Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 01.03.2004

OVG Berlin-Brandenburg: entschädigung, unechte rückwirkung, abgeltung, höchstbetrag, unterhaltung, rückforderung, gvo, anteil, rechtsgrundlage, empfehlung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 4 B 4.09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 33 Abs 5 GG, § 12 Abs 2
BBesG, § 49 Abs 3 BBesG, § 2
GVollzBKostV BE
Gerichtsvollzieher; Bürokostenentschädigung
Leitsatz
Die Festsetzung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages zur Berechnung der Höhe der
den Gerichtsvollziehern im Land Berlin für das Jahr 2001 zustehenden
Bürokostenentschädigung durch die 26. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur
Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 1. März 2004 (GVBl. S. 103) ist rechtlich
nicht zu beanstanden
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19.
November 2008 geändert, soweit nicht das Verfahren teilweise eingestellt worden ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens insgesamt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die dem Kläger als Gerichtsvollzieher für das Jahr 2001
zustehende Bürokostenentschädigung. Der Kläger steht als Obergerichtsvollzieher mit
Amtszulage beim Amtsgericht Spandau im Dienst des Beklagten. Für die Unterhaltung
eines Büros und für die Beschäftigung von Hilfskräften erhält er eine pauschale
Aufwandsentschädigung.
Der Kläger nahm im Jahr 2001 insgesamt 30.478,84 Euro an Gebühren ein. Hiervon
behielt er vorläufig 22.859,13 Euro für die Abgeltung der Bürokosten ein.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2005 setzte der Direktor des Amtsgerichts Spandau die
Entschädigung für die Unterhaltung des Büros sowie die Beschäftigung von Hilfskräften
für den Kläger für das Jahr 2001 auf der Grundlage der 26. Verordnung zur Änderung der
Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 1. März 2004 auf
17.403,42 Euro fest. Unter Anrechnung der vorläufig vom Kläger einbehaltenen
Gebühren stellte er fest, dass noch ein Betrag in Höhe von 5.455,71 Euro abzuliefern sei.
Ferner setzte er für das Jahr 2001 die Anspornvergütung unter Anrechnung der Auslagen
fest und stellte auch deren teilweise Ablieferungspflicht fest.
Den hiergegen am 11. Juli 2005 erhobenen Widerspruch wies die Präsidentin des
Kammergerichts mit Bescheid vom 13. September 2007 (zugestellt am 28. September
2007) zurück.
Der Kläger, der den Ablieferungsbetrag vorläufig erstattet hat, hat am 25. Oktober 2007
Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
Es fehle an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Rückforderung der
Gebührenanteile. Die 26. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Abgeltung der
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Gebührenanteile. Die 26. Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Abgeltung der
Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 1. März 2004, auf die sich der angefochtene
Feststellungsbescheid stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen den Grundsatz des
Vertrauensschutzes, da sie echte Rückwirkung entfalte. Die Verordnung setze
rückwirkend für das Jahr 2001 einen Gebührenanteil und einen Höchstbetrag fest. Selbst
wenn man eine unechte Rückwirkung annehme, sei die Verordnung wegen Verstoßes
gegen den Vertrauensgrundsatz unwirksam. Der Kläger habe nach der bisherigen
Verordnungspraxis darauf vertrauen dürfen, dass es nicht – wie geschehen - zu
erheblichen Abweichungen zwischen dem vorläufigen und dem endgültig
festzusetzenden Gebührenanteil komme. Der Beklagte habe noch im Jahre 2003 die 25.
Änderungsverordnung betreffend das Jahr 2000 erlassen, die einen vorläufigen
Gebührenanteil von 75 v.H. vorgesehen habe; der Kläger habe daher nicht damit
rechnen müssen, dass der Gebührenanteil für 2001 nur noch auf 57,1 v.H. festgesetzt
werde. Aufgrund groben Organisationsverschuldens des Beklagten sei die 26.
Änderungsverordnung erst mit dreijähriger Verzögerung erlassen worden. Daher
verstoße sie auch gegen die Schutz- und Treuepflicht des Dienstherrn nach § 42 Abs. 2
LBG Bln.
Die Verordnung verstoße auch gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes. Sie
stelle keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den ihn belastenden
Feststellungs- und Leistungsbescheid dar. Die Verordnung regele weder die materiellen
Voraussetzungen für das Verwaltungshandeln noch enthalte sie eine Befugnis zum
Erlass eines Verwaltungsaktes. Die Befugnis zur Rückforderung der einbehaltenen
Gebührenanteile ergebe sich insbesondere nicht aus dem allgemeinen Dienst- und
Treueverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Dienstherrn. Die Rückforderung greife
in seine Rechte aus Art. 14 GG ein.
Die Verordnung sei nichtig, weil der Beklagte die tatsächlichen Bürokosten nicht aktuell
und realitätsnah ermittelt habe. Die Erhebung der Arbeitsgruppe
„Bürokostenentschädigung der Gerichtsvollzieher“ aus dem Jahr 2000 stelle für Berlin
keine realitätsnahe und repräsentative Erhebung dar, da diese nicht in Berlin und
Hamburg durchgeführt worden sei. Sie sei nur in den anderen 14 Bundesländern als
repräsentativ und realitätsnah anzusehen. Die regionalen Unterschiede seien nicht
berücksichtigt worden. Kostengesichtspunkte in Stadtstaaten seien naturgemäß völlig
anders; die Mietkosten in Berlin und Hamburg seien höher als auf dem Land; dass dem
nicht so sei, müsse der Beklagte belegen. Auch die Personalkosten seien wegen einer
größeren Konkurrenzsituation höher. Der gewährte Personal- und Sachkostenersatz
habe den im Land Berlin im Durchschnitt angefallenen Aufwand der Gerichtsvollzieher
nicht abgegolten.
Die Erhebung der Arbeitsgruppe weise selbst auch Mängel auf. So fehle eine Typisierung,
die den Besonderheiten und Unterschieden der jeweiligen Gerichtsvollzieher hinreichend
Rechnung trage; hierauf habe der VGH München im Urteil vom 16. Oktober 2006 – 3 N
03.1683 - hingewiesen; es werde nicht hinsichtlich der unterschiedlichen räumlichen
Zuschnitte der Gerichtsvollzieherbezirke differenziert; es fehle eine Unterscheidung
zwischen Gerichtsvollziehern, die eine Bürokraft beschäftigten, und Gerichtsvollziehern,
die dies unterließen, obwohl es erforderlich sei. Die Erhebung lasse auch eine
Differenzierung hinsichtlich der Frage von Anmietung und Ausstattung von
Geschäftsräumen sowie eine Unterscheidung zwischen Teilzeit- und
Vollzeitbeschäftigung vermissen.
Im Falle des Klägers verstoße die Berechnung des Gebührenanteils zudem gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Berechnung der Höhe der Schreibauslagen dazu
führe, dass er einen im Verhältnis zu anderen Berliner Gerichtsvollziehern geringeren
Gebührenanteil erhalte. Die Berliner Durchschnittswerte betreffend die Schreibauslagen
lägen weit über den von ihm vereinnahmten Schreibauslagen, was darauf
zurückzuführen sei, dass diese vor allem an Orten mit den Zentralen der Großbanken
und Rentenanstalten überproportional entstünden. Da der in Berlin ermittelte
Durchschnittswert der im Jahr angefallenen Schreibauslagen von dem bereinigten
Jahreskostenbetrag in Abzug gebracht werde, verringere sich der Gebührenanteil zu
seinen Lasten.
Die Rückforderung der Gebührenanteile verstoße zudem gegen § 12 BBesG, denn bei
der Bürokostenentschädigung handele es sich der Sache nach um Besoldung.
Der Bescheid verstoße auch gegen § 49 Abs. 3 VwVfG. Denn der Vermerk des
Dienstherrn auf dem Abrechnungsschein des Gerichtsvollziehers stelle einen
Verwaltungsakt dar. Daher scheitere auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch,
der im Übrigen verwirkt wäre.
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Hinsichtlich der mit der Klage zunächst ebenfalls angegriffenen Festsetzung und
Rückforderung der Anspornvergütung sowie einer Auslagenfestsetzung für das Jahr 2001
hat der Kläger seine Klage zurückgenommen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage durch Urteil vom 19. November 2008
stattgegeben und den Bescheid des Direktors des Amtsgerichts Spandau vom 14. Juni
2005 und den Widerspruchsbescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 13.
September 2007 insoweit aufgehoben, als darin die Entschädigung für die Unterhaltung
eines Büros sowie für die Beschäftigung von Hilfskräften für das Jahr 2001 festgesetzt
und hierfür ein Betrag von 5.455,71 Euro zurückgefordert worden ist. Ferner hat es den
Beklagten verurteilt, an den Kläger 5.455,71 Euro zu bezahlen. Zur Begründung hat es
im Wesentlichen ausgeführt:
Der Bescheid über die Festsetzung der Entschädigung lasse sich nicht auf eine
ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen. Die 26. Verordnung zur Änderung der
Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 1. März 2004 sei
nichtig. Rechtsgrundlage für die Verordnung sei § 49 Abs. 3 BBesG. Dieser ermächtige
die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung Abgeltungsregelungen für die den
Gerichtsvollziehern für die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros
entstehenden Kosten zu treffen. Da es sich um eine Entschädigung und nicht um eine
zusätzliche Alimentation handele, müsse die Entschädigung an den tatsächlich
angefallenen notwendigen Sach- und Personalkosten ausgerichtet sein und realitätsnah
festgesetzt werden. Diesen Anforderungen werde die 26. Änderungsverordnung nicht
gerecht, da im Land Berlin keinerlei Erhebungen zu den tatsächlich anfallenden
Bürokosten der Gerichtsvollzieher durchgeführt worden seien. Vielmehr seien die
Bürokosten fiktiv auf der Grundlage der im Jahre 1975 angestellten Vermutungen
fortgeschrieben worden. Die in anderen Bundesländern im Jahre 2000 erhobenen Daten
trügen jedenfalls den regionalen Unterschieden (Stadt-Land-Gefälle) nicht ausreichend
Rechnung. Zudem habe der Beklagte das Ergebnis dieser Erhebung für die
Festsetzungen nicht zugrunde gelegt, sondern lediglich den fiktiven Aufwand
fortgeschrieben. Soweit der in der Verordnung festgesetzte endgültige Gebührenanteil
zu einer Überalimentation der Gerichtsvollzieher führen könnte, sei die Verordnung
objektiv rechtswidrig und nichtig; sie könne daher keine tragfähige Grundlage für den
angefochtenen Bescheid sein.
Die angeordnete Rückforderung der einbehaltenen Gebührenanteile sei ebenfalls
rechtswidrig, da dem Kläger ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der vorläufig
überlassenen Gebührenanteile zur Seite stehe. Denn nach Art. 1 Nr. 1 der 25.
Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der
Gerichtsvollzieher vom 14. April 2003 gelte der für das Kalenderjahr 1998 festgesetzte
Gebührenanteil in Höhe von 75 v.H. vorläufig weiter. Diese Regelung über die vorläufige
Fortgeltung des Gebührenanteils für Kalenderjahre, für die ein Gebührenanteil noch nicht
festgesetzt worden sei, begegne nämlich keinen rechtlichen Bedenken, da es im
Ermessen des Verordnungsgebers stehe, ob und in welcher Höhe er das vorläufige
Einbehalten von Gebührenanteilen einräume. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung
des bereits erstatteten Differenzbetrages in Höhe von 5.455,71 Euro finde daher seine
Rechtsgrundlage im bereits genannten Art. 1 Nr. 1 der 25. Verordnung vom 14. April
2003.
Gegen dieses ihm am 16. Januar 2009 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit
der vom Verwaltungsgericht zugelassenen, am 3. Februar 2009 eingegangenen
Berufung, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht: Die 26.
Änderungsverordnung begegne keinen rechtlichen Bedenken, denn sie gewährleiste im
Rahmen zulässiger Pauschalierung und Typisierung für den Regelfall eine Deckung der
angefallenen Bürokosten der Gerichtsvollzieher. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür,
dass den Gerichtsvollziehern eine nicht mehr auskömmliche und damit eine Art. 33 Abs.
5 GG verletzende zu geringe Bürokostenpauschale verbleibe. Soweit die 26.
Änderungsverordnung zu einer Überalimentation der Gerichtsvollzieher führe, wäre der
Kläger hierdurch jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt. Die Argumentation des
Verwaltungsgerichts, dass der Kläger vorläufig 75 v.H. des Gebührenanteils behalten
dürfe, überzeuge nicht. Der Kläger könne allenfalls, unmittelbar gestützt auf Art. 33 Abs.
5 GG und § 49 Abs. 3 BBesG, eine tatsächlich auskömmliche Entschädigung verlangen.
Den in der Verordnung festgesetzten Werten (Gebührenanteil, Höchstbetrag) liege eine
realitätsnahe und aktuelle Ermittlung der notwendigen Sach- und Personalkosten
zugrunde, da weder dargelegt noch ersichtlich sei, dass in Berlin außergewöhnliche
Kostenfaktoren zu Buche schlügen. Die Tragfähigkeit der empirischen Untersuchung sei
in der obergerichtlichen Rechtsprechung vielfach bestätigt worden. Zudem sei der
Berliner Verordnungsgeber in Kenntnis der empirischen Ergebnisse der Empfehlung des
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Berliner Verordnungsgeber in Kenntnis der empirischen Ergebnisse der Empfehlung des
Arbeitskreises gefolgt und habe aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eine Absenkung
um zunächst lediglich 8.000 DM vorgenommen. Er sei in einer solchen Situation
berechtigt gewesen, die Anpassung an reale Werte zur Vermeidung unzuträglicher
Auswirkungen auf die betroffenen Gerichtsvollzieher nicht abrupt und gleichsam auf
einen Schlag, sondern schrittweise zu vollziehen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. November 2008 zu ändern
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags ergänzend
aus, dass das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen habe, dass ihm vorläufig
75 v.H. der Gebührenanteile zustünden. Zudem sei aufgrund der Berechnungsweise der
Schreibauslagen die Festsetzung des Gebührenanteils für ihn nicht auskömmlich
gewesen; denn hierfür hätte es der Festsetzung eines Gebührenanteils von 93 v.H.
bedurft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Band Personalakten, 1
Widerspruchsvorgang) sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Senatsverwaltung für
Justiz (Generalakten 2343, Bände 30 bis 44, „Gebührenanteil und Dienstaufwand der
Gerichtsvollzieher“) Bezug genommen, die vorgelegen haben und - soweit wesentlich -
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der
Klage zu Unrecht stattgegeben.
Die als Anfechtungsklage anzusehende Klage gegen die mit Bescheid des Direktors des
Amtsgerichts Spandau vom 14. Juni 2005 festgesetzte Entschädigung für die
Unterhaltung eines Büros sowie die Beschäftigung von Hilfskräften für das Geschäftsjahr
2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Präsidentin des Kammergerichts
vom 13. September 2007 hat keinen Erfolg. Die im Bescheid vorgenommene
Festsetzung der Entschädigung und der Ablieferungspflicht ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere ist der
Beklagte berechtigt, die Festsetzung der Entschädigung und der Ablieferungspflicht
durch Verwaltungsakt vorzunehmen (vgl. nur OVG Bautzen, Urteil vom 5. Mai 2009 – 2 A
408.08 – juris Rn. 24 f.).
I. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Entschädigung ist § 2 der Verordnung zur
Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 22. Oktober 1975 – GVBürAbgVO –
(GVBl. S. 3059, berichtigt: GVBl. 1976 S. 204) in der Fassung der 26. Verordnung zur
Änderung der Verordnung zur Abgeltung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 1.
März 2004 (GVBl. S. 103) (im Folgenden: 26. Verordnung). Danach erhält der
Gerichtsvollzieher als Entschädigung die von ihm erhobenen Schreibauslagen und einen
Anteil der von ihm für die Erledigung der Aufträge vereinnahmten Gebühren. Der
Gebührenanteil wird für das Jahr 2001 auf 57,1 v.H. festgesetzt. Der Höchstbetrag der
einem Gerichtsvollzieher zustehenden Gebührenanteile, von dem ab ihm Mehrbeträge
nur noch zu 50 v.H. verbleiben, beträgt nach § 3 Abs. 2 der Verordnung 22.000 Euro im
Kalenderjahr 2001.
1. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts begegnet die 26. Verordnung mit
dem dort rückwirkend für das Jahr 2001 bestimmten Gebührenanteil und Höchstbetrag
als Grundlage für die Berechnung der endgültigen Höhe der Bürokosten des Jahres 2001
keinen rechtlichen Bedenken.
Die Verordnung stützt sich auf § 49 Abs. 3 BBesG. Die Norm ermächtigt die
Landesregierungen, durch Rechtsverordnung die Abgeltung der den Gerichtsvollziehern
für die Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Kosten
zu regeln. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch die GVBürAbgVO in der
Fassung durch die hier in Rede stehende, das Jahr 2001 betreffende 26. Verordnung
Gebrauch gemacht (vgl. auch die Verordnung zur Übertragung der Ermächtigung nach §
49 Abs. 3 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes vom 12. September 1975 [GVBl. S.
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49 Abs. 3 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes vom 12. September 1975 [GVBl. S.
2370] auf den Senator für Justiz). § 49 Abs. 3 BBesG ist nicht nur bloße
Ermächtigungsnorm, sondern verpflichtet zugleich den Dienstherrn zum regelmäßigen
Ersatz der angefallenen Bürokosten in Form einer Aufwandsentschädigung, ohne eine
zusätzliche Alimentation zu begründen. Die Verpflichtung ergibt sich aus dem Gebot
amtsangemessener Alimentation. Aufgrund des Alimentationsprinzips als eines
hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG ist
der Dienstherr verpflichtet, für den amtsangemessenen Unterhalt des Beamten und
seiner Familie zu sorgen. Dieser Verpflichtung kommt der Dienstherr nach, indem er den
Gerichtsvollziehern Bezüge gewährt. Daneben benötigen Gerichtsvollzieher Mittel für die
Einrichtung und Unterhaltung des von ihnen auf eigene Kosten (vgl. § 46 und § 49 der
Gerichtsvollzieherordnung - GVO – [ABl. Bln 1980 S. 487]) zu führenden Büros. Da die
ihnen gewährten Bezüge nur zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts gewährt werden,
ergibt sich aus dem Alimentationsprinzip die zusätzliche Verpflichtung des Dienstherrn,
ihnen zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros regelmäßig zusätzliche Mittel zur
Verfügung zu stellen, so dass sie nicht gezwungen sind, diese Kosten aus ihrem
Grundgehalt oder der ihnen zusätzlich gewährten Vollstreckungsvergütung zu tragen.
Den Gerichtsvollziehern wird demnach nicht zugemutet, Kosten, die ihnen zwangsläufig
aufgrund dienstlicher Verpflichtung entstehen, selbst zu tragen. Deshalb und weil der
Dienstherr lediglich zum Kostenersatz verpflichtet ist, muss sich die Entschädigung
aktuell und realitätsnah an den tatsächlich angefallenen notwendigen Sach- und
Personalkosten orientieren. Der Dienstherr ist insoweit zur Pauschalierung und
Typisierung, im Falle gravierender regionaler Unterschiede auch zu Staffelungen befugt
oder gar verpflichtet. Ein bestimmtes Entschädigungsmodell sieht § 49 Abs. 3 BBesG
nicht vor. Der Verordnungsgeber hat einerseits darauf Bedacht zu nehmen, dass die
Aufwandsentschädigung nicht in eine regelmäßige zusätzliche Alimentation für den
Gerichtsvollzieher umschlägt. Andererseits muss er darauf achten, dass das von ihm
gewählte Entschädigungsmodell nicht zu einem zu niedrig bemessenen Kostenersatz
führt, den der Gerichtsvollzieher durch unentgeltliche Büroarbeit oder Inanspruchnahme
seiner Angehörigen ausgleichen muss. Eine arbeitnehmergleiche Beschäftigung von
Angehörigen, die ohne Entgelt und ohne die Entrichtung von Sozialbeiträgen erfolgt, hat
er bei der Auswertung seiner Erhebungen außer Betracht zu lassen (vgl. zu alledem
BVerwG, Urteil vom 19. August 2004 - 2 C 41.03 -, Beschluss vom 4. Dezember 2006 - 2
B 23.06 -, Beschluss vom 23. August 2007 - 2 BN 2.07 -, Beschluss vom 28. August
2007 - 2 BN 3.07 -, Beschluss vom 6. September 2007 - 2 BN 1.07 -, Beschluss vom 11.
Juni 2009 – 2 B 82.08 -, Beschluss vom 2. November 2009 – 2 B 80.09 – sowie Urteil vom
26. Januar 2010 – 2 C 7.08 -; jeweils zitiert nach juris). Dieser Rechtsprechung hat sich
die verbreitete obergerichtliche Rechtsprechung und auch der Senat angeschlossen (vgl.
Urteil des Senats vom 8. November 2007 – OVG 4 B 18.06 -, s. dazu BVerwG, Urteil vom
26. Januar 2010, a.a.O., Beschluss des Senats vom 28. März 2007 - OVG 4 S 14.06 -,
ferner OVG Koblenz, Urteil vom 27. August 2007 - 2 A 10364.07 -, OVG Magdeburg,
Beschluss vom 29. September 2008 - 1 L 128.07 -, OVG Weimar, Urteil vom 24. Oktober
2006 - 2 N 249.04 -, s. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. September 2007, a.a.O., OVG
Greifswald, Urteil vom 23. Mai 2006 - 4 K 6.04 -, VGH München, Beschluss vom 16.
Oktober 2006 - 3 N 03.1683 - u.a., OVG Münster, Urteil vom 26. März 2010 – 1 A 945.08
- und Urteil vom 27. Januar 2006 – 1 A 4120.04 -, s. dazu BVerwG, Beschluss vom 4.
Dezember 2006, a.a.O., OVG Bautzen, Urteil vom 5. Mai 2009, a.a.O. und Urteil vom 9.
Dezember 2005 - 2 D 7.04 -, OVG Lüneburg, Urteil vom 7. Juli 2005 - 5 KN 239.03 -;
jeweils zitiert nach juris).
Die 26. Verordnung, namentlich die Festsetzung des Gebührenanteils nach § 2 auf 57,1
v.H. und des Höchstbetrages nach § 3 Abs. 2 auf 22.000 Euro, genügt diesen
Anforderungen.
a. Die Verordnung gewährleistet im Rahmen zulässiger Pauschalierung und Typisierung
für den Regelfall eine Deckung der angefallenen Bürokosten. Dies folgt zunächst aus der
Methode der Bestimmung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages für das Jahr
2001. Das praktizierte Entschädigungsmodell gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass den
Gerichtsvollziehern im Land Berlin eine nicht mehr auskömmliche und damit Art. 33 Abs.
5 GG verletzende zu geringe Bürokostenpauschale verbleibt. Die Methode der
Bestimmung des Gebührenanteils und des Höchstbetrages für das Jahr 2001 stellt sich
dem Senat wie folgt dar:
Die Regelung der Bürokostenentschädigung für Gerichtsvollzieher im Land Berlin
(ebenso die zum Teil wortgleichen Regelungen der anderen Bundesländer) beruht auf
einer vom Arbeitskreis für Besoldungsfragen der Länder entwickelten und von der
Finanzministerkonferenz 1975 gebilligten Modellverordnung. Die Festsetzung der
Bürokostenentschädigung folgt einem bundesweit grundsätzlich einheitlichen
Entschädigungsmodell, das jeweils landesspezifisch angepasst wird. Danach setzt sich
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Entschädigungsmodell, das jeweils landesspezifisch angepasst wird. Danach setzt sich
die Bürokostenentschädigung aus den erhobenen Schreibauslagen, die den
Gerichtsvollziehern ungeschmälert verbleiben, sowie einem Anteil der für die Erledigung
der Aufträge vereinnahmten Gebühren (Gebührenanteil) zusammen. Der
Gebührenanteil bemisst sich nach einem bestimmten Prozentsatz der vereinnahmten
Gebühren (vgl. für Berlin § 2 Satz 2 GVBürAbgVO); zusätzlich wird ein Höchstbetrag
bestimmt (vgl. § 3 Abs. 2 GVBürAbgVO), bei dessen Überschreitung dem
Gerichtsvollzieher von dem Mehrbetrag nur ein bestimmter Prozentsatz verbleibt. Der
Gebührenanteil und der Höchstbetrag werden jeweils landesspezifisch jährlich neu
festgesetzt. Grundlage dieser Festsetzung ist der jährlich bundeseinheitlich aufgrund
einer Empfehlung des Arbeitskreises für Besoldungsfragen durch die federführende
Landesjustizverwaltung im Einvernehmen mit dem Finanzministerium des betreffenden
Bundeslandes festgesetzte Jahreskostenbetrag, den ein Gerichtsvollzieher im
Durchschnitt bei einem Pensum von 100 an Bürokosten aufbringen muss. Hieraus
errechnen die Länder jeweils ihren sog. bereinigten Jahreskostenbetrag, der der
unterschiedlichen durchschnittlichen Belastung der Gerichtsvollzieher in den einzelnen
Bundesländern nach Maßgabe eines bestimmten Schlüssels („Bad-Nauheimer-
Schlüssel“) durch Erhöhung des belastungsabhängigen Anteils des Jahreskostenbetrags
(Personalkostenanteil) Rechnung trägt. Mit Hilfe des bereinigten Jahreskostenbetrages
werden sodann der Gebührenanteil und der Höchstbetrag ermittelt. Der Gebührenanteil
ergibt sich aus dem Verhältnis des um die Schreibauslagen gekürzten bereinigten
Jahreskostenbetrages zu den tatsächlich je Gerichtsvollzieher im Landesdurchschnitt
(hier: im Jahr 2001) vereinnahmten Gebühren. Der um die Schreibauslagen gekürzte
bereinigte Jahreskostenbetrag bildet außerdem den Höchstbetrag. Der jeweilige
Ausgangspunkt dieser Berechnungen, also der bundeseinheitlich festgelegte
Jahreskostenbetrag, beruht im Ursprung nicht auf empirischen Erhebungen, sondern auf
einer Vermutung zu den durchschnittlichen Kosten eines Gerichtsvollziehers im Jahr
1975 und wurde in den Folgejahren bis 2000 fortgeschrieben, und zwar jeweils
aufgeschlüsselt nach Kostenblöcken, wobei ab 1997 die Personalkosten pauschal nach
den Ergebnissen der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und die Sachkosten
pauschal anhand des Preisindex fortgeschrieben wurden. Dies ergab zuletzt für das Jahr
2000 einen Jahreskostenbetrag von 47.652 DM (vgl. zu alledem bereits Urteil des Senats
vom 8. November 2007, a.a.O., UA S. 14 f.).
Im Jahr 2001 ermittelte eine Arbeitsgruppe „Bürokostenentschädigung der
Gerichtsvollzieher“ unter Federführung des niedersächsischen Finanz- und
Justizministeriums auf empirischer Grundlage die tatsächlichen Bürokosten der
Gerichtsvollzieher durch Erhebung und Auswertung von Daten des Jahres 2000 bei 298 in
einem Stichprobenverfahren ausgewählten Büros in allen Bundesländern außer
Hamburg und Berlin. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass der tatsächliche (auf
ein Pensum von 100 bezogene) Jahreskostenbetrag für das Jahr 2000 bei (lediglich)
23.725 DM und der tatsächliche Kostenaufwand je Büro im Bundesdurchschnitt bei
32.641 DM gelegen hat (s. den Bericht der Arbeitsgruppe vom 14. Dezember 2001, dort
S. 4). Die Arbeitsgruppe sprach gleichwohl die Empfehlung aus, den Jahreskostenbetrag
für das Jahr 2001 aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht auf die Höhe dieses
ermittelten Wertes abzusenken, sondern in Höhe des um 8.000 DM verminderten
Jahreskostenbetrages festzusetzen, der für das Jahr 2000 angesetzt worden war (47.652
DM, s.o.), also in Höhe von 39.652 DM bzw. 20.274 Euro, und ihn in den Folgejahren
weiter schrittweise auf das Niveau des aus dem Erhebungsergebnis abgeleiteten
Jahreskostenbetrages zu reduzieren. Dem ist der Beklagte gefolgt und hat der
Berechnung des Gebührenanteils und des Jahreshöchstbetrages für das Jahr 2001 einen
Jahreskostenbetrag von 39.652 DM bzw. 20.274 Euro zugrunde gelegt (s. die
Begründung des Verordnungsentwurfs, S. 2).
Der Einwand des Klägers, die in der 26. Verordnung festgesetzten Werte beruhten
bereits deshalb nur auf der Fortschreibung eines fiktiv ermittelten Aufwandes, weil die
genannte Erhebung tatsächlich andere (nämlich geringere) Kosten ergeben habe, trifft
nicht zu. Der Berliner Verordnungsgeber hat, wie der dargestellte Gang der Dinge zeigt,
nicht losgelöst von den empirischen Ergebnissen, sondern in deren Kenntnis
entschieden und ist der Empfehlung des Arbeitskreises gefolgt, der angesichts der
Untersuchungsergebnisse keine sofortige Absenkung auf den sich hiernach ergebenden
Betrag, sondern aus Vertrauensschutzgesichtspunkten im Grundsatz (abgesehen von
der aus anderen Gründen empfohlenen Rücknahme der Erhöhung des
Jahreskostenbetrages um 8.000 DM) eine vorläufige Beibehaltung des
Jahreskostenbetrages des Jahres 2000 für die Jahre 2001 und 2002 und erst ab dem Jahr
2003 eine schrittweise Absenkung vorgeschlagen hat. Die Untersuchungsergebnisse
haben auf diese Weise Eingang in die Entscheidung des Verordnungsgebers gefunden
(vgl. hierzu die Begründung des Verordnungsentwurfs, S. 2). Dass der
Verordnungsgeber in einer solchen Situation auch unter Berücksichtigung der Vorgaben
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Verordnungsgeber in einer solchen Situation auch unter Berücksichtigung der Vorgaben
des § 49 Abs. 3 BBesG berechtigt ist, die Anpassung an reale Werte zur Vermeidung
unzuträglicher Auswirkungen auf die betroffenen Gerichtsvollzieher nicht abrupt und
gleichsam „auf einen Schlag“, sondern schrittweise zu vollziehen, ist nicht zu
beanstanden (vgl. Urteil des Senats vom 8. November 2007, a.a.O., UA S. 23).
Dass die empirische Untersuchung nicht auch im Land Berlin durchgeführt worden ist, ist
unbedenklich. Die Forderung des Klägers nach einer eigenen in Berlin durchzuführenden
Erhebung überspannt die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen
an eine Entschädigungsregelung im Sinne des § 49 Abs. 3 BBesG. Sie muss realitätsnah
an den tatsächlich anfallenden notwendigen Sach- und Personalkosten ausgerichtet sein
und aktuell festgesetzt werden. Dies ist geschehen, da der Berliner Verordnungsgeber
die Ergebnisse der genannten Erhebung in der oben erläuterten Art und Weise
übernommen hat. Der Kläger verkennt, dass dies keine unzulässige Fortschreibung einer
Vermutung darstellt, sondern eine Übertragung von empirisch ermittelten tatsächlich
angefallenen Kosten. So wie die Verordnungsgeber der übrigen Bundesländer hat auch
der Berliner Verordnungsgeber die bundesdurchschnittlich ermittelten Werte
übernommen.
Dies ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden, da nicht ersichtlich ist, dass in Berlin
außergewöhnliche Kostenfaktoren für Personal, Miete oder Sachkosten zu Buche
schlagen, die keine hinreichende Berücksichtigung in der in 14 Bundesländern
durchgeführten Erhebung gefunden haben.
Soweit der Kläger auf die „bekanntermaßen“ weitaus höheren Mietkosten in Berlin als in
ländlichen Regionen hinweist, verkennt er, dass die Erhebung sich nicht auf
Gerichtsvollzieher in ländlichen Regionen beschränkte, sondern diese nach einem
Stichprobenverfahren (8 v.H. der beschäftigten Gerichtsvollzieher, mindestens 10 je
Land) ausgewählt wurden. Dabei sind weder die in den städtischen und großstädtischen
Bereichen der Flächenstaaten ansässigen Gerichtsvollzieher ausgeklammert worden
noch konnten gravierende Unterschiede im Kostenaufwand festgestellt werden (vgl.
beispielhaft für Brandenburg Urteil des erkennenden Senats vom 8. November 2007,
a.a.O., UA S. 21 f., für Rheinland-Pfalz OVG Koblenz, Urteil vom 27. August 2007, a.a.O.,
Rn. 33 ff., für Nordrhein-Westfalen OVG Münster, Urteil vom 27. Januar 2006, a.a.O., Rn.
122, 126). Dafür, dass die Mietkosten eines Gerichtsvollziehers speziell in Berlin
signifikant höher sein könnten als in den in die Erhebung einbezogenen 14
Bundesländern, hat der Kläger keine konkreten Tatsachen vorgetragen. Ebenso wenig
sieht der Senat greifbare Anhaltpunkte für hier relevante Abweichungen der Mietkosten.
Aus denselben Gründen greift auch der weitere Einwand des Klägers nicht, in Berlin sei
aufgrund der höheren Konkurrenzsituation von deutlich höheren Personalkosten als in
den 14 Bundesländern, in denen die Erhebung durchgeführt worden sei, auszugehen.
Dem steht zudem bereits die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt höhere
Arbeitslosenquote in Berlin (für das Jahr 2000: Berlin: 15,8 %, Bund: 9,6 %) entgegen
(vgl. Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2001 vom 26.
September 2001, BT-Drucks. 14/6979 S. 68). Diese Werte sind ohne Weiteres auch für
die hier in Rede stehenden Büro- und Schreibhilfen eines Gerichtsvollziehers
aussagekräftig, zumal es sich um bloße unterstützende Bürotätigkeiten handelt, für die
es einer speziellen Qualifikation nicht bedarf. Seine in der mündlichen Verhandlung
geäußerte gegenteilige Auffassung hat der Kläger nicht einmal ansatzweise
substantiiert.
Dass die Sachkosten in Berlin höher seien als in den genannten 14 Bundesländern,
macht der Kläger selbst nicht geltend. Insoweit beschränkt sich sein Vortrag auf die
Annahme, dass die Sachkosten mindestens genauso hoch seien wie in den anderen
Bundesländern.
Substantielle Bedenken gegen die Aussagekraft der empirischen Untersuchung als
solche werden vom Kläger weder geltend gemacht noch ergeben sie sich sonst. Seine
Einwände betreffend die räumlichen Zuschnitte der Gerichtsvollzieherbezirke und die
unterschiedliche Beschäftigung von Hilfskräften sowie die Art der Geschäftsräume,
gehen an dieser Stelle an der Sache vorbei. Es handelt sich um
Differenzierungskriterien, die vom Verordnungsgeber bei gravierenden Unterschieden
gegebenenfalls in der Form einer entsprechenden Staffelung der Gebührenanteile
berücksichtigt werden müssen. Damit sind Anforderungen an das Entschädigungsmodell
des Verordnungsgebers formuliert, aber keine Anforderungen an eine statistische
Erhebung. Diese dient erst dazu festzustellen, ob solche Differenzierungen notwendig
sind. Dazu bietet das Erhebungsergebnis eine taugliche Grundlage, weil
Gerichtsvollzieherbüros in unterschiedlichen Regionen befragt worden sind und bei den
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Gerichtsvollzieherbüros in unterschiedlichen Regionen befragt worden sind und bei den
Personalkosten im Einzelnen Art und Umfang der Beschäftigung von Büro- und
Schreibhilfen nach tatsächlichem Beschäftigungsumfang, der Beschäftigung von
Familienangehörigen oder anderen Hilfskräften und dem jeweils gezahlten Entgelt
erfasst worden sind (s. Spalte B.1 b. der Gesamtergebnisübersicht).
Es besteht hiernach kein Anlass, von der bereits vorliegenden obergerichtlichen
Rechtsprechung zur Tragfähigkeit der in Rede stehenden empirischen Untersuchung
abzuweichen (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 27. August 2007, a.a.O., Rn. 33 ff., OVG
Magdeburg, Urteil vom 24. Januar 2007, a.a.O., Rn. 60 ff., s. dazu BVerwG, Beschluss
vom 28. August 2007, a.a.O., OVG Weimar, Urteil vom 24. Oktober 2006, a.a.O., Rn. 60
ff., s. dazu BVerwG, Beschluss vom 6. September 2007, a.a.O., s. ferner - verschiedene
Einwände methodischer Art abhandelnd - OVG Münster, Urteil vom 27. Januar 2006,
a.a.O., Rn. 120 ff., ferner OVG Greifswald, Urteil vom 23. Mai 2006, a.a.O., Rn. 47).
Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass es für die hier interessierende Frage der
Auskömmlichkeit der Entschädigung nicht darauf ankommt, ob die empirische
Untersuchung unter jedem Gesichtspunkt richtig und methodisch zutreffend
durchgeführt worden ist. Der Beklagte hat für die Berechnung des Gebührenanteils und
des Höchstbetrages für das Jahr 2001 nicht die Einzelergebnisse der empirischen
Untersuchung übernommen, sondern entsprechend der Empfehlung des Arbeitskreises
zu Gunsten der Gerichtsvollzieher einen deutlich höheren Jahreskostenbetrag, nämlich
denselben Wert wie für das Jahr 2000. Entscheidend ist deshalb nur, ob das Ergebnis der
empirischen Untersuchung jedenfalls insoweit trägt, als es einen Rückschluss auf die
Angemessenheit der für das Jahr 2001 festgesetzten Werte im Sinne einer jedenfalls
nicht zu niedrigen Festsetzung zulässt (vgl. zu diesem Aspekt OVG Weimar, Urteil vom
24. Oktober 2006, a.a.O., Rn. 67, OVG Bautzen, Urteil vom 9. Dezember 2005, a.a.O.,
OVG Lüneburg, Urteil vom 7. Juli 2005, a.a.O., Rn. 37, ferner Urteil des erkennenden
Senats vom 8. November 2007, a.a.O., UA S. 19 f. sowie Beschluss vom 28. März 2007,
a.a.O., BA S. 7 f.). Davon kann angesichts der Höhe der Differenz zwischen dem
Ergebnis der empirischen Untersuchung und dem deutlich höher festgesetzten
Höchstbetrag ohne weiteres selbst dann ausgegangen werden, wenn die Untersuchung
wegen - einmal unterstellter - Ungenauigkeiten in der Methodik oder der Auswertung den
durchschnittlichen Bürokostenaufwand nicht exakt, sondern nur in etwa abbildet. Es
erschiene fernliegend anzunehmen und wird auch vom Kläger nicht behauptet, dass sich
bei einer in jeder Hinsicht fehlerfreien empirischen Untersuchung ein tatsächlicher
Bedarf noch über dem vom Beklagten für 2001 angenommenen Jahreskostenbetrag
ergeben könnte.
Nach alledem erscheint es als ausgeschlossen, dass die für das Jahr 2001 vom
Beklagten mit der 26. Verordnung getroffenen Festlegungen eine nicht mehr
auskömmliche und damit die Pflicht aus § 49 Abs. 3 BBesG und Art. 33 Abs. 5 GG
verletzende zu geringe Bürokostenpauschale bewirken.
Dies verdeutlicht sich auch am Fall des Klägers. Er hat für 2001 auf der Grundlage der
26. Verordnung insgesamt 17.403,42 Euro Bürokostenentschädigung erhalten und
damit mehr als die nach der Erhebung festgestellten durchschnittlichen Bürokosten.
Dass die Entschädigung (zuzüglich Schreibauslagen) in seinem Fall gleichwohl nicht
auskömmlich gewesen sei, macht der Kläger selbst nicht substantiiert geltend. Sein
Vortrag beschränkt sich insoweit auf die bloße Behauptung, die gewährte Entschädigung
habe den im Land Berlin angefallenen Aufwand der Gerichtvollzieher in 2001 nicht
abgegolten. Konkrete Angaben zu seinen Aufwendungen im Jahr 2001 macht er nicht.
Daher bedurfte es auch von Seiten des Senats keiner weiteren Aufklärung (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 2. November 2009, a.a.O., Rn. 5). Um die Annahme einer regelmäßig
nicht auskömmlichen Bürokostenentschädigung zu stützen, hätte es zumindest einer
annähernden Angabe bedurft, in welcher Höhe dem Kläger jährlich regelmäßig
Bürokosten entstehen. Macht er hierzu keine Angaben, geht dies zu seinen Lasten (vgl.
OVG Greifswald, Urteil vom 23. Mai 2006, a.a.O., Rn. 36, OVG Münster, Urteil vom 26.
März 2010, a.a.O., Rn 40). Auch sein diesbezüglicher Einwand, die Berechnungsweise der
Schreibauslagen führe bei ihm zu einer geringeren Bürokostenentschädigung (vgl. die
vom Kläger mit Schriftsatz vom 19. Juni 2009 vorgelegte Anlage K 7), zeigt nicht auf,
dass die ihm gewährte Entschädigung nicht auskömmlich gewesen sei; dies macht der
Kläger auch nicht geltend, wenn er sich darauf beschränkt, zu belegen, dass er im
Verhältnis zu anderen Gerichtsvollziehern in Berlin eine verhältnismäßig geringere
Entschädigung erhalten habe. Im Übrigen kommt es nicht auf Unter- oder
Überschreitungen in Einzelfällen an, sondern darauf, ob die Entschädigung im Regelfall
auskömmlich ist. Davon kann hier nach den Ergebnissen der Erhebung ausgegangen
werden.
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b. Auf der anderen Seite bestehen auch unter Berücksichtigung der durch die Erhebung
für das Jahr 2000 stichprobenartig ermittelten Bürokosten keine hinreichend sicheren
Anhaltspunkte dafür, dass die 26. Verordnung den Rahmen des § 49 Abs. 3 BBesG etwa
deshalb verlässt, weil sie zu Bürokostenentschädigungen in einer Höhe führen könnte,
die regelmäßig über dem tatsächlichen Bedarf liegt und deshalb in eine
Besoldungsleistung umschlägt, der - weil von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt
- die nach § 2 Abs. 1 BBesG zwingend erforderliche gesetzliche Grundlage fehlte (vgl.
dazu u.a. OVG Bautzen, a.a.O.; OVG Greifswald, a.a.O., Rn. 55). Davon kann nach dem
erwähnten Gang der Dinge nicht die Rede sein, da die Entschädigungsfestsetzung in der
26. Verordnung ersichtlich keine „regelmäßig“ über dem Bedarf liegende Leistung
begründet, sondern - aus Vertrauensschutzgesichtspunkten - den ersten Schritt zur
Anpassung an die durch die Erhebung ermittelten realen Werte darstellt. Zudem hat das
Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, dass nicht die hier
allein in Betracht kommende bloße Möglichkeit einer Überalimentation für einen Verstoß
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ausreiche, sondern
vielmehr die Gewissheit einer Überalimentation bestehen müsse (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 6. September 2007, a.a.O., Rn. 7 und Beschluss vom 23. August 2007,
a.a.O., Rn. 14). Aber selbst wenn man eine „verkappte“ Alimentation annehmen würde,
die objektiv rechtswidrig wäre (so in einem Normenkon-trollverfahren VGH München,
Beschluss vom 16. Oktober 2006, a.a.O., Rn. 68), führte dies nicht zum Erfolg der
hiesigen Anfechtungsklage. Denn es fehlte an einer Verletzung subjektiver Rechte des
Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger wäre durch eine zu hohe
Bürokostenentschädigung nicht in seinen Rechten verletzt. Das Verwaltungsgericht
verkennt mit seiner Auffassung, dass bei einer Anfechtungsklage, anders als bei einem
Normenkontrollverfahren, das ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren darstellt,
für einen Erfolg der Klage auch eine Verletzung subjektiver Rechte des Klägers vorliegen
muss (vgl. VGH München, Beschluss vom 16. Oktober 2006, a.a.O., Rn. 77 m.w.N.).
c. Soweit die Einwände des Klägers gegen die im Jahre 2001 in den 14 Bundesländern
durchgeführte Erhebung in der Sache auch als Mängel der 26. Verordnung zu verstehen
sein sollten, greifen diese nicht durch. Die 26. Verordnung ist nicht wegen einer
unzureichenden Differenzierung bei der Bürokostenabgeltung nichtig.
Das gilt zunächst für den Einwand einer fehlenden Differenzierung hinsichtlich der
räumlichen Zuschnitte der Gerichtsvollzieherbezirke. Es ist nichts dafür erkennbar und
wird auch vom Kläger nicht dargelegt, dass sich der räumliche Zuschnitt der
Gerichtsvollzieherbezirke in Berlin gravierend unterschiedlich auf den Sach- und
Personalkostenaufwand auswirkt. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf
hinweist, dass der Berliner Durchschnittswert betreffend die Schreibauslagen weit über
seinem Wert und auch über dem der übrigen Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts
Spandau liege und dies zu einem zu seinen Lasten geringeren Gebührenanteil führe,
zwingt dies nicht zu einer gesonderten Differenzierung innerhalb der 26. Verordnung.
Diese verlässt nicht den Rahmen zulässiger Typisierung und Pauschalierung. Zwar mag
zutreffen, dass erhöhte Schreibauslagen an Orten mit Großbankzentralen und
Rentenanstalten anfallen. Dies betrifft aber nicht nur die Situation im Land Berlin,
sondern ist im gesamten Bundesgebiet relevant. Sie betrifft auch nicht die Frage der
wohl unzulässigen systematischen Benachteiligung einer abgrenzbaren Gruppe von
Gerichtsvollziehern, sondern die Frage der Begünstigung einzelner Gerichtsvollzieher,
beschränkt auf die Entstehung von Schreibauslagen aufgrund der entsprechenden Lage
des Gerichtsvollzieherbezirkes. Es ist einem System der Pauschalisierung aber
immanent, dass dieses nicht alle Besonderheiten erfassen kann, da andernfalls das
Entschädigungssystem umgewandelt werden müsste in ein reines Erstattungssystem
auf Nachweis. Dafür, dass sich das Entschädigungssystem an einem atypischen und
nicht an einem typischen Fall als Leitbild orientiert hat, ist nichts erkennbar (vgl. hierzu
BVerwG, Beschluss vom 23. August 2007, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).
Aber auch die Bedenken des Klägers betreffend die Berücksichtigung von Hilfspersonen
zwingen nicht zu einer besonderen Differenzierung. Ein eventuell höherer
Personalkostenaufwand wird ausreichend dadurch berücksichtigt, dass bei höheren
Gebühreneinnahmen, die regelmäßig mit höherem Personaleinsatz einhergehen, durch
die prozentuale Bemessung des Gebührenanteils auch ein absolut höherer Anteil an den
Gebühren bei dem Gerichtsvollzieher verbleibt. Hierzu hat das
Bundesverwaltungsgericht ausgeführt (Beschluss vom 6. September 2007, a.a.O., Rn.
8):
Jedenfalls ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass auch im Rahmen
der gebotenen Typisierung und Pauschalisierung der Verordnungsgeber "befugt oder gar
verpflichtet" ist, gravierenden regionalen Unterschieden durch eine Staffelung Rechnung
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verpflichtet" ist, gravierenden regionalen Unterschieden durch eine Staffelung Rechnung
zu tragen (Urteil vom 19. August 2004 a.a.O. Rn. 10). Zu der Frage, ob auch wesentliche
Unterschiede bei der Beschäftigung von Hilfskräften in dieser Weise zu berücksichtigen
sind, hat sich der Senat bereits geäußert, indem er auf die Notwendigkeit hingewiesen
hat, mit der zu gewährenden Entschädigung die tatsächlich entstandenen, notwendigen
Kosten des Bürobetriebes abzudecken. Nach der bundeseinheitlich gefassten
Gerichtsvollzieherordnung - GVO - darf der Gerichtsvollzieher seinen Geschäftsbetrieb
zwar nach eigenem Ermessen gestalten, soweit hierüber keine besonderen
Bestimmungen bestehen (§ 45 Abs. 1 GVO), er muss aber jedenfalls an seinem
Amtssitz ein Geschäftszimmer unterhalten, dessen Ausstattung im Einzelnen in § 46
Abs. 3 GVO geregelt ist. Nach § 49 Abs. 1 GVO ist er verpflichtet, Büro- und Schreibhilfen
zu beschäftigen, soweit es der Geschäftsbetrieb erfordert. An den Kosten dieses
Einsatzes von Hilfskräften hat sich die Abgeltung realitätsnah zu orientieren (Urteil vom
19. August 2004 a.a.O. Rn. 15). Der Umfang des Geschäftsbetriebes und das von ihm
abhängende Erfordernis, Hilfskräfte zu beschäftigen, wird bereits berücksichtigt, indem
die Bürokostenentschädigung als Pauschale in Höhe eines Anteils der einem
Gerichtsvollzieher im Kalenderjahr zustehenden Gebühren bis zu einem
Jahreshöchstbetrag gewährt wird. Wie die Beschwerde selbst hervorhebt, kommt es nicht
darauf an, ob der einzelne Gerichtsvollzieher die Mithilfe bezahlter Kräfte oder
unbezahlter Familienmitglieder tatsächlich in Anspruch nimmt. Infolgedessen liegt mit
der Kenngröße der dem Gerichtsvollzieher im Jahr zufließenden Gebühren ein
hinreichend differenziertes Kriterium vor.
Hiernach bestand für den Verordnungsgeber keine Notwendigkeit, bei der Regelung der
Bürokostenentschädigung über die Bemessung nach einem prozentualen Anteil an den
Gebühreneinnahmen hinaus weitergehende Differenzierungen nach der Beschäftigung
von Hilfskräften vorzunehmen. Nichts anderes kann insoweit für die Frage des Umfangs
von Anmietung und Ausstattung der Büros gelten.
d. Die 26. Verordnung vom 1. März 2004 verstößt durch die rückwirkende Festsetzung
des endgültigen Gebührenanteils und des Höchstbetrages nicht gegen das aus dem
Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot. Durch die endgültige Festsetzung
des Gebührenanteils und des Höchstbetrages für das Jahr 2001 wurde nicht in bereits
abgewickelte und abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen. Die Werte waren, wie sich
für die betroffenen Gerichtsvollzieher aus den vorhergehenden Änderungsverordnungen
unzweifelhaft ergab, bis dahin nur vorläufig (vgl. jeweils § 2 Satz 3 und § 3 Abs. 2 der 24.
Änderungsverordnung vom 25. Oktober 2001, GVBl. S. 577, und der 25.
Änderungsverordnung vom 14. April 2003, GVBl. S. 167); sie standen unter dem
Vorbehalt der (endgültigen) Festsetzung („Solange für ein Kalenderjahr noch kein
Gebührenanteil festgesetzt ist, ...“). Mit der 24. Änderungsverordnung vom 25. Oktober
2001 wurden der Gebührenanteil und der Jahreshöchstbetrag für das Jahr 1999
festgesetzt und für die Folgejahre, also auch für 2001, vorläufig der Gebührenanteil für
das Jahr 1998 (75 v.H., vgl. die 23. Änderungsverordnung vom 15. Juli 1999, GVBl. S.
479) und ein Höchstbetrag für 2001 von 45.000 DM vorläufig bestimmt. Diese
vorläufigen Werte für das Jahr 2001 wurden durch die 25. Änderungsverordnung vom 14.
April 2003, mit der die Werte für das Jahr 2000 festgesetzt worden sind, für das Jahr 2001
wiederum ausdrücklich vorläufig verlängert. Diese Regelungen machen deutlich, dass
durch die endgültige Festschreibung der Werte für das Jahr 2001 durch die hier in Rede
stehende 26. Änderungsverordnung vom 1. März 2004 nicht nachträglich in einen
bereits abgeschlossenen oder „abgewickelten“ Lebenssachverhalt eingegriffen worden
ist. Es liegt deshalb nicht eine echte, sondern nur eine unechte Rückwirkung vor, gegen
deren Zulässigkeit verfassungsrechtliche Bedenken grundsätzlich nicht bestehen.
Einschränkungen aus Vertrauensschutz- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten, die
einer solchen unechten Rückwirkung ausnahmsweise entgegenstehen könnten, sind
nicht ersichtlich. Die Gerichtsvollzieher haben kein rechtlich schützenswertes Interesse
daran, dass die Bürokostenerstattung in bestimmter Höhe unvermindert fortgeführt
wird. Sie mussten aufgrund des seit Jahren praktizierten Entschädigungsmodells und der
zunächst nur vorläufigen Festsetzung der Werte für das Jahr 2001 damit rechnen, dass
eine endgültige Festschreibung, die ggf. von den vorläufigen Werten abweicht, noch
erfolgen wird. Dass in den Vorjahren die Unterschiede zwischen den vorläufigen und den
späterhin endgültig festgesetzten Werten jeweils geringer waren und die endgültige
Festsetzung häufig über den vorläufigen Werten gelegen haben mag, ändert daran
nichts. Dies gilt erst recht wegen der im Jahr 2001 in Kraft getretenen gesetzlichen
Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts (Gesetz vom 19. April 2001, BGBl. I S.
623), von dem eine deutliche Erhöhung der Einnahmen der Gerichtsvollzieher erwartet
wurde (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BR-Drucks.
755/99, S. 25). Schon in der Begründung der 24. Änderungsverordnung, mit der die
Festsetzung für das Jahr 1999 (hinsichtlich des Gebührenanteils in Höhe von 90,2 v.H.)
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Festsetzung für das Jahr 1999 (hinsichtlich des Gebührenanteils in Höhe von 90,2 v.H.)
erfolgte, wurde darauf hingewiesen, dass der Gebührenanteil für das Jahr 2001 deutlich
geringer ausfallen werde. Dass der Verordnungsgeber gleichwohl mit jener
Änderungsverordnung und auch noch mit der 25. Änderungsverordnung vom 14. April
2003, mit der die Festsetzung für das Jahr 2000 (hinsichtlich des Gebührenanteils auf
78,8 v.H.) erfolgte, für die weiteren Jahre, also auch für 2001, den Gebührenanteil des
Jahres 1998 (75 v.H.) vorläufig fortgeschrieben hatte, durfte die betroffenen
Gerichtsvollzieher nicht darauf vertrauen lassen, dass die endgültige Festsetzung des
Gebührenanteils für das Jahr 2001 diesen vorläufigen Wert nicht unterschreiten werde.
Vielmehr mussten sie damit rechnen, dass sich die durch die Festsetzungen für die
Vorjahre (1999: 90,2 v.H., 2000: 78,8 v.H.) vorgezeichnete Entwicklung für 2001 weiter
fortsetzen könnte.
Aus dem verhältnismäßig langen Zeitraum zwischen dem betroffenen Geschäftsjahr
(2001) und der Festsetzung (März 2004) können die Gerichtsvollzieher ebenfalls nichts
Durchgreifendes zu ihren Gunsten ableiten; denn der bloße Zeitablauf begründete schon
angesichts der eindeutigen Regelung der Änderungsverordnungen kein Vertrauen
darauf, dass eine (von den vorläufigen Werten abweichende) Festsetzung nicht mehr
erfolgen werde (vgl. OVG Münster, Urteil vom 26. März 2010, a.a.O., Rn. 55 ff.). Im
Übrigen waren auch schon die Festsetzungen für die Vorjahre bereits mit einer ähnlichen
Verzögerung erfolgt (für 1999 durch die 24. Änderungsverordnung vom 25. Oktober
2001, für 2000 durch die 25. Änderungsverordnung vom 14. April 2003). Ein Verstoß
gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn liegt in diesem Vorgehen nicht.
Vertrauensschutzgesichtspunkten oder jedenfalls einer auf Fortführung der bisherigen
Praxis gerichteten Erwartungshaltung hat der Verordnungsgeber außerdem dadurch
Rechnung getragen, dass er für 2001 von einer abrupten Absenkung auf den sich nach
der empirischen Untersuchung ergebenden Betrag abgesehen und statt dessen nur
eine geringe Minderung des Jahreskostenbetrages des Vorjahres vorgenommen hat.
Die Entscheidung des OVG Bautzen (a.a.O.), das für die dortige Regelung eine echte
Rückwirkung und einen Vertrauensschutz der betroffenen Gerichtsvollzieher
angenommen hat, führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Der Entscheidung liegt
eine anders geartete verordnungsrechtliche Regelung zugrunde, die für das dort
behandelte Jahr eine rückwirkende Neufestsetzung nur innerhalb des laufenden
Kalenderjahres ermöglichte. Hier war für die betroffenen Gerichtsvollzieher nach dem
eindeutigen Text der Verordnungen und einer dahingehenden Verwaltungspraxis
hingegen nicht zweifelhaft, dass eine endgültige Festsetzung auch noch nach Ablauf des
jeweiligen Kalenderjahres für dieses Jahr erfolgen kann. Vertrauensschutzgesichtspunkte
stehen der rückwirkenden Festsetzung deshalb nicht entgegen (vgl. zu entsprechenden
Regelungen anderer Bundesländer BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2010, a.a.O., Rn. 21,
Beschluss vom 4. Dezember 2006, a.a.O., Rn. 8 ff., OVG Koblenz, Urteil vom 27. August
2007, a.a.O., Rn. 42 ff., OVG Magdeburg, Urteil vom 24. Januar 2007, a.a.O., Rn. 64 ff.,
OVG Weimar, Urteil vom 24. Oktober 2006, a.a.O., Rn. 72 ff., OVG Münster, Urteil vom
27. Januar 2006, a.a.O., Rn. 41 f., OVG Greifswald, Urteil vom 23. Mai 2006, a.a.O., Rn. 57
ff., OVG Lüneburg, Urteil vom 7. Juli 2005, a.a.O., Rn. 43).
2. Die Richtigkeit der konkreten Berechnung wird vom Kläger nicht in Zweifel gezogen.
Fehler sind auch sonst nicht erkennbar.
II. Soweit in dem angefochtenen Feststellungsbescheid vom 14. Juni 2005 eine
Ablieferungsverpflichtung der nach dem Ergebnis der Festsetzung zu viel einbehaltenen
Gebühren verfügt wird, hat die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage ebenfalls keinen
Erfolg. Der Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage der Ablieferungsverpflichtung ist entgegen der Auffassung des Klägers
nicht § 12 Abs. 2 BBesG, sondern das allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und
Treueverhältnis, in dem der Kläger als Obergerichtsvollzieher steht (vgl. BVerwG, Urteil
vom 26. Januar 2010, a.a.O., Rn. 15). Zu den Dienstpflichten eines Gerichtsvollziehers
gehört die Vereinnahmung von Gebühren nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz,
konkretisiert durch die Gerichtsvollzieherordnung. Von den vereinnahmten Gebühren
steht dem im Außendienst beschäftigten Gerichtsvollzieher ein Anteil von 15 % als
Vergütung (§ 49 Abs. 1, § 2 BBesG, § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Vergütung für
Beamte im Vollstreckungsdienst – VollstrVergV – vom 8. Juli 1976, BGBl. I S. 1783) sowie
ein weiterer Anteil in regelmäßig neu festzusetzender Höhe als Entschädigung für das
von ihm auf eigene Kosten zu unterhaltende Büro zu (§ 49 Abs. 3 BBesG, § 2
GVBürAbgVO). Um seinen laufenden Geschäftsbetrieb sicherzustellen, hat er die ihm
zustehenden Gebührenanteile vorläufig zu errechnen und einzubehalten, darf darüber
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zustehenden Gebührenanteile vorläufig zu errechnen und einzubehalten, darf darüber
jedoch erst nach Ablieferung der Gebühren verfügen, die der Landeskasse verbleiben.
Ergibt sich nach der Abrechnung, dass der Gerichtsvollzieher mehr an Gebühren
einbehalten hat als ihm nach endgültiger Abrechnung an Vollstreckungsvergütung bzw.
Bürokostenentschädigung zustehen, so hat er den überschießenden Betrag an die
zuständige Kasse abzuführen. Damit scheidet der vom Kläger geltend gemachte
Verstoß gegen § 12 BBesG bereits deshalb aus, weil es sich bei den einbehaltenen
Gebühren nicht um eine Leistung des Dienstherrn handelt, sondern um Zahlungen, die
der Gerichtsvollzieher von den Kostenschuldnern für seinen Dienstherrn entgegennimmt
und pflichtgemäß an ihn abzuliefern hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2010, a.a.O.,
Rn. 12).
Ebenso wenig unterliegt die Ablieferungsverpflichtung den
verwaltungsverfahrensrechtlichen Beschränkungen für den Widerruf eines rechtmäßigen
Geldleistungsverwaltungsaktes (§ 49 Abs. 3 VwVfG), weil ein solcher Verwaltungsakt über
die Höhe der endgültig einzubehaltenden Bürokostenentschädigung in dem Verhältnis
des Beklagten zu den betroffenen Gerichtsvollziehern nicht ergangen ist. Soweit von den
Gerichtsvollziehern regelmäßig Abrechnungsscheine über die abzuliefernden Gebühren
vorgelegt und diese mit einem Kassenvermerk über die rechnerische Richtigkeit
versehen werden (vgl. zum Abrechnungsschein § 69 GVO), liegt hierin keine verbindliche
Entscheidung des Beklagten über die Höhe der endgültig von den Gerichtsvollziehern
einzubehaltenden Beträge. Die fortlaufende kassenmäßige Abwicklung steht unter dem
Vorbehalt der endgültigen Festsetzung der Gebührenanteile und des
Jahreshöchstbetrages.
Die Voraussetzungen der Ablieferungspflicht liegen auch vor, da der Kläger nicht
berechtigt war, die nach dem Ergebnis der Festsetzung zu viel einbehaltenen Gebühren
für sich zu behalten. Anhaltspunkte für die vom Kläger in diesem Zusammenhang
geltend gemachte Verwirkung liegen nicht vor. Der bloße Zeitablauf genügt - wie
ausgeführt - insoweit nicht.
Nach alledem war damit auch dem Leistungsantrag des Klägers auf Rückzahlung des
unter Vorbehalt geleisteten Differenzbetrages nicht zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 ZPO. Einer Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren bedarf es angesichts der Klageabweisung nicht.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG liegen
nicht vor.
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