Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017
OVG Berlin-Brandenburg: untätigkeitsklage, behörde, aufenthaltserlaubnis, quelle, sammlung, link, ermessen, zivilprozessordnung, erkenntnis, erlass
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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 M 71.08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 75 VwGO, § 117 Abs 5 VwGO,
§ 161 Abs 2 VwGO, § 161 Abs 3
VwGO, § 166 VwGO
PKH; maßgeblicher Zeitpunkt bei Untätigkeitsklage
Leitsatz
Bei einer Untätigkeitsklage reicht es zur Bejahung der Erfolgsaussicht im Sinne des § 166
VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO nicht aus, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt die
Voraussetzung des § 75 VwGO für eine zulässige Untätigkeitsklage vorliegen; vielmehr
kommt es darauf an, ob die Klage in der Sache voraussichtlich Erfolg haben wird.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom
30. September 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten
werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe
hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die beabsichtigte
Rechtsverfolgung in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des
Prozesskostenhilfegesuchs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166
der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der
Zivilprozessordnung - ZPO – geboten habe, weil die Kläger voraussichtlich keine
Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten
Aufenthaltserlaubnis hätten, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Kläger kann nach Lage des Falles nicht allein darauf
abgestellt werden, dass zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des
Prozesskostenhilfegesuchs möglicherweise die Voraussetzungen des § 75 VwGO
vorgelegen haben. Denn bei einer Untätigkeitsklage reicht es zur Bejahung der
Erfolgsaussicht im Sinne des § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 ZPO nicht schon aus,
dass zum maßgeblichen Zeitpunkt die Voraussetzung des § 75 VwGO für eine zulässige
Untätigkeitsklage vorliegen; vielmehr kommt es darauf an, ob die Klage in der Sache
voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006,
§ 166 Rn 75). Die Regelung des § 75 VwGO betrifft nämlich nur das
Zulässigkeitserfordernis der Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 68 ff., 74 VwGO), von
dem unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann. Die mit
einer solchen zulässigen Klage zu verfolgenden Klageziele sind die Gleichen wie bei den
originären Klagen (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 20. August 2007 – 4 E 244/06 -
veröffentlicht in Juris). Erlässt die beklagte Behörde – wie im vorliegenden Fall - nach
Klageerhebung einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid, so kann der Kläger die
ursprüngliche Untätigkeitsklage unter Einbeziehung des ergangenen
Widerspruchsbescheides als Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage weiterführen (vgl.
Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 75 Rn. 21). Will er dies nicht, bleibt ihm die
Möglichkeit, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. In diesem Fall kann dem Antrag auf
Gewährung von Prozesskostenhilfe schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht
stattgegeben werden, da die Kosten regelmäßig ohnehin dem Beklagten aufzuerlegen
sein werden, wobei dahinstehen kann, ob dies bereits aus der – von den Klägern in der
Klageschrift erwähnten - Sondervorschrift des § 161 Abs. 3 VwGO folgt (so der 3. Senat
des BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1991, NVwZ 1991, 1180, 1181; a.A. der 2. Senat des
BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 1977, Buchholz 310 § 161 Nr. 46), oder ob die beklagte
Behörde im Rahmen der allgemeinen Regelung des § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem
Ermessen mit den Kosten zu belasten ist, weil sie wegen der ohne zureichenden Grund
eingetretenen Verzögerung der bei ihr beantragten Entscheidung Veranlassung für die
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eingetretenen Verzögerung der bei ihr beantragten Entscheidung Veranlassung für die
Erhebung der Klage gegeben hat.
Dass die Klage in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des
Prozesskostenhilfegesuchs in der Sache voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, kann nach
derzeitiger Erkenntnis nicht angenommen werden. Mit den eingehenden Ausführungen
der Beklagten in dem Ausgangsbescheid vom 21. März 2007 und dem
Widerspruchsbescheid vom 24. April 2008, auf die das Verwaltungsgericht in
entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen hat, haben sich die Kläger
bislang inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Insbesondere sind sie der eingehend
begründeten Annahme der Beklagten nicht entgegengetreten, die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis komme schon deshalb weder nach § 23 Abs. 1 AufenthG in
Verbindung mit der Bleiberechtsregelung des Ministeriums des Innern des Landes
Brandenburg (Erlass Nr. 09/2006) noch nach § 104a AufenthG in Betracht, weil die Kläger
die Ausländerbehörde über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht und
behördliche Maßnahmen vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hätten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer
Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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