Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 17.03.2009

OVG Berlin-Brandenburg: unwirksamkeit der kündigung, forschung, hochschule, daten, rüge, rückwirkung, zahnmedizin, fakultät, ausnahme, verminderung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 NC 174.08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 123 VwGO, § 146 Abs 4 S 3
VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO,
Art 12 Abs 1 GG, § 139 BGB
Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten
vorklinischen Fachsemester im SS 2008
Leitsatz
Folgeentscheidung zu OVG 5 NC 89.08, Beschluss vom 17.03.2009 (Humanmedizin,
Wintersemester 2007/08)
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers/der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. August 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller/die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller/die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die
vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten (vorklinischen)
Fachsemester vom Sommersemester 2008 an. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag
durch den angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung im wesentlichen
ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe in kurzfristiger Reaktion darauf, dass die Kammer
den Beschluss des „erweiterten“ Vorstandes über grundlegende, mit erheblichen
Kapazitätsverlusten verbundene Strukturveränderungen des Stellenbestandes vom Juli
2007 in den das Vorsemester betreffenden Verfahren mangels Entscheidungsbefugnis
des Vorstandes nicht anerkannt habe, durch Beschlüsse nunmehr der Fakultätsleitung
vom 14./31. März 2008 diese Strukturmaßnahmen um eine weitere geringfügige
Veränderung erweitert und einen neuen Stellenplan verabschiedet. Die dadurch
eingetretenen kapazitätsrelevanten Veränderungen seien - wenngleich nicht mit
Rückwirkung - im Rahmen der Neuberechnung auf den Stichtag 31. März 2008 nach § 5
Abs. 3 KapVO zu Recht berücksichtigt worden. Da es die Antragsgegnerin für das
Sommersemester 2008 trotz Neuermittlung der Aufnahmekapazität bei der auf den
Vorgaben des § 28 Abs. 2 UniMedG beruhenden Festsetzung von 300 Studienplätzen
belassen habe, sei das Unterbleiben einer Neufestsetzung der Zulassungszahl nicht zu
beanstanden. Die von der Fakultätsleitung als dem für die Festlegung planmäßiger
Stellen zuständigen Gremium beschlossenen Stellenveränderungen seien mit
Ausnahme der Streichung einer Professorenstelle im Institut für Biochemie im Ergebnis
kapazitätsrechtlich anzuerkennen, so dass von einem von 136 auf 126 Stellen
verringerten Bestand wissenschaftlichen Lehrpersonals und einem - nach Abzug zu
Recht gewährter Ermäßigungen in Höhe von 36 LVS sowie unter Hinzurechnung von im
Mittel 5,2143 LVS aus Lehraufträgen - gegenüber dem Ansatz der Antragsgegnerin um
34,2143 LVS höheren unbereinigten Lehrangebot von 665,2143 LVS auszugehen sei.
Daraus errechne sich nach Abzug des - in Bezug auf die Studiengänge Zahnmedizin und
Biologie geringfügig zu korrigierenden - Dienstleistungsbedarfs nicht der Lehreinheit
zugeordneter Studiengänge (102,7444 LVS) ein bereinigtes Lehrangebot von 562,4699
LVS, das bei einem Curriculareigenanteil der Vorklinik von 1,9101 zu einer jährlichen
Aufnahmekapazität von aufgerundet 589 Studienplätzen führe. Eine
Schwundbereinigung sei angesichts einer Belegung der höheren Semester mit im
Durchschnitt 321,3333 Studierenden nicht vorzunehmen. Mit der Vergabe von 312
Studienplätzen habe die Antragsgegnerin ihre rechnerische Aufnahmekapazität von
höchstens 295 Studienanfängern daher bereits um 17 Plätze überschritten.
Mit der Beschwerde macht der Antragsteller/die Antragstellerin geltend, auch mit 312
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Mit der Beschwerde macht der Antragsteller/die Antragstellerin geltend, auch mit 312
Plätzen sei die Ausbildungskapazität der Antragsgegnerin im Bewerbungssemester noch
nicht erschöpft. Im Übrigen sei eine Vergabe von „überbuchten“ Studienplätzen nach
Abschluss des Vergabeverfahrens nicht kapazitätsdeckend.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers/der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft das Beschwerdegericht nur die fristgemäß
dargelegten Gründe, aus denen die angegriffene Entscheidung nach Auffassung des
jeweiligen Beschwerdeführers zu ändern oder aufzuheben ist. Ungeachtet dessen gibt
der Senat für seine Entscheidung über die Beschwerden aller Antragsteller - wie bereits
zum Vorsemester - eine einheitliche Begründung, weil der angegriffene Beschluss im
Ergebnis einer auf die von sämtlichen Beschwerdeführern innerhalb der Begründungfrist
des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebrachten und im wesentlichen gleichgerichteten
Einwände bezogenen Überprüfung standhält.
a. Einwände gegen die formelle Wirksamkeit:
Gegen die von der Fakultätsleitung beschlossenen und vom Verwaltungsgericht
akzeptierten Stellenstreichungen wird vorgebracht: Die Beschlüsse der Fakultätsleitung
von 14. und 31. März 2008 seien formell rechtswidrig. Entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts liege die Zuständigkeit für derart grundlegende Veränderungen der
stellenmäßigen Ausstattung der vorklinischen Lehreinheit, wie sie hier beschlossen
worden seien, nicht bei der Fakultätsleitung, sondern gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 UniMedG in
Verbindung mit § 71 Nr. 2 und 5 BerlHG beim Fakultätsrat. Das entspreche auch den
Informationen auf der Homepage der Charité. Unabhängig davon müsse in Bezug auf
den nach der Niederschrift vom 31. März 2008 im Umlaufverfahren gefassten Beschluss,
mit dem der am 14. März 2008 zur Beschlussfassung vorgelegte Stellenplan nochmals
modifiziert worden sei, mit Nichtwissen bestritten werden, dass ein Umlaufverfahren
nach der Satzung der Antragsgegnerin überhaupt vorgesehen sei und - vor allem - dass
alle Mitglieder der Fakultätsleitung den Beschluss bis zum 31. März 2008 auch
tatsächlich unterschrieben hätten. Abgesehen davon sei eine Niederschrift über den
Beschluss der Fakultätsleitung, die „von Herrn Dr. M. als ‚Geschäftsführung und
Fakultätsleitung’ unterzeichnet“ sei, kein ausreichendes „Instrument für die rechtzeitige
und wirksame Beschlussfassung sein“. Von Interesse sei in diesem Zusammenhang
schließlich, wann der Stellenplan der „Universitätsleitung“ zur Kenntnis gelangt sei.
Die gegen die formelle Wirksamkeit der Beschlüsse der Fakultätsleitung erhobenen
Einwände überzeugen nicht.
Was die Zuständigkeit für die Festlegung der Stellenausstattung und die Aufstellung des
Stellenplans angeht, ergibt sich auf der Grundlage des Berliner
Universitätsmedizingesetzes - UniMedG - das Folgende: Der Gliedkörperschaft Charité
werden auf der Grundlage von mehrjährigen Verträgen Staatszuschüsse gewährt, die
sowohl für Forschung und Lehre als auch für die Krankenversorgung bestimmt sind (§ 3
Abs. 2 UniMedG). Die Verantwortung für die Umsetzung der Vereinbarungen mit dem
Land Berlin liegt zunächst beim Vorstand, der eine strategische Rahmenplanung
erarbeitet, die ihrerseits die Budgetaufteilung und die Personalentwicklung einschließt (§
13 Abs. 1 und 2 UniMedG). Er stellt den aus den Teilwirtschaftsplänen „Staatliche
Investitionen“, „Forschung und Lehre“ sowie „Krankenversorgung“ bestehenden
Gesamtwirtschaftsplan auf (§ 13 Abs. 4 UniMedG), der die Grundlage für die
Wirtschaftsführung der Gliedkörperschaft bildet (§ 24 Abs. 2 Satz 1 UniMedG). Dabei liegt
die Zuständigkeit für den Entwurf des Teilwirtschaftsplans „Forschung und Lehre“ bei der
Fakultätsleitung (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 UniMedG), diejenige für den Entwurf des
Teilwirtschaftsplans „Krankenversorgung“ nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UniMedG bei der
Klinikumsleitung; beide Teilwirtschaftspläne enthalten jeweils einen summarischen
Stellennachweis. Liegen alle Teilwirtschaftspläne einschließlich des in die Verantwortung
des Vorstandsvorsitzenden fallenden Teilwirtschaftsplans „Staatliche Investitionen“ (§ 13
Abs. 8 UniMedG) im Entwurf vor, beschließt der Vorstand den Gesamtwirtschaftsplan
und leitet ihn dem Aufsichtsrat zur Feststellung zu (§ 24 Abs. 5 UniMedG); der
festgestellte Wirtschaftsplan bedarf abschließend der Genehmigung durch die
Wissenschaftsverwaltung. Die Durchführung des (festgestellten) Teilwirtschaftsplans
Forschung und Lehre sowie die Verwaltung und Zuweisung der konsumtiven Mittel fällt
sodann in den Verantwortungsbereich der Fakultätsleitung (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5
UniMedG).
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Im Hinblick auf die Vielfältigkeit dieser Zuständigkeitsstrukturen hat der Senat bereits in
seinen das Vorsemester betreffenden Beschlüssen vom 17. März 2009 - OVG 5 NC
89.08 u.a. - darauf hingewiesen, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dem
(zumal „erweiterten“) Vorstand der Antragsgegnerin habe die Befugnis gefehlt, über
Stellenstreichungen zu entscheiden, im Hinblick auf dessen Zuständigkeit für die
Aufstellung des Gesamtwirtschaftsplans zumindest Zweifeln ausgesetzt ist, weil die
Fakultätsleitung nach § 15 Abs. 2 UniMedG zwar den des Teilwirtschaftsplans
Forschung und Lehre aufstellt, den Gesamtwirtschaftsplan jedoch der Vorstand
beschließt, weshalb nach Maßgabe der Zuständigkeitsregelungen des
Universitätsmedizingesetzes weder davon ausgegangen werden konnte, dass der
Beschluss vom 3. Juli 2007 von einem fehlerhaft zusammengesetzten Gremium gefasst
wurde, noch mit letzter Gewissheit angenommen werden konnte, dass der Vorstand -
und sei es über sein „Letzt-entscheidungsrecht“ - nicht „befugt“ gewesen wäre, im
Rahmen der Feststellung des Gesamtwirtschaftsplans auch über einzelne
Stellenstreichungen zu befinden.
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Fakultätsleitung mit der
Dekanin/dem Dekan als der/dem Beauftragten für den Teilwirtschaftsplan Forschung und
Lehre der Medizinischen Fakultät an der Spitze, dem Kaufmännischen Leiter der Fakultät
sowie den Prodekanen für Lehre und Forschung als das sachnächste Gremium
gleichsam „im ersten Zugriff“ den Stellenplan für das nächste Wirtschaftsjahr beschließt.
Veranlassung, in einzelne Festlegungen des Planentwurfs der Fakultätsleitung
einzugreifen, wird der Vorstand in aller Regel nur und erst dann sehen, wenn auf der
Vorstandsebene - etwa wegen eines Konflikts zwischen Klinikumsleitung und
Fakultätsleitung - kein Einvernehmen herzustellen ist. Dass ihm in einem solchen
Konfliktfall das „Letztentscheidungsrecht“ auch über den Stellenplan zusteht, kann
danach nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, und zwar umso weniger, als dem
Vorstand Weisungsbefugnisse zustehen (§ 13 Abs. 5 UniMedG) und die Dekanin/der
Dekan bei Abstimmungen auch nicht an die Festlegungen der Fakultätsleitung gebunden
ist (§ 12 Abs. 4 Satz 2 UniMedG). Dafür, dass der hier in Rede stehende, von der
Fakultätsleitung für die Zeit ab 1. April 2008 beschlossene Stellenplan durch den
Vorstand nicht gebilligt worden wäre, gab und gibt es allerdings im Hinblick darauf, dass
er sich bis auf geringfügige Änderungen mit der vom Vorstand bereits im Juli des
Vorjahres beschlossenen Stellenstruktur deckt, keine Anhaltspunkte.
Die Auffassung, nicht die Fakultätsleitung, sondern der Fakultätsrat sei für die
Beschlussfassung über den Stellenplan zuständig gewesen, übersieht, dass der
Fakultätsrat zwar die der Fakultät Stellen verteilt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1
UniMedG i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BerlHG), dass ihm in Bezug auf den
Teilwirtschaftsplan Forschung und Lehre, der die Grundlage für die Stellenzuweisung
bildet, jedoch lediglich das Recht eingeräumt ist, zu dem Entwurf des Wirtschaftsplans
Stellung zu nehmen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 UniMedG). Von diesem Recht hat der Fakultätsrat
vorliegend, wie sich aus der Beschlussvorlage für die Sitzung der Fakultätsleitung am 14.
März 2008 ergibt, offensichtlich auch Gebrauch gemacht. Dass die Homepage der
Antragsgegnerin Angaben enthält, die - jedenfalls so - nicht zutreffend sind, ist
bedauerlich, für die Entscheidung über die Zuständigkeit aber ohne Belang.
Bestehen mithin gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse vom 14. März/31. März 2008
unter Zuständigkeitsaspekten keine durchgreifenden Bedenken, ergeben sich solche
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch nicht aus der Verfahrensweise bei
der Beschlussfassung bezüglich der (nochmaligen) Veränderung der Stellenstruktur
innerhalb des Instituts für Vegetative Physiologie. Denn nach § 47 Abs. 4 Satz 3 BerlHG
sind Abstimmungen von Hochschulgremien im schriftlichen Verfahren zulässig, sofern
kein Mitglied dem Verfahren widerspricht. Anhaltspunkte dafür, dass eines der vier
Mitglieder der Fakultätsleitung einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren
widersprochen hätte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nichts anderes gilt
in Bezug auf die mit „Nichtwissen“ bestrittene Zustimmung aller Mitglieder der
Fakultätsleitung, wie sie in der Niederschrift vom 31. März 2008 bekundet worden ist.
Aus welchen Gründen diese von der Geschäftsleitung der Fakultätsleitung zur
Bestätigung der Richtigkeit gefertigte und unterzeichnete Niederschrift kein
ausreichendes „Instrument“ für die rechtzeitige und wirksame Beschlussfassung sein
soll, ist nicht nachvollziehbar. Rechtlich wie tatsächlich nicht einsichtig ist schlussendlich,
warum es von Interesse sein soll, wann die „Universitätsleitung“ von dem neuen
Stellenplan in Kenntnis gesetzt worden sei.
b. Einwände gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit
Hierzu wird vorgetragen, dass sich die Frage nach der Wirksamkeit der
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Hierzu wird vorgetragen, dass sich die Frage nach der Wirksamkeit der
Fakultätsleitungsbeschlüsse auch unter dem Aspekt des § 139 BGB stelle. Denn nach
den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die der veränderten Stellenstruktur bei
den Professoren beigegebene Rückwirkung zum 1. Oktober 2007 nicht zulässig gewesen.
Ebenso wie im Falle einer rückwirkenden Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aber,
welche die Unwirksamkeit der Kündigung als solcher nach sich ziehe, erfasse die
Unwirksamkeit der beschlossenen Rückwirkung in Bezug auf die Professorenstellen den
Beschluss der Fakultätsleitung in seiner Gesamtheit mit der Folge, dass der neue
Stellenplan für das Sommersemester 2008 unbeachtlich sei. Ferner wird gerügt, dass
die von der Fakultätsleitung beschlossenen Stellenreduzierungen gegen den
Hochschulpakt 2020 verstießen, dem - wie der Präambel zu entnehmen sei -
drittschützende Wirkung zukomme. Auch sei der neue Stellenplan, der eine Kapazität
von deutlich unter 300 Studienplätzen pro Semester nach sich ziehe, wegen Verstoßes
gegen die gesetzliche Vorgabe des § 28 Abs. 2 UniMedG unwirksam. Und schließlich
fehle es an der erforderlichen Abwägung mit den Interessen der Studienbewerber.
Auch diese Einwände überzeugen nicht.
Soweit das Verwaltungsgericht die Ansicht geäußert hat, der Beschluss der
Fakultätsleitung habe entgegen seinem Wortlaut hinsichtlich der Professorenstellen nicht
auf den 1. Oktober 2007 zurückwirken können, stellt sich - unabhängig davon, dass diese
Auffassung auf der mit guten Gründen angreifbaren Prämisse beruht, dass der
Vorstandsbeschluss vom Juli 2007 unwirksam war, und abgesehen von der Tatsache,
dass in dem im Umlaufverfahren gefassten Beschluss über den neuen Stellenplan von
einer Rückwirkung der geänderten Professorenstruktur nicht (mehr) die Rede ist - die
Frage nach der Relevanz der entsprechenden Ausführungen für die zum zweiten
Vergabetermin erstellte Kapazitätsberechnung. Das gilt umso mehr, als die
Antragsgegnerin von der grundsätzlich gegebenen Möglichkeit, die Differenz zwischen
der vom Verwaltungsgericht zum Wintersemester festgestellten Aufnahmequote und der
trotz einer Änderung der kapazitätsrelevanten Daten beibehaltenen Zulassungszahl für
das Sommersemesters durch eine Verminderung der Studienanfängerzahl
auszugleichen, keinen Gebrauch gemacht hat. Schon aus diesem Grund liegt die
Argumentation zur Teilnichtigkeit des Beschlusses nach § 139 BGB neben der Sache. Im
Übrigen hätte eine - unterstellt: unzulässige - rückwirkende Änderung eines Teils des
Stellengefüges ohnehin nicht die Gesamtunwirksamkeit des Stellenplans nach sich
gezogen, weil in diesem Fall davon auszugehen wäre, dass die neue Stellenstruktur auch
ohne Rückwirkung ihren Sinn behält und sich nach Lage der Dinge die Annahme, dass
die Fakultätsleitung den der Kapazitätsberechnung für den Berechnungszeitraum
zugrunde zu legenden Stellenplan auch ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte,
aufdrängt (zum Fall der Unzulässigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung einer
Satzungsbestimmung vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. August 2001 -
BVerwG 4 B 23/01 - juris Rn. 3 f.).
Dass der Hochschulpakt 2020 weder individuelle Ansprüche auf die Schaffung oder auch
nur die Beibehaltung von Ausbildungsressourcen in einzelnen Studiengängen vermittelt
noch eine Pflicht der Hochschule begründet, strukturelle Maßnahmen über das
kapazitätsrechtliche Abwägungsgebot hinaus zusätzlich zu begründen, hat der Senat
bereits ausgesprochen (Beschlüsse vom 17. März 2009 - OVG 5 NC 89.08 u.a. -
[Humanmedizin, WS 2007/08], BA S. 5). Der Hinweis auf die Präambel des
Hochschulpakts rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Rüge, es habe hinsichtlich der
mit erheblichen Kapazitätsverlusten verbundenen Änderung des Stellenplans nicht nur
eine unzureichende, sondern überhaupt keine Abwägung mit den Belangen der
Studienbewerber stattgefunden, geht - eine den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO genügende Auseinandersetzung mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses
unterstellt - im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin es trotz des durch § 28 Abs. 2
UniMedG aus allgemeinen politischen Erwägungen vorgegebenen planmäßigen Abbaues
von Ausbildungskapazitäten (vgl. hierzu grundlegend Beschlüsse des Senats vom 22.
Juni 1999 - OVG 5 NC 52.99 u.a. - [FU/Humanmedizin, Sommersemester 1998] und vom
20. Juli 1999 - OVG 5 NC 92.99 u.a. - [HU/Humanmedizin, Sommersemester 1998]) und
der durch den Beschluss der Gemeinsamen Kommission vom 13. Oktober 2003
weitgehend vorgezeichneten Stellenreduzierungen bei der festgesetzten Zulassungszahl
belassen und darüber hinaus weitere Studienplätze vergeben hat, fehl. Unter diesen
Umständen ist die Frage, aus welchen Gründen sie mit ihren Strukturmaßnahmen über
die genannten Vorgaben hinausgegangen ist, ohne Bedeutung. Davon, dass der neue
Stellenplan allein deshalb unwirksam wäre, weil eine von zahlreichen weiteren
Determinanten abhängige Berechnung der Aufnahmekapazität nach dem Zweiten
Abschnitt der Kapazitätsverordnung zu einem hinter der Zielzahl des § 28 Abs. 2
UniMedG zurückbleibenden Ergebnis führt, kann jedenfalls keine Rede sein.
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Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe den neuen
Stellenplan als eine vor dem zweiten Vergabetermin eingetretene und - soweit sie über
die im Wintersemester 2007/08 nicht anerkannten Stellenstreichungen hinausgingen -
im Zeitpunkt des Berechnungsstichtages (30. September 2007) nicht erkennbare
Veränderung kapazitätsrelevanter Daten zum Anlass nehmen dürfen, eine
Neuermittlung auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 KapVO vorzunehmen, wird von
Antragstellerseite eingewandt: Bei einer erst am 31. März 2008 eingetretenen
wesentlichen Änderung der Daten habe eine Neuermittlung zwangsläufig nicht mehr
rechtzeitig vor Beginn des Sommersemesters vorgenommen werden können.
Außerdem komme die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, die Kapazität auf der
Grundlage des geänderten Stellenplans neu zu berechnen, ohne zugleich eine neue
Zulassungssatzung zu erlassen und durch die Wissenschaftsverwaltung auf
Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit prüfen zu lassen, einer Umgehung der staatlichen
Kontrollbefugnis gleich. Jeder Studienbewerber habe einen Rechtsanspruch auf die
Einhaltung auch der formalen gesetzlichen Anforderungen an eine Zulassungssatzung.
Dass die Antragsgegnerin die Zulassungszahl nicht neu festgesetzt habe, sei entgegen
der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch nicht damit zu rechtfertigen, dass sie 300
Studienplätze zur Verfügung gestellt habe; denn § 28 Abs. 2 UniMedG könne ein
ordnungsgemäßes Kapazitätsfestsetzungsverfahren nicht ersetzen. Ebenso wenig
befreie eine nicht auf den Haushaltsgesetzgeber, sondern lediglich auf die
Empfehlungen einer Expertenkommission zurückzuführende Zielvorgabe des
Universitätsmedizingesetzes von dem Erfordernis, Stellenstreichungen nur aus
sachlichen Gründen und nach Einzelabwägung vorzunehmen. Mit der Neuermittlung
ihrer Aufnahmekapazität habe die Antragsgegnerin im Übrigen, wie das
Verwaltungsgericht selbst ausgeführt habe, allein auf die zum Vorsemester aufgedeckte
hohe Zahl ungenutzter Studienplätze reagiert. Eine Änderung der
verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung stelle jedoch keine kapazitätsrelevante
Veränderung in Sinne des § 5 Abs. 2 oder 3 KapVO dar, weshalb die Kammer noch zum
Sommersemester 2007 entschieden habe, dass zum Vorsemester gerichtlich
aufgedeckte weitere Stellen nicht zu einer Neuermittlung berechtigten (Beschlüsse vom
11. Juli 2007 - VG 30 A 117.07 u.a. -).
Es trifft zu, dass nach § 5 Abs. 3 KapVO für den Fall, dass vor Beginn des
Berechnungszeitraums oder vor einem zweiten Vergabetermin wesentliche Änderungen
der Daten eintreten, nicht nur eine Neuermittlung, sondern auch eine Neufestsetzung
der Zulassungszahl durchgeführt werden soll. Ebenso richtig ist, dass eine
Zulassungszahl erst dann festzusetzen ist, wenn die Hochschule ihren Kapazitätsbericht
der Wissenschaftsverwaltung vorgelegt hat (Art. 7 Abs. 4 StV, § 4 Abs. 1 KapVO). Irrig ist
jedoch die Auffassung, das Verwaltungsgericht habe sich mit Hilfe eines „Tricks“ um
diese Problematik „herumgedrückt“. Denn bei allen gegen die unterbliebene
Neufestsetzung wie auch gegen die Nichtvorlage der auf den Stichtag 31. März 2009
bezogenen Neuberechnung der Antragsgegnerin gerichteten Angriffen wird übersehen,
dass ein darin liegender Verfahrensverstoß ausschließlich die festgesetzte
Zulassungszahl betrifft. Für Ansprüche, die - wie vorliegend - auf Zulassung
der festgesetzten Kapazität gerichtet sind, ist die Zulassungszahl dagegen ohne Belang
(vgl. Beschluss des Senats vom 2. September 2008 - OVG 5 NC 56.08 u.a. -
[Zahnmedizin, WS 2007/08] unter Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.
April 1990 - BVerwG 7 C 59.87 -, Buchholz 421.21 Nr. 47); insoweit verbleibt es bei der
Anwendung des geltenden Kapazitätsrechts.
Der weitere Einwand, in der bloßen Reaktion auf eine vom Verwaltungsgericht zum
Vorsemester aufgedeckte hohe Zahl ungenutzter Studienplätze liege keine „wesentliche
Änderung der Daten“ im Sinne des § 5 Abs. 3 KapVO, wird den tatsächlichen
Gegebenheiten nicht gerecht. Die Feststellung, dass die Antragsgegnerin im
Wintersemester ihre Aufnahmekapazität mit der Vergabe von 302 Studienplätzen nicht
ausgeschöpft habe, beruhte maßgeblich darauf, dass das Verwaltungsgericht dem
Vorstand die „Befugnis“ für eine strukturelle Veränderung des Stellenbestandes, wie sie
am 3. Juli 2007 für das Studienjahr 2007/2008 beschlossen worden war, abgesprochen
und Stellenkürzungen, die nicht durch anderweitige Kapazitätsgewinne aufgefangen
wurden, nicht anerkannt hatte. Das allein hatte auf der Lehrangebotsseite den Ansatz
von weiteren 67 LVS zur Folge. Die Änderung der wesentlichen Daten vor dem zweiten
Vergabetermin liegt daher in dem am 14./31. März 2008 von der Fakultätsleitung als
dem nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (allein) zuständigen Gremium im
Wesentlichen gleichlautend beschlossenen und damit (erstmals) zum Beginn des
Sommersemesters als wirksam anerkannten neuen Stellenplan. Dass sich das
Verwaltungsgericht mit der Anwendung von § 5 Abs. 3 KapVO bei gleicher Fallgestaltung
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Verwaltungsgericht mit der Anwendung von § 5 Abs. 3 KapVO bei gleicher Fallgestaltung
in Widerspruch zu seinen Entscheidungen zum Sommersemester 2007 gesetzt hätte, ist
- unabhängig von der Frage der Entscheidungserheblichkeit - unzutreffend. Seinerzeit
hatte die Antragsgegnerin zwar ebenfalls ihren Stellenplan, nicht aber den
Berechnungsstichtag geändert und darüber hinaus lediglich solche Stellen
wissenschaftlichen Lehrpersonals eingearbeitet, die im Laufe der vorherigen Verfahren
verschwiegen und erst durch das Gericht aufgedeckt worden waren.
Soweit schließlich eingewandt wird, dass bei einer erst am 31. März 2008 eingetretenen
Änderung eine Neuermittlung vor dem am 1. April 2008 beginnenden Sommersemester
„zwangsläufig“ nicht mehr habe vorgenommen werden können, geht auch dieser
Einwand an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Denn abgesehen davon, dass die
fraglichen Änderungen - mit Ausnahme der mit einem Kapazitätsverlust von 2 LVS
verbundenen Stellenänderungen im Institut für Vegetative Physiologie - nicht erst am
31. März, sondern bereits am 14. März 2008 eingetreten sind, waren die wesentlichen
personellen Veränderungen tatsächlich bereits im Vorjahr beschlossen worden, so dass
dem Ansatz des auf sie entfallenden Deputatverlustes als im Wintersemester
vorhandenes Lehrangebot nur fiktive Bedeutung zukam. Angesichts dessen und unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragsgegnerin trotz Beseitigung des vom
Verwaltungsgericht gerügten Zuständigkeitsmangels unverändert beabsichtigte, es bei
der bereits festgesetzten Zulassungszahl zu belassen, war eine Neuermittlung nach § 5
Abs. 3 KapVO ohne weiteres auch innerhalb kürzester Zeit möglich und zwecks
Vermeidung einer erneuten Überlast auch geboten.
In Bezug auf die angesetzten und vom Verwaltungsgericht gebilligten Stellendeputate
wird gerügt, dass die Juniorprofessur (Stellen-Nr. 5000 3343, Institut für Zell- und
Neurobiologie, Stelleninhaberin B.) nur mit 4 LVS in die Berechnung eingestellt worden
sei. Diese Rüge geht von der unzutreffenden Annahme aus, die Stelleninhaberin befinde
sich bereits in der zweiten Phase ihres Dienstverhältnisses. Tatsächlich stammt ihre
Berufung jedoch aus dem Jahre 2006 (vgl. hierzu den das Vorsemester betreffenden
Beschluss 17. März 2009 - OVG 5 NC 89.08 u.a. -); im maßgeblichen Zeitpunkt des
Berechnungsstichtages 31. März 2008 befand sie sich mithin weiterhin in der ersten
Phase.
Soweit für Wissenschaftliche Assistenten (C1) entgegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LVVO
eine höhere Lehrverpflichtung als 4 LVS mit der Begründung postuliert wird, es handele
sich um das Einstiegsamt in die Hochschullehrerlaufbahn, teilt der Senat diese
Auffassung nicht (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2004 - OVG 5 NC 518.04 -; ebenso der
BayVGH in st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 20. Juli 2007 - 7 CE 07.10111 - juris Rn. 4).
Mit der geforderten Anhebung des Deputats für Assistenten überschritte der Senat im
Übrigen die Grenzen, die der rechtsprechenden Gewalt gegenüber der normsetzenden
Tätigkeit von Legislative und Exekutive gezogen sind. Das gilt umso mehr, als die
Festlegung des Umfangs der Lehrverpflichtungen für das hauptberufliche
wissenschaftliche Personal der Hochschulen das Ergebnis einer
Entschließung des Normgebers ist, die sich im Spannungsfeld zwischen dem
verfassungsrechtlichen Zulassungsanspruch der Studienbewerber, dem Grundrecht der
Wissenschaftsfreiheit und der dienstrechtlichen Position des Lehrpersonals vollzogen
hat.
Die gegen die vom Verwaltungsgericht anerkannten Reduzierungen der
Lehrverpflichtung gerichteten Angriffe erschöpfen sich in Äußerungen, die dahin gehen,
dass sie deutlich zu häufig und in bundesweit einmaligem Umfang gewährt worden
seien, dass Mehrfachermäßigungen rechtswidrig seien, dass zwischen
Hochschulfunktionen und sonstigen Tätigkeiten an der Hochschule wie der Leitung eines
Sonderforschungsbereichs rechtlich nicht unterschieden werden könne und dass
Tätigkeiten wie die Wahrnehmung von Sicherheits-, Wartungs- und Kontrollaufgaben
„durchweg weit eher der Forschung denn der Lehre“ zuzurechnen seien. Derart
allgemein gehaltenes Vorbringen genügt angesichts der detaillierten und mit
Nachweisen aus der Rechtsprechung unterlegten Ausführungen des Verwaltungsgerichts
zu den einzelnen Reduzierungen den Anforderungen an das Darlegungsgebot des § 146
Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht ansatzweise.
Soweit in einem Einzelfall die bereits zum Vorsemester gegen die
Deputatsermäßigungen bzw. die Deputate verschiedener Stelleninhaber erhobenen
Einwände wiederholt werden, nimmt der Senat auf seine Ausführungen in dem Beschluss
vom 17. März 2009 - OVG 5 NC 132.08 - Bezug.
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Die Rüge, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien im Hinblick auf den
Berechnungsstichtag 1. März 2008 (gemeint dürfte der 31. März 2008 sein) die
Verhältnisse des Sommersemesters 2007 und des Wintersemesters 2007/08
maßgeblich, außerdem hätten die erteilten Lehraufträge nicht nur fiktiv, sondern als das
Lehrangebot effektiv erhöhend berücksichtigt werden müssen, geht von falschen
Annahmen aus. Die nach § 10 Satz 1 KapVO maßgeblichen Referenzsemester sind, wie
das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, das Wintersemester 2006/07 und das
Sommersemester 2007, weil der Berechnungsstichtag 31. März 2008 noch zum
Wintersemester 2007/08 zählt; in diesen Semestern hatte die Antragsgegnerin jedoch
noch keine Lehraufträge erteilt, sondern - in Abkehr von ihrer bisherigen Praxis -
erstmals im Wintersemester 2007/08. Außerdem hat das Verwaltungsgericht entgegen
der Annahme der Beschwerde die sowohl in jenem als auch im Bewerbungssemester,
also dem Sommersemester 2008, erteilten Lehraufträge in die Berechnung einbezogen,
und zwar effektiv und nicht lediglich fiktiv bzw. ergebnisoffen:
Gegen die vom Verwaltungsgericht in einem Gesamtumfang von 102,7444 LVS
gebilligten Dienstleistungen für die der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengänge
Medizin- und Pflegepädagogik, Biochemie, Bioinformatik, Klinisch-praktische Medizin und
Biologie wird eingewandt, dass sie den bundesweit üblichen Wert erheblich überstiegen.
Insbesondere sei nicht einzusehen, aus welchen Gründen diese Studiengänge auf so
erhebliche Lehrleistungen gerade der Vorklinik angewiesen sein sollten, obwohl sie
grundsätzlich durch die eigene Lehreinheit erbracht werden könnten. Das gelte
namentlich für die klinischen Lehreinheiten, die ihre Kapazitäten zu Lasten der Vorklinik
„bunkerten“, was mit Blick auf § 18 Abs. 3 KapVO hingenommen werde. Ferner wird
beanstandet, dass die Antragsgegnerin für den Studiengang Zahnmedizin - obwohl die
Kammer bereits zum Vorsemester darauf hingewiesen habe, der Wert Aq/2 müsse auf
58,8 angehoben werden - wiederum den niedrigeren Wert von 56,35 angesetzt habe;
deshalb dürfe auch nur dieser Wert in die Berechnung einbezogen werden.
Dieses Beschwerdevorbringen liegt - soweit es überhaupt noch als ein den
Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügendes angesehen werden kann -
weitgehend neben der Sache. Weder auf der Grundlage des Hinweises auf angeblich
bundesweite Durchschnittswerte noch aus der nicht näher erläuterten Auffassung, die in
Rede stehenden Lehrleistungen könnten auch von der eigenen Lehreinheit erbracht
werden, ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass mit dem von der Antragsgegnerin
angesetzten und vom Verwaltungsgericht geringfügig nach unten korrigierten
Dienstleistungsbedarf willkürliche, namentlich auf eine Verminderung des Lehrangebots
in der Vorklinik zielende Zwecke verfolgt werden. Der Export umfasst die klassischen
Fächer der Medizinischen Vorklinik; sein Umfang wird durch die jeweiligen Studien- und
Prüfungsordnungen determiniert. Dass diese Fächer in einer den
Ausbildungsanforderungen genügenden Weise nur von den Fachlehrkräften der Vorklinik
unterrichtet werden können, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erklärung.
Was den angeblich zu hoch, insbesondere über den eigenen Ansatz der Antragsgegnerin
in ihrer Kapazitätsberechnung hinausgehenden Wert Aq/2 angeht, darf darauf
hingewiesen werden, dass das Verwaltungsgericht den Ansatz der Antragsgegnerin
keineswegs angehoben, sondern ihn im Gegenteil nach unten korrigiert hat, indem es
von lediglich 104 Erstsemesterzulassungen im Zeitraum Sommersemester
2007/Wintersemester 2007/08 ausgegangen ist und daraus - zutreffend - nach
Halbierung und Abzug der Zweitstudienquote von 2 % einen Wert von Aq/2 = 50,96
errechnet hat. Dieser Wert findet sich auch in der Tabelle auf Seite 19 des
Beschlussabdrucks.
Gegen den bereits seit Jahren und so auch hier mit 1,9101 in die Berechnung
eingestellten Curriculareigenanteil der Vorklinik wird eingewandt, dass die
Berücksichtigung der Tatsache, dass bei der Antragsgegnerin zum einen Zweitstudenten
und zum anderen Doppelstudenten in der Human- und Zahnmedizin existierten,
rechtsfehlerhaft unterblieben sei. Auch dieser Einwand liegt - unabhängig von der
mangelnden Darlegung - neben der Sache. Denn der Curricularwert bzw. hier der
Curriculareigenanteil ist das Ergebnis einer Berechnung der Lehrnachfrage mit
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Curriculareigenanteil ist das Ergebnis einer Berechnung der Lehrnachfrage mit
abstrakten Betreuungsrelationen und hat mit der Frage, ob an den einzelnen
Lehrveranstaltungen Doppelstudierende teilnehmen, nichts zu tun.
Ohne Erfolg wenden sich die Beschwerdeführer dagegen, dass das Verwaltungsgericht
für das Bewerbungssemester vom Ansatz einer Schwundquote abgesehen hat. Soweit
diese Rüge auf der Annahme beruht, die Aufnahmekapazität sei fehlerhaft berechnet
worden, sie liege in Wahrheit deutlich höher, geht sie nach dem zuvor Ausgeführten von
einer unzutreffenden Annahme aus. Soweit die Auffassung vertreten wird, ein zur
Vermeidung der Folgen fehlerhafter Kapazitätsberechnungen in der Vergangenheit oder
von aktuellen Stellenkürzungen unterlassener Schwundausgleich sei unzulässig, beruht
diese Ansicht ebenso wie die vereinzelt vertretene Meinung, der Hochschulpakt
verpflichte zur „Aufrechterhaltung des Status Quo“ bis zur Belastungsgrenze, auf einem
grundlegenden Fehlverständnis von der Funktion des Schwundausgleichs.
Voraussetzung für den Ansatz einer Schwundquote ist, dass es in den höheren
Semestern ein ungenutztes Lehrangebot gibt, dessen Nutzung das
Kapazitätserschöpfungsgebot verlangt (vgl. § 14 Abs. 3 KapVO). An dieser
Voraussetzung fehlt es, wenn in den höheren Semestern des vorklinischen
Studienabschnitts im Durchschnitt deutlich mehr Studierende immatrikuliert sind als
nach den gegenwärtigen Verhältnissen im Eingangssemester aufgenommen werden
können. Denn in diesem Fall übersteigt die Lehrnachfrage - die Austauschbarkeit aller im
Studienverlauf nachgefragten Lehre unterstellt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil
vom 20. November 1987 - BVerwG 7 C 103.86 u.a. - Buchholz 421.21 Nr. 25 [S. 41, 44
f.]) - in den höheren Semestern das aktuell vorhandene Lehrangebot. Dass es sich nach
den Verhältnissen im Bewerbungssemester so verhält, hat das Verwaltungsgericht
zutreffend festgestellt.
Schließlich nötigt die unter Berufung auf eine offenbar nicht veröffentlichte Entscheidung
des VGH Kassel erhobene Rüge, die Antragsgegnerin habe mit der Vergabe von 312
Studienplätzen ihre Aufnahmekapazität erneut „überbucht“, ohne dass erkennbar wäre,
ob die Zulassungen vor oder nach dem Abschluss des Vergabeverfahrens erteilt worden
seien, auch zu keiner weiteren Sachaufklärung. Es fehlt schon an greifbaren
Anhaltspunkten dafür, dass die Antragsgegnerin die fraglichen 12 Plätze erst nach
Abschluss des Auswahlverfahrens der Hochschulen, das nach § 10 Abs. 6 bis 8
VergabeVO zwei Nachrückverfahren und ein Losverfahren einschließt, vergeben hat. Die
Tatsache, dass sie den Einschreibstand des ersten Fachsemesters erstmals in ihrem
den beigefügten Kapazitätsbericht erläuternden Schriftsatz vom 19. Mai 2008 mitgeteilt
hat, ist für sich genommen nichtssagend. Unabhängig davon ist zum wiederholten Male
darauf hinzuweisen, dass es keine Rechtsvorschrift gibt, die in dem von der Beschwerde
in Anspruch genommenen Sinne Rechte eines auf Zuteilung eines außerkapazitären
Studienplatzes klagenden Bewerbers schützt. Die kapazitäts- und vergaberechtlichen
Vorschriften gehen von dem Grundgedanken aus, dass bei pflichtgemäßer
Kapazitätsermittlung alle vorhandenen einschließlich der von der Zentralstelle und/oder
der Hochschule im Hinblick auf das infolge von Mehrfachbewerbungen zunehmend
unkalkulierbar gewordene Annahmeverhalten von Studienbewerbern überbuchten
Studienplätze in das Vergabeverfahren einbezogen werden, um in
verfassungskonformer Weise zu gewährleisten, dass zum einen kein Studienplatz
unbesetzt bleibt und zum anderen durch die Zugrundlegung einheitlicher und
sachgerechter Kriterien eine im Sinne des Gleichheitssatzes möglichst gerechte Auswahl
unter den prinzipiell gleichberechtigten Bewerbern vorgenommen wird. Ausschließlich
dann, wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht
in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind und als ein mit Art. 12 Abs. 1 GG
unvereinbares Ergebnis das Freibleiben eines Studienplatzes droht, ist dieser freie
Studienplatz an einen gegen die Hochschule klagenden Bewerber - unabhängig von
seiner Rangziffer - zu vergeben (st. Rspr. des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 28.
Oktober 2005 - OVG 5 NC 107.05 u.a. - [FU/Tiermedizin, WS 2004/05] und vom 1 Juni
2007 - OVG 5 NC 1.07 - [Zahnmedizin, WS 2006/07], juris, Rn. 11). Ansonsten wird die
Ausbildungskapazität der Hochschule sowohl bei Einhaltung wie bei Überschreiten der
normativen Zulassungszahl aufgezehrt. So liegt der Fall hier. Greifbare Anhaltspunkte
dafür, dass die Antragsgegnerin bei der Vergabe der überbuchten Plätze willkürlich oder
rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte, sind - soweit überhaupt Fälle denkbar sind, in
denen sich die Hochschule ausnahmsweise nicht auf die kapazitätsdeckende Wirkung
der Vergabe von Studienplätzen jenseits der festgesetzten Zulassungszahl berufen darf
- nicht ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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