Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 26.01.2009

OVG Berlin-Brandenburg: hochschule, immatrikulation, satzung, link, sammlung, quelle, grundrecht, qualifikation, wiederholung, mitgliedschaft

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 S 2.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
Art 14 Abs 4 VergabeVtr 1992
2006
Zulassung und Teilhabeanspruch eines Studienunterbrechers
zum 1. Fachsemster
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
Berlin vom 26. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt aus den zutreffenden Gründen des
angefochtenen Beschlusses, auf die gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug
genommen wird, ohne Erfolg. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere
Entscheidung. Sie geht von falschen Ansätzen aus.
Wird ein Studienunterbrecher durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen
- ZVS - erneut zum 1. Fachsemester zugelassen, so hat die Hochschule ihn als
Studienanfänger einzuschreiben, soweit die weiteren Einschreibevoraussetzungen
vorliegen (Art. 14 Abs. 4 des StV 2006). Er hat sodann Anspruch auf Teilnahme an den
Ausbildungsveranstaltungen des Eingangssemesters, selbst wenn sie für ihn in
gewissem Umfang eine Wiederholung darstellen; denn die Durchstufung in ein höheres
Semester muss er nicht beantragen. So liegt es hier. Die Antragstellerin verfügt über
einen Zulassungsbescheid der ZVS für das erste Fachsemester im Studiengang
Humanmedizin an der Antragsgegnerin. Einschreibehindernisse im Sinne des § 14 Abs.
3 Nr. 2 bis 4 BerlHG bestehen offenbar nicht; im Übrigen enthält der Ausspruch des
Verwaltungsgerichts einen entsprechenden Vorbehalt. Die Frage, ob § 14 Abs. 3 BerlHG
in Bezug auf die Versagung der Immatrikulation eine abschließende Regelung enthält
oder ob das Satzungsrecht der Hochschulen nach § 10 Abs. 6 Nr. 1 BerlHG eine
Erweiterung des Kataloges der Versagungsgründe erlaubt, bedarf aus Anlass des
vorliegenden Falles keiner Erörterung. Denn die Gründe, auf die sich die Antragsgegnerin
unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 5 ihrer Satzung für Studienangelegenheiten in der
Fassung vom 10. Juli 2006 (Amtl. MBl. Nr. 4 vom 14. Juli 2006, S. 33) beruft, betreffen
nicht die Immatrikulation als Akt der Begründung der Mitgliedschaft zur Hochschule,
sondern bedeuten der Sache nach ein Zulassungshindernis im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr.
1 BerlHG, indem das Fehlen der erforderlichen Qualifikation für ein höheres
Fachsemester des fachgleichen Studiengangs zum Anlass für die Versagung der
Immatrikulation genommen wird. Eine erneute Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen
bei Erteilung der Immatrikulation verbietet sich jedoch, wenn wie hier die Vergabe der
Studienplätze nicht der Hochschule, sondern der Zentralstelle vorbehalten ist (vgl. § 10
Abs. 2 Satz 2 BerlHG, § 4 BerlHZG) und der Bewerber bereits über einen
Zulassungsbescheid der Zentralstelle verfügt. Solange diese Zulassung wirksam ist,
äußert sie - von Fällen des Missbrauchs abgesehen (vgl. hierzu etwa BayVGH, Beschluss
vom 1. September 2008 - 7 CE 08.1857 -, juris) - gleichsam Tatbestandswirkung in dem
Sinne, dass die Immatrikulation nicht wegen des Fehlens bestimmter Qualifikationen
versagt werden darf.
Die Bemühungen der Beschwerde, über § 9 BerlHZG ein Immatrikulationshindernis in
sämtlichen Fällen zu konstruieren, in denen ein Studienbewerber bereits Lehrleistungen
einer Hochschule in Anspruch genommen hat, sind zum Scheitern verurteilt. Diese
Vorschrift gilt ausschließlich für die Vergabe von in höheren Fachsemestern zur
Verfügung stehenden Studienplätzen durch die Hochschule, setzt also voraus, dass sich
der Studienbewerber tatsächlich bei der Hochschule um einen Platz in einem höheren
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der Studienbewerber tatsächlich bei der Hochschule um einen Platz in einem höheren
Semester beworben hat. Sie betrifft namentlich Ortswechsler (so auch § 5 Abs. 5 der
Satzung) und Quereinsteiger, die über vom Prüfungsamt anerkannte Studienleistungen
verfügen und ihren unmittelbaren Einstieg in ein höheres Fachsemester anstreben. Um
einen solchen Fall handelt es sich hier aber nicht. Aus diesem Grund ist auch der Verweis
der Beschwerde auf den Beschluss des Senats vom 29. Juni 2007 - OVG 5 NC 21.07 -
verfehlt, denn in jenem Fall handelte es sich um eine Studienbewerberin, die sich um
einen Platz im 7. Fachsemester bei der Antragsgegnerin beworben hatte. Unzutreffend
ist auch die Annahme der Beschwerde, der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass
die Hochschule Studierende mit einer ZVS-Zulassung für das 1. Fachsemester, die
bereits an einer anderen deutschen Hochschule in dem fachgleichen Studiengang
studiert haben, in ein entsprechend höheres Fachsemester zu immatrikulieren habe. § 9
Abs. 1 BerlHZG gibt für das Zulassungsverfahren der Hochschulen (lediglich) eine
Rangfolge für die Studienplatzvergabe vor, wie sie für das 1. Fachsemester in
Studiengängen, die in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind, in der
Vergabeverordnung geregelt ist. Deshalb kommt der vorrangigen Berücksichtigung von
Bewerbern, die über anrechenbare Studienleistungen verfügen, jedoch eine Zulassung
der ZVS für das 1. Fachsemester vorweisen können, letztlich nur die Bedeutung eines
Anreizes zu, sich zugunsten von Studienanfängern für ein höheres Fachsemester zu
bewerben und nicht auf die Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen zu
verzichten. Eben das und nicht etwa die Missbilligung eines Anrechnungsverzichts
kommt in der von der Beschwerde angeführten Gesetzesbegründung deutlich zum
Ausdruck.
Davon, dass das Grundrecht der „Erstbewerber“ die Antragsgegnerin dazu zwingt, die
Immatrikulation in ein bereits durchlaufenes Fachsemester in dem gewählten
Studiengang zu versagen, kann keine Rede sein. Es ist zwar richtig, dass der
Studienunterbrecher, wenn er von der ZVS erneut zum 1. Fachsemester zugelassen
wird und die Hochschule ihn als Studienanfänger zulassen muss, zwangsläufig einen
anderen Studienbewerber infolge der beschränkten Aufnahmekapazität verdrängt. Diese
Konsequenz ist jedoch im System des Studienplatzvergaberechts angelegt (vgl. § 4 Abs.
3 Satz 2 VergabeVO) und erlaubt keine einschränkende Interpretation durch die
Hochschule. Die Beschwerde übersieht zudem, dass der nach vergaberechtlichen
Kriterien zulässigen doppelten Inanspruchnahme von Hochschulkapazitäten und dem
hierdurch ausgelösten Verdrängungseffekt durch die auch für Studienunterbrecher
geltende Wartezeitregelung des § 14 Abs. 6 VergabeVO entgegen gewirkt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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