Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 01.05.2004

OVG Berlin-Brandenburg: mitbestimmungsrecht, vergütung, arbeitsbedingungen, lohnhöhe, zuwendung, auszahlung, befristung, ausschluss, angestelltenverhältnis, gehalt

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 60.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 60 PV 6.06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Beschlussfassungen des Beteiligten über die
Gestaltung von Arbeitsverträgen mit Beschäftigten des Beteiligten, die nicht
tarifvertraglich erfasst sind und mit denen ab dem 1. Mai 2004 ein Arbeitsverhältnis
begründet worden ist, unter dem Aspekt der Vergütung nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG
(Fragen der Lohngestaltung) mitbestimmungspflichtig ist bzw. gewesen ist.
Anfang 2003 verließ das Land Berlin die Tarifgemeinschaft der Länder; davon waren auch
die Beschäftigten der seinerzeitigen Universitätskliniken erfasst. Der Beteiligte, eine
Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist als Gliedkörperschaft der Freien Universität
Berlin und der Humboldt-Universität Berlin auf der Grundlage des Vorschaltgesetzes
zum Gesetz über die Umstrukturierung der Hochschulmedizin im Land Berlin vom 27.
Mai 2003 (- HS-Med-G - GVBl. S. 185) errichtet worden. Antragsteller des vorliegenden
Verfahrens waren zunächst die Personalräte der ehemaligen Dienststellen Campus
Charité Mitte/Virchow-Klinikum/Berlin-Buch sowie Campus Benjamin Franklin; am 4. Juli
2006 hat der jetzige - neu konstituierte - Antragsteller beschlossen, das Verfahren
fortzuführen.
Am 16. März 2004 fassten die seinerzeit nach Maßgabe von Art. III § 2 Abs. 1 HS-Med-G
gemeinsam tagenden Klinikumsvorstände der dem Beteiligten zugeordneten
Universitätskliniken folgenden Beschluss:
„Die gemeinsam tagenden Klinikumsvorstände beschließen bei Neueinstellungen
mit Wirkung vom 1. April 2004 arbeitsvertraglich
- eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden zu
vereinbaren, unabhängig, ob ein Einsatz im sog. Tarifkreis West oder Ost erfolgt;
- Urlaubsgeld und Sonderzuwendung (sog. „Weihnachtsgeld“) auszuschließen;
- Gehälter nach den Merkmalen der bisher anzuwendenden Tarifverträge (z.B.
BAT/BAT-O) zu bestimmen und dann fix zu vereinbaren;
- keine Anmeldung bei der VBL vorzunehmen;
- eine Klausel im Arbeitsvertrag aufzunehmen, nach der sich die
Arbeitsbedingungen automatisch an dem zu erwartenden Haustarifvertrag ausrichten,
sobald dieser abgeschlossen wurde;
- im Übrigen die Vorschriften der bisherigen tariflichen Regelungen des BAT/BAT-
O mit Stand 31.12.2002 zu vereinbaren.“
Der Beteiligte übersandte dem seinerzeitigen Antragsteller einen entsprechenden
Protokollauszug und teilte ihm unter dem 30. März 2004 mit, dass es Ziel sei, ab dem 1.
Mai 2004 die Arbeitsverträge nach den neuen Bedingungen zu schließen. Der
seinerzeitige Antragsteller bat hierauf den Beteiligten um unverzügliche Einleitung eines
Mitbestimmungsverfahrens, weil nach seinem Dafürhalten der Tatbestand des § 85 Abs.
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Mitbestimmungsverfahrens, weil nach seinem Dafürhalten der Tatbestand des § 85 Abs.
1 Nr. 10 PersVG erfüllt sei. Dem trat der Beteiligte mit Schreiben vom 9. Juni 2004
entgegen; aus seiner Sicht bestehe im Rahmen der Änderungen bei neuen Einstellungen
kein Mitbestimmungsrecht. Zwischenzeitlich hatte der Beteiligte durch
Vorstandsbeschluss vom 20. April 2004 ergänzend zu dem Beschluss vom 16. März
2004 entschieden, welcher Personenkreis von der Änderung der Vertragsgestaltung bei
Neuabschlüssen betroffen sein soll, und dabei den am 16. März 2004 gefassten
Beschluss nochmals bekräftigt.
Am 19. Oktober 2004 beschloss der erweiterte Vorstand der Charité im Wesentlichen,
die am 16. März und 20. April 2004 beschlossenen Änderungen der Arbeitsbedingungen
auf den 30. April 2005 zu befristen, einen Fonds zur Milderung der finanziellen Folgen der
Beschlüsse über die Änderungen der Arbeitsbedingungen für das Kalenderjahr 2004 zu
bilden, nachträglich Bewährungsaufstiege sowie Einmalzahlungen in Abhängigkeit vom
Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung zu gewähren. Unter dem 30. November 2004
teilte der seinerzeitige Antragsteller dem Beteiligten hierzu mit, er habe festzustellen,
dass es zu keiner ordnungsgemäßen Beteiligung gekommen sei, da Vertreter des
Personalrates lediglich bei der Verkündung des Ergebnisses zwischen den
Verhandlungspartnern dazu gebeten worden seien. Lediglich die Tatsache, dass eine
erneute Diskussion über die rechtzeitige Beteiligung des Personalrats eine Verzögerung
der Auszahlung der vereinbarten Summe für die Betroffenen zur Folge haben würde,
halte den Personalrat davon ab, auf die Einhaltung seiner Rechte zu bestehen. Mit
Schreiben vom 9. Februar 2005 wies der seinerzeitige Antragsteller sodann auf eine
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 13. Oktober 2004 hin, wonach in der
Tarifnachwirkung die grundsätzliche Veränderung von Gehältern der Mitbestimmung
durch den Personalrat unterliege; von daher beantrage er, den Beschluss vom 16. März
2004 mit sofortiger Wirkung aufzuheben und den von dem Beschluss Beschäftigten die
ausstehenden Vergütungen nachzuzahlen. Dazu teilte der Beteiligte mit Schreiben vom
28. April 2005 mit, dass er an seinem Rechtsstandpunkt festhalte; mit den fraglichen
Maßnahmen sei lediglich die Lohnhöhe geregelt worden.
Hiergegen hat der seinerzeitige Antragsteller am 1. Juni 2005 das gerichtliche
Beschlussverfahren eingeleitet und die Feststellung beantragt, dass der Beteiligte durch
die Umsetzung seiner Beschlüsse vom 16. März, 20. April und 19. Oktober 2004 über die
Vertragsgestaltung bei Neueinstellungen zum 1. Mai 2004 sein Mitbestimmungsrecht
nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG verletzt habe. Die Einführung einer festen
Gehaltsvereinbarung, die Erhöhung der Arbeitszeit im Tarifkreis West auf 40
Wochenstunden bei gleich bleibender Vergütung, die Streichung von Urlaubsgeld und
Sonderzuwendungen sowie die Unterlassung der Anmeldung und Beitragsabführung bei
der VBL stellten Regelungen der Änderung der Vergütungsstruktur dar. Dem ist der
Beteiligte u.a. mit dem Bemerken entgegen getreten, dass die Durchführung des
Verfahrens rechtsmissbräuchlich sei, weil der seinerzeitige Antragsteller mit seinem
vorprozessualen Verhalten zu erkennen gegeben habe, ein derartiges Verfahren nicht
durchführen zu wollen.
Das Verwaltungsgericht ist dem seinerzeitigen Antragsteller gefolgt und hat mit
Beschluss vom 7. Februar 2006 festgestellt, dass der Beteiligte mit der Umsetzung der
genannten Beschlüsse das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 85 Abs. 1 Nr.
10 PersVG verletzt habe. Der Feststellungsantrag sei zulässig. Antragsteller seien die für
die bisherigen Dienststellen des Beteiligten gewählten Personalräte gemeinsam. Für den
Antrag bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse; der
Umstand, dass nach der von der Beteiligtenvertreterin in der mündlichen Anhörung
abgegebenen Erklärung der Beteiligte die ab März 2006 geplanten
„Arbeitsvertragsrichtlinien“ den Personalräten zur Beteiligung vorlegen werde, lasse ein
Interesse des Antragstellers an der Nachholung eines Mitbestimmungsverfahrens
bezogen auf die zum 1. Mai 2004 wirksam gewordene Maßnahme nicht entfallen, weil
auch eine rückwirkende Änderung der kollektivrechtlichen Rahmenbedingungen für die
zwischenzeitlich abgeschlossenen Arbeitsverträge in Betracht zu ziehen sei. Der
Feststellungsantrag sei auch nicht rechtsmissbräuchlich; soweit der seinerzeitige
Antragsteller mit seinem Schreiben vom 30. November 2004 zu erkennen gegeben
habe, von einer Durchsetzung seines Beteiligungsrechts absehen zu wollen, sei dies
lediglich mit Blick auf die bis zum Ablauf der Befristung 30. April 2005 avisierte
Vereinbarung eines - später jedoch nicht zustande gekommenen - „Haustarifvertrages“
geschehen. Der Feststellungsantrag sei auch begründet. Der Beteiligte habe durch die
Umsetzung der genannten Beschlüsse das Mitbestimmungsrecht des seinerzeitigen
Antragstellers aus § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG verletzt. Die Regelung betreffe nicht nur die
Entlohnung von Arbeitern, sondern auch die Vergütung von Angestellten. Durch die in
dem Beschluss vom 16. März 2004 enthaltene Maßnahme, die durch die späteren
ergänzenden Beschlüsse nicht wesentlich eingeschränkt worden sei, sei die bestehende
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ergänzenden Beschlüsse nicht wesentlich eingeschränkt worden sei, sei die bestehende
Vergütungsstruktur geändert worden. Entgegen der Ansicht des Beteiligten liege auch
nicht lediglich eine Kürzung der Höhe der Vergütung vor. Denn sowohl Urlaubsgeld als
auch Sonderzuwendung seien von bestimmten zusätzlichen Bedingungen, z.B. Dauer
des Beschäftigungsverhältnisses, abhängig, so dass die entsprechenden Änderungen
strukturelle Änderungen der Vergütung darstellten. Gleiches gelte für die Vereinbarung
eines Fixgehalts, weil sich nachträgliche Änderungen in den Voraussetzungen einzelner
Vergütungsmerkmale (Einstufung der konkret ausgeübten Tätigkeit in Vergütungs- und
Fallgruppen nach BAT) nicht - wie bei den bisherigen, unter tariflicher Bindung an den
BAT geschlossenen Verträgen - auf die Höhe des fest vereinbarten Entgelts auswirkten.
Entsprechendes gelte auch für die Veränderung der betrieblichen Altersvorsorge durch
Nichtanmeldung der zum 1. Mai 2004 eingestellten Arbeitnehmer zur VBL, was sich
freilich aufgrund der nach Auskunft des Beteiligten zwischenzeitlich erfolgten
rückwirkenden Anmeldung der betreffenden Beschäftigten zur VBL erledigt habe. Keine
Änderung der Vergütungsstruktur stelle allerdings die Festlegung einer
durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden dar. Einer Mitbestimmung
stehe auch nicht der Tarifvorbehalt in § 85 Abs. 1, 1. Halbsatz PersVG entgegen, weil für
den Abschluss neuer Arbeitsverträge während der Nachwirkung der früheren
Tarifverträge keine rechtliche Bindung bestehe.
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat der Beteiligte rechtzeitig Beschwerde
erhoben und begründet; er macht im Wesentlichen geltend: Der Feststellungsantrag sei
bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht habe zunächst fälschlich festgestellt, dass
Antragsteller die beiden Personalräte der ehemaligen Dienststellen der Charité
(gewesen) seien; ein entsprechender Beschluss des Personalrates der ehemaligen
Dienststelle Charité Campus Benjamin Franklin habe nicht vorgelegen, zumal die beiden
Personalräte der ehemaligen Dienststellen bis zum Beschluss der Fachkammer davon
ausgegangen seien, dass sie ihre Geschäfte bis zur Neuwahl einer Personalvertretung
getrennt fortzuführen hätten. Auch ein Feststellungsinteresse sei nicht gegeben, weil
zwischenzeitlich eine Mitbestimmung der Personalräte jedenfalls für den Bereich der
Ärzte und Wissenschaftler dadurch obsolet geworden sei, dass der Beteiligte und die
Gewerkschaft Marburger Bund zwischenzeitlich einen Tarifvertrag abgeschlossen hätten,
in dem die entsprechenden Vergütungs- und Arbeitsbedingungen geregelt seien. Auch
habe der Antragsteller mit seinem Schreiben vom 30. November 2004 der Sache nach
erklärt, dass das Mitbestimmungsverfahren aus seiner Sicht abgeschlossen sei. Dies
habe er auch mit seinen Zustimmungen zu Schreiben des Beteiligten vom 22.
Dezember 2005 sowie in Gesprächen vom 5. und 31. März 2004 deutlich gemacht, mit
denen er sich mit den veränderten Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt habe. Von
daher sei das Feststellungsbegehren auch rechtsmissbräuchlich. Insbesondere gehe das
Verwaltungsgericht unzutreffend davon aus, dass der Antragsteller in seinem Schreiben
vom 30. November 2004 nur im Hinblick auf den alsbaldigen Abschluss eines
Haustarifvertrages davon abgesehen habe, sein Mitbestimmungsrecht durchzusetzen;
dies werde durch den Wortlaut des Schreibens sowie dessen Vorgeschichte widerlegt.
Jedenfalls sei der Feststellungsantrag unbegründet. Die Beschlussfassung vom 16. März
2004 beinhalte lediglich eine Regelung über die Vergütungshöhe, für die ein
Mitbestimmungsrecht nicht gegeben sei. Er, der Beteiligte, habe auch berücksichtigen
müssen, dass auch die Arbeitgeber im Bereich des öffentlichen Dienstes überwiegend
den Ausschluss der Anwendbarkeit des Tarifvertrages Sonderzuwendung bestimmt
hätten; im Übrigen würden auch entsprechende Vorgaben der öffentlichen
Drittmittelgeber bestehen.
Der Beteiligte beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. Februar 2006 abzuändern
und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig und tritt der Beschwerde im
Einzelnen entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheit des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den
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Die Beschwerde des Beteiligten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den
Feststellungsantrag zu Recht für zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu
nachfolgend 2.) erachtet. Hierzu im Einzelnen:
1. Der Zulässigkeit des Feststellungsantrages steht zunächst nicht entgegen, dass ein
Beschluss des Personalrates der ehemaligen Dienststelle Campus Benjamin Franklin
bzw. eine Beschlussfassung beider Personalräte der ehemaligen Dienststellen des
Beteiligten zu einer gemeinsamen Antragstellung nicht vorgelegen haben mag.
Zweifelhaft ist bereits, ob § 24 Abs. 2 PersVG, dem das Verwaltungsgericht die
gemeinsame Geschäftsfortführungsbefugnis entnommen hat, vorliegend überhaupt
Anwendung findet. Diese Regelung geht davon aus, dass die bisherigen Personalräte der
im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PersVG zusammengeschlossenen Dienststellen
die Geschäfte längstens bis zu einer Dauer von sechs Monaten (gemeinsam) weiter
führen. Dem stehen allerdings Art. I § 4 Abs. 1 Satz 2 HS-Med-G und § 27 Abs. 1 Satz 4
des Berliner Universitätsmedizingesetzes (UniMedG) entgegen, wonach die bei
Inkrafttreten des jeweiligen Gesetzes amtierenden örtlichen Personalräte (der
Fusionspartner) bis zum Ablauf ihrer Amtszeit im Amt bleiben. Von daher dürften die
genannten Bestimmungen des HS-Med-G und des UniMedG die allgemeinere Norm des
§ 24 Abs. 2 PersVG als speziellere (und abschließende) Regelungen verdrängen bzw.
verdrängt haben, was notwendig auch die Regelung über die gemeinsame
Fortführungsbefugnis betreffen würde; dies spricht dafür, dass der Antrag - unbeschadet
der Teilnahme des seinerzeitigen Personalrates der ehemaligen Dienststelle Campus
Benjamin an dem erstinstanzlichen Anhörungstermin - in zulässiger Weise auch ohne
dessen Beteiligung gestellt werden durfte. Unabhängig davon haben zwischenzeitlich -
am 8. Juni 2006 - die gemeinsam tagenden Personalräte der Charité und - am 4. Juli
2006 - der neu konstituierte Gesamtpersonalrat bei dem Beteiligten (§ 27 Abs. 2
UniMedG) beschlossen, das Verfahren für den ursprünglichen Antragsteller fortzuführen,
so dass die Frage der hinreichenden Prozessführungsbefugnis seither jedenfalls als
überholt betrachtet werden kann.
Der Zulässigkeit des Feststellungsantrags steht auch ein etwa fehlendes
Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse nicht entgegen. Soweit die
Beschwerde geltend macht, eine Mitbestimmung der Personalräte sei jedenfalls für den
Bereich der Ärzte und Wissenschaftler dadurch obsolet geworden, dass der Beteiligte
und die Gewerkschaft Marburger Bund zwischenzeitlich einen Tarifvertrag abgeschlossen
hätten, in dem die Vergütungs- und Arbeitsbedingungen geregelt seien, gilt dies
jedenfalls (noch) nicht für den hier interessierenden Zeitraum ab 1. Mai 2004 (s. insoweit
Presseerklärungen des Marburger Bundes Bundesverband vom 16. Juni 2006 und
Landesverband Berlin vom 31. März 2007, abrufbar jeweils über www.marburger-
bund.de). Dem Beteiligten kann auch nicht gefolgt werden, soweit er meint, der
seinerzeitige Antragsteller habe mit seinem Schreiben an den Beteiligten vom 30.
November 2004 sinngemäß erklärt, „dass das Mitbestimmungsverfahren
abgeschlossen“ sei und von daher kein Raum mehr für die Durchführung eines solchen
Verfahrens bestanden habe. Ein Mitbestimmungsverfahren hat aus Sicht des
seinerzeitigen Antragstellers gerade nicht stattgefunden, so dass er ein solches auch
nicht als abgeschlossen betrachtet hat. Er hat, wie seinem Schreiben vom 30.
November 2004 zu entnehmen ist, von der Durchsetzung des von dem Beteiligten
verweigerten Mitbestimmungsverfahrens nur deswegen zunächst abgesehen, weil er es
nicht zu einer Verzögerung der Auszahlung von Geldern an die betroffenen
Beschäftigten hat kommen lassen wollen („Lediglich die Tatsache … hält den
Personalrat davon ab …“). Auf dieser Linie liegen auch die Zustimmungen der
damaligen Personalräte zu den Bedingungen der Schreiben des Beteiligten vom 22.
Dezember 2005, mit denen „um Zustimmung für die Auszahlung einer Zulage an die zu
neuen Konditionen neueingestellten und weiterbeschäftigten Mitarbeiter“ gebeten
wurde; gleiches gilt für in diesem Zusammenhang geführte Gespräche aus März 2004
zwischen den Beteiligten, in denen die seinerzeitigen Personalräte erklärt haben mögen,
sie würden allen Einstellungen und Weiterbeschäftigungen auf der Grundlage der neuen
Bedingungen zustimmen. Die insoweit erteilten Zustimmungen haben jedenfalls nicht
das nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG erforderliche Mitbestimmungsverfahren ersetzt oder
etwa gegenstandslos werden lassen; die Zustimmungen der Personalvertretung zu
einzelnen individualvertraglichen (Folge-)Maßnahmen vermögen nicht die gesetzlich
gebotene Beteiligung zu der Struktur-Entscheidung des Beteiligten selbst zu ersetzen,
für eine Gruppe von Beschäftigten ein von dem bisherigen System abweichendes
Vergütungssystem einzuführen, was die Frage der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit
sozusagen im Kern berührt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat,
besteht insoweit auch rückwirkend ein Interesse an der Nachholung der Einflussnahme
der Personalvertretung auf die mit der Maßnahme bewirkte Änderung der
Vergütungsstruktur in einem Mitbestimmungsverfahren; hierauf wird Bezug genommen
(vgl. insoweit auch Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 75
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(vgl. insoweit auch Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 75
BPersVG, Rdn. 319).
Damit ist das Feststellungsbegehren entgegen der Ansicht der Beschwerde auch
keinesfalls rechtsmissbräuchlich. Soweit der Beteiligte insoweit geltend macht, das
Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Antragsteller in seinem
Schreiben vom 30. November 2004 nur im Hinblick auf den alsbaldigen Abschluss eines
Haustarifvertrages davon abgesehen habe, sein Mitbestimmungsrecht durchzusetzen,
und dazu weitere Ausführungen macht, greift das nicht durch. Die Annahme des
Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei nicht gehindert gewesen, die zunächst
zurückgestellte gerichtliche Geltendmachung seines Mitbestimmungsrechts nunmehr zu
betreiben, nachdem der ursprünglich beabsichtigte Haustarifvertrag nicht zustande
gekommen sei, ist jedenfalls gut vertretbar. Dass ein Haustarifvertrag per Ende April
2005 zustande gekommen sein sollte, findet sich jedenfalls in der auf das u.a. mit den
Assistenzärzten am 10. September 2004 geführte Gespräch herausgegebenen
Presseerklärung des Beteiligten vom 12. Oktober 2004 wieder; ein solcher
Haustarifvertrag war offensichtlich auch der Hintergrund für die in dem Beschluss des
erweiterten Vorstands vom 19. Oktober 2004 vorgesehene Befristung der Regelungen
des Beschlusses vom 16. März und 20. April 2004 auf den 30. April 2005. Jedenfalls kann
der Umstand, dass der seinerzeitige Antragsteller von einer (gerichtlichen)
Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts - auch unter Beteiligung an
„streitvermeidenden“ Gesprächen - zunächst abgesehen hatte, diesem jetzt nicht als
(prozessual) treuwidriges Verhalten entgegengehalten werden. Ein Rechtsmissbrauch,
der nur in besonders gravierenden Fällen einer nicht berechtigten Inanspruchnahme
gerichtlichen Rechtsschutzes angenommen werden kann, ist in der Anbringung des
vorliegenden Feststellungsbegehrens nach Lage der Umstände jedenfalls nicht zu
sehen.
2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht
festgestellt, dass der Beteiligte mit der Umsetzung der Beschlüsse der gemeinsam
tagenden Klinikumsvorstände vom 16. März 2004 und 20. April 2004 - modifiziert durch
Beschluss des Vorstandes der Charité vom 19. Oktober 2004 - über die
Vertragsgestaltung bei Neueinstellungen zum 1. Mai 2004 das Mitbestimmungsrecht
des Antragstellers aus § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG verletzt hat. Insoweit wird auf die
zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen sich
der Senat anschließt (§ 91 Abs. 2 PersVG i.V.m. §§ 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG). Im
Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist ergänzend auszuführen:
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in Anlehnung an die Rechtsprechung
insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass der
Mitbestimmungstatbestand nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG, der auch dann gegeben ist,
wenn durch die beabsichtigte Maßnahme „Fragen der Lohngestaltung“ für künftig
einzustellende Beschäftigte geregelt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar
1988 - 6 P 24.86 -, PersR 1988, 103), auch die Vergütung von Angestellten erfasst (s.
BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1987 - 6 P 8.84 -, BVerwGE 75, 365, 367 f.) und als
ein umfassendes Beteiligungsrecht in allen einer generellen Regelung zugänglichen
Fragen der Lohngestaltung zu verstehen ist, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich
insoweit um formelle oder materielle Arbeitsbedingungen handelt (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 9. Dezember 1998 - 6 P 6.97 -, BVerwGE 108, 135, 146 ff.; Beschluss
vom 14. März 2000 - 6 PB 23/99 -, juris). Bei Entlohnungsgrundsätzen handelt es sich
um das System, nach dem das Arbeitsentgelt bemessen werden soll und seine
Ausformung, mit Ausnahme der Lohnhöhe, wobei es dabei um die Strukturformen des
Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollziehungsformen, also um die abstrakt-
generellen Grundsätze der Entgeltfindung geht (s. insb. BVerwG, Beschluss vom 9.
Dezember 1998, a.a.O., S. 146). Weiter zutreffend hat das Verwaltungsgericht
ausgeführt, dass dazu insbesondere abstrakte Regelungen über die Zusammensetzung
der unmittelbar leistungsbezogenen Entgelte, Zeit- oder Akkordlöhne, Gehälter,
Zulagen, Urlaubsgelder, aber auch nur mittelbar leistungsbezogene Entgelte wie
Gratifikationen und Weihnachtsgeld rechnen (vgl. zu Urlaubsgeld und Zuwendung bereits
Beschluss des erkennenden Senats vom 22. Februar 2007 - OVG 60 PV 20.05 -, S. 6 f.
des Entscheidungsabdrucks; zu mittelbar leistungsbezogenen Entgelten OVG Berlin,
Beschluss vom 21. Januar 2003 - OVG 60 PV 10.02 -, Juris-Ausdruck, Rdn. 86).
Hiernach stellen die Regelungen in dem Beschluss des Beteiligten vom 16. März 2004
über den Ausschluss von Urlaubsgeld und Sonderzuwendung sowie die Vereinbarung
eines „Fixgehalts“ auf der Grundlage der Merkmale der bisher anzuwendenden
Tarifverträge (z.B. BAT/BAT-O) für die ab dem 1. Mai 2004 einzustellenden Beschäftigten
eine Maßnahme (§ 79 Abs. 1 PersVG, vgl. dazu insb. OVG Berlin, Beschluss vom 21.
Januar 2003, a.a.O., Juris-Ausdruck Rdn. 76 ff.) der „Lohngestaltung innerhalb der
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Januar 2003, a.a.O., Juris-Ausdruck Rdn. 76 ff.) der „Lohngestaltung innerhalb der
Dienststelle“ dar; die Regelungen haben zu einer Änderung der Vergütungsstruktur im
vorstehenden Sinne geführt. Wird für einen Teil der Beschäftigten innerhalb der
Dienststelle (bzw. hier Dienststellen, vgl. § 27 Abs. 1 Satz 1 UniMedG) eine
unterschiedliche Vergütung eingeführt, liegt darin die Aufstellung neuer
Verteilungsgrundsätze (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1998, a.a.O., S. 148).
Die bisherigen Verteilungsgrundsätze (für die bis zum 30. April 2004 eingestellten
Beschäftigten) sind, wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, geprägt durch die in der
Zeit der Zugehörigkeit des Landes Berlin zur Tarifgemeinschaft der Länder
geschlossenen Tarifverträge (BAT/BAT-O), die unter anderem auch tarifvertragliche
Zusatzvereinbarungen (TV Urlaubsgeld, TV Zuwendung) als Entgelt-Bestandteile
enthielten. Demgegenüber sollen die ab dem 1. Mai 2004 eingestellten Beschäftigten
ein auf der bisherigen tarifvertraglichen Grundlage zu ermittelndes, „fixes“ Gehalt
beziehen und im Übrigen weder Urlaubsgeld noch eine Sonderzuwendung erhalten; dass
nachträglich (individuell) Anpassungen vorgenommen worden sein mögen, ändert an der
abstrakt-generellen Strukturentscheidung vom 16. März 2004 und den entsprechenden
nachfolgenden Beschlussfassungen des Beteiligten nichts. Damit ist - mit den Worten
des Bundesverwaltungsgerichts - nunmehr eine „gespaltene Vergütungsordnung“
vorgesehen (BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1998, a.a.O., S. 149).
Hierin ist entgegen der Ansicht der Beschwerde insbesondere nicht lediglich eine
Regelung der Lohnhöhe zu sehen. Diese meint die Summe aller betroffenen
Vergütungen, den sog. Dotierungsrahmen, nicht jedoch - wie vorliegend - abstrakt-
generelle Regelungen der Entgeltfindung, mögen diese als Verteilungsgrundsätze
mittelbar auch die individuelle Lohnhöhe beeinflussen (s. BVerwG, Beschluss vom 9.
Dezember 1998, a.a.O., S. 149). Soweit es den Wegfall von Urlaubsgeld und
Sonderzuwendung betrifft, hat der Senat dies bereits zu einer vergleichbaren
Konstellation - der Vergütung von tarifvertraglich nicht erfassten Lehrkräften im
Angestelltenverhältnis - deutlich gemacht (Beschluss vom 22. Februar 2007 - OVG 60 PV
20.05 -). In dem Beschluss des Senats heißt es dazu wie folgt:
„Die in dem Rundschreiben Nr. … vom 18. Februar 2005 getroffene Entscheidung
des Beteiligten, für nach dem 28. Februar 2005 einzustellende Lehrkräfte kein
Urlaubsgeld und keine Zuwendung auszukehren (…), betrifft nicht lediglich die
Lohnhöhe. Die - von der Mitbestimmung nicht erfasste - Lohnhöhe meint die Summe
aller betroffenen Vergütungen, den sog. Dotierungsrahmen (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 9. Dezember 1998 - 6 P 6.97 -, BVerwGE 108, 136, 149). Vorliegend geht es freilich
nicht um den Dotierungsrahmen, sondern um eine Änderung der Verteilungsgrundsätze.
Bisheriger Verteilungsgrundsatz (bis zum 28. Februar 2005) war, dass alle Lehrkräfte
bzw. Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis zusätzlich zu der bisherigen „Grundvergütung“
in den Genuss von Urlaubsgeld und Zuwendung kamen. Nunmehr sollen zwei neue
Verteilungsgrundsätze (und nicht, wie der Beteiligte meint, zwei Dotierungsrahmen)
gelten, dahin nämlich, dass nur die bis zum 28. Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte
(zusätzlich) Urlaubsgeld und Zuwendung erhalten sollen, nicht jedoch die nach dem 28.
Februar 2005 eingestellten Lehrkräfte. Um eine Änderung der Verteilungsgrundsätze
würde es allenfalls dann nicht gehen, wenn eine gleichmäßige prozentuale Herabsetzung
der Vergütungen aller Lehrkräfte vorgesehen wäre (vgl. entspr. BVerwG, Beschluss vom
9. Dezember 1998, a.a.O., S. 150), was hier freilich nicht der Fall ist. Damit liegt eine
Änderung der Entlohnungsgrundsätze vor (vgl. entspr. auch BAG, Beschluss vom 28.
Februar 2006 - 1 ABR 4/05 -, Juris-Ausdruck, Rdn. 18)“ (OVG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 22. Februar 2007 – OVG 60 PV 20.05 -, S. 6 des Entscheidungsabdrucks).
So liegt es auch im vorliegenden Fall. Soweit der von dem Beteiligten hergereichten und
im hier interessierenden Zusammenhang nur knapp begründeten Entscheidung des
Landesarbeitsgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 (5 Sa 1031/06) etwas anderes
entnommen werden kann, ist dem mit Blick auf die vorstehend dargestellte
Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu folgen, wobei es
im Übrigen vorliegend nicht allein um eine Nichtgewährung von Weihnachtsgeld und
Sonderzuwendung geht.
Der Beteiligte ist schließlich auch nicht auf die von ihm am 16. März 2004 und
nachfolgend beschlossenen Verteilungsgrundsätze festgelegt (s. dazu BVerwG,
Beschluss vom 9. Dezember 1998, a.a.O., S. 151). Dass etwaige diesbezügliche
haushaltsgesetzliche Festlegungen für Neueinstellungen ab dem 1. Mai 2004 vorgelegen
hätten, hat der Beteiligte selbst nicht geltend gemacht. Soweit er auf andere
Arbeitgeber im Bereich des öffentlichen Dienstes bzw. auf Vorgaben von
Drittmittelgebern verweist, sind Maßgaben anderer Arbeitgeber für ihn nicht zwingend
bzw. entsprechende Vorgaben, so sie denn überhaupt hinreichend konkret sind, gewiss
nicht für alle (ab dem 1. Mai 2004 eingestellten) Beschäftigten bei dem Beteiligten
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nicht für alle (ab dem 1. Mai 2004 eingestellten) Beschäftigten bei dem Beteiligten
einschlägig, sondern lediglich für Drittmittelbeschäftigte (s. dazu auch Ziff. 5 des
Beschlusses des erweiterten Vorstands der Charité vom 19. Oktober 2004). Im Übrigen
hat der Beteiligte mit der Beschwerde vorgetragen, es gehöre zur Freiheit eines
Arbeitgebers auch unter Berücksichtigung etwaiger Mitbestimmungsrechte der
Personalräte, zu entscheiden, ob und welche Tarifverträge angewandt werden sollen und
frei entscheiden zu können, in welcher Höhe Gehalt gezahlt wird.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen. Insbesondere
hat die Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
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