Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 27.06.2007

OVG Berlin-Brandenburg: feststellungsklage, gvo, dienstliche tätigkeit, rechtswidrigkeit, verwaltungsakt, beamter, auflage, rechtsschutz, vorverfahren, entschädigung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 4 B 52.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 35 BeamtStG, § 36 Abs 2
BeamtStG, § 762 ZPO, § 11
GVO, § 69 GVO
(Weisung gegenüber Gerichtsvollzieher)
Leitsatz
Zur Frage, in welchem Umfang dienstliche Weisungen gegenüber Gerichtsvollziehern
verwaltungsgerichtlicher Kontrolle unterliegen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27.
Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Gerichtsvollzieher. Er wendet sich gegen Weisungen betreffend die
Verwendung und Abrechnung von Vordrucken. Bei Geschäftsprüfungen am 18.
Dezember 2000 und 12. Februar 2001 wurde bemängelt, der Kläger habe in JL-Sachen
(Aufträge der Justizbehörden an Gerichtsvollzieher) für die Protokollierung fruchtloser
Pfändung oder Einstellung einen selbstbeschafften Vordruck verwendet und hierfür eine
Vordruckpauschale in Höhe von 0,80 DM angesetzt. Der Direktor des Amtsgerichts
Nauen wies den Kläger mit Schreiben vom 2. August 2001, 24. Oktober 2001 und 14.
November 2001 an, in den Fällen der fruchtlosen Pfändung und der Einstellung der
Zwangsvollstreckung bei Vollstreckungsaufträgen der Justizbehörden deren Vordruck zu
verwenden, soweit selbiger beigefügt sei. In diesen Fällen habe das Erheben der
Vordruckpauschale (Einstellung in Spalte 13 des Kassenbuchs II - aus der Landeskasse
zu erstattende Auslagen) zu unterbleiben. Die in den Prüfungsprotokollen festgestellten
zuviel erhobenen Beträge seien an die Landeskasse zu erstatten. Den Widerspruch des
Klägers wies der Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichts mit Bescheid
vom 4. August 2003 als unbegründet zurück.
Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, die dienstlichen Weisungen
aufzuheben, hilfsweise, deren Rechtswidrigkeit festzustellen. Zur Begründung hat er
unter anderem vorgetragen, der Vordruck „Erledigungsbericht“ genüge nicht den
Anforderungen des § 762 ZPO und der Gerichtsvollzieherordnung. Aber auch bei der
Verwendung dieses Vordrucks stünde dem Kläger die Vordruckpauschale zu.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Potsdam
die Aufforderung zur Erstattung der zuviel erhobenen Beträge aufgehoben. Insofern
haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2007 abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage sei unzulässig. Die im Streit
stehenden Weisungen seien keine Verwaltungsakte. Sie seien nicht auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerichtet. Maßgeblich seien nicht die tatsächlichen
Auswirkungen der Maßnahme auf die Rechtsstellung des Betroffenen, sondern allein, ob
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Auswirkungen der Maßnahme auf die Rechtsstellung des Betroffenen, sondern allein, ob
die Maßnahme auf diese Auswirkungen auch gerichtet sei und diese unmittelbar
einträten. Die vom Kläger angefochtenen Weisungen des Beklagten sollten allein seine
dienstlichen Verrichtungen in bestimmter Weise festlegen, nicht aber seine persönliche
Rechtsstellung in irgendeiner Weise berühren.
Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei zulässig. Zwischen dem Kläger und dem
Beklagten bestehe ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO, da
zwischen ihnen im Streit stehe, welche Vordrucke der Kläger bei erfolglosen
Vollstreckungsaufträgen der Justizkasse zu verwenden habe und ob hierfür eine
Vordruckpauschale angesetzt werden dürfe. Es liege auch ein Feststellungsinteresse des
Klägers vor. Dieser habe ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob er die ihm
erteilten Anweisungen zu befolgen habe.
Die Feststellungsklage sei indessen unbegründet. Die angegriffenen Anweisungen
berührten nicht die persönliche Rechtsstellung des Klägers, sondern beträfen
ausschließlich seine dienstliche Tätigkeit und hielten sich in dem dem Dienstherrn
insoweit zustehenden Gestaltungsrahmen. Der Kläger könne die Verletzung eigener
Rechte insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der selbstständigen Stellung des
Gerichtsvollziehers geltend machen. Als Beamter sei der Kläger verpflichtet, die von
seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und
die allgemeinen Richtlinien seines Dienstherrn zu befolgen. Im Rahmen der
Dienstaufsicht dürfe der Direktor des Amtsgerichts zumindest generelle Weisungen
gegenüber dem Kläger erlassen. Die Dienstaufsicht beschränke sich nicht auf
Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers bei der Einziehung von Kosten. Die Justizverwaltung
dürfe die Art und Weise der Durchführung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen des
Gerichtsvollziehers zum Anlass nehmen, im Wege der Dienstaufsicht auf eine korrekte
Amtsführung in künftigen Fällen hinzuwirken. Durch solche generellen Anweisungen
betreffend seine Amtsführung sei der Kläger nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung
als Beamter tangiert. Er könne nicht die Prüfung beanspruchen, ob der von ihm zu
verwendende „Erledigungsbericht“ den Voraussetzungen von § 762 Abs. 2 ZPO genüge
und ob bei der Ausfüllung eine Vordruckpauschale erhoben werden dürfe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Berufung,
zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht:
Bei den angefochtenen Weisungen handele es sich um Verwaltungsakte. Sie berührten
unmittelbar seine Einkommenssituation. Die Verwaltungsaktsqualität werde auch
dadurch begründet, dass der Beklagte im Widerspruchsbescheid von ihr ausgegangen
sei.
Die Weisungen seien rechtswidrig. Dies ergebe sich schon daraus, dass die zu ihrer
Begründung angeführten Rechtsgrundlagen bereits vor ihrem Erlass bzw. vor Erlass des
Widerspruchsbescheides außer Kraft getreten seien.
Sollten die Weisungen nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren sein, sei jedenfalls der
Hilfsantrag begründet. Das angefochtene Urteil setze sich nicht mit den streitigen
Fragen in der Sache auseinander und stelle ihn faktisch rechtlos, indem es die
Begründetheit des Hilfsantrags mit derselben Begründung verneine, die es für die
vermeintliche Unzulässigkeit des Hauptantrages angeführt habe.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. Juni 2007 zu ändern und die
dienstlichen Weisungen des Direktors des Amtsgerichts Nauen vom 2. August, 24.
Oktober und 14. November 2001 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides des
Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. August 2003
aufzuheben,
hilfsweise:
festzustellen, dass die dienstlichen Weisungen des Direktors des Amtsgerichts Nauen
vom 2. August, 24. Oktober und 14. November 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
vom 4. August 2003 rechtswidrig sind,
2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend, tritt der Berufung entgegen und macht
geltend, mittelbare Folgen im Hinblick auf das Einkommen des Klägers seien nicht
geeignet, dienstlichen Weisungen ihm gegenüber die rechtliche Qualität eines
Verwaltungsakts zu verleihen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und
den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu
Recht abgewiesen.
1. Hinsichtlich der Weisung, bei Aufträgen der Justizbehörden für die Protokollierung
fruchtloser Pfändung oder Einstellung nicht den Vordruck GV 21, sondern den von der
Justizbehörde beigefügten „Erledigungsbericht“ zu verwenden, ist die Klage teilweise
unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Der Hauptantrag ist unzulässig. Die Anfechtungsklage ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO
unstatthaft. Bei der angegriffenen Weisung handelt es sich nicht um einen
Verwaltungsakt. Sie ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht auf
unmittelbare Rechtwirkung nach außen gerichtet (§ 35 Satz 1 VwVfG Bbg). Dieses
Merkmal fehlt Maßnahmen gegenüber Beamten, die - wie hier - nach ihrem objektiven
Sinngehalt auf organisationsinterne Wirkung abzielen, weil sie dazu bestimmt sind, den
Beamten nicht als Träger subjektiver Rechte, sondern als Amtswalter und Glied der
Verwaltung anzusprechen. Hierzu gehören Maßnahmen, die bestimmen, auf welche Art
und Weise der Beamte seinen dienstlichen Verrichtungen nachzukommen hat. Eine
Anordnung mit einer solchen Zielrichtung stellt nicht deshalb einen Verwaltungsakt dar,
weil sie sich auf die subjektive Rechtsstellung eines Beamten auswirkt (vgl. BVerwG,
Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris Rn. 10; VGH München, Beschluss vom 28.
August 2006 - 3 B 02.3257, 3 B 03.31 -, juris Rn. 20; a.A. OVG Münster, Urteil vom 22.
Oktober 1986 - 6 A 848/84 -, DGVZ 1987, 119).
Unerheblich ist daher, dass sich aus der im Streit stehenden Weisung Folgen für das
Einkommen des Klägers ergeben. Ihm werden nach § 11 Nr. 2 GVO als Entschädigung
für den Aufwand bei der Erledigung der Aufträge die vereinnahmten Auslagen - auch
betreffend die Verwendung von Vordrucken - überlassen. Können die Auslagen ohne
Verschulden des Klägers nicht eingezogen werden, so sind sie ihm nach § 11 Nr. 3 GVO
aus der Landeskasse zu ersetzen. Gleichwohl legt die Anweisung der Dienstbehörde zur
Verwendung von Vordrucken bei der Protokollierung von Vollstreckungshandlungen das
dem Kläger zustehende Einkommen nicht unmittelbar fest. Dies geschieht erst, wenn
die Entschädigungen und die aus der Landeskasse zu ersetzenden Beträge nach Ablauf
des jeweiligen Kalendervierteljahres gemäß § 11 Nr. 4 i.V.m. § 77 GVO festgesetzt
werden. Gegen den Festsetzungsbescheid kann der Kläger Verpflichtungsklage erheben.
Sollte es für den Entschädigungsanspruch auf die Rechtswidrigkeit der hier in Rede
stehenden Weisung ankommen, wäre dies in jenem Verfahren inzident zu prüfen.
Dass die Weisung ursprünglich mit einem Leistungsbescheid (Erstattung zuviel
erhobener Beträge) verbunden war, ist für ihre Rechtsnatur ohne Belang. Sie hat auch
nicht dadurch den Charakter eines Verwaltungsakts erhalten, dass über sie durch
Widerspruchsbescheid entschieden worden ist oder dass die Widerspruchsbehörde sie
als Verwaltungsakt bezeichnet hat. Gemäß § 126 Abs. 3 BRRG ist vor Erhebung auch von
Leistungs- und Feststellungsklagen das Vorverfahren durchzuführen. Danach ändert sich
durch den Erlass des Widerspruchsbescheides nicht der Charakter der angegriffenen
Maßnahme. Eine Änderung der Rechtsnatur durch den Widerspruchsbescheid kommt
allenfalls in Betracht, wenn ansonsten die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht ermöglicht werden kann. Dies ist bei Maßnahmen
gegenüber Beamten ohne Verwaltungsaktsqualität auszuschließen: Führen sie zu einer
Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Beamten, so kann dieser seine Rechte im Wege
der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO oder der allgemeinen Leistungsklage
geltend machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O. Rn. 11).
Die mit dem Hilfsantrag erhobene Feststellungsklage ist im Umfang ihrer Zulässigkeit
unbegründet.
Die Feststellungsklage ist nur nach Maßgabe der dem Kläger zustehenden Klagebefugnis
zulässig. Der prozessuale Vortrag des Klägers zur Frage der Vordruckverwendung ist in
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zulässig. Der prozessuale Vortrag des Klägers zur Frage der Vordruckverwendung ist in
weitem Umfang durch die Beanstandung geprägt, die Weisung sei objektiv unvereinbar
mit Protokollierungsbestimmungen im Vollstreckungsrecht (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO
i.V.m. § 762 ZPO) und mit innerdienstlichen Verwaltungsvorschriften (insbesondere § 70
Nr. 6 Satz 5 GVO a.F., ohne allerdings auf die Klarstellung durch § 69 Nr. 3 Satz 5 2.
Halbsatz GVO n.F. einzugehen). Das Vorbringen erweckt damit den Eindruck, als komme
es auf die Verletzung eigener (subjektiver) Rechte des Klägers nicht an. Dem ist nicht zu
folgen. Zwar ist das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse des
Feststellungsklägers an der erstrebten Feststellung nicht gleichbedeutend mit einem
rechtlichen Interesse, sondern schließt über ein solches Interesse hinaus jedes als
schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein.
Daraus folgt aber nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene
Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Vielmehr ist auf die
Feststellungsklage nach § 43 VwGO zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess
fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO über die Klagebefugnis
entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass auch die auf die Feststellung des
Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichteten Klagen gemäß §
43 Abs. 1 VwGO nur zulässig sind, soweit es dem Kläger dabei um die Verwirklichung
eigener Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst
beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis immerhin eigene Rechte des Klägers
abhängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 - 2 C 32.94 -, juris Rn. 18). Die
Feststellungsklage ist keine Interessenten-, sondern eine Verletztenklage (vgl. Happ, in
Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, § 43 Rn. 4; v. Albedyll, in Bader u.a., VwGO, 4.
Auflage 2007, § 43 Rn. 24; im Ergebnis ähnlich Pietzcker, in Schoch u.a., VwGO, Stand
Oktober 2008, § 43 Rn. 24, 31; Möstl, in Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 43 Rn. 22 f.;
Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 42 Rn. 63, § 43 Rn. 16; einschränkend
Wahl/Schütz, in Schoch u.a., a.a.O. § 42 Abs. 2 Rn. 31 f.; a.A. Sodan, in Sodan/Ziekow,
VwGO, 2. Auflage 2006, § 42 Rn. 374).
Dies gilt auch für Klagen eines Beamten gegen Weisungen des Dienstvorgesetzten (vgl.
OVG Koblenz, Beschluss vom 26. Februar 1999 - 2 A 10199/99 -, juris Rn. 22). Damit wird
letztlich nur die Konsequenz daraus gezogen, dass ein Beamter gemäß § 35 Satz 2
BeamtStG (§ 20 Abs. 1 Satz 3 LBG a.F.) grundsätzlich auch rechtswidrige Anordnungen
ausführen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 D 34.98 -, juris Rn. 41;
Urteil vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, juris Rn. 16). Sieht er sich einer
Pflichtenkollision ausgesetzt, so hat er das Remonstrationsverfahren gemäß § 36 Abs. 2
BeamtStG (§ 21 Abs. 2 LBG a.F.) durchzuführen. Nachträglichen
verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz kann er nur insoweit in Anspruch nehmen, als er
geltend macht, dass die Weisung zugleich in rechtswidriger Weise in seine persönliche
Rechtsstellung eingreift (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. November 1994 - 2 BvR
1117/94 u.a. -, juris Rn. 6). Die bloße Feststellung objektiver Rechtswidrigkeit ließe nicht
nur die Pflicht zur Befolgung der dienstlichen Anordnung unberührt, sondern begründete
auch keinen Anspruch des Beamten auf deren Änderung.
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist die Feststellungsklage zwar nicht
unzulässig, denn im Rahmen der Klagebefugnis ist nicht abschließend zu prüfen, ob dem
Kläger die geltend gemachten Rechte zustehen. Es ist nicht von vornherein
ausgeschlossen, dass der Kläger in seiner unabhängigen Stellung als Gerichtsvollzieher
oder in seinem Entschädigungsanspruch verletzt ist. Der Hilfsantrag ist jedoch nur
zulässig, soweit er die Rechtswidrigkeit der Weisung und eine dadurch bewirkte
Verletzung eigener Rechte des Klägers festgestellt wissen will (vgl. auch die
Antragsformulierung in BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O. Rn. 5).
Nach Maßgabe der Zulässigkeit ist der Hilfsantrag unbegründet. Die angegriffene
Weisung verletzt eigene Rechte des Klägers weder unter dem Gesichtspunkt der
selbständigen Stellung des Gerichtsvollziehers noch unter dem der Minderung seiner
Einnahmen.
Als Beamter ist der Kläger verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen des
aufsichtführenden Richters (vgl. § 2 Nr. 2 GVO) auszuführen und dessen allgemeine
Richtlinien zu befolgen. Eine Ausnahme von der Befolgungspflicht im Sinne des § 35 Satz
3 BeamtStG sieht das Gesetz für Gerichtsvollzieher, anders als für Rechtspfleger (vgl. §
9 RPflG), nicht vor. Wenn auch die Gerichtsvollzieherordnung und die
Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Vorschriften zur relativen
Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit des Gerichtsvollziehers enthalten, so
hindern diese jedenfalls den Erlass allgemeiner Richtlinien durch den Dienstvorgesetzten
nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. September 1972 - VI B 29.72 -, Buchholz 310 §
43 VwGO Nr. 44; OVG Berlin, Urteil vom 24. November 1981 - 4 B 47.81 -, UA S. 15; OVG
Lüneburg, Urteil vom 29. Oktober 1996 - 5 L 2279/95 -, juris Rn. 6 f.; weitergehend VGH
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Lüneburg, Urteil vom 29. Oktober 1996 - 5 L 2279/95 -, juris Rn. 6 f.; weitergehend VGH
München, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 3 ZB 08.818 -, juris Rn. 5 f.). Dies hat das
Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt. Insofern wird von einer weiteren
Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Auch die Auswirkungen der angegriffenen Weisung auf die Einnahmen des Klägers
bedingen keine Berührung mit seinen Rechten als Beamter, erst recht keine
Rechtsverletzung. Seine Alimentierung ist sichergestellt durch die ihm zustehenden
Dienstbezüge. Darüber hinaus erwächst ihm aus seiner Amtsstellung kein Anspruch
darauf, seine dienstlichen Handlungen an dem Ziel der Einnahmenmaximierung
auszurichten. Daran ändert sich nichts dadurch, dass ihm uneinbringliche Auslagen
gemäß § 11 Nr. 3 GVO aus der Landeskasse ersetzt werden.
Zwar folgt aus der entsprechenden Verwaltungspraxis in Verbindung mit dem
allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass ihm ein Anspruch auf diese
Leistung zu steht. Es ist aber bereits zweifelhaft, inwieweit die angegriffene Weisung das
dem Kläger nach Abrechnung der Kosten insgesamt zustehende Einkommen tatsächlich
schmälert. Dem eigenen Standpunkt des Klägers folgend ist dies jedenfalls nicht der Fall.
Im Gegenteil: Wenn - wie der Kläger meint - der Auslagentatbestand unabhängig davon
erfüllt ist, welcher Vordruck verwendet wird, wirkt sich die Weisung, die die Verwendung
selbstbeschaffter Vordrucke einschränkt, auf die Höhe des Einkommens nur zu Gunsten
des Klägers aus, weil sie dessen Beschaffungsaufwand mindert, den
Entschädigungsanspruch dagegen unberührt lässt.
Wird dagegen angenommen, dass der Auslagentatbestand nur bei eigenen Auslagen
erfüllt ist, so verringert sich zwar auf Grund der Weisung der Umfang des
Aufwendungsersatzes. Dem stehen andererseits geringere Aufwendungen gegenüber.
Beide Wirkungen gleichen sich im Grundsatz aus. Ein vermeintlich verletztes Recht des
Klägers könnte daher nur den Inhalt haben, mit dem Entschädigungsanspruch für den
Fall, dass er die tatsächlichen Kosten übersteigt, ein „Geschäft“ machen zu dürfen. Das
ist offensichtlich nicht Sinn des Auslagenersatzes.
Davon abgesehen gilt allgemein, dass der Gerichtsvollzieher den ihm im Innenverhältnis
zustehenden Anteil an den der Landeskasse zufließenden Gebühren und Auslagen nur
dann beanspruchen kann, wenn er den Kostentatbestand zulässigerweise verwirklicht
hat, wenn er also bei Beachtung der Weisungen des Dienstvorgesetzten, die er auch im
Fall ihrer Rechtswidrigkeit befolgen muss, einen entsprechenden Kostenanspruch des
Dienstherrn im Außenverhältnis begründet hat. Die Normen, die solche Ansprüche des
Dienstherrn regeln, begründen keine rechtliche geschützte Position des
Gerichtsvollziehers, weil sie nicht seinen Interessen zu dienen bestimmt sind. Soweit sich
der Vollzug dieser Normen mittelbar auf das Einkommen des Gerichtsvollziehers
auswirkt, handelt es sich lediglich um einen „Reflex“ (vgl. OVG Berlin, a.a.O., UA S. 15 ff.;
VGH München, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 3 CE 03.1009 -, juris Rn. 30).
2. Hinsichtlich der Weisung, die Einstellung der Vordruckpauschale in das Kassenbuch bei
Verwendung des Vordrucks der Justizbehörden zu unterlassen, ist die Klage insgesamt
unzulässig.
Der Hauptantrag ist aus den bereits genannten Gründen (vgl. 1.) unzulässig. Auch die
Anweisung zur Führung des Kassenbuches legt das dem Kläger zustehende Einkommen
nicht unmittelbar fest. Insofern verhält es sich hier anders als bei Verfügungen, mit
denen der Gerichtsvollzieher in Einzelfällen nachträglich zur Rückzahlung von bereits
vereinnahmten Auslagen angewiesen wird, denn dadurch wird gleichzeitig verbindlich
über die ihm zustehende Entschädigung für den Aufwand bei der Erledigung des
Auftrags entschieden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. April 1982 - 2 C 43.80 -, juris Rn.
15). Der Beklagte hat auch nicht etwa angeordnet, die Vordruckpauschale von
vornherein nicht zu vereinnahmen. Die die Führung des Kassenbuchs, also den
innerdienstlichen Geschäftsverkehr (vgl. § 52 Nr. 2 Buchst. b GVO) betreffende Weisung
regelt vielmehr ausschließlich Fälle, in denen die Pauschale ohnehin nicht eingezogen
werden kann, weil der Schuldner pfandlos ist oder das Vollstreckungsverfahren aus
anderen Gründen eingestellt wird. Insofern bedarf es keiner weiteren Erörterung der
Frage, ob eine die Vereinnahmung untersagende Weisung bereits eine verbindliche
Vorentscheidung für die dem Kläger zustehende Entschädigung enthielte und deshalb
als Verwaltungsakt anzusehen wäre.
Der Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig. Insofern steht der Feststellungsklage der
Grundsatz der Subsidiarität entgegen (§ 43 Abs. 2 VwGO).
Eintragungen in Spalte 13 des Kassenbuchs II dienen der Feststellung, in welchem
Umfang dem Kläger Auslagenersatz nach § 11 Nr. 3 GVO zusteht. Der Kläger ist der
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Umfang dem Kläger Auslagenersatz nach § 11 Nr. 3 GVO zusteht. Der Kläger ist der
Auffassung, der Auslagentatbestand der Vordruckpauschale werde bei der Verwendung
eines Vordrucks in jedem Fall verwirklicht. Träfe dies zu, wäre die Weisung rechtswidrig,
da sie die Eintragung der Pauschale nur dann zulässt, wenn er den Vordruck aus eigenen
Mitteln beschafft. Den damit letztlich streitigen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 11
Nr. 3 GVO hätte der Kläger durch Verpflichtungsklagen gegen die
Festsetzungsbescheide gemäß § 11 Nr. 4 i.V.m. § 77 GVO verfolgen müssen. Die dafür
geltende Klagefrist, nach deren Ablauf die Bescheide bestandskräftig geworden sind,
kann mit einer Feststellungsklage nicht umgangen werden.
Der Subsidiarität der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass die
Verpflichtungsklage nicht zu einem gleichwertigen Rechtsschutz führen würde. Die
Unzumutbarkeit einer Verweisung auf den Weg einer Gestaltungs- oder Leistungsklage
lässt sich mit diesem Argument nur begründen, wenn der Kläger mit der
Feststellungsklage vorbeugenden Rechtsschutz begehrt (vgl. BVerwG, Beschluss vom
25. Mai 1988 - 3 B 5.88 -, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 98). Ein gegenüber der
Verpflichtungsklage weiterreichender Rechtsschutz käme hier in Betracht, wenn sich die
Feststellungsklage gegen die zusätzliche Beschwer durch die mit der angegriffenen
Weisung ausgelöste beamtenrechtliche Befolgungspflicht richtete oder ganz allgemein
eine grundsätzliche Klärung für zukünftige Fälle anstrebte. Darum geht es indessen
nicht. Die Weisung hatte bereits bei Klageerhebung im September 2003 keine
Bedeutung mehr für das gegenwärtige oder zukünftige dienstliche Verhalten des Klägers
oder zukünftige Ersatzansprüche gegen die Landeskasse. Erst recht gilt dies für den hier
maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Die Weisung
betrifft gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 GvKostG ausschließlich Vollstreckungsaufträge, die vor
dem 1. Mai 2001 erteilt worden sind. Zu diesem Zeitpunkt ist § 35 Abs. 1 Nr. 2 GvKostG
a.F. außer Kraft getreten, der einen besonderen Auslagentatbestand für die Verwendung
von Vordrucken vorsah. Damit ist die Bestimmung über den Pauschsatz für
Vordruckkosten (§ 1 der Verordnung über Auslagenpauschsätze nach dem Gesetz über
Kosten der Gerichtsvollzieher) gegenstandslos geworden. Zwar kann die Verwendung
von Vordrucken auch nach neuem Recht Kosten auslösen, da Nr. 713 des
Kostenverzeichnisses eine Pauschale für sonstige bare Auslagen vorsieht. Auf diese
Pauschale bezieht sich die Weisung jedoch nicht. Dass mit dem Begriff der
„Vordruckpauschale“ im Schreiben des Direktors des Amtsgerichts Nauen vom 2.
August 2001 keine Auslage nach neuem Recht gemeint ist, lässt sich insbesondere der
Bezeichnung der Rechtsgrundlagen in der Begründung des Widerspruchsbescheides
entnehmen. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass sich die
Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung auch auf die neue Rechtslage
beziehen lassen. Der Inhalt der angegriffenen Weisung ändert sich dadurch nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Kläger die Kosten zu
tragen hat, war über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das
Vorverfahren nicht zu befinden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711
ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO oder § 127
Nr. 1 BRRG genannten Gründe vorliegt.
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