Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30.12.2009

OVG Berlin-Brandenburg: aufschiebende wirkung, teilweiser erlass, eigentümer, sanierung, bad, haus, härtefall, sammlung, quelle, link

1
2
3
Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 S 13.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 3 Abs 1 GG, § 155 Abs 1 Nr
2 Halbs 1 BauGB
Anrechnung eigener Aufwendungen eines
Grundstückseigentümers auf einen sanierungsrechtlichen
Ausgleichsbetrag
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 30. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und – unter Änderung der
verwaltungsgerichtlichen Festsetzung – für das erstinstanzliche Verfahren auf 10.981,25
Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag des
Antragstellers abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den
Bescheid des Bezirksamts Mitte von Berlin vom 24. März 2009 anzuordnen, ist nicht aus
den vom Antragsteller dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das
Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zu ändern. Der
Antragsteller legt weder dar, dass bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des auf § 154 BauGB gestützten Bescheids über die Festsetzung und
Erhebung eines Ausgleichsbetrags in Höhe von 43.925,00 Euro für das im ehemaligen
Sanierungsgebiet Spandauer Vorstadt belegene Grundstück des Antragstellers
bestehen, noch dass die Vollziehung für ihn eine unbillige, nicht durch überwiegende
öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80
Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Soweit der Antragsteller geltend macht, dass sein Rechtsvorgänger „das Objekt ohne
Inanspruchnahme öffentlicher Mittel mit einem Aufwand von 4 Mio DM = 2 Mio Euro
unmittelbar vor Inkrafttreten der Sanierungsverordnung saniert“ und er selbst es 1999
„für 4,5 Mio € (zuzüglich 0,3 Mio € Nebenkosten) erworben und mit erheblichen weiteren
eigenen Mitteln hochwertig modernisiert“ habe, führt dies weder zu einer Minderung des
Ausgleichsbetrags im Wege einer Anrechnung nach § 155 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB
noch zu einem zumindest teilweisen Erlass des Ausgleichsbetrags zur Vermeidung einer
unbilligen Härte nach § 155 Abs. 4 BauGB. Nach der vom Verwaltungsgericht zutreffend
zitierten Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. Urteil vom 5. November 2009
– OVG 2 B 7.07 -, juris Rn. 39 ff.) ist die Regelung des § 155 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1
BauGB, der zufolge Bodenwerterhöhungen des Grundstücks, die der Eigentümer
zulässigerweise durch eigene Aufwendungen bewirkt hat, auf den Ausgleichsbetrag
anzurechnen sind, bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht anwendbar, da
Aufwendungen zur Modernisierung und Instandsetzung eines Gebäudes unmittelbar nur
dem insoweit nicht maßgebenden Gebäudewert zugute kommen. Allenfalls ist insoweit
ein mittelbarer Einfluss auf den Bodenwert des Grundstücks denkbar, als eine Vielzahl in
einem Sanierungsgebiet bewirkter Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen
zu einer Lagewertverbesserung beitragen kann, die sich in einer Bodenwerterhöhung der
einzelnen Grundstücke niederschlägt. Dass der Antragsteller bzw. sein Rechtsvorgänger
auf diese Weise eine anrechenbare Bodenwerterhöhung des Grundstücks bewirkt hat,
kann indes schon deshalb nicht angenommen werden, weil Maßnahmen eines einzelnen
Eigentümers regelmäßig nicht geeignet sind, die Lagequalität des Sanierungsgebiets zu
verändern. Dass dies im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise - etwa weil sich die
4
5
6
7
verändern. Dass dies im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise - etwa weil sich die
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in eine Vielzahl aufeinander
abgestimmter privater Maßnahmen einfügen (vgl. hierzu: Kleiber, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 92. Ergänzungslieferung 2009,
§ 155 Rn. 40) oder möglicherweise auch wegen einer besonders prägenden Wirkung des
betreffenden Objekts auf das übrige Sanierungsgebiet - anders sein könnte, hat der
Antragsteller nicht dargelegt.
Der Ansatz der Beschwerde, dass eine Anrechnung in dem - hier vorliegenden - Fall
einer vollständigen Eigenfinanzierung der Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen auch ohne eine (konkret feststellbare) Bodenwerterhöhung
in Betracht komme, findet weder im Wortlaut des § 155 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB
noch in der zitierten Entscheidung des Senats vom 5. November 2009 eine Grundlage.
Soweit dort ausgeführt wird, dass es in dem zu entscheidenden Fall „jedenfalls (…) an
einer durch eigene Aufwendungen bewirkten Bodenwerterhöhung“ fehle, weil
hinzukomme, dass die zur Gebäudesanierung bewilligten Zuschüsse den von den
Eigentümern hierfür aufgewandten Eigenanteil bei weitem übersteigen, bezieht sich dies
ersichtlich nicht auf das Tatbestandsmerkmal der bewirkten „Bodenwerterhöhung“,
sondern auf das Vorliegen relevanter „ eigener Aufwendungen“ der Eigentümer. Etwas
anderes kann auch der in der Beschwerdebegründung weiter zitierten Formulierung nicht
entnommen werden, wonach „jedenfalls, wenn es wie hier um die möglichen
Auswirkungen einer Gebäudesanierung“ gehe, „die zu einem weit überwiegenden Anteil
aus öffentlichen Mitteln finanziert ist, (…) bei wertender Betrachtung keine durch eigene
Aufwendungen des Eigentümers bewirkte Bodenwerterhöhung des Grundstücks
festgestellt werden“ könne. Auch insoweit geht es in der genannten Entscheidung allein
um die Anforderungen an die Voraussetzung der „eigenen“ Aufwendungen. Aus dem
gleichen Grund führt auch der Hinweis auf eine andere obergerichtliche Entscheidung
(VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. November 2005 – 8 S 498/05 –, BRS 69 Nr. 207) nicht
zum Erfolg der Beschwerde. Die in der Beschwerdegründung wörtlich zitierten
Ausführungen des VGH Bad.-Württ. beziehen sich ebenfalls nur auf die Frage, ob
bestimmte sanierungsbedingte Bodenwerterhöhungen „durch eigene Aufwendungen
des Eigentümers bewirkt“ sind; ein verallgemeinerungsfähiger Rechtssatz des Inhalts,
„dass die Sanierung des eigenen Hauses nicht nur dessen Wert erhöht, sondern auch
Bodenwerterhöhungen zur Folge hat“, kann den zitierten Ausführungen entgegen der
Auffassung des Antragstellers nicht entnommen werden.
Die regelmäßig fehlende Möglichkeit der Anrechnung privat durchgeführter
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach § 155 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1
BauGB stellt entgegen dem Beschwerdevorbringen auch keinen Verstoß gegen den
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dar. Eine Ungleichbehandlung ist weder „im Verhältnis
zwischen privatem Investor und öffentlicher Hand“ noch „im Verhältnis des privaten
Investors zu den Eigentümern, die öffentliche Mittel in Anspruch genommen haben“,
erkennbar. Dem privaten Investor werden im Fall der Nichtanrechnung gerade keine „auf
eigener Leistung beruhenden Vermögensvorteile“ entzogen, da die Bodenwerterhöhung,
deren Abschöpfung der sanierungsrechtliche Ausgleichsbeitrag dient, - wie ausgeführt -
regelmäßig gerade nicht durch Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen eines
einzelnen Eigentümers bewirkt wird. Die durch die Baumaßnahmen bewirkte Erhöhung
des Gebäude wertes bleibt dem Eigentümer uneingeschränkt erhalten. Ob öffentliche
Mittel in Anspruch genommen worden sind oder nicht, ist in diesem Zusammenhang
nicht relevant.
Die Beschwerde legt schließlich auch nicht dar, dass ein zumindest teilweiser Erlass des
Ausgleichsbetrags zur Vermeidung einer unbilligen Härte (§ 155 Abs. 4 Satz 1 BauGB)
geboten gewesen wäre. Der Hinweis des Antragstellers, er habe sein Haus mit einem
Kostenaufwand von 2 Mio € saniert und damit keinen Anlass zur Durchführung der
Sanierung gegeben, vermag allein keinen Härtefall zu begründen, zumal die
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ihm als Zustandsverbesserung
seines Gebäudes selbst zugute gekommen sind (vgl. Urteil des Senats vom 5.
November 2009, a.a.O., Rn. 42). Dass der Antragsgegner bezüglich des Grundstücks
des Antragstellers weder Ordnungsmaßnahmen eingeleitet noch den Einsatz öffentlicher
Mittel erwogen habe, ist nicht maßgeblich. Dass die Erhebung des Ausgleichsbetrags
den Antragsteller außergewöhnlich belasten würde, etwa weil er auf die Aufnahme von
Fremdmitteln angewiesen wäre und diese nur unter unzumutbaren Bedingungen
beschaffen könnte, ist weder dargelegt noch erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 3 GKG. Abweichend von der
erstinstanzlichen Entscheidung bewertet der Senat das Interesse des Antragstellers,
vorläufig von der Zahlung des Ausgleichsbetrages verschont zu bleiben, nicht mit der
8
vorläufig von der Zahlung des Ausgleichsbetrages verschont zu bleiben, nicht mit der
Hälfte, sondern gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (veröffentlicht in DVBl. 2004,
1525) lediglich mit ¼ des festgesetzten Ausgleichsbetrages. Die erstinstanzliche
Streitwertfestsetzung war dementsprechend gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts
wegen zu ändern.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum