Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

OVG Berlin-Brandenburg: bestimmtheit von normen, gebäude, sachlicher geltungsbereich, öffentliche bekanntmachung, amtsblatt, veröffentlichung, fassade, satzung, unterschutzstellung, stadt

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 B 5.06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Gebäudes We.str. 4... in Paretz.
Paretz hat eine denkmalschutzrechtlich relevante Bedeutung, denn es ist für Friedrich
Wilhelm III und Königin Luise um 1800 von David Gilly zur ländlichen Sommerresidenz mit
Schloss, Gutsanlage, Park und Dorf umgebaut worden. In diesem Zusammenhang ist
auch das so genannte „Familienhaus“ an der Dorfstraße errichtet worden. Dieses
Gebäude besteht aus einem lang gestreckten, durch Versatz der Fassadenebenen und
Wechsel der Putzstrukturen optisch dreigeteilten Baukörper (We.str. 4..., 6..., und 8...), in
dem sich in früherer Zeit die Wohnunterkünfte, Arbeitsstuben und
Versorgungsstallungen verschiedener dorfangehöriger Handwerker und des Lehrers
befanden (Leineweber, Fischer, Drescher, Tagelöhner, Müller, Lehrer; zum
Erscheinungsbild und Grundriss des Hauses im früheren Original vgl. Aquarell von Martin
Friedrich Rabe „Auf- und Grundriss des Familienhauses“ im „Paretzer Skizzenbuch“
1799, Bl. 6 Verwaltungsvorgang 2). Mitte der 80er Jahre ist der Dachstuhl über dem
Gebäudeteil We.str.... weitgehend abgebrannt und das ursprünglich auch die „Flügel“
überwölbende Krüppelwalmdach in diesem Bereich durch – seinerzeit nur verfügbare -
Typenbinder ersetzt worden, so dass ein bungalowartiges Dach entstanden ist.
Im April 1999 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger auf die Fassade des Gebäudes
We.str. 4... eine 5 cm starke Wärmedämmung aufgebracht und diese gelb gestrichen
hatte. Daraufhin erließ er eine denkmalschutzrechtliche Wiederherstellungsanordnung
(Bescheid vom 28. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2002),
mit der er von dem Kläger die Entfernung der Wärmedämmung von der Fassade und
des aufgebrachten gelben Farbanstrichs sowie das anschließende Verputzen mit
Glattputz nebst einem neuem Anstrich forderte. Diese Anordnung stütze er auf § 23
Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale
im Land Brandenburg vom 22. Juli 1991 (GVBl. S. 311), geändert durch Gesetz vom 18.
Dezember 1997 (GVBl. I S. 124) - BbgDSchG a.F. - in Verbindung mit der Satzung zum
Schutz des Denkmalbereichs für den Ortsteil Paretz der Stadt Ketzin vom 25. Oktober
1993 - Denkmalbereichssatzung - (zuletzt: Amtsblatt für das Amt Ketzin vom 19. Juli
2000, S. 5).
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht Potsdam hat der Klage
durch Urteil vom 16. Juni 2004 mit der Begründung stattgegeben, dass die
Wiederherstellungsanordnung im konkreten Fall gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verstoße, weil die weitreichenden baulichen Veränderungen des
Gebäudes dessen Dokumentationswert im Laufe der Zeit so entscheidend gemindert
hätten, dass die Anbringung einer Wärmedämmung in einer Stärke von (nur) 5 cm
demgegenüber kaum noch ins Gewicht falle. Die (verbliebene) Bedeutung des Denkmals
sei in Relation zur Art und Intensität der Veränderung durch die Wärmedämmung zu
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sei in Relation zur Art und Intensität der Veränderung durch die Wärmedämmung zu
setzen und auch das private Interesse des Klägers daran entsprechend zu gewichten.
Der nachfolgende Anstrich der Fassade hätte ohnehin nicht gefordert werden dürfen,
weil das Gebäude vor der Anbringung der Wärmedämmung lediglich verputzt gewesen
sei.
Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 22. August 2006 zugelassen.
Der Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die vom Verwaltungsgericht
vorgenommene Bewertung der optischen Auswirkungen der auf die Fassade des
Gebäudes We.str. 4... aufgebrachten Wärmedämmung auf das „Familienhaus“
insgesamt. Das an der Fassade ablesbare Gliederungsprinzip des frühen preußischen
Klassizismus, das das „Familienhaus“ – ebenso wie das Schloss Paretz - widerspiegele,
sei erst durch die Anbringung der Wärmdämmung nivelliert und damit zerstört worden,
so dass der rechte Flügel des „Familienhauses“ wie ein Fremdkörper wirke. Seine
Zugehörigkeit zu dem Gesamtgebäude als ein einheitlicher Baukörper sei nicht mehr
wahrnehmbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 16. Juni 2004 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das ursprüngliche Erscheinungsbild des streitgegenständlichen „Familienhauses“ sei in
Folge des Dachstuhlbrandes und des Wiederaufbaus im Bungalowstil so weitgehend
verändert und der Bezug zu den anderen historischen Gebäuden aufgehoben worden,
dass die Forderung nach einem Rückbau der Wärmedämmung dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit widerspreche.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Band I und II) und der
Verwaltungsvorgänge (2 Hefter) Bezug genommen, die vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Insbesondere wird auf die zur Klärung
der denkmalschutzrechtlichen Unterschutzstellung des Gebäudes We.str. 4... vom
Beklagten nachgereichten, in Band II, Bl. 22-61 der Gerichtsakten befindlichen
Ablichtungen verschiedener Veröffentlichungen der Denkmalbereichssatzung in den
Jahren 1993, 1999 und 2000 Bezug genommen sowie auf die eingereichten
Denkmallisten und -verzeichnisse aus den Jahren 1985, 1991 und 1996, soweit sie den
Bereich Paretz betreffen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Potsdam hat die
vom Kläger angefochtene denkmalschutzrechtliche Wiederherstellungsanordnung -
jedenfalls im Ergebnis - zu Recht aufgehoben, weil keine hinreichende Rechtsgrundlage
hierfür ersichtlich ist. Das Gebäude We.str. 4... steht nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht unter Denkmalschutz.
1. Soweit der Beklagte die Wiederherstellungsanordnung vom 28. Mai 2001 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2002 auf § 23 Abs. 1 des Gesetzes über den
Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale im Land Brandenburg vom 22.
Juli 1991 (GVBl. S. 311), geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1997 (GVBl. I S. 124)
- BbgDSchG a.F. - in Verbindung mit der Satzung zum Schutz des Denkmalbereichs für
den Ortsteil Paretz der Stadt Ketzin vom 25. Oktober 1993, zunächst abgedruckt in dem
Arbeitsheft des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege, Nr. 3, Potsdam
1993, S. 74-82, dann auch im Amtsblatt für das Amt Ketzin vom 21. April 1999, S. 17
sowie erneut beschlossen am 15. Mai 2000 und veröffentlicht im Amtsblatt für das Amt
Ketzin vom 19. Juli 2000, S. 5 - Denkmalbereichssatzung - gestützt hat, liegt das
Gebäude We.str. 4... zwar in deren Geltungsbereich. Das „Familienhaus“ wird in § 2
(sachlicher Geltungsbereich) unter Nr. 3 e) der Denkmalbereichssatzung auch
ausdrücklich genannt sowie in § 3 (Begründung der Unterschutzstellung) als
städtebaulich und künstlerisch bedeutend beschrieben. Alle drei „Veröffentlichungen“
der Denkmalbereichssatzung sind jedoch – aus unterschiedlichen Gründen - wegen
erheblicher Bekanntmachungsmängeln unwirksam. Dies hat auch der Beklagte so
gesehen, denn er hat in der Bekanntmachungsanordnung im Amtsblatt für das Amt
Ketzin vom 19. Juli 2000 selbst darauf hingewiesen, dass die „bisher erfolgten
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Ketzin vom 19. Juli 2000 selbst darauf hingewiesen, dass die „bisher erfolgten
Bekanntmachungen der Denkmalbereichssatzung mängelbehaftet“ waren und sich zur
erneuten Beschlussfassung und Veröffentlichung veranlasst gesehen. Diese entsprach
dann aber ebenfalls nicht den Anforderungen der Bekanntmachungsverordnung.
Welche Anforderungen im Einzelnen an die Veröffentlichung von Rechtsnormen zu
stellen sind, richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Recht, d. h. bei dem hier in Rede
stehenden kommunalen Satzungsrecht nach den Bekanntmachungsvorschriften des
Landes- und Ortsrechts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Oktober 2006, NVwZ 2007,
216 m. w. N.). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der zu dem Veröffentlichungszeitpunkt der
Denkmalbereichssatzung (19. Juli 2000) geltenden Verordnung über die öffentliche
Bekanntmachung von Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Vorschriften in den
Gemeinden, Ämtern und Landkreisen (Bekanntmachungsverordnung) vom 25. April
1994 (GVBl. II S. 314), geändert durch Verordnung vom 12. November 1994 (GVBl. II S.
970) – BekanntmV a. F. – sind Satzungen mit ihrem vollen Wortlaut in der durch die
Bekanntmachungsverordnung vorgeschriebenen Form bekannt zu machen. Dies ist
gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BekanntmV a. F. bei amtsangehörigen Gemeinden die
Veröffentlichung im amtlichen Verkündungsblatt des Amtes.
a) Das Amtsblatt für das Amt Ketzin stellt zwar ein solches Verkündungsblatt dar. In der
Ausgabe vom 19. Juli 2000 wurde jedoch nur eine auf § 2 BekanntmV a. F. gestützte
Bekanntmachungsanordnung betreffend eine Ersatzbekanntmachung abgedruckt. § 2
Abs. 1 BekanntmV a. F. sieht eine Ersatzbekanntmachung jedoch nur für Pläne, Karten
oder Zeichnungen vor, die Bestandteile einer Satzung sind, nicht aber für den
Satzungstext, der hier nicht im Amtsblatt abgedruckt, sondern lediglich zur
Einsichtnahme ausgelegt war und damit nicht in der vorgeschriebenen Form bekannt
gemacht worden ist.
b) Die angefochtene Wiederherstellungsanordnung lässt sich auch nicht auf die
vorangegangene Bekanntmachung der Denkmalbereichssatzung im Amtsblatt für das
Amt Ketzin vom 21. April 1999, S. 17 stützen, denn hierbei handelte es sich nach den
Angaben hinter der Überschrift nur um einen „Satzungsentwurf zur Beschlussfassung“,
der der Stadtverordnetenversammlung von Ketzin zur Beschlussfassung vorlag. Danach
war der kommunale Willensbildungsprozess offenbar noch nicht abgeschlossen und es
lag keine bekanntmachungsfähige Satzung vor.
c) Ebenso wenig vermochte die vor Erlass der Bekanntmachungsverordnung erfolgte
„Veröffentlichung“ der Satzung zum Schutz des Denkmalbereichs für den Ortsteil Paretz
der Stadt Ketzin vom 25. Oktober 1993 im Arbeitsheft des Brandenburgischen
Landesamtes für Denkmalpflege, Nr. 3, Potsdam 1993, S. 74 - 82 den rechtsstaatlichen
Anforderungen an eine Bekanntmachung zu genügen. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20
Abs. 3 GG) gebietet unter anderem, dass förmlich gesetzte Rechtsnormen – worunter
auch kommunale Satzungen fallen – verkündet werden. Die Verkündung stellt einen
integrierenden Teil der förmlichen Rechtssetzung dar, ist also Geltungsbedingung.
Verkündung bedeutet regelmäßig, dass die Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer
Weise zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich von dem Erlass und dem
Inhalt der Norm verlässlich Kenntnis verschaffen können und dass diese Möglichkeit
nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein darf (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. April
1963, BVerfGE 16, 6, 17 und vom 22. November 1983, BVerfGE 65, 283, 291; BVerwG,
Beschluss vom 18. Oktober 2006, NVwZ 2007, 216 m. w. N.). Die erforderliche Publizität
einer Norm kann nur durch Veröffentlichung in einem allgemein zugänglichen und
verlässlichen Publikationsorgan gewahrt werden (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG,
Stand: November 2006, Art. 20 VII RNr. 54). Dies war nicht der Fall, denn durch den
Abdruck der Satzung in einem Fachblatt bestand in erster Linie nur für die
Rechtsanwender (Denkmalschutzbehörde), nicht aber für die große Anzahl der potenziell
Rechtsbetroffenen (Grundstückseigentümer in Paretz) die Möglichkeit, sich ohne
unzumutbare Erschwernis über den Erlass der Norm und deren Inhalt zuverlässig
Kenntnis zu verschaffen (vgl. hierzu auch OVG Bbg, Urteil vom 9. Februar 1994, LKV
1994, 260, 262).
2. Andere wirksame Unterschutzstellungen des Gebäudes We.str. 4... als Einzeldenkmal
oder als Teil eines Denkmalbereichs sind nicht feststellbar. Zwar sah schon das Gesetz
zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik -
Denkmalpflegegesetz - vom 19. Juni 1975 (GVBl. I S. 458) in § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 die
Möglichkeit vor, Denkmale des Städtebaus und der Architektur, wie Stadt- und
Ortsanlagen, Straßen- und Platzräume, Stadtsilhouetten und Ensembles unter
staatlichen Schutz zu stellen und diese in der zentralen Denkmalliste, der
Bezirksdenkmalliste oder der Kreisdenkmalliste zu erfassen. Als ein solches Denkmal
des Städtebaus und der Architektur wurde „Ketzin-Paretz, Dorfanlage mit ehemaligem
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des Städtebaus und der Architektur wurde „Ketzin-Paretz, Dorfanlage mit ehemaligem
Gutsbereich, Bauernhäusern (D. Gilly), Dorfkirche (D. Gilly) und ehemaliger Schmiede
(Gaststätte)“ schon in der Kreisdenkmalliste des Kreises Nauen (Stand: 11. November
1985) erfasst. Die Fortschreibung der Erfassung fand auch Eingang in die Vorbereitung
der Unterschutzstellung durch das am 22. August 1991 in Kraft getretene Gesetz über
den Schutz und die Pflege der Denkmale und Bodendenkmale im Land Brandenburg
(Denkmalschutzgesetz) vom 22. Juli 1991 (GVBl. S. 311) und die hierfür erstellte
Denkmalliste des Kreises Nauen vom 1. Juli 1991, denn gemäß § 34 Abs. 1 BbgDSchG
a.F. wurden die bestehenden Denkmallisten mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
übernommen und galten als nach diesem Gesetz angelegt. In dieser Liste waren
„Ketzin, Ortsteil Paretz, Ensemble, Dorfanlage (zwischen 1795 und 1803) mit ehem.
Gutsbereich (Küche, Kuhstall, Schafstall, Schüttboden, Amtshaus), Bauernhäusern (D.
Gilly), ehem. Schmiede (Gasthaus), Dorfkirche …, Schöpfwerk“ als Schutzobjekte
genannt. Eine Veröffentlichung dieser Denkmalliste entsprechend § 5 Abs. 2 der auf der
Grundlage des § 9 Abs. 4 BbgDschG a. F. erlassenen Verordnung über das Verzeichnis
der Denkmale vom 30. April 1992 (GVBl. II S. 179) – VerzeichnisVO -, wonach der am
Tage des Inkrafttretens dieser Rechtsverordnung vorhandene Bestand an
Einzeldenkmalen und Denkmalbereichen durch die untere Denkmalschutzbehörde
binnen eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung (also bis zum 21. Mai
1993) in ortsüblicher Weise zu veröffentlichen war, ist jedoch nicht innerhalb der
vorgeschriebenen Frist erfolgt. Es findet sich erst im Sonderamtsblatt für den Landkreis
Havelland vom 21. Oktober 1996 eine Veröffentlichung des Landrats als untere
Denkmalschutzbehörde betreffend das Verzeichnis der Denkmale des Landkreises
Havelland mit folgendem, Paretz betreffenden Text: „Ketzin OT Paretz; Denkmalbereich
Dorfanlage mit Schloss, Park, Torhäusern und Gutshofanlagen, Fasaneriewäldchen und
Paretz-Hof sowie Teile der aus der Dorfanlage hinausführenden Straßen und Wege“. In
der näheren Beschreibung werden noch die „Gehöfte“ genannt. Welche Rechtswirkungen
dem Umstand beizumessen ist, dass die Denkmalliste nicht in der von § 5 Abs. 2
VerzeichnisVO vorgeschriebenen Frist veröffentlicht worden ist, kann dahinstehen, weil
diesem Verzeichnis jedenfalls nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit eine Erstreckung
der Unterschutzstellung auf das Gebäude Werderdammstr. 4 zu entnehmen ist.
Das in § 2 Nr. 3 e) der Denkmalbereichsatzung aufgeführte und in seiner Bedeutung
hervorgehobene „Familienhaus“ wird in diesem Verzeichnis nicht genannt. Der in dem
Verzeichnis aus dem Jahre 1991 noch enthaltenen Bezeichnung „Bauernhäuser“, die
zugleich unter die Bezeichnung „Gehöfte“ in dem Denkmalverzeichnis aus dem Jahre
1996 fallen dürften, kann das „Familienhaus“, dessen Teil das Gebäude des Klägers ist,
jedenfalls nicht zugeordnet werden. Denn gemäß § 2 Nr. 2 d) der
Denkmalbereichssatzung, die die baulichen Verhältnisse in Paretz und deren
Schutzwürdigkeit von allen „Veröffentlichungen“, Denkmallisten und -verzeichnissen am
genauesten wiedergibt, und sich damit als Auslegungshilfe eignet, sind mit der
Bezeichnung „Bauernhöfe“ die Drei- und Vierseithöfe mit den zugehörigen Hausgärten
gemeint, deren städtebauliche und künstlerische Bedeutung unter § 3 der
Denkmalbereichssatzung noch einmal beschrieben wird. Das „Familienhaus“ an der
Dorfstraße beherbergte dagegen die Wohnunterkünfte bestimmter Handwerker und die
Wohnung des Lehrers einschließlich des Schulraums, so dass dessen Nutzung nicht dem
eines landwirtschaftlichen Anwesens, wie einem Bauerhof oder Gehöft, entsprach. Eine
Zuordnung des „Familienhauses“ zu dem Begriff der „Dorfanlage“ kommt nicht in
Betracht. Ohne nähere Konkretisierung genügt dieser Begriff allein nicht
rechtsstaatlichen Anforderungen an die inhaltliche Klarheit und ausreichende
Bestimmtheit von Normen. Durch dieses Gebot sollen die Folgen einer Regelung für den
Normadressaten vorhersehbar und berechenbar sein, um ihm die Möglichkeit zu geben,
sein Verhalten danach auszurichten. Nur so werden auch der Verwaltung angemessen
klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben und eine hinreichende gerichtliche Kontrolle
ermöglicht (vg. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, a.a.O. Art. 20 VII RNr. 52, 58). Dass die
sachlichen Eigenarten des Regelungsgegenstands die unscharfe Formulierung
„Dorfanlage“ erfordern könnten (siehe hierzu Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, a.a.O.,
RNr. 60, m. w. N.), ist nicht erkennbar. Die Möglichkeiten klarer Bezeichnung und
Beschreibung des denkmalschutzrechtlichen Regelungsgegenstands sind vielmehr in der
Denkmalbereichssatzung – insoweit beispielhaft – aufgezeigt.
3. Inwieweit die zu dem „Familienhaus“ ebenfalls gehörenden Gebäude We.str. 6...
bereits zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt als Einzeldenkmale unter Denkmalschutz
standen, wie es jedenfalls nach der auf der Grundlage des am 1. August 2004 in Kraft
getretenen Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes vom 24. Mai 2004 – BbgDSchG
n. F. – erstellten Denkmalliste des Landes Brandenburg (ABl. 2005, 33,134) der Fall ist,
bedarf keiner Klärung, denn der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 24. April 2007 noch
unternommene Versuch, die streitgegenständliche Verfügung unter dem Gesichtspunkt
des Umgebungsschutzes (§ 23 Abs. 1, § 15 Abs. 1 § 14 Abs. 1 BbgDschG a. F.) zu
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des Umgebungsschutzes (§ 23 Abs. 1, § 15 Abs. 1 § 14 Abs. 1 BbgDschG a. F.) zu
rechtfertigen, geht auch bei Unterstellung der Denkmaleigenschaft der vorgenannten
Gebäude im Jahr 1999 fehl. Hierbei handelt es sich trotz unveränderter Rechtsgrundlage
nicht mehr um eine zulässige Ermessensergänzung im Sinne des § 114 Satz 2 VwGO,
weil die die Ermessensentscheidung tragenden Gründe für die Anordnung dadurch
vollständig ausgewechselt werden müssten. Denn in diesem Falle würde es nicht mehr
auf eine Beeinträchtigung der den baulichen Zusammenhang des „Familienhauses“
vermittelnden Elemente im Bereich der Fassade (versetzte Fassadenebene,
Gliederungselemente) ankommen, auf die der Beklagte im Berufungsverfahren
maßgeblich abhob, sondern die Frage der Beeinträchtigung der benachbarten Gebäude
als Einzeldenkmale im Vordergrund der Ermessenserwägungen stehen. Hierzu wäre ein
Perspektivwechsel unter Ausblendung des baulichen Zusammenhangs erforderlich, so
dass die Wärmedämmung unter dem Aspekt der Ausstrahlung auf die Umgebung ein
geringeres Gewicht bekäme als beispielsweise der gelbe Farbanstrich mit seiner starken
Ausstrahlungswirkung. Hierfür wären eigenständige und neue Ermessenserwägungen
erforderlich, die den Rahmen der zulässigen Ergänzung von Ermessenserwägungen i. S.
des § 114 Satz 2 VwGO verlassen würden (siehe hierzu OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 8.
März 2007 – OVG 2 S 15.07 -). Unter diesen Umständen kommt es auf die Klärung der
Rechtmäßigkeit der weiteren Forderungen des Beklagten in der angefochtenen
Wiederherstellungsanordnung nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe hierfür vorliegt.
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