Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 19.02.2007

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 NC 35.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 19. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im
Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, nach Durchführung eines Losverfahrens
über die für das Vergabesemester festgesetzte Zulassungshöchstzahl von 40
Studienplätzen hinaus weitere 32 Bewerber vorläufig zum Studium der Zahnmedizin im
ersten Fachsemester zuzulassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,
dass die Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin einer rechtlichen Überprüfung nicht
in allen Teilen standhalte. Unter anderem sei der Stellenansatz der Antragsgegnerin
teilweise zu korrigieren. Es sei allerdings für die kapazitätsrechtliche Wirksamkeit der
zum Abbau 2006 vorgesehenen Stellen unschädlich, dass die Antragsgegnerin weiterhin
eine schlüssige und verbindliche Planung des Stellenabbaus vermissen lasse, solange
sie sich noch nicht im abschließenden Stadium der gesetzlich vorgegebenen
Kapazitätsabschmelzung befinde. Soweit die entsprechenden Ausweisungen
widerspruchsfrei, nachvollziehbar dokumentiert und die Stellen zu Beginn des
Berechnungszeitraums tatsächlich unbesetzt seien, sei der im Beschluss des Vorstands
der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2006 festgeschriebene „Abbau 2006“
kapazitätsrechtlich wirksam.
Der Antragsteller, der im Losverfahren nicht zum Zug gekommen ist, wendet sich mit
der Beschwerde ausschließlich gegen den Stellenansatz des Verwaltungsgerichts. Er
meint, die Stellenstreichungen der Antragsgegnerin seien insgesamt nicht
anzuerkennen. Das Universitätsmedizingesetz - UMedG -, nach dem die Kapazität auf
80 Studienanfänger jährlich zu reduzieren sei, sei verfassungswidrig. Es enthalte im
Übrigen lediglich eine Absichtserklärung über den Abbau der Kapazitäten. Die
Antragsgegnerin dürfe daher von den gesetzgeberischen Planungen abweichen. Dies sei
geboten, weil die Planungen des Gesetzgebers zwischenzeitlich durch den
Hochschulpakt 2020 überholt seien. Da die Zahl der Studienbewerber im Fach
Zahnmedizin gestiegen sei, sei es auf jeden Fall verfassungswidrig, auch im Jahre 2006
Stellen zu streichen. Der Abbau der Stellen sei kapazitätsrechtlich auch nicht
anzuerkennen, weil eine detaillierte, nachvollziehbare Personal(struktur)planung zur
Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels, die Zahl der jährlichen Studienanfänger auf 80
zu senken, nicht vorliege.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Prüfung des Senats beschränkt sich gem. § 146
Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe. Gem. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss
die Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des
Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen
Entscheidung auseinandersetzen. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens ist der
Stellenansatz des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Es gibt keine
Veranlassung anzunehmen, dass der Abbau von Ausbildungskapazitäten aus
allgemeinen politischen Erwägungen, wie er durch das UMedG (§ 28 Abs. 2 Satz 1) im
Jahre 1995 vollzogen worden ist und durch das Vorschaltgesetz - VorschaltG - (§ 22 Abs.
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Jahre 1995 vollzogen worden ist und durch das Vorschaltgesetz - VorschaltG - (§ 22 Abs.
2 Satz 1) fortgeschrieben worden ist, verfassungswidrig ist (vgl. OVG Berlin, Beschlüsse
vom 20. Oktober 2004 - OVG 5 NC 44.04 -, S. 4 f. BA, 11. Mai 1999 - OVG 5 NC 201.99 -,
S. 5 ff. BA zum NOGZ). In erster Linie hat der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu
beurteilen, was der einzelne an Studienangeboten vernünftigerweise von der
Gesellschaft erwarten kann. Geht es - wie vorliegend - um den planmäßigen Abbau von
Ausbildungskapazitäten aus allgemeinen politischen Erwägungen nach der
Wiedervereinigung unter den Zwängen immer knapper werdender finanzieller
Ressourcen, kommen verfassungsrechtliche Konsequenzen erst bei einer evidenten
Verletzung des objektiven sozialstaatlichen Verfassungsauftrags zur Schaffung
ausreichender Ausbildungskapazitäten in Betracht (BVerfGE 33, 303, 333; BVerfG,
Kammerbeschluss zum UnMedG vom 10. März 1999 - 1 BvL 27.97 -, Rn 18 BA; OVG
Berlin, Beschluss vom 11. Mai 1999 - OVG 5 NC 201.099 -, S. 6 BA m.w. Nachw.). Eine
solche evidente Verletzung ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens (§ 146
Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO) nicht erkennbar. Der bloße Hinweis, die Zahl der
Bewerber in der Zahnmedizin sei entgegen den Voraussagen gestiegen, reicht insoweit
ebenso wenig aus wie der Hinweis auf den „Hochschulpakt 2020“. Bei Letzterem handelt
es sich lediglich um eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern
(Bundesanzeiger Nr. 171 vom 12. September 2007, S. 7480), die im Übrigen vorsieht,
dass die Länder Schwerpunkte in der Schaffung weiterer Stellen an den Hochschulen
setzen und den zusätzlichen Ausbau der Hochschulen dazu nutzen, den Anteil der
Studienanfängerplätze an Fachhochschulen zu erhöhen (Art. 1, § 1 Abs. 4 ). Vor dem
geschilderten Hintergrund ist ebenfalls nicht erkennbar, dass die gesetzgeberischen
Planungen in der Zahnmedizin durch den Hochschulpakt 2020 überholt worden sind. Da
die gesetzliche „Sollzulassungszahl“ die Wirkung hat, dass der Gesetzgeber eine
verbindliche Vorentscheidung für die Personalplanung der Antragsgegnerin getroffen hat
(vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 11. Mai 1999 - OVG 5 NC 201. 99 -, S. 6 BA ), kann im
Übrigen auch keine Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin von den
gesetzgeberischen Planungen abweichen dürfe.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass die laut Beschluss
des Vorstands der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2006 entfallenen Stellen und die
übrigen von der Antragsgegnerin als weggefallen gemeldeten Stellen mitzuzählen seien,
weil die Personalstrukturplanung entsprechend den Ausführungen des
Verwaltungsgerichts unverständlich und unzureichend sei. Der Senat hatte in der
Vergangenheit zwar wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Strukturplanung, die
ausweise, wie an der Antragsgegnerin Art und Umfang der Lehre künftig gestaltet
werden soll, fehle. Diese Ausführungen, auf die sich auch die Beschwerde bezieht, waren
veranlasst durch die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage, ob von einem
Schwundausgleich mit Blick auf den von ihr geltend gemachten, durch die gesetzlich
festgelegte Zielzahl und die Einsparungsvorgaben notwendigen Stellenabbau abzusehen
sei. Da dieser in der Vergangenheit nicht oder nicht kapazitätswirksam vollzogen worden
war, wäre für ein solches Absehen von einem Schwundausgleich nur Raum gewesen,
wenn sich für die höheren Semester auf Grund eines Strukturplans bereits eine Überlast
hinreichend verlässlich abgezeichnet hätte (vgl. Beschlüsse vom 11. August 2005 - OVG
5 NC 90.05 - [Zahnmedizin WS 2004/2005] BA S. 8 f.; 30. Juni 2006 - OVG 5 NC 51.06 -
[Zahnmedizin WS 2005/2006] BA S. 11 f.; vom 29. Januar 2007 - OVG 5 NC 136.06 -
[Zahnmedizin SS 2006] BA S. 7 ff.). Darum geht es vorliegend jedoch nicht.
Für den vorliegenden Ansatz von Stellen stellt sich vor dem Hintergrund der von dem
Verwaltungsgericht erneut festgestellten Unzulänglichkeiten des Stufenplans zum
Personalabbau der Antragsgegnerin zunächst nur die Frage, ob die Ausweisungen für die
jeweilige nicht mehr angesetzte Stelle widerspruchsfrei, nachvollziehbar dokumentiert
sind und die Stelle mit Blick auf ihre Besetzung tatsächlich abgebaut werden kann.
Insoweit ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den im
Vorstandsbeschluss vom 23. Mai 2006 festgeschriebenen „Abbau 2006“, der unstreitig
dem gesetzgeberischen Ziel des UnMedG und des VorschaltG dient, insoweit für
kapazitätsrechtlich wirksam erachtet hat. Ob ein zukünftiger Stellenabbau, der in den
„Zielbereich der gesetzgeberischen Kapazitätsvorgabe vordringt,“ den Ausführungen
des Verwaltungsgerichts entsprechend strengeren Anforderungen unterliegt, bedarf zur
Zeit keiner Entscheidung.
Die Beschwerde zeigt ebenfalls nicht auf, dass das Verwaltungsgericht nach den soeben
genannten Kriterien eine der nicht angesetzten Stellen hätte berücksichtigen müssen.
Auch soweit der Antragsteller sich - allerdings im Rahmen seiner Kritik an der
Nachvollziehbarkeit der Personalstrukturplanung der Antragsgegnerin - auf frühere
Ausführungen des Senats zu den Stellen mit den Nr. 5000 9437, 5000 9348, 5000 9413,
5000 9441, 5000 9471 und 5000 9346 bezieht, hat dies keinen Erfolg. Die Stellen 5000
9437 und 5000 9471 hat das Verwaltungsgericht angesetzt. Den Abbau der Stelle 5000
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9437 und 5000 9471 hat das Verwaltungsgericht angesetzt. Den Abbau der Stelle 5000
9348 hat es damit begründet, dass die Antragsgegnerin Bedenken gegen die
Umsetzung des Abbaus Rechnung getragen und nunmehr die rechtzeitige Beendigung
der Anstellung der Stelleninhaberin glaubhaft gemacht habe. Die Beschwerde setzt sich
damit nicht auseinander. Dies gilt auch für den Hinweis des Verwaltungsgerichts, die
Stelle 5000 9413 sei bei identischer Stelleninhaberin kapazitätsneutral durch die Stelle
5000 9415 ersetzt worden. Es ist auf der Grundlage der Beschwerde auch die
Außerachtlassung der Stellen 5000 9441 und 50009346 nicht zu beanstanden, die das
Verwaltungsgericht darauf gestützt hat, dass die Antragsgegnerin das rechtzeitige
Ausscheiden der jeweiligen Stelleninhaberinnen plausibel bzw. glaubhaft gemacht habe.
Darauf geht die Beschwerde nicht ein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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