Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

OVG Berlin-Brandenburg: geeignete stelle, satzung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, beratungsstelle, anerkennung, finanzierungsplan, verein, mitgliedschaft, aufnahmegebühr, gegenleistung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 1 B 27.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 305 Abs 1 S 1 Nr 1 InsO, §
305 Abs 4 S 1 InsO, § 1 RDG, §
8 Abs 1 Nr 3 RDG, § 3 Abs 1 S 1
Nr 3 InsOAG BB
Keine Anerkennung als Schuldnerberatungsstelle für
schuldnerfinanzierten Verein
Leitsatz
1. Die Anerkennung als "geeignete Stelle" zur Schuldnerberatung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1
InsO i.V.m. § 3 Abs. 1 AGInsO setzt voraus, dass die Beratungsstelle über einen finanziellen
Rahmen verfügt, der geeignet ist, eine kontinuierliche Beratung der Schuldner zu
gewährleisten. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beratungsstelle muss deshalb
anhand eines tragfähigen Finanzierungskonzepts nachvollziehbar belegt werden.
2. Die Finanzierung einer Schuldnerberatungsstelle über Mitgliedsbeiträge der Schuldner in
beachtlicher Höhe widerspricht dem Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens, dem
mittellosen Schuldner einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen. Ein maß-geblich auf
Mitgliedsbeiträge der Schuldner gestütztes Finanzierungsmodell bildet keine tragfähige
Grundlage für die finanziell gesicherte und im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGInsO
dauerhafte Tätigkeit einer Schuldnerberatungsstelle.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder)
vom 19. Juni 2008 geändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtsstufen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, ein eingetragener und als gemeinnützig anerkannter Verein, begehrt die
Anerkennung als „geeignete Stelle“ im Verbraucherinsolvenzverfahren gemäß § 305
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) i.V.m. § 3 des Brandenburgischen Gesetzes
zur Ausführung der Insolvenzordnung (AGInsO).
Die maßgeblichen Regelungen der Vereinssatzung des Klägers vom 3. Oktober 2003
stellen sich folgendermaßen dar:
Zweck des Vereins ist nach § 2 Abs. 1 der Satzung „ausschließlich die
Schuldnerberatung, die Hilfeleistung und die Beratung und Vertretung von
Schuldnerinnen und Schuldnern bei der Schuldenbereinigung, insbesondere bei der
außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigerinnen und Gläubigern auf der Grundlage
eines Schuldenbereinigungsplans nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 und 4 InsO mit dem Ziel, die
Schuldnerinnen und Schuldner während ihrer Vereinsmitgliedschaft - sofern erforderlich -
durch das gesamte Verbraucherinsolvenzverfahren einschließlich der
Wohlverhaltensphase vollständig und abschließend zu begleiten….“. Gemäß § 2 Abs. 2
der Satzung berät und vertritt der Verein „die Schuldnerin oder den Schuldner im
Rahmen der gesetzlichen Vorschriften außergerichtlich und gerichtlich, insbesondere in
dem anschließenden Verfahren vor dem Insolvenzgericht.“
Das Konzept des Klägers sieht vor, dass die Schuldner als ordentliche Mitglieder
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Das Konzept des Klägers sieht vor, dass die Schuldner als ordentliche Mitglieder
aufgenommen werden, um die Beratungs- und Hilfeleistungen des Vereins in Anspruch
nehmen zu können. Bei Abgabe der Beitrittserklärung sind der Mitgliedsbeitrag
(mindestens eine monatliche Rate) und die Aufnahmegebühr in bar zu zahlen (§ 4 Abs. 3
und § 7 Abs. 2 Satz 1 der Satzung). Die einmalige Aufnahmegebühr beträgt 100 EUR.
Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 342 EUR jährlich; er kann in monatlichen Raten zu
28,50 EUR gezahlt werden. Der Kläger finanziert sich ausschließlich durch die Beiträge
seiner Vereins- und Fördermitglieder ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Die
Vereinsmitgliedschaft berechtigt den Schuldner, sich vom Verein gemäß der
Vereinssatzung i.V.m. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vertreten und beraten zu lassen (§ 6 Abs.
1 Satz 1 der Satzung). Dieses Recht und die entsprechende Verpflichtung des Vereins
ruhen, wenn das Mitglied mit der Zahlung des Mitgliedsbeitrages in Rückstand
gekommen ist (§ 6 Abs. 3 Satz 1 der Satzung). Der (ordentliche) Austritt aus dem
Verein ist nur zum Ende eines Kalenderjahres mit einer Frist von 3 Monaten möglich (§ 5
Abs. 2 der Satzung). Im Fall einer Beitragserhöhung besteht ein außerordentliches
Kündigungsrecht (§ 5 Abs. 3 der Satzung). Ein Mitglied kann aus dem Verein
ausgeschlossen werden, wenn es seiner Mitwirkungspflicht bei der eigenen
Schuldenbereinigung trotz Aufforderung nicht innerhalb von vier Wochen nachkommt (§
5 Abs. 4 der Satzung). Darüber hinaus kann ein Mitglied durch den Beschluss des
Vorstandes von der Mitgliederliste gestrichen werden, wenn es trotz einmaliger
schriftlicher Mahnung mit der Zahlung von Mitgliedsbeiträgen länger als zwei Monate im
Rückstand ist (§ 5 Abs. 6 der Satzung).
Der Kläger beantragte unter dem 26. Januar 2004 beim Beklagten die Anerkennung als
„geeignete Stelle“ i.S.v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO i.V.m. § 3 Abs. 1 AGInsO. Mit Bescheid
vom 8. November 2004 lehnte der Beklagte den Antrag ab: Die nach § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 AGInsO geforderte Sicherstellung der Kontinuität der Tätigkeit sei nicht gegeben.
Im Hinblick auf die Beitragsordnung des Vereins und den vorgelegten Finanzierungsplan
für zunächst drei Jahre liege kein schlüssiges Finanzierungskonzept vor. Vielmehr stelle
der Kläger darauf ab, von den ratsuchenden, mittellosen Schuldnern Beiträge zu
erheben. Ob diese in der Lage seien, die Mitgliedsbeiträge und Aufnahmegebühren
aufzubringen, sei nicht nachgewiesen. Es sei daher nicht überzeugend dargestellt, dass
die veranschlagten Kosten der Beratungsstelle durch die Einnahmen gedeckt werden
könnten. Weiterhin setze eine Anerkennung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AGInsO voraus,
dass mindestens eine Person mit ausreichender praktischer Erfahrung in der
Schuldnerberatung tätig sei. Der als Leiter der Beratungsstelle vorgesehene
Rechtsanwalt Dr. Z. habe jedoch nach den vorgelegten Referenzen schwerpunktmäßig
Gläubiger vertreten. Der Auffassung des Klägers, wonach der Nachweis ausreichender
praktischer Erfahrung in der Schuldnerberatung entbehrlich sei, wenn in der
Beratungsstelle eine Person tätig sei, welche die Voraussetzungen einer „geeigneten
Person“ nach § 2 AGInsO erfülle, könne nicht gefolgt werden. Schließlich verstoße die
beabsichtigte gerichtliche Vertretung der Schuldner gegen das Rechtsberatungsgesetz.
Der Bescheid wurde am 9. November 2004 zur Post gegeben.
Den am 9. Dezember 2004 erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2005, zugestellt am 4. Mai 2005, unter Ergänzung der
Ausführungen im Ausgangsbescheid zurück.
Am 27. Mai 2005 hat der Kläger Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil
vom 19. Juni 2008 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November
2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2005 verpflichtet, den
Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden; im
Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im
Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe Anspruch auf Neubescheidung seines
Antrags, weil die angegriffenen Bescheide ermessensfehlerhaft seien. Gemäß § 3 Abs. 1
AGInsO könne eine Stelle unter den dort genannten Voraussetzungen als geeignet im
Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO anerkannt werden; diese Voraussetzungen seien
gegeben. Insbesondere sei die vom Kläger geplante Beratungsstelle gemäß § 3 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 AGInsO auf Dauer angelegt. Dazu habe der Kläger einen Finanzierungsplan
über drei Jahre vorgelegt, der von Kosten in Höhe von 235.000 EUR und Erträgen von
235.200 EUR ausgehe. Im Hinblick auf das vorgelegte Finanzierungskonzept könne man
der Beratungsstelle des Klägers nicht von vornherein - ohne dass er Gelegenheit zur
Ausübung der begehrten Tätigkeit gehabt habe - jegliche Geeignetheit für eine
dauerhafte Tätigkeit absprechen. Seien somit die Anerkennungsvoraussetzungen nach §
3 Abs. 1 AGInsO gegeben, stehe die Anerkennung des Klägers im Ermessen des
Beklagten. Sie könne jedenfalls nicht mit dem Argument verweigert werden, dass die
Tätigkeit des Klägers gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, weil dieser Einwand
nicht zutreffe.
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Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte im
Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass
der vom Kläger vorgelegte Finanzierungsplan im Hinblick auf eine dauerhafte Tätigkeit
nicht von vornherein ungeeignet sei. Vielmehr sei eine Prüfung der Plausibilität des
Finanzierungsplans dahingehend veranlasst, ob die erwarteten Mitgliedsbeiträge der
Schuldner eine verlässliche Kostengrundlage sein könnten, zumal die geforderten
Zahlungen, gemessen an der wirtschaftlichen Lage der Schuldner, eine Höhe
ausmachten, die befürchten lasse, dass die Schuldner diese Beiträge nicht würden
zahlen können. In der überwiegenden Mehrzahl der vom Kläger zu bearbeitenden Fälle
sei von einer durchschnittlichen Gesamtverfahrensdauer von rund 6,5 Jahren
auszugehen, so dass sich die zu zahlenden Beiträge einschließlich Aufnahmegebühr auf
etwa 2.300 EUR beliefen. Zwar sei im Gesetz eine kostenlose Schuldnerberatung nicht
vorgesehen. Allerdings verlange der Kläger von seinen Mitgliedern das 4- bis 10fache der
in der entsprechenden Verordnung festgelegten Fallpauschalen, bei deren Höhe der
Verordnungsgeber auf den tatsächlichen Arbeitsaufwand abgestellt habe und die
zwischen 210 und 557 EUR lägen. Die im Land Brandenburg derzeit existierenden 62
anerkannten Schuldnerberatungsstellen finanzierten sich über die gesetzlich geregelten
Fallpauschalen; 10 von ihnen befänden sich in einem Umkreis von 20 km um den Sitz
des Klägers in H.. Zudem seien im überwiegenden Teil der Wohlverhaltensphase
Beratungsleistungen des Klägers nicht notwendig, so dass ein Schuldner als
Vereinsmitglied für den größten Teil der Dauer des Verbraucherinsolvenzverfahrens
Monatsbeiträge zu zahlen habe, ohne dass eine entsprechende Gegenleistung erbracht
werde. Vor diesem Hintergrund verstoße der Gesamtbeitragsansatz des Klägers im
Rahmen seines Finanzierungsplans gegen § 138 Abs. 2 BGB. Weiterhin sei zweifelhaft, ob
angesichts der beabsichtigten Beschäftigung von Honorarkräften die
Schuldnerberatungsstelle in personeller Hinsicht auf Dauer angelegt sei. Auch könne der
vom Verwaltungsgericht vertretenen Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AGInsO,
wonach das Erfordernis, dass eine Person mit ausreichender praktischer Erfahrung in der
Schuldnerberatung tätig sei, bereits dann erfüllt sei, wenn in der Beratungsstelle eine
geeignete Person gemäß § 2 AGInsO beschäftigt sei, nicht gefolgt werden. Soweit der
Kläger schließlich nach seiner Satzung auch eine Vertretung im gerichtlichen Teil des
Verbraucherinsolvenzverfahrens anbiete, begegne dies im Hinblick auf das nach dem
erstinstanzlichen Urteil in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz Bedenken.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Juni 2008 zu ändern und
die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Entgegen der Auffassung
des Beklagten verstoße die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen nicht gegen § 138 Abs. 2
BGB, insbesondere liege kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung vor. Des Weiteren zeige die Erfahrung der Gründungsmitglieder des
Klägers, dass auch in der Wohlverhaltensphase sowie im gerichtlichen Teil des
Insolvenzverfahrens erheblicher Beratungsbedarf der Schuldner insbesondere deshalb
bestehe, weil der Treuhänder „unerreichbar“ sei. Es sei nicht zu beanstanden, wenn
seine Mitglieder ihre Beiträge aus dem unpfändbaren Teil ihrer Bezüge bestreiten
müssten. Zudem hätten es die Schuldner selbst in der Hand, nach Beendigung des
außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens die Mitgliedschaft zu kündigen. Auch
der Einsatz von Honorarkräften, der insbesondere in der nicht planbaren Startphase
erforderlich sei, sei nicht zu beanstanden; sie seien in gleicher Weise wie fest angestellte
Mitarbeiter in der Lage, ein hohes Qualitätsniveau bei der Beratung zu gewährleisten.
Schließlich liege eine Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes nicht vor; die nach §
305 Abs. 1 Nr. 1 InsO als geeignet anerkannte Stelle könne den Schuldner auch vor dem
Insolvenzgericht vertreten. Im Übrigen sehe der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur
Entschuldung mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur
Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen vor, in § 305 Abs. 4 InsO die Worte „im
Verfahren nach diesem Abschnitt“ zu streichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs (1 Hefter)
ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu
Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines
Antrags auf Anerkennung als „geeignete Stelle“ im Sinne von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO
i.V.m. § 3 AGInsO, denn die angegriffenen Bescheide sind im Ergebnis rechtmäßig und
verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Anerkennung als „geeignete Stelle“ im Sinne des § 305 Abs. 1
Nr. 1 InsO ist § 3 Abs. 1 AGInsO. Danach kann eine Stelle unter den dort bezeichneten
Voraussetzungen als geeignet anerkannt werden. Eine Anerkennung des Klägers kommt
indes schon deshalb nicht in Betracht, weil die von ihm geplante Stelle im Hinblick auf
das gewählte Finanzierungsmodell nicht im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGInsO auf
Dauer angelegt ist (dazu 1.). Darüber hinaus erweist sich die vom Kläger nach seiner
Satzung beabsichtigte Tätigkeit, soweit sie die gerichtliche Vertretung der Schuldner im
Insolvenzverfahren betrifft, als gesetzeswidrig, weil sie gegen § 305 Abs. 4 InsO verstößt
(dazu 2.).
1. a) Das Finanzierungsmodell des Klägers, wonach die Finanzierung der Beratungsstelle
maßgeblich auf einmaligen Aufnahmegebühren sowie monatlichen Beiträgen der
Schuldner beruht, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGInsO.
Danach muss die Beratungsstelle „auf Dauer angelegt“ sein. Dieses gesetzliche
Merkmal soll die Kontinuität der Tätigkeit der Beratungsstelle sichern, weil eine sinnvolle
Schuldnerberatung nur möglich ist, wenn mit einer längerfristigen Tätigkeit der Stelle
gerechnet werden kann (vgl. LTDrucks 2/5570 S. 16). Das setzt voraus, dass die
Beratungsstelle über einen finanziellen Rahmen verfügt, der geeignet ist, eine
kontinuierliche Beratung zu gewährleisten (vgl. Kühne, ZRP 1999, 411, 415). Das
zugrunde liegende Finanzierungskonzept muss deshalb eine nachvollziehbare
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beratungsstelle belegen. Dabei ist der finanziellen
Situation, in der sich der ratsuchende Schuldner typischerweise befindet, in besonderer
Weise Rechnung zu tragen. Im Hinblick darauf, dass durch die Zulassung nur geeigneter
Schuldnerberatungsstellen wichtige Gemeinschaftsgüter geschützt werden sollen, sind
an die Geeignetheit einer solchen Stelle grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen
(vgl. auch VG Kassel, Beschluss vom 11. September 2008 - 5 L 1137/08.KS -, juris Rn. 5;
VG Aachen, Urteil vom 9. Februar 2005 - 3 K 354/04 - juris Rn. 36). Das
Finanzierungskonzept des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Es lässt sich
in seiner konkreten Ausgestaltung, insbesondere in Anbetracht von Höhe und Dauer der
vom Schuldner geforderten Beiträge, mit Sinn und Zweck des
Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht vereinbaren und bildet keine tragfähige Grundlage
für die finanziell gesicherte und im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGInsO dauerhafte
Tätigkeit einer Schuldnerberatungsstelle.
Zweck des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist es, den Schuldner vor lebenslanger und
durch Akkumulation von Zinsen immer höher werdender Verschuldung zu bewahren und
zugleich die Gläubiger soweit als möglich zu befriedigen (vgl. Hergenröder, ZVI 2003,
577, 584; Kühne, ZRP 1999, 411, 415). Auch wenn das Gesetz einen Anspruch des
Schuldners auf kostenlose Beratung nicht vorsieht, darf der Zweck des
Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht in sein Gegenteil verkehrt werden, indem dem
Schuldner durch die Beratung noch erhebliche zusätzliche Kosten entstehen und er
hierdurch bedingt die „Flucht aus der Schuldenfalle“ nicht erreichen kann (vgl.
Hergenröder, ZVI 2003, 577, 586 f.; Kühne ZRP 1999, 411, 415; s. auch VG Hannover,
Urteil vom 20. März 2007 - 7 A 6882/06 - juris Rn. 26). Das
Verbraucherinsolvenzverfahren soll gerade auch mittellosen Personen einen
wirtschaftlichen Neuanfang ermöglichen. Deshalb nimmt der Gesetzgeber auf deren
finanzielle Situation besondere Rücksicht, indem etwa eine Stundung der Kosten des
Insolvenzverfahrens gemäß § 4 a InsO ermöglicht wird, sofern das Vermögen des
Schuldners nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken (vgl. BTDrucks 14/5680
S. 1). Auch die gegenwärtigen Änderungsbemühungen des Gesetzgebers, die darauf
gerichtet sind, den Schuldner angesichts knapper öffentlicher Mittel an den Kosten des
Verbraucherinsolvenzverfahrens zu beteiligen, zeigen, dass bei der Höhe der geplanten
finanziellen Beteiligung des Schuldners dessen besonders prekäre wirtschaftliche
Situation in den Blick genommen wird. So soll der geplante Verfahrenskostenbeitrag des
Schuldners bei monatlich maximal 13 EUR liegen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur
Entschuldung mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur
Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen, BRDrucks 600/07 S. 34).
Das vom Kläger verfolgte Finanzierungskonzept widerspricht diesen Zwecken des
Gesetzes, insbesondere dem Grundanliegen des Verbraucherinsolvenzverfahrens,
mittellosen Schuldnern einen Weg in den wirtschaftlichen Neuanfang aufzuzeigen. Es
sieht vor, die Finanzierung der Schuldnerberatung maßgeblich durch Aufnahmegebühren
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sieht vor, die Finanzierung der Schuldnerberatung maßgeblich durch Aufnahmegebühren
und Mitgliedsbeiträge der Schuldner zu bestreiten und auf öffentliche Förderung, die im
Land Brandenburg auf der Grundlage sog. Fallpauschalen gewährt wird (vgl. § 1 der
Verordnung über die Finanzierung der Beratung durch geeignete Stellen im
Verbraucherinsolvenzverfahren vom 20. Juni 2001, GVBl. II S. 205), zu verzichten. Das
Konzept des Klägers ist darauf angelegt, die Schuldner über einen längerfristigen
Zeitraum von 6 bis 7 Jahren, nämlich für das gesamte Insolvenz- und
Restschuldbefreiungsverfahren, zu begleiten. Diese langfristig angelegte Bindung findet
auch darin Ausdruck, dass eine Beendigung der Mitgliedschaft nur zum Jahresende mit
dreimonatiger Kündigungsfrist möglich ist (vgl. § 5 Abs. 2 der Satzung). Die Höhe der
geforderten Zahlungen ist im Verhältnis zur wirtschaftlichen Situation der Mehrzahl der
Schuldner beträchtlich und übersteigt die ansonsten vorgesehenen Fallpauschalen um
ein Vielfaches. Das gilt sowohl für die Höhe der monatlichen Zahlung von 28,50 EUR als
auch für die Beitragssumme von rund 2300 EUR, die über die Dauer des Verfahrens von
6 bis 7 Jahren einschließlich der Aufnahmegebühr insgesamt anfällt. Der Kläger selbst
geht davon aus, dass die überwiegende Anzahl seiner Mitglieder (rund 80%) über kein
pfändbares Einkommen verfügt. Vor diesem Hintergrund erscheinen zudem
durchgreifende Zweifel angebracht, ob die überwiegend mittellosen Schuldner - zumal
über den vorgesehenen Zeitraum von 6 bis 7 Jahren - überhaupt in der Lage sein
würden, die geforderten Beiträge zu entrichten. Selbst wenn sie die monatlichen
Beiträge erbringen sollten, ist dies mit der voraussehbaren Gefahr verbunden, dass ihr
ohnehin beengter finanzieller Spielraum für lebensnotwendige Ausgaben (etwa Miete,
Energiekosten, sonstige Lebenshaltung) weiter eingeschränkt wird.
Es kommt hinzu, dass sich der Beratungsbedarf des Schuldners mit Eröffnung des
Insolvenzverfahrens und der Einsetzung eines Treuhänders regelmäßig erheblich
verringert. Denn ab diesem Zeitpunkt liegt das Verfahren in der Hand des Gerichts bzw.
des Treuhänders; beide sind zu besonderer Fürsorge gegenüber dem Schuldner
verpflichtet. Die gegenteilige Behauptung des Klägers, wonach weiterhin erheblicher
Beratungsbedarf des Schuldners bestehe, etwa weil der Treuhänder „unerreichbar“ sei,
ist durch nichts belegt und auch durch die Ausführungen des Klägers in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat nicht deutlicher geworden. Es spricht deshalb viel dafür,
dass mit Beginn des vereinfachten Insolvenzverfahrens (vgl. §§ 311 ff. InsO), also in der
dritten und längsten Phase des Verbraucherinsolvenzverfahrens, der Beitragsleistung
des Schuldners eine angemessene Gegenleistung des Klägers nicht mehr
gegenübersteht.
Verschärfend wirkt sich schließlich die Regelung in der Satzung des Klägers aus, wonach
die Mitgliedschaft des Schuldners - und mit ihr die Berechtigung auf Beratung und
Vertretung - ruht, wenn er mit der Beitragszahlung in Verzug gerät (vgl. § 6 Abs. 3 der
Satzung). Auch diese Satzungsregelung ist geeignet, die vom Gesetz angestrebte
kontinuierliche Beratung des Schuldners, wie sie in dem Tatbestandsmerkmal „auf
Dauer angelegt“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGInsO zum Ausdruck kommt, in Frage zu
stellen.
Soweit der Kläger darauf verweist, dass es jedem Schuldner freistehe, die Mitgliedschaft
zu kündigen, lässt dieser Einwand die typische Situation eines Schuldners im
Verbraucherinsolvenzverfahren unberücksichtigt. Mittellose Schuldner sind
typischerweise nicht in der Lage, ihre wirtschaftliche Lage selbst zu meistern oder auch
nur zu überschauen; sie bedürfen deshalb besonderen Schutzes. Der Beklagte hat in
diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass nach allgemeiner
Lebenserfahrung die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuldner im Laufe des Verfahrens die
Mitgliedschaft kündigt, äußerst gering sein dürfte. Dieser Einschätzung tritt der Senat
bei.
b) Unabhängig davon vermag auch der konkret vorgelegte Finanzierungsplan des
Klägers für die ersten drei Jahre seiner Tätigkeit die erforderliche dauerhafte
Leistungsfähigkeit der Beratungsstelle nicht zu belegen. Das Verwaltungsgericht hat
zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger noch keine Gelegenheit hatte, seine
Tätigkeit unter Beweis zu stellen; insoweit dürfen keine überspannten Anforderungen
gestellt werden. Allerdings ergeben sich aus dem vom Kläger vorgelegten konkreten
Finanzierungsplan für die ersten drei Jahre seiner Tätigkeit durchgreifende Bedenken an
dessen Belastbarkeit. Geht man mit dem Kläger davon aus, dass es sich bei den
ratsuchenden Schuldnern in der Mehrzahl um mittellose Personen handelt, erscheint
schon zweifelhaft, ob diese überhaupt in der Lage sein werden, die Beiträge trotz ihrer
prekären wirtschaftliche Lage aufzubringen. Entscheidend hierauf beruht aber der
Finanzierungsplan des Klägers, soweit es um die Einnahmenseite geht. Überdies sind die
von ihm angenommenen Werte auf der Einnahmenseite (Anzahl der Schuldner je
Mitarbeiter, Anzahl der zahlenden Schuldner, Abbruchquote etc.) in keiner Weise
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Mitarbeiter, Anzahl der zahlenden Schuldner, Abbruchquote etc.) in keiner Weise
untersetzt. Einer Substantiierung der dem Finanzierungsplan zugrunde liegenden Daten
hätte es vorliegend aber insbesondere deshalb bedurft, weil sich im Umkreis von 20 km
um den Sitz des Klägers in H. bereits 10 für den Schuldner kostenlos arbeitende
Beratungsstellen befinden. Soweit der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat auf Nachfrage erklärte, ggf. könnten auftretende Finanzierungslücken
auch durch Spenden geschlossen werden, vermag eine solche - nicht weiter belegte
oder sonst etwa durch Zahlen substantiierte - Erklärung einen für eine Dauerhaftigkeit
sprechenden Finanzierungsplan nicht zu ersetzen.
2. Darüber hinaus kommt eine Anerkennung des Klägers als geeignete Stelle auch
deshalb nicht in Betracht, weil sich die nach seiner Satzung beabsichtigte Tätigkeit,
soweit sie die gerichtliche Vertretung des Schuldners im Insolvenzverfahren betrifft, als
gesetzeswidrig darstellt, denn sie verstößt gegen § 305 Abs. 4 Satz 1 InsO.
Nach § 305 Abs. 4 Satz 1 InsO kann sich der Schuldner im Verfahren „nach diesem
Abschnitt“ vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem
Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1
vertreten lassen. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass sich diese Vertretungsbefugnis auf
den Zweiten Abschnitt des Neunten Teils der Insolvenzordnung beschränkt und eine
gerichtliche Vertretung des Schuldners im vereinfachten Insolvenzverfahren, geregelt im
Dritten Abschnitt des Neunten Teils (vgl. §§ 311 bis 314 InsO), nicht erfasst. Die
gerichtliche Vertretung eines Schuldners durch eine anerkannte Stelle für
Verbraucherberatung ist mithin nur in dem dem vereinfachten Insolvenzverfahren
vorangehenden gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren zulässig (vgl. BGH,
Beschluss vom 29. April 2004 - IX ZB 30/04 - juris, Rn. 6).
Anderes ergibt sich auch nicht aus den Bestimmungen des am 1. Juli 2008 - und damit
zeitlich nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung - in Kraft getretenen
Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), das für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage
im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats heranzuziehen
ist. Zum einen erstreckt sich dessen Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RDG
nur auf die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Die
Befugnis zur gerichtlichen Vertretung ergibt sich demgegenüber aus der jeweiligen
Verfahrensordnung. Daher richtet sich der Umfang der Befugnisse von
Schuldnerberatungsstellen im Insolvenzverfahren ausschließlich nach den Regelungen in
der Insolvenzordnung (so auch die Begründung des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des
Rechtsberatungsgesetzes, BTDrucks 16/3655, S. 33).
Zum anderen kann auch § 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG nichts Abweichendes entnommen werden.
Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, die nach Landesrecht als
geeignet anerkannte Personen oder Stellen im Sinn des § 305 Abs. 1 Nr. 1 der
Insolvenzordnung im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs erbringen. Es
bedarf vorliegend keiner Vertiefung, ob sich dieser Aufgabenbereich aus den
bundesrechtlichen Regelungen des § 305 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 InsO ergibt
(so wohl Ott/Vuia, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2008, § 305
Rn. 96) oder - so die Auffassung des Beklagten - durch § 4 AGInsO definiert wird. Denn in
beiden Fällen lässt sich jedenfalls eine gerichtliche Vertretungsbefugnis des Klägers aus
§ 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG über das Schuldenbereinigungsplanverfahren hinaus nicht ableiten.
Auch der Gesetzgeber geht im Übrigen davon aus, dass die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG
getroffene Regelung, die nach dem Anwendungsbereich des Gesetzes ohnehin nur die
außergerichtliche Rechtsdienstleistung betreffen kann, lediglich der Klarstellung dient
und sich der Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der in der Vorschrift aufgeführten
Stellen bereits aus anderen Gesetzen ableiten lässt (vgl. BRDrucks 623/06 S. 128).
Nach den vorliegenden Erkenntnissen kommt es dem Kläger darauf an, dass sich seine
Tätigkeit auch auf diejenigen Verfahrensabschnitte erstreckt, die sich an den
außergerichtlichen und den gerichtlichen Einigungsversuch anschließen und den Zweiten
Abschnitt des Neunten Teils der Insolvenzordnung überschreiten. Das ergibt sich zum
einen aus seiner Satzung. Sie formuliert in § 2 Abs. 1 ausdrücklich das Ziel, die
Schuldner „durch das gesamte Verbraucherinsolvenzverfahren einschließlich der
Wohlverhaltensphase vollständig und abschließend zu begleiten“. Nach § 2 Abs. 2 seiner
Satzung berät der Kläger die Schuldner außergerichtlich und gerichtlich, „insbesondere
in dem anschließenden Verfahren vor dem Insolvenzgericht“. Auch die dem
Beratungsvertrag zwischen dem Kläger und Rechtsanwalt Dr. Z. beigefügte
Stellenbeschreibung für den Leiter der Beratungsstelle erstreckt sich auf die Vertretung
der Schuldner vor Gerichten sowie die treuhänderische Verwaltung und Verteilung von
Schuldnervermögen und -einkommen und verdeutlicht das vom Kläger angestrebte
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Schuldnervermögen und -einkommen und verdeutlicht das vom Kläger angestrebte
Tätigkeitsfeld. In Übereinstimmung hiermit hat der Kläger in der Klagebegründung vom
8. Oktober 2005 (Seite 15) ausgeführt, dass er „satzungsmäßig auch gerichtlich im
gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren bzw. Insolvenzverfahren tätig“ werde.
Ferner hat der Kläger in der Berufungserwiderung vom 16. Februar 2009 (Seite 8)
hervorgehoben, dass „sich weder prozessrechtliche noch gerichtsverfassungsrechtliche
Bedenken gegen die Vertretung der Mitglieder des Klägers durch ihn im gerichtlichen Teil
des Insolvenzverfahrens“ ergäben. Soweit der Klägervertreter in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat demgegenüber im Anschluss an die Erörterung der
fraglichen Problematik erstmalig erklärt hat, eine gegen § 305 Abs. 4 InsO verstoßende
Vertretung vor Gericht im Rahmen des Dritten Abschnitts des Neunten Teils der
Insolvenzordnung sei nicht beabsichtigt, nichts anderes sei auch gemeint, wenn es in § 2
Abs. 2 der Satzung heiße, der Verein vertrete im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften,
rechtfertigt das keine abweichende Bewertung. Ungeachtet der Frage, ob diese
Erklärung als verfahrensangepasstes Verhalten zu bewerten ist, ist sie nicht geeignet,
den dargestellten Gesamteindruck, wie er sich für den Senat aus der Satzung des
Klägers sowie seinen im Laufe des Gerichtsverfahrens abgegebenen Erklärungen ergibt,
zu erschüttern. Jedenfalls hat der Kläger seine Satzung nicht an die geltende Rechtslage
angepasst.
Soweit der Kläger schließlich darauf verweist, dass nach Vorstellung der
Bundesregierung die geltende Rechtslage geändert und die Formulierung „im Verfahren
nach diesem Abschnitt“ in § 305 Abs. 4 Satz 1 InsO gestrichen werden soll, trifft dieser
Hinweis zwar zu (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Entschuldung
mittelloser Personen, zur Stärkung der Gläubigerrechte sowie zur Regelung der
Insolvenzfestigkeit von Lizenzen, BRDrucks 600/07 S. 14). Für die rechtliche Würdigung
des Senats ist jedoch allein das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende
Recht maßgeblich, zumal der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren diesem
Änderungsvorschlag entgegengetreten (vgl. BTDrucks 16/7416 S. 61) und derzeit nicht
erkennbar ist, ob die geänderte Fassung des § 305 Abs. 4 InsO Gesetzeskraft erlangt.
3. Scheitert der Anspruch auf Neubescheidung bereits aus den unter 1. und 2.
dargelegten Gründen, kommt es auf die zwischen den Beteiligten streitig erörterten
weiteren Fragen zur Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AGInsO sowie zum Einsatz
von Honorarkräften nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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