Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 04.03.2016

verhältniswahl, wahlvorschlag, verfügung, minderheitenschutz

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 4.3.2016, PL 15 S 1235/15
Auswahl der zur Freistellung zu benennenden Personalratsmitglieder
Leitsätze
1. Die grundsätzliche Dispositionsfreiheit des Personalrats bei der Auswahl der dem
Dienststellenleiter zur Freistellung zu benennenden Personalratsmitglieder besteht nur
in den Grenzen des § 45 Abs. 4 LPVG.
2. § 45 Abs. 4 Satz 2 LPVG enthält ein Verteilungsprogramm, das dem
Minderheitenschutz dient und es dem Personalrat gebietet, die Freistellungsstunden
unter den Mitgliedern der Personalvertretung im Verhältnis der auf die im Personalrat
vertretenen Wahlvorschläge entfallenden Sitze zu verteilen. Für die Zwecke dieser
Berechnung können die Wahlvorschläge für Beamte einerseits und Arbeitnehmer
andererseits gruppenübergreifend nach dem verbandspolitischen Urheber
zusammengefasst werden.
Tenor
Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 08. Mai 2015 - PL 12 K 4245/14 - wird mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des erstinstanzlichen Beschlusses wie
folgt gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass eine Verteilung der Freistellungen der Personalratsmitglieder
wie vom weiteren Beteiligten zu 1 in seiner Sitzung vom 04.07.2014 vorgenommen
rechtswidrig ist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1 Die Antragsteller und der weitere Beteiligte zu 1 streiten um die Verteilung von
Freistellungsstunden auf dessen Mitglieder.
2 Für Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real-, Gemeinschafts- und entsprechende
Sonderschulen sowie Schulkindergärten werden besondere Personalräte bei den
unteren Schulaufsichtsbehörden gebildet (§ 98 Abs. 1 LPVG a.F. i.V.m. § 33 Abs.
1 SchG). Im Bereich des Staatlichen Schulamts ... waren im Jahr 2014 zwischen
3.001 und 4.000 Lehrerinnen und Lehrer an solchen Bildungseinrichtungen
beschäftigt. Sie wählten am 19.05.2014 einen örtlichen Personalrat, den weiteren
Beteiligten zu 1. An der Wahl beteiligten sich die Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) mit
Wahlvorschlägen. Von den 19 zu vergebenden Sitzen entfielen 10 auf die GEW
und 9 auf den VBE. Die Gruppe der Beamten ist im Personalrat mit 17 Mitgliedern
vertreten (9 GEW, 8 VBE), darunter Herr ... (GEW) und Herr ... (GEW). Die Gruppe
der Arbeitnehmer umfasst 2 Mitglieder, Frau ... (GEW) und die Antragstellerin zu 9,
Frau ... (VBE).
3 In seiner konstituierenden Sitzung vom 06.06.2014 bildete der weitere Beteiligte zu
1 aus seiner Mitte den Vorstand (TOP II.4.a). Aus der Gruppe der Beamten wurde
Herr ... (GEW), aus der Gruppe der Arbeitnehmer Frau ... (GEW) - Letztere per
Losentscheid - gewählt. Herr ... wurde anschließend zum Vorsitzenden des
Personalrats bestimmt (TOP II.4.b). Die Übernahme des stellvertretenden Vorsitzes
(TOP II.4.c) lehnten die beiden Vertreterinnen der Gruppe der Arbeitnehmer ab.
Daraufhin wählten die Mitglieder des Personalrats einstimmig Herrn ... (GEW) aus
der Gruppe der Beamten zum stellvertretenden Vorsitzenden. Der Antragsteller zu
1 beantragte danach, zwei weitere Mitglieder in den Vorstand zu wählen (TOP
II.4.d); dieser Antrag wurde mit 10:9 Stimmen abgelehnt.
4 Im weiteren Verlauf der Sitzung unterbreitete der Vorsitzende einen Vorschlag zur
Verteilung des dem weiteren Beteiligten zu 1 zustehenden, 168 Wochenstunden
umfassenden Freistellungskontingents (TOP II.7.). Danach sollten 25 Stunden auf
ihn als Vorsitzenden und 14 Stunden auf Frau ... als weiteres Vorstandsmitglied
entfallen. Diese insgesamt 39 Stunden „für die Vorstandschaft“ sollten von den 168
Stunden abgezogen und der Rest im Verhältnis 9 (VBE) zu 10 (GEW) auf die
übrigen Mitglieder aufgeteilt werden. Der Antragsteller zu 1 teilte mit, diesen
Vorschlag rechtlich überprüfen zu wollen, da er seines Erachtens im Widerspruch
zur Rechtsprechung des Senats stand. Der weitere Beteiligte zu 1 vertagte die
Entscheidung daher zunächst.
5 In seiner Sitzung vom 04.07.2014 konnten die Mitglieder der GEW einerseits und
die Antragsteller als Vertreter des VBE andererseits weiterhin keine Einigung zur
Verteilung der Freistellungsstunden erzielen. Der weitere Beteiligte zu 1 beschloss
daraufhin mit 10:9 Stimmen für das Schuljahr 2014/2015 eine im Wesentlichen
dem Vorschlag des Vorsitzenden entsprechende Verteilung (TOP II.1). Danach
entfielen 25 Stunden auf diesen und 14 Stunden auf Frau ... Von den
verbleibenden 129 Stunden (168 abzgl. 39) wurden in einem ersten Schritt 61
Stunden den Vertretern der GEW (8 x 129/17 ≈ 61) und 68 Stunden den
Antragstellern als den Vertretern des VBE (9 x 129/17 ≈ 68) zugeteilt (vgl. die
Anlage „Freistellungen“ zum Protokoll vom 04.07.2014). Auf Vorschlag des
Vorsitzenden beschloss der weitere Beteiligte zu 1, bei der im zweiten Schritt
vorzunehmenden Verteilung der 129 Freistellungsstunden auf die einzelnen nicht
dem Vorstand angehörenden Mitglieder nach dem Grundsatz „5
Grundfreistellungsstunden plus Zugabe von Stunden für weitere Aufgaben“
vorzugehen (TOP II.2). Dem stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn ... (GEW),
wurden im Ergebnis (aus dem den Vertretern der GEW zugeordneten Kontingent
von 61 Stunden) 22 Stunden zugesprochen.
6 Am 18.12.2014 haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Karlsruhe das
personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und beantragt
festzustellen, dass die durch den weiteren Beteiligten zu 1 in seiner Sitzung vom
04.07.2014 vorgenommene Verteilung der Freistellungen rechtswidrig ist. Mit
Beschluss vom 08.05.2015 hat das Verwaltungsgericht die beantragte
Feststellung getroffen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beschluss des
weiteren Beteiligten zu 1, das ihm zustehende Freistellungskontingent von 168
Wochenstunden in der Weise zu verteilen, dass der GEW-Fraktion 100 (39 zzgl.
61) und der VBE-Fraktion 68 Freistellungsstellungsstunden zugestanden würden,
verstoße gegen § 47b Abs. 4 LPVG (in der Fassung des Gesetzes vom
03.12.2013, GBl. S. 329, ber. 2014, S. 76 , inhaltsgleich neu bekannt
gemacht am 12.03.2015, GBl. S. 221, als § 45 Abs. 4 LPVG ). Nach dieser
Vorschrift seien bei der Freistellung zunächst die von den Gruppenvertretern
gewählten Vorstandsmitglieder, sodann die übrigen Vorstandsmitglieder zu
berücksichtigen (Satz 1). Bei weiteren Freistellungen seien die im Personalrat
vertretenen Wahlvorschläge nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu
berücksichtigen; dabei seien die nach Satz 1 freigestellten Vorstandsmitglieder
anzurechnen (Satz 2). Zu der Satz 2 entsprechenden Vorgängerbestimmung habe
der Senat mit Beschluss vom 24.04.2011 entschieden, dass diese erkennbar ein
Verteilungsprogramm enthalte, „das dem Minderheitenschutz dient. Ferner kann
die Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältniswahl bei Teilfreistellung
mehrerer oder aller Mitglieder eines Personalrats danach nur dazu führen, dass die
Freistellungsstunden unter den Mitgliedern der Personalvertretung im Verhältnis
der auf die im Personalrat vertretenen Wahlvorschläge entfallenden Sitze zu
verteilen sind“. An dieser Rechtsauffassung halte die beschließende Kammer fest.
Danach habe bei einer Teilfreistellung mehrerer Personalratsmitglieder die
Stundenverteilung in der Weise zu geschehen, dass die zur Verfügung stehenden
Stunden den einzelnen Wahlvorschlägen nach ihrem erzielten Anteil der Sitze
zuzurechnen seien, wobei die schon an Vorstandsmitglieder vergebenen Stunden
dem Wahlvorschlag angerechnet würden, unter dem das jeweilige Mitglied gewählt
worden sei. Im hier zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt sei eine Aufteilung
der Freistellungsstunden im Verhältnis 88 GEW (10 x 168 / 19 ≈ 88) zu 80 VBE (9
x 168 / 19 ≈ 80) von Gesetzes wegen zwingend vorgegeben. Soweit der weitere
Beteiligte zu 1 demgegenüber geltend mache, die Freistellung des nicht von den
Gruppenmitgliedern, sondern aus der Mitte des Personalrats gewählten
stellvertretenden Vorsitzenden ... dürfe nicht zu Lasten des Wahlvorschlags der
GEW gehen, dem er angehöre, weshalb eine verhältnismäßige Aufteilung seines
Stundenkontingents (von 22 Wochenstunden) auf die beiden Wahlvorschläge
geboten sei, vermöge die Kammer dem nicht zu folgen. Denn diese Handhabung
führe - entgegen dem unmissverständlichen Wortlaut der Regelung in § 47b Abs. 4
Satz 2 LPVG (a.F.) - zu einer der maßgeblichen „Oberverteilung“ 88 (GEW) zu 80
(VBE) widersprechenden Reduzierung der Freistellungsstunden für die VBE-
Fraktion auf 68 Wochenstunden und zu einer überproportionalen Berücksichtigung
des Wahlvorschlags der GEW mit insgesamt 100 Wochenstunden. Auch sei nichts
dafür ersichtlich, weshalb, wie der weitere Beteiligte zu 1 meine, der
stellvertretende Vorsitzende ... nicht als „übriges Vorstandsmitglied“ im Sinne des §
47b Abs. 4 Satz 1 LPVG (a.F.) anzusehen sein solle. Zu dem vom weiteren
Beteiligten zu 1 gewählten Verteilungsmodus habe der Senat im genannten
Beschluss vom 24.04.2001, dem ein gleichliegender Sachverhalt zugrunde liege,
ausgeführt: „Demgegenüber geht der Einwand des Beteiligten zu 1 fehl, die
Verteilung des Gesamtmaßes der Teilfreistellungen nach dem Listenverhältnis
lasse die Aufgaben des Personalrats und die Belastungen durch Vorstandsarbeit
oder Aufgabenübertragung außer Acht. Denn die durch § 47 Abs. 3 Satz 3 2.
Halbsatz LPVG (damaliger Fassung, inhaltsgleich § 47b Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2
LPVG a.F. und § 45 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 LPVG n.F.) vorgeschriebene
Anrechnung der (…) freigestellten Vorstandsmitglieder liefe leer, wollte man (…) die
im Personalrat vertretenen Wahlvorschläge nach den Grundsätzen der
Verhältniswahl erst nach Abzug des Vorstandskontingents berücksichtigen. Denn
dies führte dazu, dass das Ergebnis der Personalratswahl, das sich auch auf die
Wahl des Vorstands auswirkt, bei Freistellungen potenziert berücksichtigt würde,
was dem Zweck der Vorschrift, dem Minderheitenschutz zu dienen, zuwiderliefe“.
Dem schließe sich die Kammer auch für den vorliegenden Sachverhalt an.
7 Gegen diesen ihm am 18.05.2015 zugestellten Beschluss hat der weitere
Beteiligte zu 1 am 16.06.2015 Beschwerde eingelegt. Das Verwaltungsgericht
habe verkannt, dass es vorliegend nicht um Minderheitenschutz gehe, sondern
darum, die Mitglieder des Wahlvorschlags GEW, soweit sie nicht in den Vorstand
gewählt worden seien, vor Benachteiligung zu schützen. Entgegen der Auffassung
des Verwaltungsgerichts sei der zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählte Herr
... weder „von den Gruppenvertretern gewähltes Vorstandsmitglied“ noch „übriges
Vorstandsmitglied“ (im Sinne der § 47b Abs. 4 Satz 1 LPVG a.F., § 45 Abs. 4 Satz
1 LPVG n.F.). Denn er sei gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 LPVG (n.F., zum Zeitpunkt
der Wahl inhaltsgleich § 33 Abs. 1 Satz 2 LPVG a.F.) einstimmig zum
stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden. Diese „Vorstandmitgliedsvariante“
werde in § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG nicht erwähnt. Dass Herr ... über den
Wahlvorschlag der GEW zu seinem, des weiteren Beteiligten zu 1, Mitglied gewählt
worden sei, sei demnach völlig unerheblich. Es verbiete sich deshalb, ihn im
Rahmen des Proporzes gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 LPVG (n.F.) im Umfange seines
Freistellungskontingents von 22 Wochenstunden zu Lasten des Wahlvorschlags
der GEW zu berücksichtigen. Die vom Verwaltungsgericht für maßgeblich
gehaltene „Oberverteilung“ (88 GEW zu 80 VBE) könne nur nach Maßgabe der
Nichtberücksichtigung des Herrn ... zu Lasten des Freistellungskontingents des
Wahlvorschlags der GEW, jedenfalls nicht ohne anteilmäßige Verteilung dessen
Freistellungskontingents auf beide Wahlvorschläge umgesetzt werden. Alles
andere würde zu einer Benachteiligung der nicht als Vorstandsmitglieder bzw.
stellvertretender Vorsitzender tätigen Mitglieder der GEW führen. Denn für diese
stünden nach der vom Verwaltungsgericht befürworteten „Oberverteilung“ für die
Teilnahme an den Sitzungen des weiteren Beteiligten zu 1 jeweils nur noch 3,85
Stunden zur Verfügung (88 Stunden abzgl. 25 Stunden für den Vorsitzenden Herrn
... [GEW] abzgl. weiterer 14 Stunden für das Vorstandsmitglied Frau ... [GEW]
abzgl. weiterer 22 Stunden für den stellvertretenden Vorsitzenden Herrn ... [GEW] =
27 Stunden, diese aufgeteilt auf die verbleibenden sieben Mitglieder der GEW [27 /
7] ≈ 3,85 Stunden). Den Mitgliedern des weiteren Beteiligten zu 1 vom
Wahlvorschlag des VBE blieben hingegen 8,8 Stunden (80 / 9 ≈ 8,8). Der weitere
Beteiligte zu 1 gehe von einem Zeitaufwand von mindestens fünf Stunden für die
Sitzungsteilnahme aus, der regelmäßig ohnehin nicht ausreiche. Es könne
entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht richtig sein, dass die
Übernahme von Verantwortung im Vorstand des weiteren Beteiligten zu 1 (durch
Mitglieder der GEW) damit bestraft werde, dass die Mitglieder, die dem
Wahlvorschlag der GEW angehörten und nicht Mitglied des Vorstands seien, nicht
einmal die „Grundfreistellung“ von fünf Wochenstunden erhielten. Mit dem
Beschluss des Senats vom 24.04.2001, den das Verwaltungsgericht bemüht habe,
lasse sich hier nicht argumentieren. Denn die „Minderheit“ habe schließlich
einstimmig Herrn ... zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands des
weiteren Beteiligten zu 1 gewählt. Hier werde aus dem „Minderheitenschutz“ die
Diskriminierung der nicht seinem, des weiteren Beteiligten zu 1, Vorstand
angehörenden Mitglieder des Wahlvorschlags der GEW. Dies könne nicht richtig
sein. Das Verwaltungsgericht und die Antragsteller kämen außerdem nur deshalb
nicht von dem Senatsbeschluss vom 24.04.2001 los, weil sie das Gesetz zur
Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -
staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften vom 03.12.2013 (GBl. S. 329, ber.
2014, S. 76) nicht genügend in den Blick nähmen. Die mit diesem Gesetz erfolgte
Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes habe zu einem erheblichen
Aufgabenzuwachs für die Personalräte und ihre Vorstände geführt. Vor diesem
Hintergrund sei es auch zu würdigen, dass die Antragstellerin zu 9 es abgelehnt
habe, den stellvertretenden Vorsitz zu übernehmen. Herr ..., der einstimmig
gewählt worden sei, habe diese Aufgabe hingegen freiwillig seinem
Pflichtbewusstsein folgend übernommen. Die Antragsteller hätten sich mit seiner
Wahl zwar der Arbeit entledigt, wollten aber über den „Proporz“ dafür sorgen, dass
ihnen weiterhin 22 Freistellungsstunden zu eigenen Zwecken verblieben. Die
Freistellung von Herrn ... als stellvertretendem Vorsitzenden sei auch ihrem
Umfang nach unbedenklich. Denn er, der weitere Beteiligte zu 1, vertrete ca. 2.700
Beamte und ca. 300 Arbeitnehmer.
8 Der weitere Beteiligte zu 1 beantragt - nachdem die Antragsteller ihren
erstinstanzlichen Antrag dahingehend umgestellt haben, dass sie beantragen
festzustellen, dass eine Verteilung der Freistellungen der Personalratsmitglieder
wie vom weiteren Beteiligten zu 1 in seiner Sitzung vom 04.07.2014 vorgenommen
rechtswidrig ist -,
9
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 08. Mai 2015 - PL 12 K
4245/14 - zu ändern und den Antrag abzulehnen.
10 Die Antragsteller beantragen,
11 die Beschwerde zurückzuweisen.
12 Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss und führen aus, der Vortrag des
weiteren Beteiligten zu 1 sei schon nicht nachvollziehbar. Er mache geltend, das
überobligatorische Engagement von Herrn ..., der als stellvertretender Vorsitzender
mit 22 Wochenstunden freigestellt worden sei, könne nicht zu Lasten der
verbleibenden sieben und ohne ausdrückliche Funktion versehenen
Personalratsmitglieder der GEW gehen. Selbst wenn man diesem Gedankengang
folgen wolle, sei nicht nachvollziehbar, weshalb den Personalratsmitgliedern aus
dem Wahlvorschlag des VBE mit dem Beschluss vom 04.07.2014 (mit der
Zuteilung von 68 statt 80 Stunden) insgesamt 12 Stunden genommen worden
seien, obwohl 8 Stunden mehr für die verbleibenden sieben „einfachen“ Mitglieder
der GEW ausreichend gewesen wären, um diesen das angenommene
Mindestfreistellungskontingent von 5 Stunden zur Verfügung zu stellen. Schon
nach dem eigenen Vortrag des weiteren Beteiligten zu 1 schieße der Beschluss
vom 04.07.2014 also über das Ziel hinaus und könne damit in keinem Fall rechtlich
Bestand haben. Davon unabhängig resultiere der vom weiteren Beteiligten zu 1
geschilderte „Freistellungsnotstand“ der verbleibenden sieben „einfachen“
Mitglieder der GEW alleine daraus, dass dem stellvertretenden Vorsitzenden zur
Erfüllung seiner Aufgaben stolze 22 Freistellungsstunden und damit ganze 8
Freistellungsstunden mehr als dem Vorstandsmitglied Frau ... zugestanden
worden seien, die nur mit 14 Freistellungsstunden bedacht worden sei. Es bleibe
völlig schleierhaft, weshalb der stellvertretende Vorsitzende für seine Arbeit
annähernd ebenso viele Freistellungsstunden benötige wie der Vorsitzende selbst.
Dies gelte umso mehr, als sich der Umfang der Vertretungsbefugnis eines
stellvertretenden Vorsitzenden, soweit er nicht dem Vorstand angehöre, auf die
Funktionen im Amt des Vorsitzenden und nicht auch dessen Funktion als
Vorstandsmitglied beschränke. Halte man sich vor Augen, dass der
stellvertretende Vorsitzende vom Wahlvorschlag der GEW komme, diese Aufgabe
freiwillig übernommen habe und über die Verteilung des Freistellungskontingents
mit der Mehrheit der Mitglieder der GEW entschieden worden sei, liege der
Verdacht nahe, dass der beschriebene „Freistellungsnotstand“ für die sieben
„einfachen“ Personalratsmitglieder der GEW ein „gemachter“ sei, um eine
Beschneidung des gesetzlich vorgesehenen Freistellungskontingents der
Antragsteller als Minderheitsfraktion rechtfertigen zu können. Auch die vom
Beschwerdeführer geschilderte Gesetzeslücke (gemeint: der Umstand, dass § 47b
Abs. 4 LPVG a.F., § 45 Abs. 4 LPVG n.F. den - wie hier - nicht dem Vorstand
angehörenden stellvertretenden Vorsitzenden nicht erwähnt) gebe es nicht. Es sei
die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, in § 47b Abs. 4 Satz 2 LPVG a.F.
nur die Vorstandsmitglieder in die dortige Anrechnungsregelung einzubeziehen.
Denn nur die Arbeit des Vorstands bedürfe eines besonderen Schutzes bei der
Zuteilung des Freistellungskontingents, obliege dem Vorstand doch die Führung
der gesamte laufenden Geschäfte des Personalrats. Schon der stellvertretende
Vorsitzende werde, wenn er nicht zugleich Mitglied des Vorstands sei, von diesem
besonderen Schutz ausgenommen. Das sei zu Recht geschehen, sei er doch
lediglich Sprachrohr und Vollzugsorgan des Personalrats. Dies müsse umso mehr
für alle weiteren Personalratsmitglieder ohne besondere Funktion gelten. Nach der
gesetzgeberischen Intention solle es dem Geschick des Personalrats überlassen
sein, das nach der Anrechnung verbleibende Freistellungskontingent im Zuge der
vertrauensvollen Zusammenarbeit sinnvoll zu verteilen. Sofern eine auskömmliche
Verteilung überhaupt nicht möglich sei, biete das Gesetz immer noch die
Möglichkeit, mit der Dienststelle ein höheres Freistellungskontingent zu
vereinbaren. Dass der weitere Beteiligte zu 1 diese Option nicht einmal in
Erwägung gezogen habe, sage alles: Ihm scheine klar zu sein, dass er den infolge
der Zuteilung von 22 Freistellungsstunden auf den stellvertretenden Vorsitzenden
selbst geschaffenen „Freistellungsnotstand“ für die sieben Mitglieder der GEW
ohne besondere Funktion gegenüber der Dienststelle nie und nimmer schlüssig
erklären könne.
13 Die weitere Beteiligte zu 2 hat keinen Antrag gestellt. Sie führt aus, der weitere
Beteiligte zu 1 habe den Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht umgesetzt und
am 03.07.2015 für das laufende Schuljahr 2015/2016 wieder eine rechtswidrige
Verteilung der Freistellungsstunden beschlossen.
14 Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf
sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird ergänzend
Bezug genommen.
II.
15 Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 ist nach § 92 Abs. 2 LPVG in der
hier anzuwendenden - im Folgenden nur noch zitierten - Fassung der
Neubekanntmachung vom 12.03.2015 (GBl. S. 221) i.V.m. § 87 Abs. 1 ArbGG
statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist insbesondere in der nach § 89 Abs. 1 und
2 ArbGG vorgeschriebenen Form und nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG fristgerecht erhoben und begründet worden.
16 Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Antrag der Antragsteller ist
zulässig (1.) und begründet (2.).
17 1. Der Antrag ist nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 LPVG zulässig. Nach dieser Vorschrift
entscheiden die Verwaltungsgerichte unter anderem über die Zuständigkeit und
Geschäftsführung der Personalvertretungen. Dieser Tatbestand erfasst auch
Streitigkeiten über - wie hier - personalvertretungsrechtliche Freistellungen (vgl.
Leuze/Wörz/Bieler, Personalvertretungsrecht in Baden-Württemberg, § 86 LPVG
<1990> RdNrn. 18, 21).
18 Das notwendige Feststellungsinteresse besteht ungeachtet des Umstands, dass
sich der den Streit auslösende Beschluss vom 04.07.2014 auf das Schuljahr
2014/2015 bezog und dieses inzwischen abgelaufen ist. Denn in
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kann auch nach einer
Erledigung des „eigentlichen“ Streitfalls die dem Vorgang zu Grunde liegende
Streitfrage noch der Klärung durch eine gerichtliche Feststellung zugeführt werden,
wenn sie künftige Sachverhalte betrifft, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt
des Anlass gebenden konkreten Vorgangs entsprechen und im Wesentlichen
dieselben Rechtsfragen aufwerfen. Ein solches Begehren hat der jeweilige
Antragsteller spätestens mit seinem in der letzten Tatsacheninstanz gestellten
Antrag deutlich zu machen (BVerwG, Beschlüsse vom 29.01.1996 - 6 P 45.93 -,
Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 69, und vom 23.03.1999 - 6 P 10.97 -, BVerwGE
108, 347; Senatsbeschluss vom 20.01.2015 - PL 15 S 1102/14 -, ZfPR 2015, 39,
m.w.N.). Dies ist hier geschehen.
19 Ein Rechtsschutzbedürfnis für ein vom konkreten Vorgang losgelöstes Begehren
ist allerdings nur dann gegeben, wenn sich die strittige und
entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwischen denselben Verfahrensbeteiligten
auch in künftigen vergleichbaren personalvertretungsrechtlichen Verfahren mit
einiger - mehr als nur geringfügiger - Wahrscheinlichkeit erneut stellen wird
(BVerwG, Beschluss vom 17.09.1996 - 6 P 5.94 -, ZfPR 1997, 9). Diese
Voraussetzungen liegen hier vor. Aus Anlass des konkreten Falls stellt sich die
verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage, ob eine Verteilung der Freistellungen der
Personalratsmitglieder wie vom weiteren Beteiligten zu 1 in seiner Sitzung vom
04.07.2014 vorgenommen rechtswidrig ist. Die Antragsteller haben ein darauf
bezogenes schutzwürdiges Feststellungsinteresse. Denn der weitere Beteiligte zu
1 hält an seiner dem Beschluss vom 04.07.2014 zugrunde liegenden
Rechtsauffassung auch über das Schuljahr 2014/2015 hinaus fest, wie sein für
das Schuljahr 2015/2016 gefasster Beschluss vom 03.07.2015 zeigt.
20 2. Der Antrag ist auch begründet.
21 Eine Verteilung der Freistellungen der Personalratsmitglieder wie vom weiteren
Beteiligten zu 1 in seiner Sitzung vom 04.07.2014 vorgenommen ist, wie das
Verwaltungsgericht bezogen auf diesen Beschluss zu Recht festgestellt hat,
rechtswidrig. Der Senat folgt der Begründung der angefochtenen Entscheidung,
die er sich nach Maßgabe der folgenden Ausführungen zu eigen macht (§ 92 Abs.
2 LPVG i.V.m. § 87 Abs. 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG und § 540 Abs. 1 ZPO). Das
Beschwerdevorbringen des weiteren Beteiligten zu 1 rechtfertigt keine andere
Entscheidung.
22 a) Nach § 45 Abs. 1 LPVG sind die Mitglieder eines Personalrats mit - wie hier - 19
Mitgliedern auf Antrag des Personalrats im Umfang von sechs
Vollzeitbeschäftigten freizustellen, wobei entsprechende Teilfreistellungen zulässig
sind. Werden Teilfreistellungen mehrerer Mitglieder vorgenommen, ist in dem
vorliegend betroffenen Bereich der Grund-, Haupt-, Werkreal-, Real-,
Gemeinschafts- und Sonderschulen von einer durchschnittlichen wöchentlichen
Unterrichtsverpflichtung von 28 Wochenstunden auszugehen (vgl. Nr. V.1 Satz 2
der Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums „Anrechnungsstunden und
Freistellungen für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen“ vom 06.06.2014 - Az.: 14-
0301.620/1444 -, K.u.U. 2014, S. 96).
23 Wie die dem weiteren Beteiligten zu 1 damit insgesamt zur Verfügung stehenden
168 (28 x 6) Freistellungsstunden auf seine Mitglieder verteilt werden, hat er selbst
nach eigenem Ermessen zu entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 29.09.1992 -
15 S 1685/91 -, PersV 1997, 507). Die grundsätzliche Dispositionsfreiheit des
Personalrats bei der Auswahl der dem Dienststellenleiter zur Freistellung zu
benennenden Personalratsmitglieder besteht allerdings nur in den Grenzen des §
45 Abs. 4 LPVG (vgl. Senatsbeschluss vom 29.09.1992, a.a.O., zum
inhaltsgleichen § 47 Abs. 3 Satz 2 und 3 LPVG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 20.12.1990 ).
24 Nach dem ermessensbegrenzenden § 45 Abs. 4 LPVG sind bei der Freistellung
zunächst die von den Gruppenvertretern gewählten Vorstandsmitglieder, sodann
die übrigen Vorstandsmitglieder zu berücksichtigen (Satz 1). Bei weiteren
Freistellungen sind die im Personalrat vertretenen Wahlvorschläge nach den
Grundsätzen der Verhältniswahl zu berücksichtigen; dabei sind die nach Satz 1
freigestellten Vorstandsmitglieder anzurechnen (Satz 2). Durch diese
Bestimmungen wird dem Personalrat zum einen eine bestimmte Reihenfolge
vorgeschrieben: Er hat zunächst die nach § 28 Abs. 1 Satz 2 und 3 LPVG
bestimmten Vorstandsmitglieder, d.h. die von den Vertretern der Gruppen in den
Vorstand gewählten Mitglieder - die sog. Gruppenvorstandsmitglieder -, sodann
etwaige nach § 28 Abs. 2 LPVG vom Personalrat in den Vorstand zugewählte
Mitglieder, die sog. Ergänzungsmitglieder, und schließlich weitere, nämlich
einfache, nicht dem Vorstand angehörende Mitglieder des Personalrats zu
berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 29.09.1992, a.a.O., zu §§ 32 f. LPVG
1990). Über diese Dreiteilung und Abstufung hinaus enthält § 45 Abs. 4 Satz 2
LPVG zum anderen ein Verteilungsprogramm, das dem Minderheitenschutz dient.
Dieses Programm gebietet es dem Personalrat, die Freistellungsstunden unter den
Mitgliedern der Personalvertretung im Verhältnis der auf die im Personalrat
vertretenen Wahlvorschläge entfallenden Sitze zu verteilen (vgl. Senatsbeschluss
vom 24.04.2001, a.a.O., zum inhaltsgleichen § 47 Abs. 3 Satz 3 LPVG in der
Fassung der Bekanntmachung vom 01.02.1996, GBl. S. 205, damals zuletzt
geändert durch Gesetz vom 06.12.1999, GBl. S. 517 ). Das
bedeutet, dass, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, die
Verteilung der Freistellungsstunden bei Teilfreistellung mehrerer
Personalratsmitglieder in der Weise zu geschehen hat, dass die dem Personalrat
insgesamt zur Verfügung stehenden Stunden den einzelnen Wahlvorschlägen
nach ihrem erzielten Anteil der Sitze zuzurechnen und dass dabei die an
Vorstandsmitglieder - d.h. an die Gruppen- und ggf. an die Ergänzungsmitglieder -
vergebenen Stunden dem Wahlvorschlag anzurechnen sind, über den das
jeweilige Mitglied gewählt wurde. Für die Zwecke dieser Berechnung können die
Wahlvorschläge für Beamte einerseits und Arbeitnehmer andererseits
gruppenübergreifend nach dem verbandspolitischen Urheber zusammengefasst
werden, denn dem Gruppenprinzip ist bereits dadurch hinreichend Rechnung
getragen, dass nach § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG zunächst die jeweiligen
Gruppenvertreter des Vorstands freizustellen sind (vgl. zu Letzterem
Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 12. Aufl., § 46 RdNr. 22; Noll, in: Altvater u.a.,
BPersVG, 8. Aufl., § 46 RdNr. 65 i.V.m. § 33 RdNr. 5 f.; wohl auch Fischer/Goeres,
in: Fürst, GKÖD, BD. V., § 46 BPersVG RdNr. 53e: „ohne Rücksicht auf die
Gruppen“; im Ergebnis ebenso Senatsbeschluss vom 24.04.2001, a.a.O.). Die
Anwendung des (d’Hondt’schen) Höchstzahlverfahrens ist bei der Berechnung
nicht geboten, denn § 45 Abs. 4 LPVG schreibt dies - anders als § 46 Abs. 3 Satz
2 BPersVG - nicht vor.
25 Nach diesen Grundsätzen sind die dem weiteren Beteiligten zu 1 im vorliegenden
Fall zur Verfügung stehenden 168 Stunden, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls
zutreffend festgestellt hat, im Verhältnis von 88 Stunden für die Mitglieder der GEW
(10 x 168 / 19 ≈ 88) zu 80 Stunden für die Antragsteller als Mitglieder des VBE (9 x
168 / 19 ≈ 80) aufzuteilen (vgl. auch zur Berechnung Senatsbeschluss vom
24.04.2001, a.a.O.). Da die beiden Vorstandsmitglieder - der Vorsitzende Herr ...
als Gruppenvorstandsmitglied der Beamten und Frau ... als
Gruppenvorstandsmitglied der Arbeitnehmer - beide über die Wahlvorschläge der
GEW gewählt wurden, sind deren Freistellungsstunden auf das den Mitgliedern der
GEW insgesamt zustehende Kontingent von 88 Stunden anzurechnen. Wenn sich
der weitere Beteiligte zu 1 - was insoweit in seinem freien Ermessen steht - dazu
entschließt, die beiden Vorstandsmitglieder im Umfang von 25 bzw. 14 Stunden,
insgesamt damit 39 Stunden, freizustellen, zieht dies die gesetzlich zwingende
Folge nach sich, dass von dem den Mitgliedern der Wahlvorschläge der GEW zur
Verfügung stehenden 88 Freistellungstunden 49 Stunden verbleiben, die der
weitere Beteiligte zu 1 - insoweit wieder nach seinem Ermessen - auf die übrigen
acht Mitglieder der GEW verteilen kann. Diese gesetzlichen Grenzen hält der
Beschluss des weiteren Beteiligten zu 1 vom 04.07.2014 nicht ein. Denn er hat das
ihm zustehende Freistellungskontingent von insgesamt 168 Wochenstunden nicht
in dem - dem Ausgang der Personalratswahl entsprechenden - Verhältnis von
88:80 (10:9), sondern im Verhältnis vom 100:68 (≈ 9:6) auf die Mitglieder der GEW
einerseits und die Antragsteller als Vertreter des VBE andererseits aufgeteilt. Damit
hat er das Gebot der Berücksichtigung der Wahlvorschläge nach dem Grundsatz
der Verhältniswahl aus § 45 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 LPVG verletzt.
26 b) Ohne Erfolg wendet der weitere Beteiligte zu 1 ein, das Verwaltungsgericht habe
den stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn ... (GEW), zu Unrecht als „übriges
Vorstandsmitglied“ im Sinne des § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG eingeordnet; da dieser
tatsächlich nicht unter § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG falle, verbiete es sich, ihn „im
Rahmen des Proporzes“ nach § 45 Abs. 4 Satz 2 LPVG zu berücksichtigen. Dieser
Einwand geht an der Sache vorbei.
27 Der weitere Beteiligte zu 1 weist zwar zu Recht darauf hin, dass der
stellvertretende Vorsitzende Herr ... weder ein „Gruppenvorstandsmitglied“ im
Sinne der ersten Alternative des § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG noch ein
„Ergänzungsmitglied“ („übriges Mitglied“) des Vorstands im Sinne der zweiten
Alternative des § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG ist. Denn er ist nicht in den Vorstand
gewählt und diesem auch nicht zugewählt worden (vgl. § 28 Abs. 1 und 2 LPVG).
Dementsprechend wurde er aus den Reihen der nicht dem Vorstand
angehörenden Mitglieder gewählt (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LPVG und
dazu: Käßner, in Rooschüz/Bader, Landespersonalvertretungsgesetz für Baden-
Württemberg, 15. Aufl., § 29 RdNr. 4).
28 Die fehlende Mitgliedschaft im Vorstand hat aber lediglich zur Folge, dass der
weitere Beteiligte zu 1 nicht verpflichtet ist, dem stellvertretenden Vorsitzenden
(überhaupt) einen Freistellungsanteil zuzuordnen, da dieser mangels
Vorstandsmitgliedschaft nicht unter das Gebot des § 45 Abs. 4 Satz 1 LPVG fällt,
Vorstandsmitglieder vorrangig freizustellen. Entscheidet sich der weitere Beteiligte
zu 1 - wie in seinem Beschluss vom 04.07.2014 geschehen -, dennoch dazu, dem
stellvertretenden Vorsitzenden Freistellungsstunden zuzuordnen, stehen ihm dafür
- wie bei allen anderen Mitgliedern auch - lediglich diejenigen Stunden zu, die auf
das Kontingent des Wahlvorschlags entfallen, dem der stellvertretende
Vorsitzende angehört. Der vom weiteren Beteiligten zu 1 hervorgehobene
Umstand, dass der stellvertretende Vorsitzende im vorliegenden Fall kein
Vorstandsmitglied ist, ist daher für die Anwendung des Verteilungsprogramms aus
§ 45 Abs. 4 Satz 2 LPVG ohne Belang.
29 c) Soweit der weitere Beteiligte zu 1 einwendet, die Anwendung der Vorgaben aus
§ 45 Abs. 4 Satz 2 LPVG führe im vorliegenden Fall dazu, dass der stellvertretende
Vorsitzende und die übrigen einfachen Mitglieder vom Wahlvorschlag der GEW
dafür „bestraft“ würden, dass sie in besonderem Maße - durch die Besetzung des
Vorstands und die Übernahme sowohl des Vorsitzes als auch des
stellvertretenden Vorsitzes - Verantwortung im Personalrat übernommen hätten,
dringt er auch damit nicht durch. Er vertritt mit diesem Einwand der Sache nach die
Auffassung, von dem Gebot der Berücksichtigung der Wahlvorschläge nach dem
Grundsatz der Verhältniswahl aus § 45 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 LPVG müsse dann
abgewichen werden dürfen, wenn ein Personalrat über einen zweiköpfigen
Vorstand (§ 28 Abs. 1 LPVG) und einen nicht aus dem Kreis der
Vorstandsmitglieder gewählten stellvertretenden Vorsitzenden (§ 29 Abs. 1 Satz 2
Halbs. 2 LPVG) verfüge und diese drei Funktionsträger demselben Wahlvorschlag
oder Berufsverband angehörten. Für diese Auffassung bietet das geltende Recht
jedoch keine Grundlage, auch wenn der Senat sieht, dass Vertreter der GEW hier
in besonderer Weise Verantwortung übernommen haben.
30 Die Freistellung von Personalratsmitgliedern soll eine wirksame Erfüllung der der
Personalvertretung obliegenden Aufgaben und Befugnisse sicherstellen. Sie dient
dazu, dass die außerhalb von Sitzungen anfallenden Geschäfte ordnungs- und
sachgemäß wahrgenommen werden können (vgl. Ilbertz/Widmaier/Sommer,
a.a.O., § 46 RdNr. 13, m.w.N.; Leuze/Wörz/Bieler, a.a.O., § 47 LPVG <1990> RdNr.
31), zu denen insbesondere die Vorbereitung und Durchführung der vom
Personalrat zu fassenden oder gefassten Beschlüsse gehören (vgl.
Leuze/Wörz/Bieler, a.a.O.). Angesichts dieses Zwecks der Freistellung ist es
rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Personalrat im Rahmen des ihm
zustehenden Ermessens dazu entschließt, diejenigen Personalratsmitglieder -
auch wenn sie demselben Wahlvorschlag angehören -, die sich zur Übernahme
solcher Aufgaben in besonderem Maße bereit erklärt haben, bei der Verteilung der
Freistellungen auch entsprechend zu berücksichtigen.
31 Allerdings hat der Personalrat auch insoweit die gesetzlichen Grenzen seines
Ermessens zu beachten. Zu diesen Grenzen zählt, wie gezeigt, das Gebot der
Berücksichtigung der Wahlvorschläge nach dem Grundsatz der Verhältniswahl.
Dieses Gebot gilt nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 LPVG
ausnahmslos. Der Gesetzgeber hat dieses Gebot unter keinen Vorbehalt gestellt,
sondern als zwingende Ist-Vorschrift ausgestaltet. Es besteht auch kein
Ansatzpunkt dafür, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift entgegen dem
Wortlaut zu reduzieren. Denn die ausnahmslose Geltung dieses Gebots entspricht
dem vom Landesgesetzgeber mit der Vorschrift verfolgten Zweck:
32 Der Gesetzgeber hat entschieden, dass die Wahl des Personalrats, wenn dazu
mehrere Wahlvorschläge eingereicht werden, nach dem Grundsatz der
Verhältniswahl stattfindet (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LPVG). Dieses Wahlsystem soll -
ähnlich wie im Parlamentswahlrecht - sicherstellen, dass der Anteil an den Sitzen
in der Personalvertretung in möglichst genauer Übereinstimmung mit dem
Stimmenanteil der verschiedenen berufsständischen und gewerkschaftlichen
Organisationen und der von ihnen vertretenen berufs- und personalpolitischen
Auffassungen steht. Der Gesetzgeber hat dieses System als sachgerecht
anerkannt und damit verbundene Nachteile - etwa eine Einbuße an
Geschlossenheit im Personalrat - im Interesse einer Repräsentanz auch kleinerer
Minderheiten in Kauf genommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.03.1982 - 2 BvL
1/81 -, BVerfGE 60, 162; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O., § 19 RdNr. 27, m.w.N.;
zum Ziel des Minderheitenschutzes auch Senatsbeschluss vom 24.04.2001,
a.a.O.). Der Erreichung dieser Ziele dient auch das Gebot der Berücksichtigung
der Wahlvorschläge nach dem Grundsatz der Verhältniswahl aus § 45 Abs. 4 Satz
2 Halbs. 2 LPVG. Die damit im Einzelfall bei der Verteilung der Freistellungsanteile
- möglicherweise - verbundenen praktischen Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber
hingenommen und hinter das Interesse an einer genauen Abbildung des
Wahlergebnisses zurückgestellt. Unzulässig ist es deshalb, solche Schwierigkeiten
gerade dadurch zu beheben, dass - wie es der Beteiligte zu 1 im vorliegenden Fall
praktiziert hat - das Ergebnis der Verhältniswahl bei der Verteilung der
Freistellungsanteile missachtet wird.
33 Es bleibt damit den in einen Personalrat gewählten Mitgliedern eines
Wahlvorschlags in jedem Einzelfall überlassen zu entscheiden, ob die mit der
Übernahme von gegebenenfalls mehreren besonderen Funktionen im Personalrat
verbundenen Vorteile die damit verbundenen Nachteile ihres Erachtens
überwiegen und sie deshalb zur Ausübung dieser (aller) Funktionen bereit sind.
Sie haben hierbei jedoch nicht die Möglichkeit, die Funktionen zu übernehmen und
die damit ihres Erachtens verbundenen Nachteile anschließend dadurch zu
kompensieren, dass sie Freistellungsanteile wählen, die das Verhältnis der auf die
verschiedenen Wahlvorschläge entfallenden Stimmenanteile konterkarieren. Eine
solche Handlungsoption hat der Gesetzgeber nicht eröffnet.
34 d) Soweit der weitere Beteiligte zu 1 sinngemäß einwendet, jedenfalls im
vorliegenden Einzelfall müsse etwas anderes gelten und müssten die dem
stellvertretenden Vorsitzenden Herrn ... (GEW) zugeordneten Freistellungsstunden
auch aus dem Kontingent des VBE entnommen werden, weil Herr ... einstimmig,
d.h. auch mit den Stimmen des VBE zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt
worden sei, verfängt auch dieser Einwand nicht. Die Antragsteller haben mit ihrem
Votum in der Sitzung vom 06.06.2014 zum TOP II.4.c („[Wahl des]
stellvertretenden Vorsitzenden“) zum Ausdruck gebracht, dass sie Herrn ... zum
stellvertretenden Vorsitzenden wählen. Mit dieser auf die Geschäftsführung des
weiteren Beteiligten zu 1 bezogenen Entscheidung war jedoch keine Aussage
über die Verteilung von Freistellungen verbunden. Bei der Bestimmung des
Vorsitzes eines Personalrats und der Verteilung von Freistellungen handelt es sich
um rechtlich eigenständige Regelungsgegenstände (vgl. den im Dritten Abschnitt
des Zweiten Teils des Landespersonalvertretungsgesetzes stehenden § 28
einerseits und den im Vierten Abschnitt stehenden § 45 andererseits), die der
weitere Beteiligte zu 1 dementsprechend auch als jeweils eigene
Tagesordnungspunkte behandelt und über die er getrennte Beschlussfassungen
herbeigeführt hat.
35 e) Ohne Erfolg bleibt der sinngemäße Einwand des weiteren Beteiligten zu 1, die
Bindung an das Verteilungsprogramm aus § 45 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 LPVG gelte
(auch) deshalb inzwischen nicht mehr ausnahmslos, weil, was das
Verwaltungsgericht übersehen habe, das Gesetz zur Änderung des
Landespersonalvertretungsgesetzes, des Landesrichter- und -
staatsanwaltsgesetzes und anderer Vorschriften vom 03.12.2013 (GBl. S. 329, ber.
2014, S. 76) den Personalräten und ihren Vorständen mehr Aufgaben zugeteilt
habe.
36 Es trifft zu, dass den Personalvertretungen mit diesem Änderungsgesetz u.a. neue
Beteiligungsrechte eingeräumt sowie ihre Informations- und Initiativrechte
ausgebaut wurden und dass dies mit umfangreicheren Aufgaben verbunden sein
kann (vgl. dazu die Begründung des Entwurfs der Landesregierung zu dem
genannten Änderungsgesetz, LT-Drs. 15/4224, S. 2, 79 ff.). Diesem neuen
Aufgabenzuschnitt hat der Gesetzgeber jedoch bereits dadurch Rechnung
getragen, dass er die Freistellungsansprüche der Personalvertretungen „neu
bemessen“ (LT-Drs. 15/4224, S. 80), d.h. im Vergleich zur vorherigen Rechtslage
ausgeweitet hat (vgl. LT-Drs. 15/4224, S. 82, 111 ff.). Für die Annahme des
weiteren Beteiligten zu 1, dass der Gesetzgeber wegen der neuen Aufgaben der
Personalräte darüber hinaus auch Freistellungen ihrer Mitglieder ermöglichen
wollte, mit denen das Ergebnis der jeweiligen Verhältniswahl konterkariert wird,
besteht hingegen keine Grundlage. Der Gesetzesbegründung ist im Gegenteil zu
entnehmen, dass der Gesetzgeber die heute in § 45 Abs. 4 LPVG enthaltenen
Bestimmungen zur Begrenzung des Verteilungsermessens des Personalrats mit
lediglich redaktionellen Änderungen - d.h. inhaltlich unverändert - aus dem zuvor
maßgeblichen Recht in das geänderte Landespersonalvertretungsrecht
übernehmen wollte (vgl. LT-Drs. 15/4224, S. 82, zu § 47b Abs. 4 des Entwurfs).
37 f) Ebenfalls ohne Erfolg macht der weitere Beteiligte zu 1 auf die Rüge der
Antragsteller, er habe den bezogen auf die „einfachen“ Mitglieder der GEW
geschilderten „Freistellungsnotstand“ durch die Bemessung des vergleichsweise
hohen Freistellungsanteils für den stellvertretenden Vorsitzenden ... mit 22
Stunden selbst verursacht, geltend, der Umfang der Freistellung von Herrn ... sei
unbedenklich, weil er, der weitere Beteiligte zu 1, gut 3.000 Beschäftigte vertrete.
Dieser Einwand führt nicht weiter. Der Beschluss des weiteren Beteiligten zu 1 vom
04.07.2014 ist nicht deshalb rechtswidrig, weil er dem stellvertretenden
Vorsitzenden (im zweiten Schritt) 22 Freistellungsstunden zugeteilt, sondern weil er
das Gesamtkontingent von 168 Stunden schon im ersten Schritt rechtsfehlerhaft
auf die Vertreter der jeweiligen Wahlvorschläge verteilt hat.
38 3. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht
zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 92 Abs. 2 LPVG
i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).