Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.03.2017

OVG Berlin-Brandenburg: botschaft, ausreise, ersatz der auslagen, gericht erster instanz, notlage, zusage, gegenforderung, bezahlung, öffentlich, aufrechnung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 10.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 10 B 2.09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 Abs 1 S 1 KonsG, § 5 Abs 5
S 1 KonsG, § 812 Abs 1 S 1
BGB, § 302 Abs 1 ZPO
Konsularische Hilfe: Übernahme von bereits entstandenen
Krankenhauskosten im Wege der konsularischen Nothilfe;
Erstattungsfähigkeit nicht im Rahmen der Nothilfe zulässiger
Leistungen; öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch;
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für die Rückforderung
rechtsgrundlos im Rahmen konsularischer Hilfe geleisteter
Zahlungen der öffentlichen Hand
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens vorläufig vollstreckbar. Der
Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht
der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung eines Euro-Betrages in Höhe des
Gegenwertes von 750 US-$, die seine verstorbene Mutter an die Beklagte als Ersatz von
Auslagen im Rahmen der konsularischen Hilfe gezahlt hat. Der Betrag betrifft eine
Zahlung, die von der Deutschen Botschaft in K. für eine offene Arztrechnung geleistet
wurde.
Der am 6. Januar 1941 geborene Kläger, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt,
war im Jahre 1973 als Entwicklungshilfeberater in die damalige Republik Z. eingereist und
hatte dort seitdem seinen Lebensmittelpunkt. Anfang Januar 1998 erkrankte er schwer
an Malaria und versuchte zunächst, sich selbst zu behandeln. Am 16. Januar 1998 bat er
den in K. praktizierenden, deutsch sprechenden Arzt Dr. M. (im Folgenden: Dr. M.), der in
Deutschland Medizin studiert und die Facharztprüfung abgelegt hat, um Hilfe. Dieser
brachte den Kläger am selben Tage in der Klinik (R.) unter, in der er selbst als Arzt tätig
war, und in der der Kläger bis zum 18. Januar 1998 behandelt wurde. Am 19. Januar 1998
begab sich der Kläger in Begleitung des Dr. M. zur Deutschen Botschaft in K.. Die
Botschaft veranlasste die Unterbringung des Klägers im Centre Médical de ... für eine
Nacht. In seiner Beurteilung des Gesundheitszustandes des Klägers führte Dr. M. in
einem Schreiben vom 20. Januar 1998 aus, dass eine Behandlung in Deutschland
dringend erforderlich sei, weil der Kläger dort eine bessere medizinische Versorgung
finde; zudem sei seine „Sozial- und Wohnsituation in K.“ so schlecht, dass der Kläger bei
einer Rückkehr an seinen Wohnort wieder schwer erkranken würde. Außerdem wies er in
dem Schreiben darauf hin, dass sich der Kläger seit Oktober 1997 illegal im K.aufhalte. In
der Botschaft wurde aufgrund der Angaben des Klägers ein Antragstext erstellt, den der
Kläger am 20. Januar 1998 unterzeichnete. In dem Antragsformular ist unter III. u.a.
ausgeführt: „Ich möchte so schnell wie möglich nach Deutschland zurückkehren und
bitte um Gewährung einer Hilfe gem. § 5 Konsulargesetz. … Mir ist bekannt, daß mir eine
weitere finanzielle Hilfe durch die Botschaft K. nicht gewährt werden kann. …“. Unter II.
ist vermerkt, dass der Kläger (im K.) über keine nennenswerten liquiden Mittel verfügte
und kein geregeltes Einkommen hatte. Seine Geldmittel befänden sich u.a. in
Depotkonten in Deutschland. Er könne auch finanzielle Hilfe von Verwandten (Mutter A.
K.) erwarten. Am Ende des Formulars ist unter „Bearbeitungsvermerke der Botschaft“
ausgeführt: „Es wird folgende Hilfe gewährt: Es wird Hilfe gewährt in Form eines
Flugscheins sowie durch die Begleichung der unbezahlten Krankenhaus- und
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Flugscheins sowie durch die Begleichung der unbezahlten Krankenhaus- und
Arztrechnungen in K. (siehe Anlagen)“.
Mit Telefax vom 20. Januar 1998 teilte die Botschaft der Schwester des Klägers die
Ankunftszeit des Klägers in Deutschland mit. In dem Schreiben wurde sie zugleich darum
gebeten, der Mutter des Klägers für die bevorstehende Erstattung der „hier
entstehenden Auslagen (u.a. Flugkosten, Krankenhauskosten)“ die angegebene
Bankverbindung des Auswärtigen Amtes mitzuteilen; die genaue Höhe des Betrages
werde noch schriftlich mitgeteilt.
Nach Abflug des Klägers am 20. Januar 1998 fertigte die Deutsche Botschaft die Anlage
zur Niederschrift über die Gewährung von Hilfe gemäß § 5 Konsulargesetz vom 22.
Januar 1998 an, in der u.a. ausgeführt ist:
„Herr Müller lebt in K. in extrem bescheidenen Verhältnissen. Die hygienischen
Bedingungen in seiner Behausung müssen als sehr schlecht bezeichnet werden. Vor Ort
verfügte Herr M. nicht über ausreichende Geldmittel, die auch nur annähernd die
erforderlichen Behandlungskosten bzw. die bereits offenen Arztrechnungen hätten
decken können. Nach telefonischer Kontaktaufnahme mit der Mutter in Deutschland,
Frau A. K., sowie in Absprache mit Herrn M. selber, erschien die Rückführung nach
Deutschland als einzig praktikable Lösung. Daraufhin wurde der nächstmögliche Flug für
den darauffolgenden Tag, den 20.01.1998 gebucht. Bis zum Abflug wurde Herr M. in eine
örtliche Klinik zur Stabilisierung seines Zustands gebracht. Auch der dort behandelnde
Arzt empfahl eine gründliche Auskurierung in Deutschland.
Darüber hinaus musste der Aspekt berücksichtigt werden, daß Herr M. bereits seit
Jahren ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung im ehemaligen Z. lebt und eine kurz
bevorstehende Inhaftierung oder Abschiebung durch die hiesigen Behörden drohte. Dies
sei, so die hiesigen Behörden, nur zu verhindern, wenn Herr M. nunmehr mit Hilfe der
Botschaft ausreise. Herr M. erklärte sich ausdrücklich mit der Heimschaffung
einverstanden. Die Möglichkeit der Selbsthilfe war unter den dargestellten Umständen
ausgeschlossen.“
Nach einem Vermerk des Botschaftsmitarbeiters Hammer vom 2. Februar 1998 wurde
die Mutter des Klägers an diesem Tage telefonisch darüber unterrichtet, dass eine
Kostenrechnung in nicht unerheblicher Höhe für Arzt- und Flugkosten des Klägers in
Kürze übersandt werde. Sie habe versichert, dass die entstandenen Auslagen beglichen
würden. In einem Schreiben vom 22. April 1998 teilte Herr Hammer im Auftrag der
Botschaft der Mutter des Klägers mit: „Mehrmals auf die Erstattung der ausgelegten
Kosten angesprochen bzw. darum gebeten, diesbezüglich in der Botschaft
vorzusprechen, zeigte Ihr Sohn jedoch keine Reaktion. Obwohl ihm ein Botschaftsfahrer
zweimal persönlich eine entsprechende Nachricht überbrachte, ist Herr M. seit seiner
Rückmeldung Anfang März dieser Bitte nicht nachgekommen. Die Botschaft bedauert
diesen Umstand angesichts der Hilfeleistungen, welche Herrn M. seinerzeit nicht nur mit
seinem Einverständnis, sondern auch auf seinen Wunsch hin in Anspruch genommen
hat. … Wie Sie mir in einem Telefonat am 02.02.98 versicherten, brauche sich die
Botschaft um die Kostenerstattung keine Sorgen zu machen. Ich darf mich daher heute
an Sie als Mutter des Herrn M. wenden mit der Bitte, die verauslagten Gesamtkosten in
Höhe von DM 4 358,15 … zu begleichen.“ In einem auf der Kopie dieses Schreibens
angebrachten Vermerk des Herrn H. vom 5. Mai 1998 heißt es: „Anruf bei Adressatin
ergab, daß sie für alle Kosten aufkommen wolle. Sie besitzt Vollmacht über M. ’s Konto.“
Mit Schreiben vom 6. Mai 1998 bat die Deutsche Botschaft die Mutter des Klägers
erneut um Erstattung des Betrages. Die Zahlstelle der Botschaft K. habe „in Ihrem
Auftrag“ mehrere Zahlungen für die Rückführung ihres Sohnes von K. nach Deutschland
geleistet. Der zu erstattende Betrag ergebe sich aus den jeweils im Original beigefügten
Unterlagen; dazu gehörte auch eine Rechnung des Dr. M. vom 18. Januar 1998 über 750
US-$.
Die Mutter des Klägers überwies daraufhin am 4. Januar 1998 den geforderten
Erstattungsbetrag von einem Konto des Klägers, für das sie Kontovollmacht besaß.
Der Kläger reiste Ende Februar 1998 wieder in den Kongo ein und meldete sich Anfang
März 1998 bei der Deutschen Botschaft zurück. Im November 1998 gab er seinen
Wohnsitz in K. auf und kehrte unter Verlegung seines ständigen Aufenthaltsorts in die
Bundesrepublik Deutschland zurück.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2000 forderte der Kläger die Deutsche Botschaft in K.
auf, die unberechtigterweise an Dr. M. gezahlten 750 US-$, deren Erstattung die
Botschaft – wie er erst jetzt erfahren habe – von seiner Mutter erbeten und auch
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Botschaft – wie er erst jetzt erfahren habe – von seiner Mutter erbeten und auch
erhalten habe, an ihn zu überweisen. Bei seiner Rückkehr in K. im März habe er gegen
die „wenig erhellende Rechnung“ des Dr. M. über 750 US-$, die ihm zur Erstattung
vorgelegt worden sei, protestiert. Die Höhe der Rechnung sei „phantasievoll“ und er
habe auch schon 300 US-$ an Dr. M. gezahlt gehabt. Aus der Rechnung gehe auch nicht
einmal hervor, wo er eigentlich behandelt worden sei, geschweige denn gegen was, wie
und wann.
Die Deutsche Botschaft wies durch Schreiben vom 22. April 2000 die Forderung des
Klägers zurück und führte dazu aus, der Botschaft habe durchaus eine detaillierte
Rechnung des Dr. M. vorgelegen, die im Mai 1998 zwecks Kostenerstattung mit allen
Unterlagen an seine Mutter gesandt worden sei. Die Zahlungen, die die Botschaft
anlässlich seiner Behandlung und Heimführung verauslagt habe, seien aufgrund der von
ihm beantragten Hilfe nach dem Konsulargesetz und somit in seinem Auftrag erfolgt.
Beanstandungen gegen die getätigten Zahlungen seien mit dem Arzt zu klären. Aus den
vorliegenden Unterlagen gehe weder ein Protest gegen die Arztrechnung hervor noch
fänden sich Angaben oder ein Nachweis dazu, dass der Kläger bereits 300 US-$ an Dr.
M. gezahlt gehabt habe.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2000 wandte der Kläger sich unmittelbar an das Auswärtige
Amt und bat, den Betrag von 750 US-$, den die Botschaft in K. gegen seinen
ausdrücklichen Wunsch an Dr. M. gezahlt habe, zu erstatten. Zudem habe er Herrn H.
erklärt, dass er bereits 300 US-$ gezahlt gehabt habe.
Durch Schreiben vom 22. Juni 2000 teilte das Auswärtige Amt dem Kläger mit, dass eine
Rückzahlung des Betrages nicht möglich sei. Aufgrund seines Antrages sei ihm Hilfe
nach § 5 des Konsulargesetzes gewährt worden, die von ihm selbst oder einem
unterhaltsverpflichteten Verwandten zu begleichen sei. Eine entsprechende „Zusage zur
Erstattung der Kosten“ habe der Botschaft vorgelegen; die Kosten seien von seiner
Mutter beglichen worden.
Mit der Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zu deren Begründung
vorgetragen: Die Deutsche Botschaft habe gegen seinen ausdrücklichen Willen „auf
seine Rechnung“ eine Zahlung von 750 US-$ geleistet und diese später „unter
Irreführung seiner Mutter, die Vollmacht über sein Konto gehabt habe“, wieder
eingefordert. Seine Mutter habe jedoch „keinerlei Auftrag gegeben“. Die detaillierte
Rechnung von Dr. M. oder eine Zusage zur Erstattung der 750 US-$ habe nie
vorgelegen. Sein Antrag auf Gewährung einer Hilfeleistung habe sich nur auf die
Einweisung in das Hospital C. vom 19. auf den 20. Januar 1998 und die Bezahlung des
Flugtickets bezogen. Er habe gegenüber Herrn H. erklärt, dass er die Rechnung des Dr.
M. nicht bezahlen solle. Die Deutsche Botschaft habe mit seinem Aufenthalt in der R.-
Klinik vom 16. bis 18. Januar 1998 überhaupt nichts zu tun und diesbezüglich keinerlei
Verpflichtungen gehabt. Die Rechnung sei zudem völlig überhöht und von zweifelhafter
Form.
Die Beklagte hat erwidert, die vom Kläger beanstandete Zahlung von 750 US-$ durch
die Deutsche Botschaft sei aufgrund der vom Kläger am 20. Januar 1998 beantragten
Hilfe nach dem Konsulargesetz erfolgt. Der Kläger habe sich mit der Rückführung nach
Deutschland und der „Übernahme der bisher entstandenen Kosten, einschließlich der
unbezahlten Krankenhaus- und Arztkosten, schriftlich einverstanden erklärt“. Es
entspreche zwar nicht den diplomatischen Gepflogenheiten, offene Rechnungen
deutscher Bürger zu begleichen. In diesem Fall habe jedoch eine besondere Problematik
darin bestanden, dass sich der Kläger im Zeitpunkt seiner Ausreise seit geraumer Zeit
illegal in der Demokratischen Republik Kongo aufgehalten habe. Der Kläger sei
unmittelbar bedroht gewesen, von den örtlichen Behörden inhaftiert und abgeschoben
zu werden, was angesichts seiner prekären gesundheitlichen Situation mit Gefahren für
Leib und Leben verbunden gewesen wäre. Die Botschaft habe daher die Begleichung der
Rechnung des Dr. M. „auch im vitalen Interesse des Klägers als dringend und notwendig
ansehen“ dürfen. Eine umfassende medizinische Behandlung vor Ort habe mangels der
erforderlichen Infrastruktur nicht sichergestellt werden können. Sowohl der behandelnde
Arzt in der örtlichen Klinik (C.) als auch Dr. M. hätten ausdrücklich eine gründliche
Auskurierung in Deutschland empfohlen, so dass eine schnelle Verbringung in die
Bundesrepublik Deutschland im Interesse der Gesundheit des Klägers der einzig
gangbare Weg gewesen sei. Dafür sei es auch erforderlich gewesen, Dr. M. die Zusage
zu geben, für die noch offene Rechnung i.H.v. 750 US-$ aufzukommen. Da der Kläger
sich zum damaligen Zeitpunkt bereits seit längerer Zeit ohne gültige
Aufenthaltsgenehmigung im Kongo aufgehalten habe, sei eine zügige geregelte
Ausreise des Klägers nicht in Betracht gekommen; vielmehr habe die Ausreise „an den
offiziellen Stellen vorbei organisiert werden“ müssen. Mit Hilfe eines zuständigen
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offiziellen Stellen vorbei organisiert werden“ müssen. Mit Hilfe eines zuständigen
Ausreisebeamten höheren Ranges habe die inoffizielle Ausreise des Klägers
durchgeführt werden können. Eine Indiskretion bei diesem Vorgehen hätte aller
Erfahrung nach die dringend notwendige Ausreise des Klägers vereiteln oder erheblich
verzögern können. Eine Inhaftierung des Klägers in einem k. Gefängnis wäre dabei
durchaus realistisch gewesen. Dr. M. habe den illegalen Aufenthaltsstatus des Klägers
gekannt. Bereits bei seiner ersten Unterredung mit dem damals mit der Sache
befassten Botschaftsmitarbeiter K. H. habe er „den Aspekt seiner bislang noch nicht
beglichenen Behandlungskosten“ angesprochen und dabei deutlich gemacht, dass er
vor dem Hintergrund, dass der säumige Kläger sich anschickte, das Land zu verlassen,
seine Forderung gesichert wissen wollte. Angesichts dessen habe die reale Gefahr
bestanden, dass Dr. M. bei Nichterteilung einer Kostenzusage durch die Deutsche
Botschaft durch Indiskretionen gegenüber den örtlichen Behörden die medizinisch
dringend erforderliche Ausreise des Klägers nach Deutschland verzögert oder vereitelt
hätte. Bei der Kostenzusage habe es sich daher nicht um den „Normalfall der Tilgung
noch offener Verbindlichkeiten“ gehandelt. Vielmehr habe ein zwingender
Zusammenhang zwischen der Kostenzusage und der zügigen Bewältigung der
medizinischen Notlage des Klägers bestanden. Anhaltspunkte dafür, dass die Rechnung
überhöht gewesen sei, hätten nicht bestanden. Die Behauptung des Klägers, er habe vor
der Zahlung der Botschaft bereits 300 US-$ an Dr. M. geleistet und dies der Botschaft
auch mitgeteilt, werde bestritten.
Nachdem der Kläger den in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht
vom 12. Juli 2001 geschlossenen Vergleich, der die Zahlung der Hälfte des vom Kläger
eingeklagten Betrages durch die Beklagte vorsah, widerrufen hatte, erkannte die
Beklagte die Forderung des Klägers i.H.v. 375 US-$ (= 345,66 €) an. Dies erfolgte zur
Vermeidung einer im Verhältnis zum Streitwert unverhältnismäßig teuren
Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Dr. M. im Ausland über die Höhe von
dessen Rechnung und über die Frage, ob der Kläger bereits eine Anzahlung von 300 US-
$ geleistet gehabt habe. Im Übrigen beantragte sie die Abweisung der Klage. Mehr als
einen Betrag von 375 US-$ könne der Kläger selbst dann nicht verlangen, wenn sich
nach einer Beweisaufnahme sein bestrittener Vortrag als richtig erweisen sollte.
Unabhängig davon halte sie an ihrer Rechtsauffassung fest, dass die dem Zeugen Dr. M.
erteilte Zusage, die Rechnung über 750 US-$ zu begleichen, zur Behebung einer
Notlage notwendig gewesen sei. Eine reibungslose Ausreise des Klägers aus dem Kongo
sei nicht möglich gewesen. Im Falle der Abschiebehaft oder der Passkonfiszierung wäre
angesichts des desolaten Gesundheitszustandes des Klägers eine akute Gefahr für Leib
und Leben entstanden. Der hochfiebrige und gehunfähige Kläger sei nicht einmal in der
Lage gewesen, das Formular auf Gewährung konsularischer Hilfe selbst auszufüllen.
Dass ein Arzt seinem Patienten zur Ausreise ins Ausland verhelfe, ohne die Begleichung
seines Honorars sichergestellt zu haben, sei keine lebensnahe Vorstellung, erst recht
nicht im Ko. – einem Land ohne funktionsfähige Justiz und Gesundheitsversorgung. Ein
Vertrösten des Arztes auf eine mögliche Rückkehr des Klägers sei schon wegen der
Lebensgefahr abwegig gewesen. Es sei noch hinzugekommen, dass der illegale
Aufenthalts des Klägers nicht nur bei der Ausreise hätte problematisch werden können,
sondern erst Recht bei einer möglicherweise beabsichtigten Wiedereinreise. Dies habe
auch Dr. M. gewusst, der im Übrigen „über gute Kontakte zum Flughafen verfügt“ habe.
Hilfsweise rechne sie gegen die Forderung des Klägers einen ihr zustehenden
Erstattungsanspruch auf. Der Kläger habe unstreitig ärztliche Leistungen in Anspruch
genommen, die sie bezahlt habe. Sofern die Bezahlung nicht zur erforderlichen Hilfe im
Sinne des § 5 Abs. 1 KonsularG gerechnet werden könne, wäre sie ohne Rechtsgrund
erfolgt und der Kläger wäre durch die Befreiung von seiner Verbindlichkeit
ungerechtfertigt bereichert.
Durch das dem Kläger am 6. Mai 2005 zugestellte Teilanerkenntnis- und Vorbehaltsurteil
vom 20. April 2005 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger
691,32 € (= 750 US-$) zu zahlen, wobei das Urteil hinsichtlich eines Teilbetrages i.H.v.
345,66 € unter dem Vorbehalt der Entscheidung über die von der Beklagten hilfsweise
erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung in gleicher Höhe ergangen ist. Zur
Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Zur Hälfte sei die
Beklagte entsprechend ihrem Anerkenntnis zu verurteilen; hinsichtlich der den
anerkannten Betrag übersteigenden zweiten Hälfte der Klageforderung sei die Klage
ebenfalls begründet, weil dem Kläger ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über
691,32 € zustehe. Grundlage für die Überweisung durch die Mutter des Klägers sei eine
vermeintliche Verpflichtung zur Auslagenerstattung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 des
Konsulargesetzes gewesen. Diese Leistung sei rechtsgrundlos erfolgt. Denn die Beklagte
habe die durch eine Quittung vom 16. Februar 1998 belegte Aushändigung von 750 US-
$ an Dr. M. nicht als entsprechende konsularische Hilfeleistung gegenüber dem Kläger
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$ an Dr. M. nicht als entsprechende konsularische Hilfeleistung gegenüber dem Kläger
nachgewiesen. Die im Bereich der konsularischen Hilfeleistungen unübliche Übernahme
bereits entstandener Arzt- und Krankenhauskosten sei als atypisches Ereignis im
Bereich der internen Angelegenheiten der Botschaft von der Beklagten zu beweisen. Die
hilfsweise von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer rechtswegsfremden
Gegenforderung führe zum Ergehen eines bloßen Vorbehaltsurteils.
Die Beklagte hat die vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassene
Berufung gegen das Vorbehaltsurteil des Verwaltungsgerichts wie folgt begründet: Das
Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und ihren Vortrag als
unglaubhaft bewertet, ohne darüber den von ihr angebotenen Beweis zu erheben. Die
Bezahlung der Rechnung des Dr. M. sei – nach der Einschätzung der Deutschen
Botschaft K. – eine erforderliche Gewährung konsularischer Hilfe gewesen. Der Kläger
habe seit längerer Zeit wiederholt Schwierigkeiten mit den k. Migrationsbehörden
gehabt, die bereits zweimal seinen Reisepass einbehalten gehabt hätten. Trotz
nachdrücklicher Aufforderungen der Botschaft, seinen Aufenthaltsstatus in Ordnung zu
bringen, habe der Kläger im Ko. keine gültigen Aufenthaltspapiere besessen. Die
angesichts seines Gesundheitszustandes dringend erforderliche Ausreise habe daher
von dem guten Willen der Behörden und der sonstigen Beteiligten abgehangen. Ein
Hinweis des Dr. M. an geeigneter Stelle auf seine noch offene Rechnung, z.B. gegenüber
der Ausländer- oder Flughafenpolizei, hätte die Ausreise unweigerlich zum Scheitern
gebracht. Auf die offene Rechnung habe Dr. M. in einem Gespräch mit Herrn H. als dem
zuständigen Botschaftsmitarbeiter hingewiesen und dabei „erkennen lassen, dass er
seine Forderung gesichert wissen wollte“. Angesichts dieser Tatsachen habe ein
durchschnittlich sorgfältig handelnder Konsularbeamter zu der Annahme kommen
dürfen, dass eine Hilfeleistung in Form einer Zusage der Begleichung der Rechnung
erforderlich gewesen sei. Die Hilfe sei „nach Lage der Dinge“ auch erforderlich gewesen.
Herr H. habe davon ausgehen müssen, dass eine rasche Ausreise des Klägers, die
lebensnotwendig gewesen sei, nur durch die Begleichung aller Krankenhausschulden
habe gewährleistet werden können. Selbst wenn Dr. M. nicht ausdrücklich mit einer
Verhinderung der Ausreise des Klägers gedroht habe, sei doch unter Berücksichtigung
der Erfahrung der Botschaftsmitarbeiter von einer diesbezüglichen Anscheinsgefahr
auszugehen gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe kürzlich entschieden, dass
ein Antrag des Betroffenen auf Gewährung konsularischer Hilfe nicht erforderlich sei;
diese werde unmittelbar aufgrund des Konsulargesetzes geleistet. Der Betroffene habe
alle entstehenden Auslagen zu erstatten, auch solche, die aufgrund einer Zusage erfolgt
seien. Dass die Deckungszusage nicht in den Verwaltungsvorgängen dokumentiert
worden sei, sei aus der Gesamtsituation und der besonderen Eilbedürftigkeit im Fall des
Klägers zu erklären. Ein Vorbehaltsurteil sei jedenfalls auch dann fehlerhaft, wenn man
die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts teilen und die Zahlung an Dr. M. nicht als
Hilfeleistung nach § 5 KonsularG ansehen wollte, weil der hilfsweise geltend gemachte
Erstattungsanspruch bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeit entstanden und damit
öffentlich-rechtlicher Natur und nicht rechtswegfremd sei.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insoweit, als die streitige Forderung
nicht anerkannt worden ist, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt über seinen bisherigen Vortrag hinaus
vor: Bei seiner Ankunft am Morgen des 19. Januar 1998 (in der Deutschen Botschaft von
K.) habe er keineswegs die Absicht gehabt, nach Deutschland auszureisen. Herr H. und
Herr Dr. M. hätten ihn unter Druck und Zeitzwang gesetzt, indem sie erklärt hätten, sie
hätten mit dem Chef der Einwanderungsbehörde über seinen Aufenthaltsstatus
gesprochen. Dieser wolle ihn, den Kläger, ausweisen mit der Folge eines
Rückkehrverbotes, wenn er nicht mit dem nächsten Flugzeug ausreise. Durch die
nachträgliche Bezahlung einer angeblich noch offenen Forderung des Dr. M. - die
entsprechende Rechnung sei ihm nie vorgelegt worden - habe die Beklagte gegen das
Konsulargesetz verstoßen. Zu unterscheiden sei zwischen offenen Rechnungen, die
abgeschlossene Sachverhalte beträfen, und solchen Rechnungen, die bei der Behebung
einer aktuellen Notlage entstanden seien. Die erst nach Ablauf von vier Wochen erfolgte
Begleichung der zusätzlichen Rechnung des Dr. M. sei weder rechtlich geboten noch
durch Gründe der Zweckmäßigkeit angezeigt gewesen.
Der Senat hat über die näheren Umstände der konsularischen Hilfe, die Anfang des
Jahres 1998 von der Deutschen Botschaft in K. dem Kläger geleistet worden ist, Beweis
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Jahres 1998 von der Deutschen Botschaft in K. dem Kläger geleistet worden ist, Beweis
erhoben durch Vernehmung des Konsularsekretärs I. Klasse K. H. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Juli 2009
Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Streitakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der vorgelegen
hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg und ist deshalb zurückzuweisen, ohne
dass es dazu eines Antrags des Berufungsbeklagten bedürfte.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht auch zur Zahlung des Teilbetrages
verurteilt, den die Beklagte nicht bereits anerkannt hat. Gegenstand des
Berufungsverfahrens ist nur das Vorbehaltsurteil und damit allein der nicht anerkannte
Teil der Klageforderung. Dies folgt aus der eindeutigen Fassung des Beschlusses des
Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2007, durch den die
Berufung gegen das Vorbehaltsurteil im „Teilanerkenntnis- und Vorbehaltsurteil“ des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. April 2005 auf Antrag der Beklagten zugelassen
worden ist.
A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere nach der Zulassung
innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 begründet worden.
B. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von (weiteren) 345,66 € ist nicht zu
beanstanden (dazu unter I.); auch der Erlass eines Vorbehaltsurteils entspricht der
Rechtslage (dazu unter II.).
I.1. Die Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch hat das
Verwaltungsgericht zutreffend allein in dem einem zivilrechtlichen
Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB nachgebildeten allgemeinen öffentlich-
rechtlichen Erstattungsanspruch gesehen. Das Auslandskostengesetz (AKost) vom 21.
Februar 1978 (BGBl. I S. 301), das in § 21 Abs. 1 die Erstattung überzahlter oder zu
Unrecht erhobener Kosten – nämlich Gebühren oder Auslagen (vgl. § 1 Abs. 1 des
Gesetzes) – vorsieht, ist dagegen nicht einschlägig (vgl. dazu jetzt: BVerwG, Urteil vom
28. Mai 2009 – BVerwG 7 C 13.08 -, UA 9 f.).
2. Eine Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist unmittelbar von dem Kläger
zugunsten der Beklagten erfolgt. Wie der Kläger durch Vorlage von Kontoauszügen der
D. Bank glaubhaft gemacht hat, hat seine Mutter die Zahlung aufgrund der ihr erteilten
Bankvollmacht in seinem Namen und zu Lasten seines Kontos bewirkt. Dies ist unter
den Verfahrensbeteiligten auch nicht mehr streitig.
3. a) Die Leistung ist ohne Rechtsgrund erfolgt. Ein Rechtsgrund für die
Vermögensverschiebung (und das Behalten der empfangenen Leistung) kann entgegen
der Auffassung der Beklagten nicht in § 5 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 des
Gesetzes über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz)
vom 11. September 1974 (BGBl. I S. 2317), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.
Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2694) gesehen werden. Nach diesen Vorschriften ist
der Empfänger zum Ersatz der Auslagen verpflichtet, die die Konsularbeamten im
Rahmen der „erforderlichen Hilfe“ für hilfsbedürftige Personen deutscher
Staatsangehörigkeit entstanden sind, wenn die Notlage nicht auf andere Weise behoben
werden konnte. Dass tatsächlich im Januar 1998 eine akute Notlage des Klägers
bestanden hat, dieser infolge der Notlage hilfsbedürftig war und Hilfeleistungen der
Deutschen Botschaft in K. erhalten hat, stellt der Kläger nicht in Frage. Umstritten ist
unter den Verfahrensbeteiligten allein, ob die Bezahlung der Rechnung des Dr. M. im
Rahmen der Hilfeleistung erforderlich war. Dies kann nach dem Ergebnis der vom Senat
durchgeführten Beweisaufnahme nicht angenommen werden.
b) Die Übernahme der Krankenhauskosten, die vor der Bewilligung von konsularischer
Hilfe entstanden waren, wäre jedenfalls dann nicht erforderlich gewesen, wenn zur
Überzeugung des Senats feststünde, dass der Kläger gegenüber Bediensteten der
Deutschen Botschaft vor der Begleichung der Rechnung des Dr. M. geäußert hat, er
wünsche nicht, dass diese Rechnung bezahlt wird. Die Richtigkeit dieser Behauptung des
Klägers, die von der Beklagten nicht bestätigt wird und für die der Kläger die Beweislast
trägt, hat die Beweisaufnahme jedoch nicht zur Überzeugung des Senats ergeben. Der
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trägt, hat die Beweisaufnahme jedoch nicht zur Überzeugung des Senats ergeben. Der
Zeuge H., der seinerzeit in der Deutschen Botschaft mit der Bearbeitung von
Hilfeleistungen nach dem Konsulargesetz betraut war, daher auch im Fall des Klägers
tätig geworden ist und nach seiner Aussage auch die Niederschrift vom 22. Januar 1998
über die Gewährung von Hilfe verfasst hat, hat sich nicht daran erinnern können, dass
der Kläger (im Januar 1998) ihm gegenüber oder gegenüber anderen
Botschaftsmitarbeitern erklärt hätte, dass er die Begleichung einer Rechnung des Dr. M.
nicht wünsche.
c) Wird die konsularische Hilfe – wie hier – zur Behebung einer medizinischen Notlage
gewährt, können auch Krankenhauskosten übernommen werden. Die
Auslandsvertretung muss jedoch in der Regel vor der Krankenhausbehandlung beteiligt
werden; nach Abschluss einer stationären Behandlung kann die Übernahme von
Krankenhauskosten grundsätzlich nicht mehr zugesichert werden (vgl. Kettering, in:
Hecker/Müller-Chorus, Handbuch der konsularischen Praxis, Stand: August 2007, § 8
Rdnr. 17). Dies folgt daraus, dass die Hilfe nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KonsularG nur der
Behebung akuter Notlagen dienen soll und zudem nur dann gewährt werden soll, wenn
die Notlage nicht auf andere Weise behoben werden kann. Durch eine Hilfe zur Tilgung
von in der Vergangenheit entstandenen Schulden des Hilfsbedürftigen wird in der Regel
keine akute Notlage behoben (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, Bd. 1, Stand: November
2007, 1.8 zu § 5).
d) Eine finanzielle Hilfe nach dem Konsulargesetz durch Schuldentilgung kann daher nur
in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen sein (vgl. Kettering,
a.a.O., Rdnr. 33). Für das Vorliegen von tatsächlichen Umständen, die einen solchen
atypischen Ausnahmefall begründen können, der ohne ausdrückliche Einwilligung des
Betroffenen die Zahlung einer Krankenhausrechnung rechtfertigen könnte, die eine
bereits vor dem Ersuchen um konsularische Hilfe abgeschlossene Behandlung betrifft,
trägt die Beklagte, die selbst einräumt, dass es nicht den diplomatischen
Gepflogenheiten entspricht, offene Rechnungen deutscher Bürger zu begleichen, die
Beweislast. Dies folgt zudem daraus, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer im
Rahmen der konsularischen Hilfe atypischen Übernahme der Kosten für bereits vor der
Gewährung der Hilfe erfolgte Krankenhausbehandlungen regelmäßig im Bereich der
internen Angelegenheit der Beklagten liegen werden, zu dem der Kläger keinen oder nur
einen sehr begrenzten Zugang hat.
Der Vortrag der Beklagten, die Begleichung der offenen Rechnung des Dr. M. sei unter
Berücksichtigung des illegalen Aufenthalts des Klägers im Ko. und der Möglichkeit, dass
Dr. M. die medizinisch dringend erforderliche Ausreise hätte verhindern können,
erforderlich gewesen, überzeugt den Senat nicht. Zutreffend ist allerdings – dies hat
auch das Verwaltungsgericht nicht grundsätzlich in Frage gestellt – dass es grundsätzlich
auf eine ex-ante-Betrachtung ankommt, also darauf, ob sich die Situation für einen
verständigen Betrachter bei Kenntnis der örtlichen Verhältnisse und des
Tätigkeitsbereichs eines Botschaftsmitarbeiters damals als atypischer akuter Notfall
darstellte. Daraus folgt jedoch nicht - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung
sinngemäß vorgetragen hat -, dass ihr alle Auslagen zu erstatten seien, die ihre
Mitarbeiter bei einer ex-ante-Betrachtung für erforderlich hielten.
e) Den Nachweis dafür, dass im Fall des Klägers die Behebung der aktuellen
medizinischen Notlage nicht möglich war, ohne die noch offene Rechnung des Dr. M. zu
begleichen oder diesem eine Zusage der späteren Begleichung zu erteilen, hat die
Beklagte nicht erbracht. Die Würdigung der tatsächlichen Umstände bei der Gewährung
der Hilfe, die sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben haben, führen nicht
zu der Überzeugung des Senats, dass ein solcher Sachzusammenhang bestand.
Der Zeuge H. hat ausgesagt, er habe über den Anlass und Inhalt der Rechnung gewusst,
dass diese auf ärztlichen Leistungen beruht haben musste, die der Kläger vor der
Kontaktaufnahme mit der Botschaft in Anspruch genommen hatte. Der Zeuge meinte
sich auch daran zu erinnern, dass die Botschaft (vermutlich sei er es selbst gewesen) Dr.
M. gegenüber geäußert habe, dass sie für die Begleichung seiner Rechnung Sorge
tragen werde. Er könne nicht sagen, inwieweit Zusagen der Begleichung offener
Rechnung oder deren Begleichung selbst damals üblich gewesen seien, weil die Zahl der
Fälle, in denen deutschen Staatsangehörigen durch Begleichung offener Rechnungen
Hilfe geleistet worden sei, während seiner Tätigkeit an der Botschaft zu gering gewesen
sei. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob in den wenigen Fällen, in denen durch
die Deutsche Botschaft in K. konsularische Hilfe geleistet oder in Aussicht gestellt
worden sei, das für solche Fälle vorgesehene Formular des Auswärtigen Amtes „Wann
helfen Botschaften und Konsulate?“ ausgehändigt worden sei. Der Inhalt dieses
Formulars sei ihm seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt. Auf die Frage, ob ihm der in
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Formulars sei ihm seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt. Auf die Frage, ob ihm der in
diesem Formular enthaltene Satz „Unbezahlte Hotelrechnungen und offene
Krankenhauskosten darf ein Konsularbeamter grundsätzlich nicht begleichen“ während
seiner Tätigkeit in K. bekannt und geläufig gewesen sei, konnte der Zeuge keine sichere
Antwort geben. Offene Hotelrechnungen wären damals mit Sicherheit nicht beglichen
worden; bei Arztrechnungen oder Krankenhausrechnungen sei das anders gewesen. Bei
Telefongesprächen mit der Mutter des Klägers habe er sich darum bemüht, dieser zu
verdeutlichen, dass die Botschaft „in ihrem Auftrage“ auch offene
Krankenhausrechnungen des Klägers begleichen könne.
Diese Aussagen des Zeugen H., an deren Richtigkeit zu zweifeln es keinen Anlass gibt,
belegen zur Überzeugung des Senats, dass der Zeuge sich bei seiner Entscheidung, die
offene Rechnung des Klägers für eine in der Vergangenheit liegende Behandlung des Dr.
M. zu begleichen bzw. eine entsprechende Zusage zu geben, nicht an der Rechtslage
orientiert hat, die in dem zur Aushändigung an Hilfe suchende Personen deutscher
Staatsangehörigkeit vorgesehenen Formular „Wann helfen Botschaften und Konsulate?“
deutlich Ausdruck gefunden hat. Die Bemühungen des Zeugen, der Mutter des Klägers
zur verdeutlichen, dass die Botschaft bereit sei, in ihrem Auftrag noch offene
Krankenhausrechnungen des Klägers zu bezahlen, deutet darauf hin, dass die Rechnung
des Dr. M. bezahlt worden ist, weil man aufgrund der Telefonate mit der Mutter annahm,
diese habe einen entsprechenden Auftrag erteilt, nicht aber, um die alsbaldige und
komplikationslose Ausreise des Klägers sicherzustellen. Dafür spricht zudem der
Zeitpunkt der Bezahlung der Rechnung, die nach der vorliegenden Quittung des Dr. M.
erst am 16. Februar 1998 erfolgt ist. Dazu befragt hat der Zeuge ausgesagt, diese
Rechnung sei wohl deshalb später bezahlt worden, weil die darin in Rechnung gestellten
Leistungen „von der Ausreise weiter weg lagen“ und die Botschaft habe sichergehen
wollen, dass sie die Kosten erstattet bekommen würde.
Gegen die Annahme, dass die Begleichung der Rechnung des Dr. M. bzw. eine
entsprechende Zusage erforderlich gewesen ist, weil die Mitarbeiter der Deutschen
Botschaft davon ausgegangen sind, dass ohne die Übernahme dieser Kosten die
dringend gebotene Ausreise des Klägers aus dem Ko. nicht gesichert gewesen wäre,
spricht jedoch vor allem die Aussage des Zeugen H., er könne sich nicht daran erinnern,
dass damals nicht auszuschließen gewesen wäre, dass Dr. M. im Falle unterlassener
Begleichung der Rechnung die Ausreise des Klägers nach Deutschland hätte verhindern
können. Ein solches, fast als Drohung zu wertendes Verhalten des Dr. M. hätte den
Umgang der Botschaft mit der Rechnung nicht beeinflussen können. Nach seiner
Einschätzung hätte diese im Falle einer solchen Drohung andere Wege gefunden, um
dem Kläger zur dringend erforderlichen Ausreise zu verhelfen.
Die Übernahme der Kosten aus der Rechnung des Dr. M. durch die Deutsche Botschaft
stellt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als Teil der erforderlichen Hilfe
zur Behebung einer akuten medizinischen Notlage des Klägers dar. Der vom Kläger
geltend gemacht Rückzahlungsanspruch ist, auch soweit die Beklagte diesen nicht
anerkannt hat, begründet.
II. Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht im Hinblick auf die von der Beklagten
geltend gemachte Aufrechnung mit einer Gegenforderung in gleicher Höhe ein
Vorbehaltsurteil erlassen.
Die Beklagte rügt insoweit ohne Erfolg, dass das Verwaltungsgericht – wie geschehen –
die Forderung des Klägers für begründet gehalten hat, aber nicht zugleich auch über die
von ihr für diesen Fall hilfsweise geltend gemachte Gegenforderung abschließend
entschieden hat. Hinsichtlich des ausgesprochenen Vorbehalts hat der Senat im zweiten
Rechtszug nur zu prüfen, ob die in § 302 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO
genannten Voraussetzungen eines Vorbehaltsurteils vorgelegen haben (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 67. Aufl. 2009, Rdnr. 11
zu § 302), insbesondere ob „die Verhandlung über die“ aufgerechnete Gegenforderung
nicht zur Entscheidung reif war. Ob überdies, wie auch vertreten wird (BGHZ 165, 134
[136]; Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 27. Aufl. 2009, Rdnr. 6 zu § 302) auch
die vom Gericht erster Instanz getroffene Ermessensentscheidung auf Ermessensfehler
(Nicht- oder Fehlgebrauch) zu prüfen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn im
vorliegenden Fall waren und sind die Voraussetzungen eines Vorbehalts erfüllt (a)) und
auch Ermessensfehler des Verwaltungsgerichts nicht ersichtlich(b)).
a) Über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung war „die Verhandlung“ schon
deshalb nicht zur Entscheidung reif, weil für die Gegenforderung entgegen der Meinung
der Beklagten der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist. Bei der Gegenforderung der
Beklagten handelt es sich um eine rechtswegfremde Forderung, die vor den
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Beklagten handelt es sich um eine rechtswegfremde Forderung, die vor den
Zivilgerichten geltend zu machen ist. Wenn die Bezahlung der Rechnung des Dr. M.
keine „erforderliche Hilfe“ im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 KonsularG gewesen ist, so
kann es sich auch bei deren „Rückgängigmachung“ nur um eine zivilrechtliche
Forderung handeln. Der Auffassung der Beklagten, dass die Forderung auch dann eine
öffentlich-rechtliche sei, wenn der Leistende bei der Zahlung irrtümlich davon
ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 KonsularG vorgelegen
hätten, folgt der Senat nicht.
b) In Anbetracht des Umstandes, dass über die Gegenforderung ohnehin nicht die
Verwaltungsgerichte entscheiden können, ist auch die Ermessensentscheidung, die
Beklagte hinsichtlich der Erfüllung der (Haupt-)Forderung nur unter Vorbehalt zu
verurteilen, nicht fehlerhaft. Dass die Ermessensentscheidung fehlerhaft sei, macht auch
die Beklagte nicht substanziiert geltend.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit dem
entsprechend anwendbaren § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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