem Tage geltenden Fassung durch das
Europarechtsanpassungsgesetz Bau (Bekanntmachung vom 23. September 2004, BGBl.
I S. 2414) zugrundezulegen. Nach der danach maßgeblichen Vorschrift des § 4 a Abs. 3
Satz 1 BauGB ist der Entwurf des Bebauungsplans grundsätzlich erneut auszulegen und
sind die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange erneut
einzuholen, wenn der Entwurf nach der Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 2 BauGB)
oder nach der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 2 BauGB) geändert
oder ergänzt wird. Nach § 4 a Abs. 3 Satz 4 BauGB kann von der erneuten Auslegung
abgesehen werden, wenn durch die Änderung oder Ergänzung die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden; in diesen Fällen genügt es, der von der Änderung oder
Ergänzung betroffenen Öffentlichkeit sowie den berührten Behörden und sonstigen
Trägern öffentlicher Belange durch Anschreiben oder Erörterung Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
BauGB, 91. Aufl. 2009, § 4 a Rn. 29).
Hieran gemessen war zwar ein erneutes Beteiligungsverfahren erforderlich, nachdem
der Planentwurf im Anschluss an die zweite öffentliche Auslegung in mehreren Punkten
geändert worden war. Die vorgenommenen Änderungen beruhten im Wesentlichen auf
Anregungen und Hinweisen der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Havelland
in der Stellungnahme vom 4. Juli 2006 und betrafen in erster Linie die textlichen
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in der Stellungnahme vom 4. Juli 2006 und betrafen in erster Linie die textlichen
Festsetzungen des Bebauungsplans unter Nr. 6 über „Maßnahmen zum Schutz, zur
Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft“. Vor allem wurden die
Anordnungen von Kompensationsmaßnahmen innerhalb des Plangebiets (Nr. 6.2 bis Nr.
6.7) umformuliert, indem die einzelnen Maßnahmen nunmehr jeweils bestimmten
Eingriffsflächen zugeordnet wurden. Zusätzlich wurden durch die neue Bestimmung der
Nr. 6.8 die Eigentümer der Fläche für Versorgungsanlagen und die Abfallentsorgung
verpflichtet, den Deponiekörper nach Abschluss der Deponie mit Gras zu begrünen.
Schließlich wurden die in der Begründung des Bebauungsplanes enthaltenen
„Festlegungen“ von Ersatzmaßnahmen außerhalb des Plangebietes umformuliert.
Da diese Änderungen die Grundzüge der Planung unberührt lassen, durfte sich die
Antragsgegnerin auf ein eingeschränktes Beteiligungsverfahren (§ 4 a Abs. 3 Satz 4
BauGB) beschränken. Sie hat dieses Verfahren auch beanstandungsfrei durchgeführt.
Insbesondere hat sie die von den Änderungen betroffenen Personen und Träger
öffentlicher Belange vollständig beteiligt. Betroffen waren neben den Eigentümern der
jeweiligen Eingriffs- und Ausgleichsgrundstücke die für die Wahrung der Belange des
Natur- und Landschaftsschutzes zuständigen Behörden, die nach der in den
Aufstellungsvorgängen enthaltenen Liste durch Anschreiben vom 14. Juli 2006
Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten. Die sodann aufgrund der Schreiben der
Unteren Naturschutzbehörde vom 7. August 2006 sowie der A... vom 3. August 2006
nochmals vorgenommenen geringfügigen Änderungen der textlichen Festsetzungen Nr.
6.2 bis 6.4 und der in der Planbegründung genannten Flurstücksbezeichnung der
Ersatzfläche 1 haben nur klarstellenden Charakter und erforderten deshalb keine
erneute Beteiligung der Öffentlichkeit oder von Trägern öffentlicher Belange (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 – 4 NB 2/87 –, NVwZ 1988, 822).
2. Die in Nr. 1.1 und Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans
enthaltene, sowohl das Gewerbegebiet (GE) als auch die in dem Bebauungsplan
ausgewiesenen eingeschränkten Industriegebiete (GIe) betreffende Einschränkung zur
Art der baulichen Nutzung, wonach dort „nur Gewerbe- und Industriebetriebe,
Lagerhäuser und Lagerplätze des deponiebezogenen Gewerbes (d.h. Betriebe mit
Synergieeffekten zur Deponie)“ zulässig sind, ist nicht wegen Verstoßes gegen das
Bestimmtheitserfordernis unwirksam. Der nähere Inhalt dieser Festsetzung lässt sich
vielmehr im Wege der Auslegung aufgrund des Wortlauts und der Planbegründung
hinreichend genau bestimmen. So wird der Begriff des deponiebezogenen Gewerbes im
Wortlaut der textlichen Festsetzung dahingehend erläutert, dass Betriebe mit
Synergieeffekten zur Deponie gemeint sind. Hiermit übereinstimmend ist der
Planbegründung (S. 5) zu entnehmen, dass es Ziel der Planung war, am Standort der
vorhandenen Hausmülldeponie ein Abfallwirtschaftszentrum des Kreises zu entwickeln,
auf dem sich neben der vorhandenen Deponie vor allem die deponiebezogenen
Gewerbebetriebe (mit Synergieeffekten zur Deponie) ansiedeln sollen. Einen derartigen
Synergieeffekt nimmt die Antragsgegnerin (S. 12 der Planbegründung) für eine im
Plangebiet bereits vorhandene, dem Lagern und Recyceln von Beton und Ziegeln, dem
Lagern und Sieben von Mutterboden sowie dem Lagern und Shreddern von Baum- und
Strauchwerk dienende Anlage an. Als weitere für die Auslegung der Festsetzung
bedeutsame Beispiele nennt sie (S. 67) u.a. eine Biogasanlage und
Recyclingunternehmen. Ferner wird der Synergieeffekt in der Planbegründung
dahingehend erklärt (S. 67), dass kurze Wege unter den angesiedelten bzw.
ansiedlungswilligen Betrieben geschaffen werden sollen, um einen rentablen Betrieb zu
gewährleisten. Nach alledem ist der Begriff des deponiebezogenen Gewerbes so zu
verstehen, dass es sich um Betriebe handeln muss, die z.B. als Unternehmen der
Abfallwirtschaft, Recyclingunternehmen oder sonst weiterverarbeitende Betriebe einen
spezifischen Bezug zur Deponie haben, indem sie betriebliche Vorteile aus der Nähe zur
Deponie nutzen. Weitere, diese Auslegung stützende Hinweise ergeben sich aus dem
Sinn und Zweck der Regelung sowie aus ihrer Vorgeschichte. Die Entscheidung, die
Ansiedlung auf die genannten Unternehmen zu beschränken, wurde u.a. deshalb
getroffen, um durch Nutzung eines bereits einschlägig vorbelasteten Standorts die
Inanspruchnahme von Flächen an anderer Stelle zu vermeiden. Dies wird in der
Planbegründung durch die Aussage (S. 6) zum Ausdruck gebracht, mit dem Festhalten
an dem Standort der Deponie und der Absicht, dort Gewerbe und Industrie zu sichern
bzw. Betriebe mit Synergieeffekten zur Deponie anzusiedeln, werde aus städtebaulicher
Sicht einer vollständigen Neuausweisung von Bauland im Außenbereich auf der „grünen
Wiese“ entgegengewirkt. Zum anderen war die Einschränkung auf deponiebezogenes
Gewerbe durch den im Vorfeld der Aufstellung des Bebauungsplans und des
Flächennutzungsplans eingeholten Bescheid der Gemeinsamen
Landesplanungsabteilung vom 29. September 2003 veranlasst, die eine Zielabweichung
von Festsetzungen des Landesentwicklungsplans für den engeren Verflechtungsraum
Brandenburg-Berlin (LEP eV) nur zur „Sicherung einer konzentrierten Errichtung von
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Brandenburg-Berlin (LEP eV) nur zur „Sicherung einer konzentrierten Errichtung von
Abfallbehandlungsanlagen (Recycling-, Sortier- und Verwertungsanlagen) sowie der
Ansiedlung deponiebezogenen Gewerbes (z.B. Brecheranlagen)“ zugelassen hatte.
3. Die einschränkenden Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung sind durch die in §
1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO geregelten Befugnisse zur Modifizierung der in § 1 Abs. 2
BauNVO vorgesehenen Baugebietstypen gedeckt.
Für die in dem Bebauungsplan vorgenommene Beschränkung der Art der Nutzung in
dem Gewerbegebiet und in den Industriegebieten auf Betriebe, Lagerhäuser und
Lagerplätze des deponiebezogenen Gewerbes konnte die Antragsgegnerin auf § 1 Abs. 9
BauNVO zurückgreifen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin knüpft die
einschränkende Festsetzung an eine bestimmte Art baulicher oder sonstiger Anlagen
an, die als Gegenstand einer differenzierenden Regelung in Betracht kommt. Während §
1 Abs. 5 BauNVO es gestattet, bestimmte Arten von Nutzungen auszuschließen, geht §
1 Abs. 9 BauGB darüber hinaus und erlaubt, innerhalb einzelner Nutzungsarten oder
Ausnahmen zu differenzieren und nur bestimmte Arten von Anlagen, d.h. Unterarten
von Nutzungen, mit besonderen Festsetzungen zu erfassen (BVerwG, Urteil vom 22. Mai
1987 – 4 C 77.84 –, BVerwGE 77, 317). An eine solche Unterart von Nutzungen knüpft
die hier streitige Regelung an, wobei unerheblich ist, ob es sich bei dem Begriff des
deponiebezogenen Gewerbes um eine gängige Branchenbezeichnung handelt. Denn es
wird damit weder eine Nutzungsform angesprochen, die es in der Realität nicht gibt,
noch ist ersichtlich, dass mit der getroffenen Festsetzung konkrete Projekte verhindert
oder ermöglicht werden sollten (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1998 – 4 BN
31.98 –, NVwZ-RR 1999, 9).
Die streitige Einschränkung der Art der Nutzung ist auch, wie von § 1 Abs. 9 BauNVO
gefordert, durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt. Das von der
Antragsgegnerin verfolgte Ziel, den vorhandenen Deponiestandort zu erhalten und zu
sichern, rechtfertigt es, dort weitere, ebenfalls störungsintensive gewerbliche
Einrichtungen anzusiedeln, um die erforderlichen Infrastruktureinrichtungen besser
auszunutzen und Nutzungskonflikte, die sonst an anderer Stelle zu erwarten wären,
durch Bündelung störender Nutzungen an einem bereits vorbelasteten Standort zu
vermeiden. Mit der Einschränkung der zulässigen Art der Nutzung auf das
deponiebezogene Gewerbe und damit auf Betriebe und Einrichtungen mit
Synergieeffekten zur Deponie, wird der städtebaulich sinnvolle Ansatz einer Bündelung
verwandter Nutzungen weitergeführt, um Vorteile räumlicher Nähe für solche Betriebe
nutzbar zu machen, für die sich dies aus betrieblichen Gründen anbietet.
Die für Regelungen nach § 1 Abs. 5 BauNVO und damit auch für weiter gehende
Modifikationen nach § 1 Abs. 9 BauNVO geltende Voraussetzung, dass die allgemeine
Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleiben muss, ist ebenfalls erfüllt. Entgegen
der Absicht der Antragstellerin führt die Einschränkung der Art der Nutzung auf Betriebe
bzw. Einrichtungen des deponiebezogenen Gewerbes nicht dazu, dass die in
Industriegebieten nach § 9 Abs. 1 BauNVO vorgesehene Hauptnutzung nicht mehr
überwiegend zulässig wäre. Vielmehr erfüllen die nach der getroffenen Festsetzung
zulässigen Gewerbebetriebe durchaus die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und Abs. 2
Nr. 1 BauNVO. Das Gleiche gilt für das in dem Bebauungsplan festgesetzte
Gewerbegebiet (§ 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Etwas anderes ergibt sich insoweit
auch nicht daraus, dass nach den textlichen Festsetzungen unter Nr. 1.1 dort neben
Gewerbebetrieben auch Industriebetriebe zulässig sein sollen, denn das maximale
Störpotential wird durch die gebietsbezogenen Festlegungen von Lärmimmissionswerten
begrenzt. Für das Gewerbegebiet werden insoweit geringere Werte festgesetzt als für die
eingeschränkten Industriegebiete.
Angesichts der vorstehend dargestellten Sach- und Rechtslage war es – entgegen der
Ansicht der Antragstellerin – nicht geboten, anstatt eines (modifizierten)
Gewerbegebiets bzw. der eingeschränkten Industriegebiete sonstige Sondergebiete
i.S.v. § 11 BauNVO festzusetzen.
4. Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Gebot, Bebauungspläne aus dem
Flächennutzungsplan zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB), indem er
Windenergieanlagen nur in den drei jeweils auf eine Anlage zugeschnittenen, bereits von
den bestehenden Anlagen des Windparks Nauen II eingenommenen Sondergebieten im
östlichen Plangebiet zulässt.
a) Zwar weist der Flächennutzungsplan den Geltungsbereich des parallel aufgestellten
Bebauungsplans insgesamt als Teil einer „Sonderbaufläche für Windenergie“ aus.
Die anderslautende Interpretation der Antragsgegnerin, wonach das Gebiet des
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Die anderslautende Interpretation der Antragsgegnerin, wonach das Gebiet des
Bebauungsplans in dem Flächennutzungsplan von der durch eine Randsignatur
gekennzeichneten Sonderbaufläche für Windenergie ausgenommen und nur als „Fläche
für Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung sowie für
Ablagerungen“ bzw. als „gewerbliche Baufläche“ festgesetzt sei, widerspricht bereits der
insoweit eindeutigen Planzeichnung. Das Bebauungsplangebiet wäre nur dann nicht Teil
der Sonderbaufläche für die Windenergie, wenn es selbst von der Randsignatur umgrenzt
und damit wie eine „Insel“ aus der Sonderbaufläche ausgeschnitten wäre. Das ist aber
nicht der Fall. Auch die von der Antragsgegnerin angesprochene gepunktete Linie, die
die Sonderbaufläche in der ursprünglichen Fassung des Flächennutzungsplans in zwei
Zonen unterschiedlicher Nutzung teilte, rechtfertigt die von ihr vertretene Auslegung
nicht. Diese Linie bezeichnete lediglich den auf den westlichen Teil der Sonderbaufläche
begrenzten Geltungsbereich der für bauliche Anlagen angeordneten Höhenbegrenzung
von 150 m, der durch die am 28. Januar 2008 beschlossene Planänderung inzwischen
auf die gesamte Sonderbaufläche ausgedehnt wurde.
Der Begründung des Flächennutzungsplanes lässt sich gleichfalls nicht entnehmen, dass
das Bebauungsplangebiet aus der Eignungsfläche für die Windenergie herausgenommen
werden sollte. In der Planbegründung wird erörtert, ob die Eignung der in einem ersten
Schritt durch eine Restriktionsanalyse ermittelten Eignungsfläche (sog. Potentialfläche 1)
bei der gebotenen Prüfung kleinräumigerer Belange wegen des für einen Teil dieser
Fläche angeordneten Großtrappenschutzgebiets letztlich zu verneinen sei (S. 120).
Diese Erörterung wird aber mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass sich die Fläche wegen
der für mehrere Bebauungsplangebiete erteilten naturschutzrechtlichen Befreiungen
trotz der Lage im Schutzgebiet für die Windkraftnutzung eigne. Da dabei auf eine für den
hier streitigen Bebauungsplan erteilte Befreiung Bezug genommen wird, bezieht sich
diese Aussage auch auf dessen Geltungsbereich (vgl. ferner S. 125 der Planbegründung,
wonach die flächig dargestellten Nutzungen Hausmülldeponie, Industrie- und
Gewerbegebiet die Windkraftnutzung einschlössen).
Anhaltspunkte, die Ausweisung der Sonderbaufläche für Windenergieanlagen für
unwirksam zu halten, bestehen ebenfalls nicht. Wie der Senat mit Urteil vom 9. April
2008 – OVG 2 A 4.07 – (juris) entschieden hat, ist der Flächennutzungsplan selbst unter
Berücksichtigung des bei seiner Aufstellung noch nicht erkannten Ausfertigungs- und
Bekanntmachungsfehlers, der bei der Aufstellung des Sachlichen Teilplans
„Windenergienutzung“ des Regionalplans Havelland-Fläming unterlaufen war, nicht
abwägungsfehlerhaft zustande gekommen und auch sonst nicht zu beanstanden.
Schließlich begegnet die in dem Flächennutzungsplan für das Gebiet des
Bebauungsplans enthaltene gleichzeitige Ausweisung einer Sonderbaufläche für
Windenergie und von Flächen für die Abfallbeseitigung bzw. für eine gewerbliche Nutzung
keinen Bedenken, da diese Nutzungen nicht von vornherein miteinander unvereinbar
sind und eine gegebenenfalls erforderliche räumliche Abgrenzung auf der Ebene des
Bebauungsplans bzw. im Rahmen von Genehmigungsverfahren vorgenommen werden
kann.
b) Gleichwohl erweist sich die im Bebauungsplan vorgenommene Reduzierung der
möglichen Standorte von Windenergieanlagen auf die drei ausgewiesenen
Sondergebiete im Hinblick auf die sich mit der Ausweisung der Sonderbaufläche für
Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan überlagernde Darstellung von Flächen für
Entsorgungsanlagen bzw. für eine gewerbliche Nutzung als eine mit dem
Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB vereinbare planerische Konkretisierung.
Das Gebot, Bebauungspläne aus den Flächennutzungsplänen zu entwickeln, belässt der
Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die gestalterische Freiheit, in dem
vom Flächennutzungsplan vorgegebenen Rahmen eigenständig zu planen und dabei von
den Darstellungen des Flächennutzungsplans abzuweichen, soweit die Abweichungen
sich aus dem Übergang in eine konkretere Planungsstufe rechtfertigen und die
Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom
26. Februar 1999 – 4 CN 6.98 –, DÖV 1999, 733; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1975 –
IV C 74.72 –, BVerwGE 48, 70). Der bei der Entwicklung des Bebauungsplans aus dem
Flächennutzungsplan anzuerkennende Gestaltungsspielraum besteht auch dann, wenn
die Gemeinde – wie hier – der Ausweisung von Eignungsflächen für die Windenergie im
Flächennutzungsplan die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
beigemessen hat. Letzteres setzt zwar voraus, dass die Gemeinde sichergestellt hat,
dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden
Nutzungen durchsetzen, und sie der Windenergienutzung entsprechend der gesetzlichen
Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in substantieller Weise Raum geschaffen hat
(vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – 4 C 15/01 –, BVerwGE 117, 287).
Dies schließt es aber nicht aus, die Errichtung von Windenergieanlagen in den
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Dies schließt es aber nicht aus, die Errichtung von Windenergieanlagen in den
Konzentrationszonen durch einen Bebauungsplan einer Feinsteuerung (z.B. durch
Begrenzung der Anlagenhöhe oder Festlegung der Standorte für die einzelnen Anlagen)
zu unterziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2003 – 4 BN 61.03 –, juris,
und Beschluss vom 25. November 2003 – 4 BN 60.03 –, NVwZ 2004, 80; OVG Rh.-Pf.,
Urteil vom 9. April 2008 – 8 C 11217/07 –, NuR 2008, 419). Lediglich bezüglich der
Ausschlusszonen, d.h. des eigentlichen Anwendungsbereichs des § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB führen die Darstellungen des Flächennutzungsplans eine unmittelbar wirksame
Beachtenspflicht herbei (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2004 – 4 C 2.04 –,
BVerwGE 122, 109)
Vorliegend sind die Abweichungen gegenüber dem Flächennutzungsplan schon deshalb
durch den Übergang auf eine konkretere Planungsstufe gerechtfertigt, weil durch den
Flächennutzungsplan bereits vorgezeichnet ist, dass die dort überlagernd dargestellten
Nutzungen, sofern sie sich nicht – wie in dem von der Antragstellerin angeführten
Hamburger Beispiel einer auf einem stillgelegten Deponieberg installierten
Windkraftanlage – ausnahmsweise am selben Ort verwirklichen lassen sollten, bei einer
Konkretisierung der Planung räumlich voneinander getrennt werden müssen. Die
Antragsgegnerin ist mit den Festsetzungen im Bebauungsplan ferner nicht von der
ihrem Flächennutzungsplan zugrunde liegenden Grundkonzeption abgewichen, die im
Hinblick auf die angeordnete Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dem
Gebot genügen muss, der Windkraftnutzung innerhalb der ausgewiesenen
Konzentrationsflächen hinreichend Raum zu geben. Der Bebauungsplan ist auch unter
diesem Gesichtspunkt im Ergebnis nicht zu beanstanden, da das Plangebiet nur einen
untergeordneten Teil der in dem Flächennutzungsplan ausgewiesenen Sonderbauflächen
für die Windenergie einnimmt. Mit der Zulassung von nur drei Anlagenstandorten wird
deshalb die für die Windkraftnutzung zur Verfügung stehende Fläche nicht erheblich
eingeschränkt. Jedenfalls wäre unter diesen Umständen kein nach § 214 Abs. 2 Nr. 2
BauGB beachtlicher Verstoß gegen das Entwicklungsgebot anzunehmen.
5. Der Bebauungsplan beruht indes hinsichtlich der Festsetzungen zur Zulässigkeit von
Windkraftanlagen nicht auf einer fehlerfreien Abwägung.
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und
privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gebot gerechter Abwägung
verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Es ist verletzt,
wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie
eingestellt werden muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen
Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten
Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das
Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in
der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit
notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.
Dezember 1969 – IV C 105.66 –, BVerwGE 34, 301, 309). Soweit die Ermittlung und
Bewertung der Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, in § 2 Abs. 3 BauGB
nunmehr auch als verfahrensbezogene Pflicht ausgestaltet worden ist, ergeben sich
hieraus keine inhaltlichen Änderungen gegenüber den in der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zum Abwägungsgebot entwickelten Anforderungen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, BVerwGE 131, 100, 106). Für die
Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den
Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Mängel bei der Ermittlung des
Abwägungsmaterials und sonstige Mängel im Abwägungsvorgang sind nur erheblich,
wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB).
Hiervon ausgehend hat im vorliegenden Fall zwar eine Abwägung stattgefunden. Die
Antragsgegnerin hat jedoch bei der Festsetzung der Standorte für Windkraftanlagen das
Interesse an der Nutzung der Windenergie im Plangebiet nicht hinreichend in Rechnung
gestellt, weil die im Bebauungsplangebiet zur Verfügung stehenden Flächen für eine
Windenergienutzung gegenüber den Vorgaben des Flächennutzungsplans auf drei
Anlagenstandorte reduziert wurden, ohne dass überhaupt erwogen worden wäre, der
Windkraftnutzung in dem Plangebiet durch Ausweisung weiterer Standorte mehr Raum
zu geben. Nachdem die Antragsgegnerin das Bebauungsplangebiet im Flächen-
nutzungsplan als Teil einer Sonderbaufläche für Windenergie ausgewiesen hatte, hätte
sie das an einer solchen Nutzung bestehende Interesse der Eigentümer von
Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans in die Abwägungsentscheidung
über eine Reduzierung der hierfür zur Verfügung stehenden Flächen als
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über eine Reduzierung der hierfür zur Verfügung stehenden Flächen als
abwägungsrelevanten Belang einstellen müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie
die Sonderbaufläche für Windenergie südwestlich von Nauen nicht allein aufgrund einer
eigenständigen Ermittlung der besonderen Eignung dieses Gebiets festgesetzt hatte,
sondern dabei auch die raumordnungsrechtlichen Vorgaben des Sachlichen Teilplans
„Windenergienutzung“ des Regionalplans Havelland-Fläming zu beachten hatte, der
dieses Gebiet als Teil des Windeignungsgebiets „Nauener Platte“ ausweist (zur
damaligen Beachtlichkeit dieser Vorgaben als in Aufstellung befindliche Ziele der
Raumordnung vgl. Urteil des Senats vom 9. April 2008, a.a.O.). Hinzu kommt die
Entscheidung der Antragsgegnerin, die im Flächennutzungsplan ausgewiesenen
Sonderbauflächen für die Windenergie mit der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz
3 BauGB zu versehen. Macht die Gemeinde von diesem Instrument Gebrauch, so muss
sie grundsätzlich sicherstellen, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle
gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.
Dezember 2002, a.a.O.). Die Ausweisung der Sonderbaufläche für Windenergie
begründet insoweit bereits eine gewisse Aussicht der betroffenen Grundeigentümer auf
Übernahme der Darstellungen in einen Bebauungsplan. Zwar erlaubt es der
Flächennutzungsplan, wie im Zusammenhang mit dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs.
1 Satz 2 BauGB bereits ausgeführt wurde, die Errichtung von Windenergieanlagen in den
Konzentrationszonen in einem Bebauungsplan einer konkretisierenden Feinsteuerung zu
unterziehen. Die Windenergienutzung einschränkende Festsetzungen sind danach
zulässig, wenn und soweit die Aufstellung des Bebauungsplans für die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung erforderlich war (§ 1 Abs. 3 BauGB) und die von ihm berührten
öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen
worden sind (§ 1 Abs. 7 BauGB, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. November 2003 und
vom 27. November 2003, jeweils a.a.O.). In diesem Zusammenhang war hier zudem zu
berücksichtigen, dass der Flächennutzungsplan mit den für das Bebauungsplangebiet
nebeneinander ausgewiesenen unterschiedlichen Nutzungen die Notwendigkeit einer
räumlichen Konkretisierung und Abgrenzung dieser Nutzungen bereits vorzeichnet. In
der Abwägung hätte die Antragsgegnerin aber auch die durch die Darstellung der
Sonderbaufläche für Windenergie begründeten Nutzungsaussichten gebührend
berücksichtigen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. März 2007 – 4 BN 1/07 –, NVwZ
2007, 825 zu einer Standortzuweisung für eine Biogasanlage im Flächennutzungsplan).
Die Aufstellungsvorgänge lassen indes nicht erkennen, dass dies geschehen wäre. So
wird die Ausweisung der drei Sondergebiete für Windkraftanlagen in der Planbegründung
(S. 18) lediglich mit der Absicht begründet, insoweit die zutreffenden Festsetzungen des
Bebauungsplans „Windpark Nauen II“ zu übernehmen. Ausführungen dazu, aus welchen
städtebaulichen Gründen eine Windkraftnutzung im übrigen Plangebiet ausgeschlossen
wurde, sind den Aufstellungsvorgängen nicht zu entnehmen. Es ist unter diesen
Umständen nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Belange der
Windenergienutzung überhaupt in die Abwägung eingestellt hätte. Im Gegenteil hat sie
mit ihrem schriftlichen Vorbringen noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, es
habe einer solchen Abwägung nicht bedurft, und auch in der mündlichen Verhandlung
hat sie keine Unterlagen benennen können, die eine Berücksichtigung der durch die
Darstellungen des Flächennutzungsplans begründeten Nutzungsaussichten erkennen
ließen.
Das unter diesen Umständen festzustellende Abwägungsdefizit begründet einen nach §
214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2, Halbsatz 2 BauGB beachtlichen Abwägungsfehler.
Die Offensichtlichkeit ergibt sich daraus, dass der Fehler ohne weiteres aus dem
Aufstellungsvorgang und der Planbegründung hervorgeht (vgl. Urteil des Senats vom 10.
Dezember 2008 – OVG 2 A 7.08 –, juris). Er ist auch auf das Ergebnis der Abwägung von
Einfluss gewesen, denn im Hinblick auf die während des Planaufstellungsverfahrens
erwogene Alternative, im Bebauungsplangebiet einen zusätzlichen vierten Standort für
eine Windkraftanlage auszuweisen, lässt sich die konkrete Möglichkeit nicht von der
Hand weisen, dass bei zutreffender Berücksichtigung der Belange der
Windenergienutzung andere Festsetzungen getroffen worden wären (vgl. BVerwG, Urteil
vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, BVerwGE 131, 100).
6. Die Entscheidung über den Bebauungsplan ist außerdem deshalb
abwägungsfehlerhaft zustande gekommen, weil die Umsetzung der außerhalb des
Plangebiets vorgesehenen Ersatzmaßnahmen für naturschutzrechtlich erhebliche
Eingriffe weder in der bei Satzungsbeschluss vorausgesetzten Weise vertraglich geregelt
war noch sonst von der Antragsgegnerin hinreichend rechtlich abgesichert worden ist.
Die Antragsgegnerin hat entsprechend ihrer Verpflichtung nach § 1 a Abs. 3 Satz 1
BauGB, die Vermeidung und den Ausgleich voraussichtlich erheblicher
Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit
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Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit
des Naturhaushaltes bereits in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen,
die mit der Planung verbundenen naturschutzrechtlich erheblichen Eingriffe umfassend
ermittelt und zum Ausgleich dieser Eingriffe Kompensationsmaßnahmen vorgesehen.
Diese sollen sowohl im Plangebiet als auch, da hierdurch nicht der gesamte von ihr
ermittelte Ausgleichsbedarf kompensiert werden kann, außerhalb des Plangebiets
durchgeführt werden (vgl. S. 75 ff. der Planbegründung).
Hinsichtlich der rechtlichen Absicherung der außerhalb des Plangebiets vorgesehenen
Ersatzmaßnahmen E 1 und E 2 liegen der Entscheidung über den Bebauungsplan indes
unzutreffende Annahmen zugrunde. Nach der Planbegründung (S. 90) war, wie zuletzt
von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Havelland mit Schreiben vom 4.
Juli 2006 gefordert, vorgesehen, die Ausführung der Ersatzmaßnahmen E 1 und E 2
vertraglich zu fixieren. So erlaubt es § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB, den Ausgleich zu
erwartender Eingriffe in Natur und Landschaft anstatt durch geeignete Darstellungen
und Festsetzungen im Bebauungsplan (§ 1 a Abs. 3 Satz 2 und 3, § 9 Abs. 1 a BauGB)
durch vertragliche Vereinbarungen gemäß § 11 BauGB, d.h. im Wege eines
städtebaulichen Vertrags, zu regeln. Einen solchen Vertrag, der nach § 11 Abs. 3 BauGB
der Schriftform bedurft hätte, hat die Antragsgegnerin jedoch zur Absicherung der
Ersatzmaßnahmen E 1 und E 2 nicht abgeschlossen. Auch die von ihr im gerichtlichen
Verfahren eingereichten Unterlagen – die von dem Ausschuss für Wirtschaftsförderung
u.a. am 12. Oktober 2006 angenommene Beschlussvorlage für den Kreisausschuss des
Landkreises Havelland und die Verpflichtungserklärung der A... vom 25. September 2006
– können den Abschluss eines solchen Vertrages nicht belegen. Wie bereits die
Antragstellerin eingewandt hat, kann in der Beschlussvorlage für den Kreisausschuss des
Landkreises Havelland, in dessen Eigentum die für die Ersatzmaßnahmen E 1 und E 2
vorgesehenen Flächen stehen, keine den Landkreis bindende vertragliche Erklärung
gesehen werden, diese Flächen für die Ersatzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.
Dagegen spricht bereits, dass die Beschlussvorlage ihrem Inhalt nach die Abgabe einer
entsprechenden Verpflichtungserklärung durch den Landrat erst vorbereiten sollte.
Zudem bedurften Erklärungen, durch welche der Landkreis verpflichtet werden soll, nach
§ 56 Abs. 2 der damals noch geltenden Landkreisordnung für das Land Brandenburg
(Gesetz vom 15. Oktober 1993, GVBl. I S. 398, zuletzt geändert mit Gesetz vom 22. Juni
2005, GVBl. I S. 210) der Schriftform und waren vom Landrat und vom Vorsitzenden des
Kreistages oder einem seiner Vertreter zu unterzeichnen (vgl. nunmehr § 131 i.V.m. § 57
Abs. 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg). Diesen Anforderungen
genügt die Beschlussvorlage, die keine Unterschrift trägt und der nicht einmal die
Annahme des Beschlussvorschlags durch den Kreisausschuss entnommen werden kann,
nicht. Auch die Verpflichtungserklärung der A... zur Durchführung der für das von ihr
genutzte Grundstück angeordneten Kompensationsmaßnahmen gewährleistet nicht die
dauerhafte Bereitstellung der hierfür außerhalb des Plangebiets vorgesehenen Flächen
durch deren Eigentümer.
Die Antragsgegnerin hat die planexternen Ersatzmaßnahmen E 1 und E 2 ferner nicht
auf andere Weise hinreichend abgesichert. Der Bebauungsplan enthält dazu keine
Festsetzungen, denn die lediglich in die Begründung des Planes (S. 89 f.)
aufgenommene „Festlegung“ der planexternen Ersatzmaßnahmen ist ungeachtet der
gewählten Ausdrucksweise nicht Teil des allein aus der Planzeichnung und den textlichen
Festsetzungen bestehenden verbindlichen Planinhalts. Ebensowenig hat die
Antragstellerin insoweit, was nach § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB weiter in Betracht
gekommen wäre, „sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der
Gemeinde bereitgestellten Flächen“ getroffen. Die Vorschrift setzt ein Mindestmaß an
rechtlicher Bindung der planenden Gemeinde voraus und erfordert, dass die
vorgesehene Maßnahme auch bei realistischer Betrachtung durchführbar zu sein hat.
Dafür kann es ausreichen, dass die bereitzustellenden Flächen im Eigentum der
Gemeinde stehen oder jedenfalls eine dauerhafte Verfügungsbefugnis gegeben ist (vgl.
BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 – 4 CN 1/02 –, BVerwGE 117, 58; Beschluss
vom 18. Juli 2003 – 4 BN 37/03 –, NVwZ 2003, 750). Ob es hier, wie die Antragstellerin
meint, im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin nicht Eigentümerin der
vorgesehenen Kompensationsgrundstücke ist, geboten gewesen wäre, die Durchführung
der Ausgleichsmaßnahmen über eine dingliche Berechtigung an den Ausgleichsflächen,
etwa über eine Dienstbarkeit zu sichern (vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 20. Januar 2003 – 8
C 11016/02 –, NVwZ-RR 2003, 373; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 11. Januar 2001 – 7a
D 148/98.NE –, juris), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls fehlt es an dem gebotenen
Mindestmaß rechtlicher Absicherung, weil der Landkreis die in seinem Eigentum
stehenden Kompensationsflächen der Antragsgegnerin noch nicht einmal
schuldrechtlich verbindlich zur Verfügung gestellt hat.
Der aufgezeigte Abwägungsfehler ist nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz
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Der aufgezeigte Abwägungsfehler ist nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz
2, Halbsatz 2 BauGB unbeachtlich. Der Fehler ist offensichtlich und es besteht die
konkrete Möglichkeit eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis, da anzunehmen ist,
dass die Stadtverordnetenversammlung den Plan nicht unverändert beschlossen hätte,
wenn sie die ungenügende Absicherung der vorgesehenen planexternen
Ausgleichsmaßnahmen erkannt hätte. Denn die Aufstellungsvorgänge lassen erkennen,
dass es ihr darauf ankam, dass der Ausgleichsbedarf vollständig gedeckt und der
Ausgleich verbindlich gesichert ist (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 11. Januar 2001,
a.a.O.).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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