Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 18.11.2015

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VGH Baden-Württemberg Urteil vom 18.11.2015, 8 S 2322/12
Bindungsumfang des Normenkontrollgerichts bei Ablauf der Frist aus BauGB §
215 Abs 1
Leitsätze
Bei der Prüfung, ob ein Bebauungsplan wegen eines Fehlers im Abwägungsergebnis
unwirksam ist, ist das Normenkontrollgericht auch dann nicht auf das von der
planenden Gemeinde ermittelte und bewertete Abwägungsmaterial beschränkt, wenn
Mängel bei dessen Ermittlung und Bewertung gemäß § 2 Abs. 3 BauGB wegen des
erfolglosen Ablaufs der Frist aus § 215 Abs. 1 BauGB nicht mehr gerügt werden
können. Das Normenkontrollgericht ist insbesondere nicht an die von der planenden
Gemeinde ermittelten Tatsachen gebunden.
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller zu 1 und 2, die Antragsteller zu 6 und 7, die Antragsteller zu 8 und 9,
die Antragsteller zu 10 und 11, die Antragsteller zu 12 und 13, die Antragsteller zu 17
und 18, die Antragsteller zu 19 und 20, die Antragsteller zu 21 und 22 sowie die
Antragsteller zu 23 und 24 - untereinander jeweils als Gesamtschuldner - und die
Antragsteller zu 3, 4, 5, 14, 15, 16, 25, 26, 27, 28 und 29 tragen die Kosten des
Verfahrens zu je einem Zwanzigstel.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan 35/15 Heilbronn-
Böckingen/Neckargartach/Frankenbach/Klingenberg, Saarlandstraße der
Antragsgegnerin, der Grundlage für den Ausbau und die Verlängerung der
Saarlandstraße ist.
2 Die B 39 verläuft von Ost nach West durch die Innenstadt der Antragsgegnerin.
Unmittelbar nach der Überquerung des Neckars und des Kanalhafens auf der
Peter-Bruckmann-Brücke erreicht sie den Saarlandkreisel, wo sie von der
Neckartalstraße (L 1100) gekreuzt wird. Die B 39 durchquert von dort aus unter
dem Namen Saarlandstraße auf einer Länge von ca. 1.300 m die
Kreuzgrundsiedlung in Ost-West-Richtung und schwenkt an deren Westrand an
der Einmündung der von Südosten kommenden Heidelberger Straße nunmehr
unter dem Namen Saarbrückener Straße nach Nordwesten in Richtung des
Ortsteils Frankenbach. Die mit der B 39 über die Heidelberger und die
Neckartalstraße verbundene B 293 (Großgartacher Straße) durchquert ca. 1.200 m
südlich der Saarlandstraße den Stadtteil Böckingen in Richtung Leingarten.
3 Der streitige Bebauungsplan 35/15 Heilbronn-Böckingen/Neckargartach/
Frankenbach/Klingenberg, Saarlandstraße (Bebauungsplan) ist die
Rechtsgrundlage für den vierspurigen Ausbau der Saarlandstraße von der
Einmündung der Römerstraße im Osten (unmittelbar westlich des
Saarlandkreisels) bis zur Kreuzung mit der Saarbrückener-/Heidelberger Straße im
Westen und für die anschließende Verlängerung der Saarlandstraße als
Gemeindestraße gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG bis zur Grenze mit der Gemeinde
Leingarten. Die verlängerte Saarlandstraße soll - auf eigenständiger
planungsrechtlicher Grundlage - auf dem Gebiet der Gemeinde Leingarten bis zur
B 293 weitergeführt werden.
4 Der Bebauungsplan erstreckt sich auf die räumlich getrennten Teilgebiete A, B, C,
D und E. Das Teilgebiet A umfasst die Fläche für die eigentliche
Straßenbaumaßnahme und bezieht die angrenzenden Baugrundstücke mit ein,
um dort Festsetzungen im Hinblick auf passive Lärmschutzmaßnahmen zu treffen
(vgl. Textteil A, planungsrechtliche Festsetzungen, Nr. 5.2 - 5.6). Es beginnt im
Osten ca. 50 m östlich der Einmündung der von Norden kommenden Römerstraße
und reicht im Westen bis an die Grenze der Gemarkung der Antragsgegnerin zu
der benachbarten Gemeinde Leingarten. Der Bebauungsplan sieht vor, dass die
durch bebautes Gebiet verlaufende Saarlandstraße auf 6,50 m je Fahrtrichtung mit
einer baulichen Mitteltrennung (Grünstreifen mit Bäumen) ausgebaut werden soll.
An der Kreuzung mit der Saarbrückener Straße und der Heidelberger Straße ist
eine elipsenförmige Ausweitung der baulichen Mitteltrennung vorgesehen, um so
einen optisch und gestalterisch wirksamen Stadteingang zu schaffen. Die von
Südosten kommende Heidelberger Straße soll östlich und die - im Vergleich zu
ihrem bisherigen Verlauf nach Westen zu verschwenkende - Saarbrückener
Straße westlich davon in die Saarlandstraße einmünden. In Höhe der Heidelberger
Straße beginnt die durch unbebautes Gelände verlaufende Verlängerung der
Saarlandstraße (Neubaustrecke). Der Bebauungsplan setzt fest, dass sie
zunächst auf einer Länge von ca. 750 m in West-Ost-Richtung verläuft und sodann
nach Süd-Westen verschwenkt wird, bis sie unmittelbar nordwestlich des
Gewerbegebietes Böckingen-West die Grenze der Gemarkung zum Nachbarort
Leingarten erreicht.
5 Im Bereich aller in die Bestandsstrecke der Saarlandstraße einmündenden
Straßen (von Ost nach West: Römerstraße/Neckargartacher Straße, Im
Kreuzgrund, Am Gesundbrunnen, Heidelberger Straße/Saarbrückener Straße)
sind Verbreiterungen über 6,50 m hinaus (für Abbiegespuren) vorgesehen. Das
Linksabbiegen wird jeweils durch eine Unterbrechung des Mittelstreifens
ermöglicht. Zur Verbindung der Florian-Geyer-Straße mit der Straße Im Kreuzgrund
(Parallelstraßen zur Saarlandstraße unmittelbar nördlich bzw. südlich im
Plangebiet) sieht der Plan den Bau einer Brücke mit einem Radweg vor. Die
Neubaustrecke soll ebenfalls von zwei Brücken überquert werden, um die
Feldwege auf beiden Seiten miteinander zu verbinden.
6 Zum Schutz der an die Saarlandstraße angrenzenden Wohngebiete sowie des
unmittelbar westlich der Römerstraße und nördlich der Saarlandstraße gelegene
Klinikgebiets „Am Gesundbrunnen“ (Klinikum) vor dem Verkehrslärm sieht der
Bebauungsplan vor, die Saarlandstraße abzusenken, und zwar so, dass sie in
Höhe der Einmündung der zum Klinikgelände führenden Straße Am
Gesundbrunnen 2 m unter dem aktuellen Niveau liegt, an der oben genannten
Verbindungsbrücke mit einer Absenkung von 5 m ihre tiefste Lage erreicht, um
dann bis zur Einmündung der Heidelberger Straße wieder bis zum bisherigen
Niveau anzusteigen. Außerdem ist die Errichtung von Lärmschutzwänden,
Lärmschutzwällen und Lärmschutzwall/-wandkombinationen beidseitig entlang der
Saarlandstraße, im Einmündungsbereich der Heidelberger und der Saarbrückener
Straße und auf der Nord- und der Südseite der Neubaustrecke - dort zum Schutz
der Bebauung am Südrand des Stadtteils Frankenberg (Schleifweg) und des
südwestlich der Heidelberger Straße gelegenen Stadtteils Schanz - vorgesehen.
7 Das Teilgebiet B umfasst einen Teilabschnitt der vom Ortsteil Frankenbach nach
Leingarten führenden, die B 293 mit der Saarbrückener Straße verbindenden
Leintalstraße (K 9561) und sieht deren weitgehenden Rückbau zum Feldweg vor.
Die Teilgebiete C, D und E beziehen sich auf einzelne auf den Markungen
Frankenbach, Böckingen und Klingenberg gelegene Grundstücke. Der
Bebauungsplan setzt auf diesen Grundstücken jeweils im Einzelnen
unterschiedlich geregelte Anpflanzungen als naturschutzrechtliche
Ausgleichsmaßnahmen fest.
8 Die Vorüberlegungen zur Aufstellung des streitigen Bebauungsplans reichen bis in
die 1980er Jahre zurück. Ziel der Antragsgegnerin war und ist, im Rahmen einer
Neuordnung des Verkehrs auf ihrem westlichen Stadtgebiet den Verkehr
gebündelt aus und in die Innenstadt zu führen, mit der Neubaustrecke den neu
geplanten Ortsteil „Schanz-West/Trappenhöhe“ zu erschließen und eine
Verbindung zur B 293 herzustellen, was wiederum Voraussetzung für die ebenfalls
geplante Süd-Ost-Umfahrung der Gemeinde Leingarten ist. Auf diese Weise soll
die Verkehrsbelastung im Stadtteil Böckingen erheblich reduziert werden.
Beabsichtigt ist auch, den Verkehr auf der Saarbrückener Straße (B 39) und damit
auch in dem nördlich der geplanten Neubaustrecke gelegenen und von dieser
Straße durchquerten Stadtteil Frankenbach zu verringern. Trotz der zu
erwartenden Verkehrszunahme auf der Saarlandstraße soll mit den
Lärmschutzbauten auch die bislang massive und teilweise über den Grenzwerten
der 16. BImSchV liegende Verkehrslärmbelastung in der Kreuzgrundsiedlung
deutlich verringert und, wo dies etwa wegen der Topographie nicht möglich ist,
durch passive Lärmschutzmaßnahmen eine Verbesserung erreicht werden.
9 Den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans fasste der Gemeinderat am
20.07.2006. Im Verfahren zu seiner Aufstellung wurden mehrere Gutachten
(insbesondere die Untersuchung alternativer Trassen vom 24.07.2009, die
Untersuchung alternativer Gradiente vom 28.09.2007, die Schalltechnische
Untersuchung zum Bebauungsplan vom 25.03.2011,- jeweils erstellt durch das
Ingenieurbüro Mörgenthaler -, die Luftschadstoffgutachten zum Bebauungsplan
des Ingenieurbüros Lohmeyer vom Januar und vom März 2011) eingeholt und der
Entwurf des Bebauungsplans insgesamt drei Mal öffentlich ausgelegt (vom 31.05. -
30.06.2010, vom 16.05. - 16.06.2011 und vom 11.07. - 11.08.2011). Die dritte
Auslegung erfolgte, weil bei der ins Internet eingestellten Bekanntmachung der
zweiten öffentlichen Auslegung kein Hinweis enthalten war, bis wann und wo
Einwendungen geltend gemacht werden können. Streitpunkt war insbesondere, ob
nicht eine andere Trassenführung vorzuziehen sein könnte. Neben der
beschlossenen sogenannten Diagonaltrasse waren noch die
Hünderstraßenvariante und die Nordumfahrung in der Diskussion.
10 Die Hünderstraßenvariante sieht vor, die B 293 von der Gemarkungsgrenze mit
der Gemeinde Leingarten bis zur Hünderstraße, die das Gewerbegebiet
Böckingen-West von Norden nach Süden durchquert, auszubauen. Danach soll
die Trasse in einer halbkreisförmigen Kurve mit einem Radius von 50 m in die
Hünderstraße einmünden. Diese soll ebenfalls ausgebaut und über das
Gewerbegebiet Böckingen-West hinaus noch ca. 700 m weiter nach Norden
geführt werden, um dann nach Osten abzuknicken. Ihr weiterer Verlauf ist mit dem
der Diagonaltrasse identisch.
11 Die Nordumfahrung sieht einen vollständigen Neubau ohne Einbeziehung der
Bestandsstrecke der Saarlandstraße vor. Sie beginnt ebenso wie die
Diagonaltrasse an der Gemarkungsgrenze mit der Gemeinde Leingarten und führt
ebenfalls zunächst in Richtung Nordosten, knickt dann aber nicht nach Osten ab,
sondern verläuft weiter in Richtung Nordosten durch landwirtschaftlich/ gärtnerisch
genutztes Gelände zwischen der Kreuzgrundsiedlung und dem Stadtteil
Frankenbach, quert die Saarbrückener Straße und beschreibt sodann eine am
Südrand von Frankenbach vorbeiführende Kurve in südlicher Richtung, um östlich
des Klinikums an den Saarlandkreisel angeschlossen zu werden.
12 Hinsichtlich der Diagonaltrasse wurde außerdem diskutiert, ob die
Bestandsstrecke der Saarlandstraße zwischen dem Saarlandkreisel und der
Kreuzung mit der Heidelberger/Saarbrückener Straße vollständig in einem Tunnel
geführt oder - mit oder ohne Überdeckelung - wenigstens vollständig tiefergelegt
werden könnte (Troglösung), um so einen besseren Schutz der
Kreuzgrundsiedlung und des Klinikums vor Verkehrslärm und Luftschadstoffen zu
erreichen.
13 Am 22.09.2011 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan als Satzung.
Gleichzeitig fasste er auch den Beschluss zur Änderung des
Flächennutzungsplans im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB, der bislang
vorgesehen hatte, die B 39 geradlinig ohne Verschwenkung nach Südwesten zu
verlängern. Diese Fortschreibung des Flächennutzungsplans für das Teilgebiet
„Saarlandstraße“ (12. Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2003) wurde vom
Regierungspräsidium Stuttgart am 21.11.2011 genehmigt. Der Beschluss über die
Aufstellung des Bebauungsplans, der Beschluss über die Änderung des
Flächennutzungsplans und dessen Genehmigung durch das Regierungspräsidium
Stuttgart wurden am 01.12.2011 im Amtsblatt der Antragsgegnerin öffentlich
bekanntgemacht.
14 Am 26.11.2012 stellten die Antragsteller, die im Geltungsbereich des
Bebauungsplans wohnen und/oder Eigentümer dort gelegener Grundstücke sind,
den Antrag auf Einleitung des Normenkontrollverfahrens gegen den
Bebauungsplan. Der Antragsschriftsatz mit der Begründung des
Normenkontrollantrags wurde der Antragsgegnerin am 05.12.2012 zugestellt.
15 Zur Begründung machen die Antragsteller geltend, beim Satzungsbeschluss am
22.09.2011 hätten die Stadträte xxx und xxx mitgewirkt, obwohl sie wegen
Befangenheit ausgeschlossen gewesen seien. Sie wohnten in der Großgartacher
Straße bzw. der Straße Im Hasselter (einer Parallelstraße zur Großgartacher
Straße). In beiden Straßen werde sich wegen der mit dem Ausbau der
Saarlandstraße verbundenen Verkehrsverlagerung die Belastung durch
Verkehrslärm und Luftschadstoffe deutlich verringern. Beide Stadträte seien als
Mitglieder der Interessengemeinschaft „pro Saarlandstraße“ auch vehement und
unsachlich öffentlich für den Bebauungsplan eingetreten, um so eine Verlagerung
der Belastung insbesondere mit Luftschadstoffen auf die Bewohner entlang der
Saarlandstraße und damit die Antragsteller zu erreichen. Der Bebauungsplan sei
schon deshalb unabhängig von der Kausalität der Stimmabgabe nichtig.
16 Der Ausbau und die Verlängerung der Saarlandstraße entsprächen nicht mehr
dem Stand der städtebaulichen Entwicklung. Der Verkehr werde nicht um die Stadt
herum, sondern direkt in die Innenstadt hineingeführt, was gerade im Hinblick auf
den hohen Lkw-Anteil zu einer massiven Verschlechterung der
Schadstoffbelastung dort führen werde. Nach dem Konzept der Antragsgegnerin
müsse die Saarlandstraße in der Zukunft auch über den Saarlandkreisel hinaus
nach Osten über die Peter-Bruckmann-Brücke bis hin zur Füger-Brücke weiter
ausgebaut werden. Damit sei eine nicht untersuchte beträchtliche Lärm- und
Schadstoffbelastung für den in der Nähe der Peter-Bruckmann-Brücke neu
geplanten Stadtteil Neckarvorstadt verbunden. Die Saarlandstraße solle vierspurig
ausgebaut werden, obwohl ein dreispuriger Ausbau mit Wechselspur wie in
Heidelberg genüge. Da ab dem Jahr 2020 ein Rückgang des Verkehrs zu
erwarten sei, wäre auch ein zweispuriger Ausbau mit einem geringeren
Flächenverbrauch und geringeren Eingriffen in die Natur ausreichend.
17 Zu Unrecht habe die Antragsgegnerin der Diagonaltrasse gegenüber der
Nordumfahrung und der Hünderstraßenvariante den Vorzug gegeben. Jedenfalls
aber hätte die innerorts verlaufende Ausbaustrecke der Saarlandstraße zum
Schutz der Anwohner vor Verkehrslärm und Luftschadstoffen vollständig in einem
Tunnel oder wenigstens in einer überdeckelten Troglage geführt werden müssen.
18 Das Gutachten Lohmeyer zur Luftschadstoffbelastung vom Januar 2011 komme
zum Ergebnis, dass die Diagonaltrasse zu einer Überschreitung der Grenzwerte
aller untersuchten Luftschadstoffe führen werde. Entlang der Saarlandstraße
würde im Jahresmittel eine NO² Belastung mit 41 µg/m³ Luft auftreten. Nach § 3
Abs. 2 39. BImSchV betrage der Grenzwert aber 40 µg/m³ Luft. Im
Straßennahbereich seien sogar Konzentrationen von 46 µg/m³ Luft zu erwarten.
Auch am Ort des Neubaus des Klinikums unterhalb der bereits bestehenden
Klinikgebäude seien deutliche Grenzwertüberschreitungen im Hinblick auf das
Jahresmittel zu erwarten. Auch der über den Tag gemittelte Immissionsgrenzwert
für PM10 - Feinstaub - aus § 4 Abs. 2 39. BImSchV von 50 µg/m³ Luft bei 35
zulässigen Überschreitungen im Kalenderjahr werde nicht an allen
Untersuchungspunkten eingehalten. Mit Konzentrationen von überwiegend unter
20 µg/m³ Luft werde der Immissionsgrenzwert von 25 µg/m³ für PM2,5 aus § 5 Abs.
2 39. BImSchV zwar angeblich eingehalten. Angesichts der Zunahme des Lkw-
Verkehrs sei das jedoch nicht plausibel. Allein schon wegen dieser
Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte sei der Bebauungsplan insgesamt
rechtswidrig, denn diesen komme im Rahmen der Abwägung erhebliche
Bedeutung zu. Nach dem Gutachten Lohmeyer zur Luftschadstoffbelastung vom
März 2011 seien die Grenzwerte für NO², PM10 und PM2,5 zwar alle eingehalten.
Dieses sei jedoch ergebnisorientiert erstellt worden und damit wertlos. Die
Erklärung, das Gutachten vom März 2011 sei nicht nach dem Modell PROKAS,
sondern nach dem Modell MISKAM erarbeitet worden, das die Wirkung der
Lärmschutzbauten in die Berechnung miteinbeziehe, sei nicht plausibel. Da der
Wind hauptsächlich aus Süden und Südwesten komme, hätten die
Lärmschutzbauten keinen Einfluss auf die Schadstoffkonzentration. Der Wind und
die Schadstoffe glitten so an den Lärmschutzbauten vorbei. Zu einer die
Schadstoffkonzentration mindernden Verwirbelung komme es allenfalls, wenn der
Wind senkrecht zu den Lärmschutzbauten wehe. Ohnehin könnten
Lärmschutzbauten wohl nur dann zur Reduktion der Schadstoffkonzentration
beitragen, wenn sie - was in Versuchsstrecken getestet werde - in geeigneter
Weise bepflanzt seien.
19 Sowohl das Gutachten Lohmeyer vom Januar 2011 als auch das für die
Antragsgegnerin maßgebliche Gutachten vom März 2011 wiesen erhebliche
Mängel auf. Beide Gutachten legten die von Dr. Brenner ermittelten Daten zur
Verkehrsbelastung zu Grunde. Tatsächlich sei der Verkehr auf der Saarlandstraße
aber mindestens um 3.500 Kfz/Tag höher anzusetzen, denn Dr. Brenner
berücksichtige bei seinen Verkehrsprognosen eine zukünftige Entlastung der
Saarlandstraße durch die geplante Nordumfahrung
Frankenbach/Neckargartach/Industriegebiet Böllinger Höfe, die aber auf
absehbare Zeit schon mangels Einleitung des Planfeststellungsverfahrens nicht zu
realisieren sei.
20 In den Gutachten Lohmeyer vom Januar und März 2011 möge berücksichtigt
worden sein, dass die geplante Ausbaustrecke der Saarlandstraße nunmehr
Höhenunterschiede und Steigungen aufweise. Die Kombination aus
Lichtzeichenanlage an einer Steigung mit den durch das Anfahren der
Kraftfahrzeuge an der Ampel bewirkten besonders hohen Schadstoffbelastungen
sei aber nicht in die Überlegungen eingegangen, obwohl gerade an der steilsten
Stelle an der Einfahrt in die Straße Am Gesundbrunnen zukünftig eine
Lichtzeichenanlage vorgesehen sei.
21 Auch seien nur Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 t Gesamtgewicht als Lkw
berücksichtigt worden. Die große Gruppe der Kleinlaster über 2,8 t Gesamtgewicht
werde so nicht zu den Lkw gezählt, obwohl sie als Dieselfahrzeuge erheblich mehr
NO² emittierten und lauter seien als Pkw.
22 Alle diese Fehler seien auch in die Schalltechnische Untersuchung Mörgenthaler
vom 25.03.2011 eingegangen, weshalb diese ebenfalls keine zutreffenden
Ergebnisse liefere.
23 Die Gutachten Lohmeyer zur Luftschadstoffbelastung vom Januar 2011 und vom
März 2011 hätten auch die Hintergrundbelastung der Luft mit Schadstoffen, die
von der auch nach Auffassung des Gutachters stark befahrenen Neckartalstraße
ausgehe, nicht richtig berücksichtigt. Die Werte der teilweise weit vom
Bebauungsplangebiet entfernt liegenden Messstationen seien falsch ausgewertet
worden.
24 Die Berechnung der PM2,5 Immissionen sei nicht plausibel und falsch. Wie sich
aus den Gutachten Lohmeyer zur Luftschadstoffbelastung ergebe, führe eine
Zunahme der Verkehrsbelastung um 65 % (28 700 Kfz/Tag gegenüber 17 100
Kfz/Tag) zu einer progressiv-proportionalen Zunahme der Feinstaubbelastung um
100 % (0,0105 mg/(m s) gegenüber 0,0057 mg/(m s)). Dazu passe nicht, dass an
der L 1100 (Neckartalstraße) hinsichtlich der PM2,5 Belastung „geringe
verkehrsbedingte Beiträge“ zu erwarten sein sollten, obwohl dort der Verkehr um
100 % zunehmen werde. Tatsächlich seien Belastungen über 30 µg/m³ Luft zu
erwarten. Darauf, dass die Öffnungen der Lärmschutzwände an den
Straßeneinfahrten (Saarbrückener Straße, Im Kreuzgrund) hinsichtlich der
Feinstaubbelastung regelrecht eine Kaminwirkung entfalteten, gingen die
Gutachten auch nicht ein.
25 Das Klinikum werde angesichts der zu erwartenden Verkehrszunahme nicht
ausreichend vor Verkehrslärm geschützt. Lärmschutzbauwerke seien dort wegen
des ansteigenden Geländes wirkungslos und auch nicht festgesetzt worden. An
den Fronten der parallel zur Saarlandstraße stehenden Klinikneubauten mit den
Patientenzimmern in den oberen Stockwerken seien hohen Schallimmissionen von
70 - 75 dB(A) zu erwarten. Passive Schallschutzmaßnahmen versprächen keinen
Erfolg. Eine Klimaanlage sei in den Neubauten nicht vorgesehen. Wegen der
Ausrichtung der Zimmer nach Süden könnten die Fenster, zumal wenn die
Patienten Besuch hätten, auch nicht geschlossen bleiben. Die Zwangslüftung
könne den Temperaturanstieg nicht begrenzen. Die eingebauten direkten
Lüftungsschlitze seien unzureichend, besondere Lüftungsmaßnahmen (elektrische
Be- und Entlüftung über Lüftungskanäle) nicht vorgesehen. Im Winter müssten die
Fenster zum Stoßlüften sowieso mehrmals am Tag geöffnet werden. Die
Antragsgegnerin habe in der Abwägung nicht berücksichtigt, dass bei der Klinik die
Grenzwerte der DIN 18005 von 45 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts anzuwenden
seien, obwohl bereits bei einem Lärmpegel von 65 dB(A) eine erhebliche
Erhöhung des Herzinfarktrisikos zu befürchten sei.
26 Die Feinstaubbelastung des Klinikums zumal durch PM2,5 könne nicht ausgefiltert
werden. Schallschutzfenster seien wirkungslos, umso mehr als sie auch gar nicht
geschlossen bleiben könnten. In der Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB heiße es
dazu lapidar, die Grenzwerte für die Feinstaubbelastung seien eingehalten. Im
Gutachten Lohmeyer vom Januar 2011 sei aber eine Belastung mit PM10 in Höhe
von 48 µg/m³ Luft berechnet worden.
27 Angesichts dieser mit der Diagonaltrasse verbundenen Probleme hätte sich die
Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung richtigerweise für die Nordumfahrung
entscheiden müssen. Weil die Trasse zwischen Frankenbach und der
Kreuzgrundsiedlung von der Wohnbebauung und dem Klinikum weit entfernt
verlaufe und erst im Bereich des Anschlusses Heidelberger/Saarbrückener Straße
in die Nähe der Wohnbebauung komme, genügten für den Schallschutz billig zu
erstellende Erdwälle. Die Belastung durch Luftschadstoffe würde durch die
Flächen der Gärtnerei Kölle, die zwischen der Trasse und der Kreuzgrundsiedlung
lägen, weiter reduziert. Ein zweispuriger Ausbau der Trasse mit Einbuchtungen an
den Abzweigungen würde genügen. Steigungen im Streckenverlauf noch dazu mit
Lichtzeichenanlagen könnten weitgehend vermieden werden. Auch die
Antragsgegnerin räume ein, dass die Umweltauswirkungen der Nordumfahrung
günstiger seien. Die von ihr gleichwohl vorgebrachten Gegenargumente griffen
nicht durch. Eine ordnungsgemäße Abwägung nehme die Antragsgegnerin nicht
vor. Die Behauptung, 6 bis 7 ha landwirtschaftlich/gärtnerisch genutzte Fläche
gingen verloren, sei in dieser Größenordnung nicht nachvollziehbar. Erst recht
unzutreffend sei, dass bei der Nordumfahrung 9 ha Fläche mehr verbraucht
würden. Mit der Nordumfahrung könne die Saarlandstraße weitgehend
zurückgebaut werden. Dieser Flächengewinn müsse in Abzug gebracht werden.
Der tatsächliche Mehrverbrauch bewege sich dann mit ca. 4 bis 5 ha in einer
akzeptablen Größenordnung. Auch die Behauptung, für den geplanten Grünzug
Kreuzgrund, der den Bewohnern des Kreuzgrunds und den Patienten der Klinik als
Naherholungsgebiet dienen solle, gingen 2,2 ha verloren, sei nicht plausibel. Für
den Grünzug gebe es keine Planung, die Flächen seien zur Naherholung zu weit
entfernt. Im Gegenteil könne die durch den Rückbau der Saarlandstraße
freiwerdende Fläche für die Naherholung auch und gerade der Patienten des
Klinikums genutzt werden. Für den Verlust an gärtnerisch genutzten Flächen
könnten der Gärtnerei Kölle - wie schon beim Bau der Neckartalstraße -
Ersatzflächen zur Verfügung gestellt werden. Mehrkosten entstünden dadurch
wegen der Einsparungen beim Lärmschutz nicht. Auch sei nicht plausibel, welche
naturschutzrechtlich geschützten Arten durch die Nordumfahrung betroffen werden
sollten, so dass Schutzmaßnahmen erforderlich würden. Die Feldlerche niste nicht
auf den für die Nordumfahrung benötigten, bislang durch eine Obstbaumpflanzung
gärtnerisch genutzten Flächen, sondern sei eher auf Flächen unmittelbar südlich
der Kreuzgrundsiedlung anzutreffen. Dass die Nordumfahrung zu einer
Verkehrszunahme um das 3,5-fache in der Straße Im Kreuzgrund führe, sei eine
unbelegte Behauptung; abgesehen davon wäre eine solche Mehrbelastung auch
hinzunehmen, da davon nur relativ wenig Haushalte betroffen wären. Von der
behaupteten Verkehrszunahme in der Straße Am Gesundbrunnen um das 1,5-
fache wäre die Wohnbebauung kaum betroffen. Auch sonst führe die
Nordumfahrung nicht zu unüberwindlichen Problemen bei der Erschließung der
Kreuzgrundsiedlung. Würde ein schmaler Streifen der Saarlandstraße nicht
zurückgebaut, so könne der Sperlingweg weiter als Einfahrt in den südlichen Teil
der Kreuzgrundsiedlung genutzt werden. Wie bisher wäre er nur für den
Anliegerverkehr freigegeben. Der nördliche Teil der Kreuzgrundsiedlung könnte
zur verkehrsmäßigen Erschließung über eine Stichstraße an die Nordumfahrung
angebunden werden. Die Nordumfahrung habe noch weitere Vorteile, die die
Antragsgegnerin überhaupt nicht in ihre Erwägungen einbezogen habe. Der
geplante Stadtteil Neckarbogen/Neckarvorstadt sei auf Fallwinde zur
Frischluftzufuhr angewiesen, weshalb die Antragsgegnerin die Grünzone südlich
des Eulenwegs bzw. zwischen Kreuzgrund und Jahnheide von Bebauung
freigehalten habe. Dieser Effekt werde durch den Rückbau der Saarlandstraße
verstärkt. Werde die Diagonal-trasse verwirklicht, würden die Fallwinde umgekehrt
den Feinstaub direkt ins neue Wohngebiet wehen und die Grenzwerte dort würden
überschritten.
28 Auch die Hünderstraßenvariante sei, weil umweltverträglicher, gegenüber der
Diagonaltrasse vorzuziehen. Da in großem Umfang auf Bestandsstrecken
zurückgegriffen werde, sei der Flächenverbrauch am geringsten und die Kosten
seien am niedrigsten. Das Naturschutzgebiet „Frankenbacher Schotter/Ingelfinger
Sandgrube“ als Teil des FFH-Gebiets 6820-341 „Östlicher Kraichgau“ werde am
wenigsten beeinträchtigt. Was die Auswirkungen der Diagonaltrasse auf dieses
Naturschutzgebiet betreffe, gehe die Antragsgegnerin von falschen
Voraussetzungen aus. Der Lebensraum der Wechselkröte betrage nicht nur
wenige Hundert Meter, die Äcker um die Sandgrube seien für den Kammmolch
kein unüberwindbares Hindernis, auf Kleingewässer sei er nicht beschränkt. Und
auch Erdkröten seien im „Frankenbacher Schotter“ weiter nachweisbar. Die im
Rahmen der Diagonaltrasse geplanten Amphibienlaichgewässer seien ohnehin
fehlerhaft. Die Hünderstraßenvariante bewirke die gleiche Verkehrsentlastung in
der Großgartacher Straße wie die Diagonaltrasse. Die Leintaltrasse könne auch
bei der Hünderstraßenvariante zurückgebaut werden. Zur Erschließung des
Neubaugebiets Schanz-West werde die Diagonaltrasse nicht benötigt. Denn
angesichts des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs und des geplanten
neuen Wohngebiets Neckarvorstadt sei mit dessen Realisierung nicht zu rechnen.
29 Durch eine Untertunnelung oder vollständige Einhausung der Saarlandstraße im
Bereich der Kreuzgrundsiedlung könnten die angrenzende Wohnbebauung und
das Klinikum optimal vor Verkehrslärm und der Luftverschmutzung geschützt
werden. Da die im Tunnel bzw. überdeckelt geführte Trasse nicht an die
Kreuzgrundsiedlung angebunden werden könne, entfielen die
Straßeneinmündungen/-abzweigungen. Für die knotenfreie Saarlandstraße
genüge ein zweispuriger Ausbau, allenfalls eine dritte Wechselspur sei noch
erforderlich; die Staugefahr sei sehr gering. Bei dem nur zweispurigen Ausbau
wären auch die von der Antragsgegnerin in den Vordergrund gestellten Kosten
trotz der Untertunnelung/Überdeckelung allenfalls geringfügig höher als bei der
jetzt vorgesehenen Teiltieferlegung. Ohnehin habe das Regierungspräsidium
Stuttgart eine finanzielle Förderung der Untertunnelung/Überdeckelung wohl nur
abgelehnt, weil die Antragsgegnerin nicht genügend auf die mit der geplanten
Ausführung durch die Lärm- und Luftschadstoffbelastung verbundenen
Gesundheitsgefahren hingewiesen habe. Um eine Förderung aus anderen Töpfen
habe sich die Antragsgegnerin trotz der Gesundheitsgefahren erst gar nicht
bemüht. Das Argument der Antragsgegnerin, schon die geplante Variante werde
die Lärmbelastung für die meisten Anwohner entlang der Saarlandstraße deutlich
verringern (um bis zu 11 dB(A)), greife nicht und könne den möglicherweise
höheren Kosten für eine Untertunnelung nicht entgegengehalten werden. Bei 21
Wohnungen und vor allem beim Klinikum komme es weiterhin zu einer deutlichen
Überschreitung der Lärmgrenzwerte und gerade beim besonders
lärmempfindlichen Klinikum sei auch passiver Schallschutz kaum effektiv möglich.
Voraussichtlich sei bei noch mehr Wohnungen mit Überschreitungen der
Lärmgrenzwerte zu rechnen. Die schalltechnische Untersuchung Mörgenthaler
komme zu dem Ergebnis, dass die höher liegenden Gebäude im Starenweg und
im Eulenweg durch den zunehmenden Verkehrslärm nicht belastet würden,
obwohl sie wegen des ansteigenden Geländes die Lärmschutzbauwerke
überragten. Das sei nicht plausibel. Denn bei den höheren Gebäuden am
Reiherweg gehe der Gutachter davon aus, sie könnten durch die
Lärmschutzbauwerke nicht geschützt werden. Die Häuser im Starenweg und im
Eulenweg würden auch durch die vom Klinikneubau hervorgerufenen
Lärmreflexionen wesentlich stärker belastet als in der schalltechnischen
Untersuchung Mörgenthaler angenommen, denn die Fronten der Klinikneubauten
seien nicht so stark gegliedert, wie in der schalltechnischen Untersuchung
angenommen, sondern stärker „geschlossen“. Dass die Öffnungen in den
Lärmschutzbauten für die in die Saarlandstraße einmündenden Straßen nicht nur
hinsichtlich der Luftschadstoffe, sondern auch für den Lärm eine regelrechte
Kaminwirkung entfalteten, sei in der schalltechnischen Untersuchung ebenfalls
nicht beachtet worden. In der Heidelberger Straße komme es so bei einigen
Häusern zu Lärmbelastungen von 69 dB(A), ein Aufenthalt im Außenwohnbereich
sei nicht mehr möglich. Die dem Staat aus Art. 2 Abs. 2 GG hinsichtlich der
Gesundheit obliegende Schutzpflicht müsse sich in der Abwägung immer gegen
Kostenargumente durchsetzen. Die Überdeckelung der Trasse mit Solarelementen
(Solartunnel) habe die Antragsgegnerin ebenfalls nicht geprüft, sondern schon
wegen der Mehrkosten (20 Mio EUR bei einem Reinvest von 7 Mio EUR innerhalb
von 20 Jahren) abgelehnt, ohne zu ermitteln, ob die Kosten durch Fördermittel
reduziert werden könnten.
30 Zur Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans führe auch, dass die Fällung von 168
gut erhaltenen großen Platanen im Zuge des Ausbaus der Saarlandstraße durch
die geplante mittige Bepflanzung der Trasse mit kleinen Bäumen nicht
ausgeglichen werden könne. Der Lebensraum der Feldlerche werde massiv
eingeschränkt, weil die Heckenbepflanzung im größeren Umfang wegfalle.
Grünbrücken seien entgegen der Forderung des NABU nicht vorgesehen worden.
31 Sie, die Antragsteller, seien mit ihren Rügen auch nicht gemäß § 215 Abs. 1
BauGB bzw. - hinsichtlich der Rüge der Mitwirkung befangener Gemeinderäte bei
der Beschlussfassung über den Bebauungsplan - gemäß § 4 Abs. 4 GemO
präkludiert, obwohl der das Normenkontrollverfahren einleitende Antragsschriftsatz
der Antragsgegnerin erst am 05.12.2012 zugestellt worden sei. Die
Antragsgegnerin habe bei der öffentlichen Bekanntmachung des
Satzungsbeschlusses nicht ordnungsgemäß über die Präklusion belehrt. Die
pauschale Wiederholung des Gesetzestextes reiche nicht. So hätte gerade wegen
der zusätzlichen Präklusionsmöglichkeit gemäß § 47 Abs. 2 a VwGO in der
Belehrung darauf hingewiesen werden müssen, dass die Geltendmachung von
Rügen im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB nicht
ausreiche, die Rügen, soweit ihnen nicht entsprochen werde, vielmehr in den
späteren Verfahrensstadien und insbesondere auch nach der öffentlichen
Bekanntmachung des Bebauungsplanbeschlusses wiederholt werden müssten.
32 Der verfahrenseinleitende Antragsschriftsatz sei bereits am 26.11.2015 und damit
vor Fristablauf bei Gericht eingegangen. Nach allgemeiner Auffassung sei es
ausreichend, wenn die Rügen im gerichtlichen Normenkontrollverfahren erhoben
würden und der Schriftsatz vom Gericht an die Gemeinde übersandt werde. Dass
der Antragsschriftsatz erst nach Ablauf der Jahresfrist bei der Antragsgegnerin
eingegangen sei, sei nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden § 167 ZPO
unerheblich, zumal die Zeitspanne für eine Übermittlung innerhalb der Jahresfrist
ausreichend gewesen sei. § 167 ZPO sei grundsätzlich einschlägig, wenn eine
Frist sowohl durch die gerichtliche als auch durch die außergerichtliche Vornahme
der fristwahrenden Handlung gewahrt werden könne. Das
Beschleunigungsinteresse der Antragsgegnerin und ihr Interesse, Gewissheit über
die Rechtsgültigkeit des Bebauungsplans zu bekommen, denen § 215 Abs. 1
BauGB im Wesentlichen diene, würden durch die Verzögerung von wenigen
Tagen zumal angesichts der jahrelangen Dauer des Bebauungsplanverfahrens
nicht beeinträchtigt. Auf innerhalb der Jahresfrist erhobene Einwendungen hin
hätte die Antragsgegnerin ihre fehlerhafte Planung auch nicht korrigiert. Denn alle
jetzt erhobenen Einwendungen hätten die Antragsteller schon erfolglos im
Planaufstellungsverfahren vorgetragen. Wenn sich die Antragsgegnerin auf die
Frist aus § 215 Abs. 1 BauGB berufe, sei das Förmelei. Da die Mitwirkung
befangener Gemeinderäte an der Beschlussfassung nicht aus der öffentlichen
Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses zu ersehen sei, sondern dafür
Einsicht in die Gemeinderatsprotokolle genommen werden müsse, habe auch die
Frist für die Geltendmachung dieses Mangels frühestens eine angemessene Zeit
nach der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses zu laufen
begonnen und sei schon deshalb eingehalten. Die Mitwirkung befangener
Gemeinderäte bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan stelle einen
Mangel i.S. des § 214 Abs. 1 Nr. 4 BauGB dar, der nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB
unbeachtlich werden könne. Fehler im Abwägungsergebnis könnten ebenfalls
nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich werden. Ein solcher Fehler ergebe
sich bereits aus der Mitwirkung befangener Gemeinderäte. Hätte die
Antragsgegnerin die von den Antragstellern im Planaufstellungsverfahren
vorgebrachten Einwendungen zutreffend gewürdigt, hätte sie den Bebauungsplan
mit dem konkreten Ergebnis nicht beschließen können. Die Präklusionsregelung
des § 215 Abs. 1 BauGB sei zumal in Verbindung mit § 47 Abs. 2 a VwGO vor dem
Hintergrund des Art 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich sehr problematisch. Denn
um gerichtlichen Rechtsschutz erlangen zu können, genüge es nicht, dass der
Bürger seine Einwendungen in der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung vorbringe, er
müsse sie vielmehr im Verfahren der öffentlichen Auslegung der Entwürfe der
Bauleitpläne wiederholen und - wenn er damit kein Gehör finde - sie nach der
Beschlussfassung über den Bauleitplan innerhalb der Jahresfrist aus § 215 Abs. 1
BauGB noch einmal gegenüber der Gemeinde vorbringen.
33 Die Antragsteller beantragen,
34 den Bebauungsplan der Stadt Heilbronn 35/15 Heilbronn-Böckin-
gen/Neckargartach/Frankenbach/Klingenberg, Saarlandstraße vom 22.
September 2011 für unwirksam zu erklären.
35 Die Antragsgegnerin beantragt,
36 die Anträge abzuweisen.
37 Sie erwidert: Die Anträge der Antragsteller zu 3, 15, 16, 19 und 20 seien nach § 47
Abs. 2 a VwGO unzulässig. Trotz der ordnungsgemäßen Hinweise auf die
Präklusionsregelung in der ortsüblichen Bekanntmachung der öffentlichen
Auslegung hätten sie keine Einwendungen geltend gemacht. Soweit die
Antragsteller im Plangebiet wohnten, hätten sie nicht nachgewiesen, dass sie auch
Eigentümer von Grundstücken dort seien.
38 Das streitige Straßenbauvorhaben solle den Ziel- und Quellverkehr gebündelt aus
und in ihre Innenstadt führen. Außerdem werde es für die äußere Erschließung des
künftigen Wohngebiets „Schanz-West/Trappenhöhe“ benötigt, das als regionaler
Schwerpunkt des Wohnungsbaus weiter entwickelt werde. Das
Straßenbauvorhaben bewirke, dass die Leintalstraße in Frankenbach (innerorts
um ca. 11500 Kfz/Tag), die Saarbrückener Straße um 3.500 Kfz/Tag, die
Großgartacher Straße in Böckingen um 6.150 Kfz täglich und der Stadtteil
Neckargartach erheblich vom Durchgangsverkehr entlastet würden. Auch sei es
Voraussetzung für die geplante Süd-Ost-Umfahrung der Nachbargemeinde
Leingarten, in deren Zuge auch der Stadtteil Klingenberg (Theodor-Heuss-Straße)
eine Entlastung vom Durchgangsverkehr um ca. 8.900 Kfz/Tag erfahre. Wegen der
geplanten Lärmschutzbauten werde sich auch die Lärmbelastung der Anwohner
der Saarlandstraße trotz der mit dem Ausbau verbundenen Verkehrszunahme
deutlich verbessern. In den Erd- und Obergeschossen der Häuser entlang der
Saarlandstraße und der Saarbrückener Straße nehme der Lärmpegel um teilweise
bis zu 11 dB(A) ab, auch bei entfernter liegenden Gebäuden immer noch um bis zu
7 dB(A). Soweit der Verkehr an anderer Stelle neu entstehe oder zunehme, schaffe
die Planung durch aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen Abhilfe.
39 Die Saarlandstraße müsse auch vierspurig ausgebaut werden. Maßgeblich dafür,
welche Verkehrsbelastung eine Straße aufnehmen könne, seien u.a. die Anzahl
und die Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte. Ein planfreier Ausbau, d.h. eine
Führung der Trassen auf verschiedenen Ebenen ohne Schnittpunkte, sei schon
aus Kostengründen nicht möglich. Leistungsfähige Knotenpunkte müssten aber in
jede Richtung jeweils zweispurig ausgebaut werden, weil nur so genügend
Stauraum vor der Lichtzeichenanlage und ein ausreichender Verflechtungsbereich
danach - der ohnehin ein Unfallschwerpunkt sei - zur Verfügung stehe. Angesichts
der Zahl der Knoten blieben so nur wenige Abschnitte übrig, die zwei- oder
dreispurig ausgebaut werden könnten. Vorteile wären damit nicht verbunden.
Maßgebend für die von einer Straße ausgehenden Beeinträchtigungen sei nicht
die Zahl der Fahrspuren, sondern die mit dem Verkehr verbundenen Störungen
und die Zerschneidung der angrenzenden Lebensräume.
40 Die Grenzwerte der 39. BImSchV für die Luftschadstoffe NO², PM10 und PM2,5
würden eingehalten. Das Gutachten Lohmeyer vom Januar 2011 komme zwar zu
dem Ergebnis, dass im Jahr 2014, dem Jahr mit der höchsten Verkehrsbelastung
an der Saarlandstraße, Überschreitungen der maßgeblichen Grenzwert zu
erwarten seien. Es sei jedoch nach dem Verfahren PROKAS ohne
Berücksichtigung der luftschadstoffmindernden Wirkung der Lärmschutzbauten
erstellt worden. Demgegenüber sei das Gutachten Lohmeyer vom März 2011 nach
dem dreidimensionalen mikroskaligen Strömungs- und Ausbreitungsmodell
MISKAM erarbeitet worden, das auch die Wirkungen der Lärmschutzbauten unter
Berücksichtigung der vorherrschenden Windrichtungen in seine Berechnungen
miteinbeziehe. Wie sich daraus ergebe, würden die maßgeblichen Grenzwerte alle
eingehalten. Denn die Lärmschutzbauwerke führten auch zu einer Reduktion der
Schadstoffkonzentration in der Luft.
41 Die Luftschadstoffgutachten Lohmeyer vom Januar und vom März 2011 seien
nicht auf der Grundlage einer zu geringen Verkehrsbelastung der Saarlandstraße
erstellt worden. Eine entlastende Wirkung der noch nicht erstellten Nordumfahrung
Frankenbach/Neckargartach sei nicht berücksichtigt worden. Im Gegenteil sei das
Gutachten der Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft zur Verkehrsbelastung, das
Grundlage für die Luftschadstoffgutachten gewesen sei, sogar von einem
Fahrverbot für Lkw auf der parallel verlaufenden Großgartacher Straße und einer
entsprechenden Verkehrsverlagerung auf die Saarlandstraße ausgegangen.
42 Auch die Steigungen im Straßenverlauf hätten über das Berechnungsmodell
MISKAM Eingang in die Ermittlung der Luftschadstoffbelastung gefunden. Für die
bestehenden Straßen sei die Längsneigung aus dem digitalen Geländemodell
berechnet und für die geplanten Straßen aus den Planunterlagen entnommen
worden.
43 Die von dem Verkehr in der Neckartalstraße ausgehende Hintergrundbelastung mit
Luftschadstoffen habe über die Ergebnisse der Messstationen des
Landesmessnetzes für Baden-Württemberg ebenfalls Eingang in die
Berechnungen gefunden.
44 Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV für die verkehrsrelevanten
Luftschadstoffe sei aber ohnehin keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die
Planung einer Straße. Denn nach dem System der Luftreinhalteplanung gemäß §§
47 ff. BImSchG bzw. § 27 39. BImSchV müssten Grenzwertüberschreitungen
unabhängig von der Quelle der Immissionen vermieden werden. Das Gebot der
planerischen Konfliktbewältigung sei nur verletzt, wenn bereits die durch das
Vorhaben als solche hervorgerufene Belastung mit Luftschadstoffen zur
Überschreitung der maßgeblichen Grenzwerte führe und deren Einhaltung durch
Luftreinhaltepläne damit nicht mehr in einer mit der Funktion des
Straßenbauvorhabens zu vereinbarenden Weise gesichert werden könne. Eine
solche Konstellation sei hier nicht gegeben.
45 Ebenso wie die Luftschadstoffgutachten Lohmeyer berücksichtige auch die
Schalltechnische Untersuchung Mörgenthaler vom 25.03.2011 Steigungen im
Straßenverlauf, denn es basiere auch auf einem dreidimensionalen
Geländemodell, das die Straßenhöhe einschließe und daraus Steigungen > 5°
ermittle. Die größere Störwirkung von Lichtzeichenanlagen habe über die Vergabe
von Zuschlägen Eingang in die Berechnung gefunden.
46 Auch Kleinlaster mit einem Gesamtgewicht zwischen 2,8 t und 3,5 t seien als
sogenannte leichte Nutzfahrzeuge bei der Berechnung der Lärmimmissionen
berücksichtigt worden, und zwar in der Gruppe der Pkw. Ohnehin seien die in der
Schalltechnischen Untersuchung Mörgenthaler genannten Lärmimmissionen zu
hoch. Denn nach der 16. BImSchV sei die Berechnung auf der Grundlage der
durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke zu erstellen. In der Schalltechnischen
Untersuchung Mörgenthaler seien dagegen die höheren Werte für die
durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke an Werktagen in Ansatz gebracht
worden.
47 In welchem Umfang das Klinikum mit dem Neubau passiven Lärmschutz benötige,
sei in der Schalltechnischen Untersuchung ermittelt worden; die Umsetzung
erfolge nach Maßgabe der 24. BImSchV. Es sei allgemein anerkannt, dass der
erforderliche Schallschutz durch Fenster mit mechanischen
Belüftungsmöglichkeiten sichergestellt werden könne. Solche Fenster würden im
Neubau des Klinikums auch tatsächlich eingebaut.
48 Die Nordumfahrung sei gegenüber der Diagonaltrasse nicht die eindeutig bessere
Alternative und deshalb zu Recht als Planungsmöglichkeit nicht weiter verfolgt
worden. Sie führe im betroffenen Straßennetz in etwa zur gleichen
Verkehrsentlastung wie die Diagonaltrasse. Trassentechnisch sei sie ebenso
günstig wie diese. Anders als die Diagonaltrasse führe sie zu einer sehr starken
Verkehrsentlastung in der Saarlandstraße, die sogar teilweise zurückgebaut
werden könne. Im Gegenzug werde aber der Verkehr wegen der dann veränderten
Zufahrtsmöglichkeiten im südlichen Teil der Kreuzgrundsiedlung um das 3,5-fache
und in der Straße Am Gesundbrunnen um das 1,5-fache zunehmen. Die
Verkehrszunahme im südlichen Abschnitt der Heidelberger Straße werde zu einem
entsprechenden Anstieg der Lärm- und Schadstoffbelastung für die dortigen
Anwohner führen. Die Nettoneuversiegelungsfläche bei der Nordumfahrung
betrage aber 9 ha im Vergleich zu 5,8 ha bei der Diagonaltrasse. Sie beanspruche
auch die größte bisher landwirtschaftlich/gärtnerisch genutzte Fläche und
beeinträchtige die umweltbezogenen Schutzgüter Boden, Wasser, Pflanzen, Tiere,
Biotope, Landschaften, Mensch, Klima, Kultur- und Sachgüter einschließlich der
Wechselbeziehungen zwischen diesen am stärksten. Aus dem Umweltbericht zum
Flächennutzungsplan ergebe sich, dass durch die Nordumfahrung 38 Brutpaare
der Feldlerche und 12 Rebhuhnbrutpaare beeinträchtigt würden. Die Freiflächen
nördlich des Klinikums dienten entsprechend ihrer Ausweisung im Regionalplan
der Naherholung. Der mögliche Rückbau der Saarlandstraße könne den Verlust an
landwirtschaftlichen Flächen nicht ausgleichen. Maßgeblich für die Entscheidung
gegen die Nordumfahrung sei das Ergebnis des umweltbezogenen
Variantenvergleichs nach Maßgabe aller Schutzgüter aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB
gewesen.
49 Die Hünderstraßenvariante sei zwar mit dem geringsten Flächenverbrauch
verbunden. Die Trassenführung mit dem engen Kurvenradius bei der Einfahrt ins
Gewerbegebiet, der engen Bestandsstrecke im Gewerbegebiet, den nicht durch
Lichtzeichenanlagen koordinierbaren Straßeneinmündungen und den zahlreichen
Grundstückszufahrten dort sei jedoch problematisch. Die Großgartacher Straße
würde deshalb deutlich weniger vom Verkehr entlastet als bei den anderen
Varianten.
50 Zu Recht habe sich die Antragsgegnerin wegen der Mehrkosten zwischen 41 bis
46,5 Mio EUR, für die eine Förderung nicht zu erhalten sei, auch gegen eine
Untertunnelung der Saarlandstraße bzw. eine Überdeckelung entschieden. Bei
diesen Lösungen handele es sich nicht um alternative Trassenführungen, sondern
um Maßnahmen des aktiven Schallschutzes. Diese gingen dem passiven
Schallschutz nach dem Maßstab des § 41 Abs. 2 BImSchG nicht vor, weil die
Kosten außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stünden. Denn bereits
aktuell würden die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV an der bestehenden
Saarlandstraße, der Saarbrückener Straße, der Ostseite der Heidelberger Straße,
am Reiherweg und an einigen Gebäuden des Klinikums überschritten. Die
geplanten aktiven Schallschutzmaßnahmen in der Form der teilweisen
Tieferlegung der Saarlandstraße und der Errichtung von Lärmschutzbauwerken
bewirkten trotz der Verkehrszunahme eine erhebliche Verbesserung der
Lärmbelastung. Soweit die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV an einzelnen
Gebäuden in der Heidelberger Straße, der Florian-Geyer-Straße, Im Kreuzgrund,
Birkenhof, Reiherweg, Am Gesundbrunnen sowie am Klinikum weiter überschritten
würden, sei passiver Schallschutz vorgesehen. Die erhebliche Kostensteigerung
durch eine Tunnellösung oder eine Einhausung, um auch für diese Gebäude eine
Unterschreitung der Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV zu erreichen, wäre nach §
41 Abs. 2 BImSchG unverhältnismäßig. Wegen der Mehrkosten sei auch die
Solartunnelalternative als Maßnahme des aktiven Lärmschutzes zu Recht
verworfen worden.
51 Der Fällung der 168 Platanen sei im Rahmen der Abwägung gemäß § 18 Abs. 1
BNatSchG i.V.m. §§ 1 Abs. 6 Nr. 7 a, 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB durch
angemessene Ausgleichsmaßnahmen Rechnung getragen worden. Durch ein im
Bebauungsplan festgesetztes Pflanzgebot sei sichergestellt, dass auf dem neuen
Mittelstreifen und entlang der Neubaustrecke Bäume gepflanzt würden. Im Übrigen
seien die Ausgleichsflächen und -maßnahmen durch Festsetzungen in den
Bebauungsplan übernommen (Textteil A Nr. 3, 6 und 7) und durch Verträge mit
dem Land Baden-Württemberg und der Gemeinde Leingarten gesichert worden.
52 Die Auswirkungen der Diagonaltrasse auf das Naturschutzgebiet „Frankenbacher
Schotter/Ingelfinger Sandgrube“ seien im Rahmen der Trassenauswahl und der
Entscheidung gegen die Hünderstraßenvariante richtig ermittelt worden. Die
Auswirkungen der Diagonaltrasse auf die Wechselkröte, den Kammmolch und die
Erdkröte seien richtig erkannt worden, wie der Umweltbericht zum Bebauungsplan
zeige.
53 Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten über die Aufstellung des
Bebauungsplans und die Änderung des Flächennutzungsplans vor. Darauf sowie
auf die Gerichtsakte nimmt der Senat ergänzend Bezug.
Entscheidungsgründe
54 Die zulässigen Normenkontrollanträge bleiben in der Sache ohne Erfolg.
55 I. Die Anträge sind zulässig.
56 1. Die Antragsteller haben die gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften Anträge
nach der am 01.12.2011 erfolgten öffentlichen Bekanntmachung des
Beschlusses über den Bebauungsplan am 26.11.2012 und damit innerhalb der
Jahresfrist aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt.
57 2. Die Antragsteller sind auch gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
Sie können geltend machen, durch den Bebauungsplan ihren Rechten verletzt zu
werden.
58 Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt voraus, dass die
Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als
möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des
Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt werden. Die Möglichkeit
einer Rechtsverletzung darf nicht eindeutig und offensichtlich nach jeder
Betrachtungsweise ausscheiden (BVerwG, Urteil vom 18.11.2002 - 9 CN 1.02 -,
BVerwGE 117, 209).
59 a) Nach diesem Maßstab ergibt sich die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1
und 2, zu 4 bis 14, zu 17 und 18 sowie zu 20 bis 29 - unabhängig davon, ob sie
Eigentümer der von ihnen bewohnten Grundstücke sind - bereits daraus, dass sie
in dem Teil des Plangebiets wohnen, der durch die von der Saarlandstraße
ausgehenden Belastung mit Luftschadstoffen betroffen wird.
60 Sie machen geltend, der Bebauungsplan führe zu einer Überschreitung der
Immissionsgrenzwerte für NO², PM10 und PM2,5 aus §§ 3,4 und 5 der 39.
BImSchV. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der entsprechenden Bestimmungen
ergibt, dienen sie dem Schutz der menschlichen Gesundheit und haben damit
drittschützende Wirkung (vgl. Jarass, BImSchG, Komm., 11. Aufl., 2015, Rn. 23
zu § 48 a mit Nachw. aus der Rspr.). Die Antragsteller 1 und 2, 4 bis 14, 17 und
18 sowie 20 bis 29 wohnen auch in dem Teil des Plangebiets, der in unmittelbarer
Nähe der Ausbaustrecke der Saarlandstraße liegt, weshalb es jedenfalls nicht
ausgeschlossen ist, dass sie infolge der Realisierung der Planung an einem Ort,
an dem sie sich regelmäßig und über längere Zeit aufhalten, unzulässig hohen
Luftschadstoffimmissionen ausgesetzt sind (vgl. dazu von Albedyll, in: Bader,
VwGO, Komm., 6. Aufl., 2014, Rn. 101 zu § 42). Zwar weist die Antragsgegnerin
zu Recht darauf hin, dass die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nach der 39.
Bundesimmissionsschutzverordnung keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für
die Planung eines Straßenbauvorhabens ist, sondern dazu in erster Linie das
System der Luftreinhalteplanung dient (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.10.2012 - 9 A
20.11 -, NVwZ 2013, 645). Wegen der Verletzung des Gebots der
Konfliktbewältigung ist die Planung jedoch rechtswidrig, wenn bereits die durch
das geplante Straßenbauvorhaben hervorgerufenen Emissionen dazu führen,
dass die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte auch durch Luftreinhaltepläne
nicht in einer mit der Funktion des Straßenbauvorhabens zu vereinbarenden
Weise gewährleistet werden kann. Diese Möglichkeit ist jedenfalls nicht
offensichtlich ausgeschlossen.
61 b) Die Antragsteller zu 19 und 20 sind ebenfalls antragsbefugt, weil jedenfalls in
dem an die Saarlandstraße angrenzenden Teil des Plangebiets eine
Überschreitung der Immissionsgrenzwerte für NO², PM10 und PM2,5 aus §§ 3,4
und 5 der 39. BImSchV und damit eine Verletzung des Gebots der
Konfliktbewältigung nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Zwar wohnen sie
nicht im Bebauungsplangebiet, sondern in Bad Friedrichshall. Sie haben in der
mündlichen Verhandlung indessen unwidersprochen und glaubhaft geltend
gemacht, sie seien Miteigentümer des Grundstücks Reiherweg 9, das in dem Teil
des Bebauungsplangebiets liegt, in dem eine Überschreitung der o.g.
Immissionsgrenzwerte nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Als Eigentümer
können sie sich darauf berufen, ihr in § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB geschütztes
Interesse an der Wahrung gesunder Wohnverhältnisse sei bei der Aufstellung
des Bebauungsplans nicht ausreichend berücksichtigt worden.
62 c) Die Antragsteller zu 3, 15 und 16 können sich zwar nicht auf eine mögliche
Überschreitung der o.g. Immissionsgrenzwerte berufen, denn sie wohnen zwar
auch im Geltungsbereich des Bebauungsplans, jedoch im Bereich 2 des
Teilgebiets A in Frankenbach im Schleifweg und damit in deutlicher Entfernung
von der Saarlandstraße. Dass sie durch deren Aus-/Neubau einer erhöhten
Luftschadstoffbelastung ausgesetzt sein könnten, erscheint wenig plausibel und
wird von ihnen letztlich auch nicht geltend gemacht.
63 Sie können sich aber darauf berufen, die Antragsgegnerin habe ihr Interesse,
zukünftig keinen stärkeren Lärmimmissionen durch verstärkten Straßenverkehr
ausgesetzt zu sein, in der Abwägung unzutreffend berücksichtigt. Auch die
Antragsgegnerin stellt nicht in Frage, dass es im Wohngebiet Schleifweg in
Frankenbach nach dem Neubau bzw. der Verlängerung der Saarlandstraße zu
einer erhöhten Lärmbelastung kommen wird. Ein Lärmzuwachs ist nur dann nicht
abwägungserheblich, wenn er allenfalls geringfügig ist. Dabei kommt kein fester
Maßstab zu Anwendung, vielmehr bedarf es einer wertenden Betrachtung der
konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der Vorbelastung und der
Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets. Die Antragsgegnerin hat zwar nicht
ermittelt, welcher Lärmzuwachs an den Grundstücken im Schleifweg eintreten
wird. Aus der Schalltechnischen Untersuchung L. vom 25.03.2011 ergibt sich
jedoch, dass dort im reinen Wohngebiet künftig Verkehrslärmimmissionen von 47
dB(A) tags und 40 dB(A) nachts zu erwarten sind (S. 28). Diese liegen zwar im
Rahmen der Orientierungswerte aus Nr. 1.1 a DIN 18005 für reine Wohngebiete
von 50 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts. Mit der Lärmbelastung nachts wird der
Rahmen jedoch völlig ausgeschöpft, und auch die Lärmbelastung tags reicht mit
47 dB(A) an den Orientierungswert von 50 dB(A) heran. Unter diesen Umständen
ist ein abwägungsbeachtliches Interesse der Antragsteller zu 3, 15 und 16 an
einer geringeren Lärmbelastung zu bejahen.
64 3. Die Anträge sind auch nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig, selbst wenn
die Antragsteller zu 3, 15, 16, 19 und 20 im Rahmen der insgesamt drei
öffentlichen Auslegungen gemäß § 3 Abs. 2 BauGB keine Einwendungen
erhoben haben sollten. Sie machen im gerichtlichen Normenkontrollverfahren i.S.
des § 47 Abs. 2a VwGO zwar nur Einwendungen geltend, die sie schon im
Rahmen der öffentlichen Auslegungen hätten geltend machen können. Die
Präklusion nach dieser Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ortsüblichen
Bekanntmachungen der öffentlichen Auslegungen ordnungsgemäß erfolgt sind
(vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 - 4 CN 4.09 -, BVerwGE 138, 84). Das ist
hier nicht der Fall.
65 a) Unschädlich ist allerdings, dass die Belehrung in der öffentlichen
Bekanntmachung aller drei öffentlichen Auslegungen (Stadtzeitung vom
20.05.2010 für die erste öffentliche Auslegung vom 31.05. bis zum 30.06.2010,
Stadtzeitung vom 05.05.2011 für die zweite vom 16.05. bis zum 16.06.2011 und
Stadtzeitung vom 30.06.2011 für die dritte vom 11.07. bis zum 11.08.2011) dahin
lautet, ein Antrag nach 47 VwGO sei unzulässig, soweit mit ihm Einwendungen
geltend gemacht würden, die vom Antragsteller im Rahmen der öffentlichen
Auslegung des Bebauungsplan-Entwurfes nicht oder verspätet geltend gemacht
worden seien, aber hätten geltend gemacht werden können (§ 3 Abs. 2 Satz 2
BauGB). Diese Belehrung entspricht zwar dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2
BauGB vor der Änderung durch Artikel 1 Nr. 4 b des Gesetzes zur Stärkung der
Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und zur weiteren
Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11.06.2013 (BGBl. S. 1548) und war
deshalb geeignet, den unzutreffenden Eindruck hervorzurufen, ein
Normenkontrollantrag könne teilweise - nämlich hinsichtlich der nicht (rechtzeitig)
erhobenen Einwendungen - unzulässig sein. Demgegenüber verlangt § 47 Abs.
2a VwGO für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags nur, dass der
Antragsteller bei der Planaufstellung überhaupt rechtzeitig Einwendungen
erhoben hat und wenigstens eine dieser Einwendungen auch im
Normenkontrollverfahren vorbringt. Er ist dann nicht gehindert, sich im
Normenkontrollverfahren auch auf solche Einwendungen zu berufen, die er zuvor
nicht geltend gemacht hat. Die Belehrung ist jedoch deshalb nach den auch hier
anwendbaren Grundsätzen, wie sie für Rechtsmittelbelehrungen entwickelt
worden sind, nicht unrichtig. Denn sie hält einen Betroffenen nicht davon ab, sich
überhaupt, rechtzeitig und in der richtigen Form zu äußern. Sie macht dem
Betroffenen im Unterschied zum Wortlaut des § 47 Abs. 2a VwGO (und nach der
Gesetzesänderung jetzt auch des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) vielmehr erst recht
deutlich, dass er Einwendungen erheben muss, um sich die Möglichkeit eines
späteren Normenkontrollantrags zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2010
- 4 CN 4.09 -, BVerwGE 138, 84).
66 b) Die Belehrungen sind jedoch fehlerhaft, weil darin jeweils nicht
ordnungsgemäß angegeben ist, welche Arten umweltbezogener Informationen
verfügbar sind (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN
3.14 -, BauR 2015, 221). § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die
in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten
Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und sie in der
Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung schlagwortartig zu charakterisieren
(vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 4 CN 3.12 -, BVerwGE 147, 206).
Demgegenüber werden in sämtlichen Bekanntmachungen der drei öffentlichen
Auslegungen lediglich die ausgelegten umweltbezogenen Informationen und die
sonst noch verfügbaren, nicht ausgelegten Informationen aufgelistet. Wie sich
aus dem vorgenannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ergibt, wird damit
die Anstoßwirkung, die der Bundesgesetzgeber der Bekanntmachung der Arten
verfügbarere Umweltinformationen beimisst, nicht erreicht. Der betroffenen
Öffentlichkeit ist es bei einer bloßen Auflistung nicht möglich, eine erste inhaltliche
Einschätzung darüber vorzunehmen, welche Umweltbelange in den vorliegenden
Stellungnahmen und sonstigen Unterlagen behandelt werden und welche davon
nicht abgedeckte Umweltbelange von der fraglichen Planung sonst noch
betroffen werden. Jedenfalls Angaben wie „Stellungnahmen mit Aussagen zu
Natur-, Arten-, Boden-, Gewässer-, Immissions- und Denkmalschutz sowie zur
Kampfmittelbelastung“ oder „Untersuchung alternativer Gradienten der
Saarlandstraße“ sind nicht geeignet, die gebotene Anstoßfunktion zu erfüllen, da
der Betroffene diesen Angaben nicht zu entnehmen vermag, auf welche
Umweltbelange sich die Unterlagen jeweils beziehen.
67 Der Umstand, dass der Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB nach § 215 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden ist, weil ihn die Antragsteller nicht
gerügt haben, ist für § 47 Abs. 2a VwGO ohne Bedeutung. Denn § 215 Abs. 1 Nr.
1 BauGB regelt die Unbeachtlichkeit von formellen Fehlern für die
Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans, aber weder nach seinem Wortlaut
noch nach seiner systematischen Stellung die Zulässigkeit eines
Normenkontrollantrags (BVerwG, Urteil vom 11.09.2014 - 4 CN 3.14 -, BauR
2015, 221).
68 II. Die zulässigen Normenkontrollanträge sind jedoch nicht begründet.
69 1. Der Bebauungsplan ist nicht formell rechtswidrig.
70 a) Wie dargelegt, ist der grundsätzlich beachtliche Verstoß gegen die
Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB, öffentlich bekanntzumachen, welche
Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BauGB), unbeachtlich geworden, weil ihn die Antragsteller nicht fristgerecht
gerügt haben (§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB).
71 b) Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, der Satzungsbeschluss sei
wegen der Teilnahme befangener Gemeinderäte an der Abstimmung formell
rechtswidrig und der Bebauungsplan damit unwirksam. Dem Einwand der
Antragsteller ist schon aus sachlichen Gründen nicht zu folgen. Jedenfalls aber
sind die Antragsteller mit der entsprechenden Rüge auch präkludiert, denn sie
haben sie nicht fristgerecht geltend gemacht.
72 aa) Obwohl die Gemeinderäte xxx und xxx in unmittelbarer Nähe der B
293/Großgartacher Straße wohnen, die durch den Ausbau/Neubau der
Saarlandstraße wesentlich vom Verkehrslärm entlastet werden soll, ist der
Satzungsbeschluss nicht wegen eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 6 Satz 1
GemO rechtswidrig. Die genannten Gemeinderäte waren nicht gemäß § 18 Abs.
1 Nr. 1 GemO als ehrenamtlich tätige Bürger (§ 32 Abs. 1 Satz 1 GemO) von der
Mitwirkung ausgeschlossen, denn die Entscheidung über die Angelegenheit
konnte ihnen selbst keinen unmittelbaren Vorteil i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 GemO
bringen. Sie berührte nur die gemeinsamen Interessen der bislang vom
Verkehrslärm in der Nähe der B 293/Großgartacher Straße stark betroffenen
Bevölkerungsgruppe (§ 18 Abs. 3 GemO).
73 Der Ausschluss wegen Befangenheit nach § 18 Abs. 1 GemO setzt voraus, dass
der Gemeinderat oder eine sonstige in dieser Norm genannte Bezugsperson auf
Grund persönlicher Umstände an dem Gegenstand der Beschlussfassung ein
individuelles Sonderinteresse hat, das zu einer Interessenkollision führen kann
und die Besorgnis rechtfertigt, der Betreffende werde nicht mehr uneigennützig
und nur zum Wohle der Gemeinde handeln. Die Entscheidungen des
Gemeinderats sollen von individuellen Sonderinteressen freigehalten und der
böse Schein einer Interessenkollision vermieden werden, unabhängig davon, ob
eine solche tatsächlich besteht. Ein individuelles Sonderinteresse ist jedoch nur
anzunehmen, wenn die Entscheidung zu einem unmittelbar auf die Person des
Gemeinderats bezogenen, besonderen und über den allgemeinen Nutzen oder
die allgemeinen Belastungen hinausgehenden Vor- oder Nachteil führt. Die
Entscheidung muss so eng mit den persönlichen Belangen des Gemeinderats
zusammenhängen, dass er in herausgehobener Weise betroffen wird. Sie muss
sich auf das Gemeinderatsmitglied „zuspitzen“ und er - weil im Mittelpunkt oder
jedenfalls im Vordergrund der Entscheidung stehend - als deren „Adressat“
anzusehen sein. Das setzt allerdings nicht voraus, dass ausschließlich der
Gemeinderat von der Entscheidung betroffen wird. Ausreichend ist vielmehr, dass
der betroffene Gemeinderat einer von wenigen anderen in gleicher Weise
Betroffenen ist und sich sein Interesse dadurch von allgemeinen oder
Gruppeninteressen deutlich abhebt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteile vom
29.07.2015 - 3 S 2492/13 - juris, vom 08.05.2012 - 8 S 1739/10 -, VBlBW 2013,
183 und vom 09.02.2010 - 3 S 3064/07 - NUR 2010, 736).
74 Danach konnte die Entscheidung über den Bebauungsplan den Stadträten xxx
und xxx keinen unmittelbaren Vorteil bringen, denn sie sind nicht individualisiert
betroffen, weil sie den Vorteil mit sämtlichen Anliegern entlang der Großgartacher
Straße teilen. Es handelt sich um ein Gruppeninteresse gemäß § 18 Abs. 3
GemO, selbst wenn die durch die Lärmentlastung Begünstigten (auch in
mehreren anderen Straßen) anhand des Grundbuchs oder des Adressbuchs
individuell bezeichnet werden können.
75 Ohne Erfolg machen die Antragsteller auch geltend, die Gemeinderäte xx-xxx
und xxx hätten sich vehement und auch unsachlich in der Bürgerinitiative „pro
Saarlandstraße“ für den Bebauungsplan und den Aus-/Neubau der
Saarlandstraße eingesetzt. Das von den Antragstellern behauptete Verhalten der
beiden Stadträte kann schon aus Rechtsgründen nicht zum Ausschluss wegen
Befangenheit führen. Die Gründe, die bei einem Gemeinderat zum Ausschluss
wegen Befangenheit führen, sind in § 18 GemO abschließend aufgezählt (vgl.
Kunze/Bronner/Katz, GemO für Baden-Württemberg, Komm., 4. Aufl., Rn. 1 zu §
18, Stand: Dez. 2006). Voraussetzung für den Ausschluss wegen Befangenheit
ist bei allen Befangenheitstatbeständen die Möglichkeit eines unmittelbaren
Vorteils oder Nachteils für den Gemeinderat oder eine ihm nahestehenden
Person bzw. Personenmehrheit. Einen § 21 VwVfG vergleichbaren
Auffangtatbestand, wonach ein Gemeinderat auch ausgeschlossen ist, wenn ein
Grund vorliegt, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu
rechtfertigen, kennen die Befangenheitstatbestände der Gemeindeordnung nicht
(vgl. Ade in Kommunalverfassungsrecht Baden-Württemberg, Komm., Rn. 1 zu §
18 GemO). Dies verdeutlicht auch die Regelung in § 18 Abs. 2 Nr. 4 GemO. Nach
dieser Bestimmung ist zwar die Mitwirkung eines Gemeinderats ausgeschlossen,
wenn er in der Angelegenheit in anderer als öffentlicher Eigenschaft ein
Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist. Aus dieser
Beschränkung der Formulierung des Befangenheitstatbestands wird deutlich,
dass § 18 GemO auf ein allgemeines Mitwirkungsverbot wegen Besorgnis der
Befangenheit und Neutralitätsverlusts verzichtet (so auch Schäfer, Zur
Befangenheit von Gemeinderatsmitgliedern, VBlBW 2003, 271, 273). Nach dem
Wortlaut von § 18 Abs. 2 Nr. 4 GemO führt vielmehr nur die private Vorbefassung
und die daraus zu befürchtende Vorfestlegung, nicht aber solche in öffentlicher
Eigenschaft, etwa als Gemeinderat, zum Ausschluss wegen Befangenheit (vgl.
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.2.1989 - 3 S 308/87 - NVwZ 1990,
588; Aker, in: Aker/Hafner/ Notheis, GemO, 2013, § 18 Rn. 21; Bock,
Befangenheit, BWGZ 2014, 478, 484; Schäfer, a.a.O., 274). Diese
Unterscheidung ist auch sachlich gerechtfertigt, da der Prozess der politischen
Willensbildung in der Gemeinde unangemessen erschwert würde, wenn bereits
die politische Festlegung in einer bestimmten Angelegenheit vor der Beratung
und Entscheidung zur Befangenheit führte (vgl. dazu erneut VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 29.07.2015 - 3 S 2492/13 - juris ).
76 bb) Ein etwaiger Verstoß gegen § 18 Abs. 6 Satz 1 GemO wäre zudem wegen
nicht rechtzeitiger Rüge mittlerweile gemäß §§ 18 Abs. 6 Satz 4, 4 Abs. 4 GemO
unbeachtlich geworden. Nach dieser Bestimmung gelten Satzungen, die unter
Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der Gemeindeordnung oder
auf Grund der Gemeindeordnung zu Stande gekommen sind, ein Jahr nach der
Bekanntmachung als von Anfang an gültig zu Stande gekommen. Dies gilt nach
der hier allein in Betracht kommenden Regelung in § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 GemO
u.a. dann nicht, wenn die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschrift
innerhalb der Jahresfrist gegenüber der Gemeinde unter Bezeichnung des
Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, schriftlich geltend gemacht
worden ist. Die Antragsteller haben ihre Rüge erst nach Ablauf dieser Frist
erhoben.
77 Die Antragsteller haben die Mitwirkung der aus ihrer Sicht befangenen
Gemeinderäte beim Satzungsbeschluss erstmals in dem das
Normenkontrollverfahren einleitenden Antragsschriftsatz gerügt. Dieser ist zwar
am 26.11.2012 und damit innerhalb der Jahresfrist beim erkennenden
Gerichtshof eingegangen. Maßgeblich für die Einhaltung der Frist aus § 4 Abs. 4
GemO ist jedoch die Geltendmachung gegenüber der Gemeinde, d.h. der
Antragsgegnerin. Dieser wurde der Antragsschriftsatz aber erst am 05.12.2012
und damit nach Ablauf der Jahresfrist zugestellt.
78 Die Präklusionswirkung nach § 4 Abs. 4 Satz 4 GemO tritt allerdings nur ein,
wenn bei der Bekanntmachung der Satzung auf die Voraussetzungen für die
Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und die
Rechtsfolgen ordnungsgemäß hingewiesen worden ist (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 11.07.1995 - 3 S 1242/95 - UPR 1996, 115). Dieser
Voraussetzung wurde jedoch vorliegend genügt. Denn der Text unter I. der
Hinweise zur öffentlichen Bekanntmachung des Beschlusses des
Bebauungsplans in den Amtlichen Bekanntmachungen der Antragsgegnerin vom
01.12.2011 orientiert sich am Wortlaut des § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 GemO und gibt
diesen quasi wörtlich wieder.
79 Unschädlich ist, dass es in der Belehrung nur heißt, die Fehler müssten
„gegenüber der Stadt Heilbronn“ geltend gemacht werden, eine genauere
Anschrift aber nicht angegeben wird. Für die Belehrung nach § 4 Abs. 4 GemO
gelten die Grundsätze, die auch für Rechtsmittelbelehrungen zur Anwendung
kommen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -
VBlBW 2009, 186 zur entsprechenden Regelung in § 215 BauGB). Nach § 58
Abs. 1 VwGO ist aber nur über die Behörde und deren Sitz zu belehren. Dazu
genügt regelmäßig die Angabe des Ortes, die Angabe einer Straße ist nur
erforderlich, wenn sonst die Gefahr der Verwechslung besteht (vgl.
Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 20. Aufl., 2014, Rn. 10 zu § 58). Dafür ist hier
nichts ersichtlich.
80 Die Antragsteller argumentieren, die Frist aus § 4 Abs. 4 GemO habe nicht bereits
mit der öffentlichen Bekanntmachung des Beschlusses über den Bebauungsplan
begonnen, sondern erst einige Tage später. Aus der öffentlichen
Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses sei die Mitwirkung befangener
Gemeinderäte an der Beschlussfassung nicht ersichtlich. Um diese feststellen zu
können, sei vielmehr der Einsichtnahme in die Gemeinderatsprotokolle
erforderlich (vgl. zum Einsichtsrecht der Einwohner der Gemeinde § 38 Abs. 2
Satz 4 GemO), sei für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem
vernünftigerweise von der Einsichtnahme in die Protokolle ausgegangen werden
könne. Eine solche Differenzierung, die auch zu einer beträchtlichen
Rechtsunsicherheit führen würde, ist in § 4 Abs. 4 GemO indessen nicht
vorgesehen.
81 Nach Maßgabe des § 167 ZPO wäre die Rügefrist allerdings gewahrt, denn der
Normenkontrollantrag ist innerhalb der Frist beim erkennenden Gerichtshof
eingegangen und die Zustellung am 05.12.2012 ist „demnächst“ im Sinne dieser
Norm erfolgt, weil die Verzögerung ihre Ursache nicht in der Sphäre der
Antragsteller hat. Der Senat hat jedoch bereits mit Urteil 11.12.2014 (- 8 S
1400/12 -, VBlBW 2015, 393) entschieden, dass die Rückwirkungsregel im
Rahmen des § 215 Abs. 1 BauGB keine Anwendung findet (ebenso OVG
Niedersachsen, Urteil vom 30.07.2015 - 12 KN 263/13 - juris; OVG Nordrh.-
Westf., Urteil vom 12.01.2012 - 2 D 141.09.NE - AbfallR 2012, 139; BayVGH,
Urteil vom 19.06.2009 - 1 N 07.1552 - BRS 74 Nr. 41). Das gilt im Rahmen des §
4 Abs. 4 GemO in gleicher Weise. Die Interessen- und Gesetzeslage stimmt bei
beiden Normen überein.
82 Ohne Erfolg halten die Antragsteller dem entgegen, § 167 ZPO gelte auch für
Fristen, die nicht nur gerichtlich, sondern auch außergerichtlich geltend gemacht
werden könnten. Den Antragstellern ist einzuräumen, dass der Wortlaut der Norm
für eine solche Differenzierung keinen Anhaltspunkt bietet (vgl. BGH, Urteil vom
17.07.2008 - I ZR 109.05 -, BGHZ 177, 319). In seiner vorgenannten
Entscheidung hat der Senat die Anwendung des § 167 ZPO in erster Linie aus
Gründen der Rechtssicherheit gleichwohl abgelehnt. Ob an dieser Begründung
festzuhalten ist, mag offenbleiben. Denn § 167 ZPO ist unabhängig davon
jedenfalls deshalb nicht anwendbar, da es im vorliegenden Fall nicht um eine
Fallkonstellation geht, bei der die Frist sowohl gerichtlich als auch
außergerichtlich geltend gemacht werden kann. § 167 ZPO ist schon nach
seinem Wortlaut nicht anwendbar. Durch die Zustellung der Antragsschrift an die
Antragsgegnerin soll keine Frist gewahrt werden, die Zustellung erfolgt vielmehr,
weil sie in § 85 Abs. 1 Satz 1 VwGO prozessual vorgeschrieben ist. Für die
Wahrung der Frist zur Stellung des Normenkontrollantrags aus § 47 Abs. 2 Satz 1
VwGO kommt es ohnehin allein auf den rechtzeitigen Eingang der Antragsschrift
beim Gericht an. Durch die fristgerechte Zustellung der Antragsschrift als solche
an die Antragsgegnerin werden die Fristen aus § 215 Abs. 1 VwGO bzw. aus § 4
Abs. 4 GemO - anders als dies bei der Klageschrift im Zivilprozess in der Regel
der Fall ist - auch nicht zwangsläufig gewahrt. Erforderlich ist dafür vielmehr, dass
der Sachverhalt, der aus der Sicht des die Rüge erhebenden Bürgers zur
Befangenheit des Gemeinderats und damit zur Rechtwidrigkeit des
Gemeinderatsbeschlusses geführt hat, schriftlich gegenüber der Gemeinde
geltend gemacht wird. Ebenso ist im Rahmen des § 215 Abs. 1 BauGB
hinsichtlich jeder einzelnen Einwendung deren fristgerechte Geltendmachung
gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des Sachverhalts, der die Verletzung
begründen soll, erforderlich. Auf die Geltendmachung gegenüber dem Gericht
kommt es grundsätzlich nicht an.
83 Die weiteren von den Antragstellern in diesem Zusammenhang vorgebrachten
Argumente betreffen nur die Präklusion mit Einwendungen, die sich aus der
Anwendung des Baugesetzbuchs ergeben können (dazu noch näher unten).
84 2. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen zwingende Vorschriften des
materiellen Rechts.
85 a) Der Bebauungsplan als solcher und die einzelnen Festsetzungen sind i.S. des
§ 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich.
86 aa) Mit ihrem Vortrag, der Ausbau und die Verlängerung der Saarlandstraße
seien sinnlos, denn nach dem Stand der städtebaulichen Entwicklung sei es nicht
mehr geboten, den Verkehr gebündelt in die und aus der Innenstadt zu führen,
zur Verminderung der Lärm- und Schadstoffbelastung sei vielmehr eine
Verkehrsführung um die Innenstadt herum anzustreben, machen die Antragsteller
der Sache nach geltend, das geplante Straßenbauvorhaben und damit der
Bebauungsplan seien als solche schon nicht erforderlich. Durchdringen können
sie damit indessen nicht.
87 Maßgeblich für die Erforderlichkeit ist die planerischen Konzeption der Gemeinde.
Denn mit der in § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB normierten Straßenplanung, die
hinsichtlich der Ausbaustrecke der Saarlandstraße gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1
FStrG an die Stelle der sonst nach § 17 Satz 1 FStrG für die Änderung einer
Bundesstraße erforderlichen Planfeststellung tritt, stellt das Bundesrecht den
Gemeinden ein Mittel zur eigenen, allerdings nur städtebaulich begründeten
Verkehrspolitik zur Verfügung, das durch das rechtliche Instrumentarium
straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen ergänzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom
26.08.1993 - 4 C 24.91 -, BVerwGE 94, 100). Wie auch sonst im Recht der
Bebauungsplanung können angesichts der der Gemeinde damit zukommenden
Gestaltungsfreiheit unter Rückgriff auf den Grundsatz der Erforderlichkeit nur
grobe und offensichtliche Missgriffe verhindert werden. Für die Einzelheiten der
planerischen Lösung, insbesondere die von den Antragstellern in den
Vordergrund gerückte Auswahl unter mehreren alternativen Trassen ist vielmehr
das Abwägungsgebot maßgeblich, das insbesondere hinsichtlich der
Fehlerfolgen und der gerichtlichen Überprüfbarkeit anderen Regeln unterliegt.
88 Ein solcher Missgriff liegt hier nicht vor. Das Straßenbauvorhaben führt zur
Verkehrsentlastung der B293/Großgartacher Straße, deren Notwendigkeit auch
die Antragsteller nicht in Frage stellen. Darüber hinaus führt es auch unmittelbar
zu Verkehrsentlastungen im Stadtteil Frankenbach und ermöglicht den Rückbau
der Leintalstraße, die bislang der Verbindung nach Leingarten diente. Die
Antragsteller zeigen auch keine Möglichkeit auf, wie einerseits diese
Verkehrsentlastung erreicht und andererseits der Verkehr gleichwohl um die
Innenstadt herum geführt werden kann. Auch die von ihnen bevorzugte
Nordumfahrung stößt kurz vor dem Saarlandkreisel auf die Saarlandstraße mit
der Konsequenz, dass der Verkehr dann weiter durch die Innenstadt geführt
werden muss. Richtig ist, dass die geplante Lösung zu einer
Verkehrsmehrbelastung auf der Bestandsstrecke der Saarlandstraße und damit
in der Kreuzgrundsiedlung führt, die zwar nicht mit der Hünderstraßenvariante,
aber mit der Nordumfahrung hätte vermieden werden können. Das ist jedoch
keine Frage der Erforderlichkeit der Planung, sondern der Abwägung im Rahmen
der Auswahl unter mehreren Varianten (dazu unten).
89 Mit ihrer Argumentation, bei der gewählten Lösung müsse die Saarlandstraße
zukünftig weiter über die Peter-Bruckmann-Brücke und die Füger-Brücke in die
Innenstadt hinein ausgebaut werden, womit erhebliche und nicht mehr
akzeptable Verkehrslärm- und Schadstoffbelastungen für den neu geplanten
Stadtteil Neckarvorstadt und die Innenstadt verbunden seien, könne die
Antragsteller schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nicht belegt ist, dass dieser
weitere Ausbau der Saarlandstraße von der Antragsgegnerin überhaupt ins Auge
gefasst worden ist. Ungeachtet dessen gibt der Vortrag der Antragsteller auch
nichts dafür her, dass einem zukünftigen weiteren Ausbau der Saarlandstraße in
Richtung Innenstadt unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen könnten (vgl.
zu diesem Erfordernis bei einer abschnittsweisen Planung BVerwG, Urteil vom
10. April 1997 – 4 C 5.96 –, BVerwGE 104, 236).
90 bb) § 1 Abs. 3 BauGB verlangt nicht nur, dass der Bebauungsplan insgesamt
erforderlich ist, vielmehr ist jede einzelne Festsetzung an diesem Erfordernis zu
messen. Allerdings muss für die einzelne Festsetzung - wie für die Planung
insgesamt - kein unabweisbares Bedürfnis vorliegen; es genügt, wenn eine
Festsetzung nach den städtebaulichen Zielen der Gemeinde - hier: nach der von
ihr verfolgten Verkehrspolitik - vernünftigerweise geboten ist (vgl. Bayerischer
VGH, Urteil vom 24. August 2015 - 2 N 14.486 -, juris). Mit ihrem Argument, die
Antragsgegnerin plane, die Saarlandstraße vierspurig auszubauen, tatsächlich
genüge aber ein zweispuriger Ausbau, rügen die Antragsteller die fehlende
Erforderlichkeit des vierspurigen Ausbaus. Auch dies verhilft ihrem Begehren
indessen nicht zu Erfolg.
91 Festzustellen ist zunächst, dass im Bebauungsplan kein vierspuriger Aus- bzw.
Neubau der Saarlandstraße festgesetzt wird. Festgesetzt ist vielmehr gestützt auf
§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB eine Straßenverkehrsfläche in gelber Flächenfarbe, die
in Längsrichtung mittig durch eine öffentliche Grünfläche mit Pflanzgebot für
Bäume geteilt wird. Auf der Straßenverkehrsfläche sind zwar in jeder Richtung
Fahrstreifen einschließlich Abbiegespuren an den einmündenden und
abbiegenden Straßen eingezeichnet. Das ist jedoch nur
nachrichtlich/informationshalber erfolgt; es dürfte sich dabei um von der
Antragsgegnerin ins Auge gefasste straßenverkehrsrechtliche Anordnungen
handeln.
92 Für dieses Ergebnis spricht, dass in der Zeichenerklärung die auf § 9 Abs. 1 Nr.
11 BauGB gestützten Festsetzungen unterteilt sind in
Verkehrsgrün/Aufschüttung, Entwässerungsmulde, Bankett,
Straßenverkehrsfläche, Geh-/Radweg/Rampe und Verkehrsgrün/Abgrabung. Die
Eintragung für die Kennzeichnung der Fahrstreifen ist indessen nicht erklärt.
Einzelne Fahrstreifen mit Abbiegespuren und Einmündungsbereichen können
zudem in einem Bebauungsplan überhaupt nicht festgesetzt werden. Nach § 9
Abs. 1 Nr. 11 BauGB können in einem Bebauungsplan Verkehrsflächen sowie
Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche,
Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für das Abstellen von
Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen
festgesetzt werden, und zwar als öffentliche oder private. Bei
Fahrstreifenbegrenzungen und Pfeilmarkierungen handelt es sich jedoch um
Vorschriftszeichen gemäß § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Nr. 68 ff der Anlage 2 und
damit um straßenverkehrsrechtliche Anordnungen. Zur Festsetzung solcher
ermächtigt § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB aber nicht (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg,
BauGB, Komm., Rn. 105 zu § 9 BauGB).
93 Die Rüge der Antragsteller ist vor diesem Hintergrund dahin zu verstehen, die
Straßenverkehrsfläche sei mit 6,50 m innerorts und 7,50 m außerorts (vgl. die
Eintragungen in den Teilplänen 1 und 2) für jede der beiden Fahrtrichtungen zu
breit festgesetzt worden.
94 Das trifft jedoch nicht zu, wie schon daran zu ersehen ist, dass die
Antragsgegnerin die Vorgabe zur Straßenbreite aus Nr. 5.2.12 der Richtlinien für
die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006, Stand: Dezember 2008 (RASt)
eingehalten hat. Dort ist für eine anbaufreie Straße mit einer zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eine 6,5 m breite Straßenverkehrsfläche in
jede Fahrtrichtung vorgesehen. Die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen
enthalten eine sachverständige Konkretisierung moderner Grundsätze des
Straßenbaus und sind daher geeignet, den Gemeinden allgemeine
Anhaltspunkte für ihre Entscheidung über den Bau von Straßen zu liefern
(Senatsurteil vom 04.11.2013 - 8 S 1694/11 - ZfBR 2014, 264). Die Richtlinien für
die Anlage von Landstraßen, Ausgabe 2012 (RAL) gehen für Straßen außerorts
mit einer Verkehrsstärke bis zu 30.000 Kfz/24 h von einer Breite der
Straßenverkehrsfläche in jede Richtung von 7,75 m aus.
95 b) Entgegen der Rüge der Antragsteller, zahlreiche Gebäude in der
Kreuzgrundsiedlung und insbesondere auch das Klinikum würden unzumutbaren
Lärmbelastungen ausgesetzt, hält der Bebauungsplan auch die zwingenden
Vorgaben zum Lärmschutz ein.
96 aa) In der Sache ergeben sich die Anforderungen an die im Bebauungsplan
vorzusehenden Schallschutzmaßnahmen aus § 41 Abs. 1 BImSchG. Nach
dieser Norm muss der Bebauungsplan sicherstellen, dass durch den Neubau und
den Ausbau der Saarlandstraße keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch
Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der
Technik vermeidbar sind, denn er sieht hinsichtlich der Neubaustrecke der
Saarlandstraße den Bau einer öffentlichen Straße und bezüglich des Ausbaus
der Bestandsstrecke die wesentliche Änderung einer solchen vor. Letzteres
ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Satz 2 der auf § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG
gestützten 16. BImSchV. Danach ist die Änderung einer Straße u.a. wesentlich
i.S. des § 41 Abs. 1 BImSchG, wenn der Beurteilungspegel des von dem zu
ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms von mindestens 70 dB(A)
am Tag oder 60 dB(A) in der Nacht durch einen erheblichen baulichen Eingriff
(weiter) erhöht wird. So liegen die Dinge hier. Wie sich aus der Schalltechnischen
Untersuchung L. vom März 2011 ergibt, wird an den Gebäuden Jörg-Metzler-Weg
18, 19 und 21, Heidelberger Straße 146, 148, 150 und 152, Eichenhof 17 und 18
sowie Birkenhof 18 (zum maßgeblichen Immissionsort vgl. Anlage 1 zu § 3 16.
BImSchV) bereits gegenwärtig ohne den Ausbau nachts ein Beurteilungspegel
von über 60 dB(A) erreicht (vgl. Anlage 2 N zum Schalltechnischen Gutachten).
Dieser würde nach dem Ausbau ohne Lärmschutzbauten wegen der dann
größeren Verkehrsstärke weiter zunehmen.
97 Umweltauswirkungen durch Verkehrsgeräusche sind schädlich i.S. des § 41 Abs.
1 BImSchG, wenn einer der in § 2 Abs. 1 16. BImSchV in Abhängigkeit von der
Schutzbedürftigkeit der Nachbarschaft nach der Art der baulichen Nutzung
festgelegten Beurteilungspegel überschritten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.
März 2000 – 11 A 42.97 –, BVerwGE 110, 370). Dabei ist nicht auf einen aus
allen einwirkenden Lärmquellen zu bildenden Gesamtpegel abzustellen. Wie sich
insbesondere aus dem Wortlaut des § 41 Abs. 1 BImSchG „durch diese“ ergibt,
kommt es allein auf den von der zu bauenden bzw. zu ändernden Straße
ausgehenden Verkehrslärm an (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A
18.04 –, BVerwGE 123, 152). Liegen die Voraussetzungen aus § 41 Abs. 1
BImSchG vor, genügt es umgekehrt aber nicht, durch aktive
Schallschutzmaßnahmen lediglich den Lärmzuwachs zu kompensieren, der
durch das geplante Vorhaben hervorgerufen wird. Ein unter § 41 Abs. 1
BImSchG, § 1 Abs. 2 16. BImSchV fallender Streckenausbau führt vielmehr zu
einer Sanierungspflicht des Planungsträgers. Die Anlieger können sich trotz der
Vorbelastung nunmehr darauf berufen, schädlichen Umweltauswirkungen
ausgesetzt zu sein. Ziel der Lärmschutzmaßnahmen muss - allerdings mit dem
Vorbehalt aus § 41 Abs. 2 BImSchG - sein, dass nach dem Ausbau die
Immissionsgrenzwerte aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV eingehalten werden (vgl.
BVerwG, Urteil vom 15. März 2000 – 11 A 42/97 –, BVerwGE 110, 370).
98 Auch die Antragsgegnerin stellt nicht in Frage, dass ungeachtet der teilweise
durch die Lärmschutzbauten zu erreichenden deutlichen Verringerung der
Lärmbelastung (von bis zu 11 dB(A)) entlang der Saarlandstraße die
Beurteilungspegel des § 2 Abs. 1 16. BImSchV bei dem Neubau des Klinikums
und bei den Gebäuden Am Gesundbrunnen 8 und 10, Birkenhof 18, Florian-
Geyer-Straße 1 und 11, Heidelberger Straße 126, 128,130, 132, 134,142, 144,
146, 148, 150 und 152, Im Kreuzgrund 2, 5 und 16/1 sowie im Reiherweg 15 und
15/1 (vgl. die Auflistung auf Seite 20 der Begründung des Bebauungsplans)
überschritten werden. Das Lärmschutzkonzept des Bebauungsplans ist deshalb
gleichwohl rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin durfte für die
vorgenannten Gebäude von der Gewährung aktiven Lärmschutzes absehen und
auf passiven Schallschutz verweisen, weil die Kosten der Schutzmaßnahmen i.S.
des § 41 Abs. 2 BImSchG außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck
stehen würden.
99 bb) Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, die Entscheidung der
Antragsgegnerin, von weitergehenden aktiven Schallschutzmaßnahmen
abzusehen, sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Schalltechnische
Untersuchung L. vom 25.03.2011 von unzutreffenden Voraussetzungen
ausgegangen und deshalb die ermittelten Lärmbelastungen zu niedrig seien.
100 (1) Die Antragsteller rügen, die Schalltechnische Untersuchung L. sei von einer
zu geringen Verkehrsbelastung der Saarlandstraße nach dem Ausbau
ausgegangen. Sie beruhe auf den von der Ingenieurgesellschaft Dr. Brenner
ermittelten Zahlen (vgl. die Anlagen 18 zur Schalltechnischen Untersuchung L.)
zur zukünftigen Verkehrsbelastung in der Saarlandstraße. Bei deren Ermittlung
habe der Gutachter zu Unrecht eine zukünftige Entlastung der Saarlandstraße
durch die Nordumfahrung Frankenbach/Neckargartach/Industriegebiet Böllinger
Höfe zu Grunde gelegt. Das trifft nicht zu.
101 Verkehrsprognosen unterliegen lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen
Kontrolle. Das Gericht prüft nur, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden
sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und das Prognoseergebnis
einleuchtend, insbesondere ohne offen erkennbare Widersprüche begründet
worden ist (BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308). Die
Schalltechnische Untersuchung L. beruht indessen nicht auf einer unrealistischen
Annahme. Die zu erwartende Verkehrsbelastung wurde nicht zu niedrig
angesetzt; denn eine entlastende Wirkung für die Saarlandstraße durch die
sogenannte Nordumfahrung Frankenbach/Neckargartach/Industriegebiet
Böllinger Höfe wurde von der Ingenieurgesellschaft Dr. Brenner bei der Ermittlung
der voraussichtlichen Verkehrsbelastung in der Saarlandstraße nicht
berücksichtigt. Die Antragsgegnerin hat dazu das Schreiben der Dr. Brenner
Ingenieurgesellschaft vom 05.03.2014 vorgelegt, wonach eine
Entlastungswirkung durch die Nordumfahrung
Frankenbach/Neckargartach/Industriegebiet Böllinger Höfe nicht berücksichtigt
worden sei, umgekehrt sei dagegen i.S. eines „worst case“ Scenarios eine
Zunahme des Lkw-Verkehrs auf der Saarlandstraße durch ein zukünftiges
Fahrverbot für den Schwerverkehr auf der B 293 in die Berechnungen
eingegangen. Diese Angaben wurden von der in der mündlichen Verhandlung
anwesenden Mitarbeiterin der Ingenieurgesellschaft Dr. Brenner, die die
Verkehrsprognose erstellt hat, bestätigt. Die Antragsteller haben daraufhin die
entsprechende Rüge in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrechterhalten.
102 (2) Die Antragsteller machen außerdem geltend, in der Schalltechnischen
Untersuchung seien zwar Steigungen der Saarlandstraße und
Lichtzeichenanlagen berücksichtigt worden, aber nicht die Kombination aus
Lichtzeichenanlage in einer Steigung. Ein Mangel der Untersuchung ist auch
damit nicht dargetan. Nach § 3 der 16. BImSchV ist der Beurteilungspegel für
Straßen gemäß der Anlage 1 zu berechnen. Dort sind in Tabelle C Korrekturen
für Steigungen und in Tabelle D Zuschläge für erhöhte Störwirkungen von
lichtzeichengeregelten Kreuzungen und Einmündungen vorgesehen. Wie sich
aus der Schalltechnischen Untersuchung L. vom 25.03.2011 (dort Seite 20)
ergibt, wurden beide Gesichtspunkte berücksichtigt. Nach der Tabelle C ist auch
nicht zu beanstanden, dass erst Steigungen von 5 % und mehr in die
Berechnung eingegangen sind. Für geringere Steigungen ist nach der Tabelle C
eine Korrektur nicht vorzunehmen. Auch die Lichtzeichenanlagen im
Untersuchungsgebiet sind auf Seite 20 der Schalltechnischen Untersuchung L.
vollständig aufgezählt. Es heißt dort weiter ausdrücklich, beim Ausbau der
Saarlandstraße würden die Einmündungen Am Gesundbrunnen und Im
Kreuzgrund ebenfalls mit Lichtzeichenanlagen versehen. Ein besonderer
Zuschlag für Lichtzeichenanlagen an einer Steigung ist in der 16. BImSchV nicht
vorgesehen. Die Antragsteller legen auch nicht substantiiert dar, warum ein
solcher Zuschlag entgegen dem in der 16 BImSchV vorgesehenen
Berechnungsverfahren doch erforderlich und diese Norm damit insoweit
rechtswidrig sein sollte.
103 (3) Allerdings beanstanden die Antragsteller zu Recht, dass in der
Schalltechnischen Untersuchung L. nur Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht
über 3,5 t als Lkw in die Berechnung eingegangen sind. In der Anlage 1 zur 16.
BImSchV sind demgegenüber bereits Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht
über 2,8 t als Lkw zu berücksichtigen, da unter dem Berechnungsfaktor p in
Tabelle A Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t zu verstehen sind.
Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, dass dieser Fehler zu einem
unrichtigen Ergebnis geführt hat.
104 Die Erklärung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 05.11.2015 für die in der
Schalltechnischen Untersuchung L. gewählte Vorgehensweise ist allerdings
wenig plausibel. Es heißt dort unter Rückgriff auf die Bundestags-Drucksache
17/3342 vom 20.10.2010 und die Mitteilung der Bundesanstalt für Straßenwesen
1/2009, als Lkw seien die Kfz zu berücksichtigen, die auf Bundesautobahnen
einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h unterlägen; die Tonnagegrenze
für diese Höchstgeschwindigkeit sei 1995 von 2,8 t auf 3,5 t angehoben worden.
Warum eine solche Änderung in der Straßenverkehrsordnung zu einer
Lärmberechnung abweichend von den ausdrücklichen und rechtlich bindenden
Vorgaben der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung führen soll, ist aber nicht
ersichtlich. Zu Recht weisen die Antragsteller auch daraufhin, dass die
Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h innerorts ohnehin ohne Bedeutung ist,
weil dort die zulässige Höchstgeschwindigkeit für alle Kfz niedriger liegen wird.
105 Eine daraus resultierende Ungenauigkeit i.S. der Berechnung einer zu geringen
Lärmbelastung wird aber jedenfalls im Ergebnis kompensiert. Denn in der
Schalltechnischen Untersuchung L. wurde bei der Berechnung der
Lärmbelastung nicht die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke an allen Tagen
(DTV) zu Grunde gelegt, wie dies in der 16. BImSchV vorgesehen ist, sondern die
durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke an Werktagen von Montag bis Samstag
(DTVw), die - wie die Auswertung einer Verkehrszählung im Plangebiet im Jahre
2010 ergeben hat (vgl. die Anlage 5 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom
05.11.2015) - um ca. 10 % höher liegt als die DTV.
106 Dieser konservative Ansatz führt dazu, dass die errechnete Lärmbelastung um
ca. 0,4 dB(A) höher liegt als die sich aus einer Berechnung auf der Grundlage der
DTV ergebende. Die höhere Lärmbelastung, die sich ergibt, wenn richtigerweise
bereits Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t zur Gruppe der Lkw
gerechnet werden, bleibt hinter diesem Wert zurück. Das Ingenieurbüro L. hat
dazu zunächst eine Vergleichsberechnung durchgeführt, bei der es wie folgt
vorgegangen ist: Aus der bei einer Verkehrszählung im Jahr 2010 zwischen
Frankenbach und Böckingen ermittelten Zahl der Lieferwagen wurde der Anteil
der Kfz über 2,8 t herausgerechnet, wobei der aus der Bundestagsdrucksache
17/3342 entnommene Wert von 17 % zu Grunde gelegt wurde, und entsprechend
als Lkw berücksichtigt. Die Lärmbelastung tags erhöht sich dadurch nur um 0,1
dB(A) und nachts um 0,0 dB(A).
107 Das Bundesverwaltungsgericht hat eine ähnliche Umrechnung derart gebilligt,
dass der Lkw-Anteil mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t durch
Multiplikation mit dem Faktor 1,17 in den maßgeblichen Lkw-Anteil mit einem
zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t umgerechnet wird (Urteil vom 10.10.2012 -
9 A 20.11 - NVwZ 2013, 645). Der in der mündlichen Verhandlung anwesende
Bedienstete des Ingenieurbüros L. hat dazu angegeben, dass nach dieser
Umrechnungsweise als Ergebnis einer komplizierten logarithmischen
Berechnung mit einer Erhöhung der Lärmbelastung um etwa 0,2 dB(A) zu
rechnen sei. Auch diese Zunahme bleibt aber noch unter dem Wert von 0,4
dB(A), der sich aus der konservativen Berechnung auf der Grundlage der DTVw
ergibt, anstatt wie in der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung vorgesehen auf
der Grundlage der DTV.
108 (4) Die Antragsteller haben außerdem behauptet, es sei nicht plausibel, dass die
höherliegenden Gebäude im südlichen Kreuzgrund (Starenweg und Eulenweg)
durch den zunehmenden Verkehrslärm nicht sollen belastet werden, da in der
Schalltechnischen Untersuchung L. andererseits angenommen werde, die
höherliegenden Gebäude am Reiherweg würden durch die Lärmschutzbauwerke
nicht (ausreichend) geschützt. Zur Begründung haben sie sich allein auf die
„topographischen Verhältnisse“ berufen, die in der Schalltechnische
Untersuchung L. aber berücksichtigt worden sind (vgl. dazu Punkt Nr. 2.2.6,
Topographie). Darüber hinaus haben sie ihren Vortrag nicht näher konkretisiert.
Unter diesen Umständen sieht der Senat keinen Anlass, an der Angabe des in
der mündlichen Verhandlung anwesenden Mitarbeiters des Ingenieurbüros L. zu
zweifeln, die Berechnung sei auch insoweit zutreffend. Soweit sich die
Antragsteller auf eine von ihnen aktuell festgestellte Zunahme der Lärmbelastung
im Starenweg und im Eulenweg (wohl infolge der Reflexionen vom Klinikneubau)
berufen, führt dies schon deshalb nicht zu einer anderen Bewertung, weil die
geplanten Änderungen an der Saarlandstraße noch nicht umgesetzt wurden und
sich die Aussagen der Antragsteller daher nur auf die aktuelle Situation ohne
Tieferlegung der Saarlandstraße und ohne Lärmschutzbauwerke beziehen
können.
109 (5) Anders als von den Antragstellern behauptet, sind die Klinikneubauten auch
nicht wesentlich massiver und näher an der Saarlandstraße errichtet worden, als
in der Schalltechnischen Untersuchung L. zu Grunde gelegt. Wie insbesondere
Anlage 9.1 zeigt, ist die Untersuchung auf der Grundlage eines Klinikneubaus mit
weitgehend geschlossener Fassade und nur geringfügig zurücktretenden
Elementen erstellt worden, d.h. eines Klinikneubaus in der Form, wie er sich nach
den Angaben der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung und den von
ihnen mit Schriftsatz vom 15.08.2014 vorgelegten Lichtbildern jetzt auch
tatsächlich darstellt.
110 (6) In der Schalltechnischen Untersuchung L. wurden auch die in die
Saarlandstraße einmündenden Straßen, die zu Öffnungen in den
Lärmschutzbauwerken führen, berücksichtigt (dazu bereits oben). Dass und
warum diese Öffnungen bzgl. des Lärms eine „Kaminwirkung“ haben sollten,
wurde von den Antragstellern nicht näher erläutert und konnte von dem in der
mündlichen Verhandlung anwesenden Mitarbeiter des Ingenieurbüros L. auch
nicht bestätigt werden.
111 (7) Die Antragsteller machen außerdem zu Unrecht geltend, für den Kreuzgrund
als Familienkleingartensiedlung seien die in der Schalltechnischen Untersuchung
zu Grunde gelegten Immissionsgrenzwerte eines allgemeinen Wohngebiets zu
hoch, vielmehr müssten mindestens die Immissionsgrenzwerte eines reinen
Wohngebiets in Ansatz gebracht werden. Denn für ein reines Wohngebiet, ein
allgemeines Wohngebiet und ein Kleinsiedlungsgebiet sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 2
16. BImSchV jeweils gleich hohe Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) am Tag
und 49 dB(A) in der Nacht maßgebend. Soweit die Antragsteller wegen der
„Einzigartigkeit“ dieser Siedlung ein darüber hinaus gehendes Schutzniveau
fordern, ist dafür eine normative Grundlage nicht vorhanden.
112 cc) Die Antragsgegnerin hat im Bebauungsplan zu Recht von weitergehenden
aktiven Schallschutzmaßnahmen abgesehen, denn die Kosten dafür stünden i.S.
des § 41 Abs. 2 BImSchG außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck.
Das Klinikum kann - ebenso wie die o.g. Wohnhäuser, bei denen ausreichender
aktiver Schallschutz ebenfalls unverhältnismäßig wäre - durch passiven
Schallschutz ausreichend geschützt werden.
113 (1) Bei der nach § 41 Abs. 2 BImSchG vorzunehmenden Prüfung ist nicht das
Verhältnis zwischen den Kosten für zusätzliche aktive Schallschutzmaßnahmen,
mit denen die Beurteilungspegel aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV eingehalten werden
können, einerseits und der für Maßnahmen passiven Schallschutzes nach § 42
Abs. 2 BImSchG zu leistenden, regelmäßig deutlich niedrigeren Entschädigung
andererseits maßgeblich, denn das würde dem grundsätzlichen Vorrang aktiven
Lärmschutzes nicht gerecht. Abzustellen ist vielmehr auf das Verhältnis zwischen
den Kosten für die tatsächlich geplanten Schallschutzmaßnahmen und
denjenigen für solche Schallschutzmaßnahmen, mit denen die Beurteilungspegel
aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV eingehalten werden können.
114 Zu diesem Zweck sind in einem ersten Schritt die Kosten für aktive
Schallschutzmaßnahmen zu ermitteln, die die Einhaltung der Beurteilungspegel
sicherstellen. Ob diese Kosten unverhältnismäßig sind, ist abhängig von der
Vorbelastung, der Schutzbedürftigkeit und der Größe des Gebiets, das ohne
(ausreichenden) aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen
durch Verkehrsgeräusche des geplanten Verkehrswegs betroffen wäre.
Abzustellen ist auch auf die Zahl der davon betroffenen Personen, das Ausmaß
der prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und den Wertverlust der
betroffenen Grundstücke. Bei der Kosten-Nutzen-Analyse sind danach
Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen (Kosten je Schutzfall)
zulässig und geboten. Je stärker verdichtet und je schutzwürdiger die Bebauung
ist, umso eher sind die Kosten für aktive Schallschutzmaßnahmen noch
verhältnismäßig. Sind die Kosten für den Vollschutz danach unverhältnismäßig,
sind beim aktiven Schallschutz schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die
mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale
Verbesserung der Lärmschutzsituation zu ermitteln. Wegen des Ziels, ein
Lärmschutzkonzept zu entwickeln, das den Belangen aller Lärmbetroffenen in
gleicher Weise Rechnung trägt, scheiden solche Lösungen aus, die nur gezielt
bei einzelnen eine Verbesserung bewirken, anderen in vergleichbarer Situation
einen wirksamen Schutz aber vorenthalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.05.2009
- 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45 und vom 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE
110, 370).
115 Varianten aktiven Schallschutzes können danach als wirtschaftlich
unverhältnismäßig ausgeschieden werden, bei denen einerseits die Kosten je
Schutzfall stark ansteigen, andererseits aber nur noch eine geringe Zahl von
Lärmbetroffenen zusätzlich geschützt werden kann (Sprungkosten). Umgekehrt
ist der - geringfügige - Aufwand für solche Lärmschutzmaßnahmen ohne
Bedeutung, bei denen feststeht, dass sie auf jeden Fall ausgeführt werden, wie
bspw. lärmabsorbierende Schallschutzwände (vgl. BVerwG, Urteil vom
10.10.2012 - 9 A 20.11 -, NVwZ 2013, 645).
116 Selbst durch eine noch so differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse lässt sich
allerdings nicht ein bestimmter Punkt ausmachen, an dem verhältnismäßige in
unverhältnismäßige Kosten umschlagen. Maßgeblich ist vielmehr eine wertende
Betrachtung der Gesamtumstände. Das Lärmschutzkonzept muss unter
Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen dem
Vorrang des aktiven Lärmschutzes in angemessener Weise Rechnung tragen.
Danach verbleibt ein Abwägungsspielraum, allerdings besteht nicht annähernd
diejenige Wahlfreiheit, wie sie sonst bei einer Auswahl zwischen Varianten für die
fachplanerische Abwägung typisch ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2000 - 11 A
42.97 - BVerwGE 110, 370; für uneingeschränkte Überprüfbarkeit dagegen
Jarass, BImSchG, Komm., 11. Aufl., 2015, Rn. 80 zu § 41 mit Nachweisen aus
der Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts).
117 Als zusätzliche aktive Schutzmaßnahmen kommen prinzipiell in Betracht eine
größere Dimensionierung der Lärmschutzbauwerke - was wegen der damit
verbundenen städtebaulichen Nachteile und der Kosten auch die Antragsteller
nicht in Erwägung ziehen - oder die Führung der Saarlandstraße innerorts in
einem Tunnel oder in einem überdeckelten Trog. Demgegenüber ist die
Entscheidung für die von den Antragstellern bevorzugte Nordumfahrung als
andere Trassenalternative keine Schutzmaßnahme i.S. des § 41 BImSchG. Denn
die Anwendung des § 41 BImSchG setzt die Entscheidung für die Wahl einer
Trasse voraus und ist nicht dazu bestimmt, sie zu korrigieren. Die Festlegung der
Trasse ist Teil der Planung. Soweit hierbei Gesichtspunkte des
Verkehrslärmschutzes maßgeblich sind, ist § 50 BImSchG einschlägig, nicht § 41
BImSchG (vgl. Czajka, in Feldhaus, BImSchG, Komm., Rn. 65 zu § 41 BImSchG,
Stand: März 1997 und - wenn auch weniger deutlich - Bracher in
Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Komm., Rn. 7 zu 41 BImSchG).
118 Die Antragsgegnerin hat die beiden danach allein in Betracht zu ziehenden
anderen Möglichkeiten (Tunnellösung und überdeckelter Trog) zu Recht aus
Kostengründen abgelehnt. Diese Lösungen wurden in der vom Ingenieurbüro L.
im Auftrag der Antragsgegnerin durchgeführten Untersuchung alternativer
Gradienten der Saarlandstraße vom 28.09.2007 näher geprüft. Bei der
Tunnellösung wurde dabei zugrunde gelegt, dass die Bestandsstrecke der
Saarlandstraße von der Einmündung der Saarbrückener Straße im Westen bis zu
einem Punkt ca. 100 m westlich der Einmündung der Römerstraße im Osten in
einem vierspurigen Tunnel geführt würde. Die eigentliche Tunnellänge betrüge
ca. 1.090 m, die Länge der Strecke, auf der die Bestandstrecke der
Saarlandstraße tiefergelegt würde, ca. 1.400 m. Die Florian-Geyer-Straße würde
mit der Straße Im Kreuzgrund durch eine Straße auf der Tunneloberfläche
verbunden. Die Troglösung mit Überdeckelung sieht vor, dass die
Bestandsstrecke der Saarlandstraße auf dem gleichen Abschnitt wie bei der
Tunnellösung tiefergelegt wird; anstelle eines Tunnels würde die Saarlandstraße
indessen mit einer Lärmschutzdecke versehen. Eine Variante dieser Lösung
sieht schräggestellte Lärmschutzlamellen, eine zweite eine vollständige
Glaseinhausung vor. Bei beiden würden die Florian-Geyer-Straße und die Straße
Im Kreuzgrund mit einer als Brücke verstärkten Überdeckelung verbunden und
der nördliche und der südliche Teil der Kreuzgrundsiedlung ebenso wie bei der
Tunnellösung nicht direkt an die Bestandsstrecke der Saarlandstraße
angebunden.
119 Mit den untersuchten Alternativlösungen könnten die Lärmgrenzwerte für die
angrenzenden Wohngebiete und das Klinikum aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV mit
Ausnahme der Bereiche unmittelbar an der Einfahrt bzw. Ausfahrt in den/ aus
dem Tunnel bzw. überdeckelten Trog eingehalten werden. Diesen Vorteilen unter
dem Gesichtspunkt des Lärmschutzes stehen jedoch deutlich erhöhte Kosten
gegenüber. Alle Lösungen führen (vgl. dazu GR-Drucksache 339 vom
07.12.2007) zu erheblichen Mehrkosten in der Größenordnung von 41,36 Mio
EUR (Troglösung mit Lärmschutzlamellen) bis zu 46,36 Mio EUR bei der
Troglösung mit vollständiger Glaseinhausung (42,86 Mio EUR bei der
Tunnellösung). Hinzukommen bei allen Lösungen jährliche Unterhaltungskosten
in mindestens fünfstelliger Höhe. Schon wegen dieser Kostenmehrbelastung hat
der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 28.02.2008 beschlossen, diese
Lösungen nicht weiter zu verfolgen. Ein Nachteil bei allen Lösungen ist
außerdem, dass die Straßen Am Gesundbrunnen und Im Kreuzgrund nur mit
zusätzlichem und hohem finanziellem Aufwand und unter Inanspruchnahme
privater Flächen an die Saarlandstraße angeschlossen werden könnten. Der
nördliche Teil der Kreuzgrundsiedlung müsste dazu über die Römerstraße, der
südliche über die Heidelberger Straße erschlossen werden. Ohne eine solche
Verbindung käme es zu Verkehrsmehrbelastungen in der Größenordnung von
2.600 Kfz/Tag in der Florian-Geyer-Straße und von 1.050 Kfz/Tag in der Straße
Im Kreuzgrund. Das Klinikum müsste von Süden durch eine Brücke über die
Saarlandstraße erschlossen werden (vgl. GR-Drucksache 339 vom 07.12.2007).
120 Ohne Erfolg halten die Antragsteller dem entgegen, angesichts der dem Staat
aus Art. 2 Abs. 2 GG obliegenden Pflicht zum Gesundheitsschutz dürften
Kostenargumente bei der Entscheidung über den zu gewährenden Lärmschutz
keine Rolle spielen. Insbesondere können sie aus einer Überschreitung der
Immissionsgrenzwerte nach § 2 Abs. 1 16. BImSchV noch keine
Gesundheitsgefahr ableiten. Die Grenzwerte der 16. BImSchV wollen - wie sich
aus § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV, § 41 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt -
bereits vor erheblichen Belästigungen schützen. Sie markieren nicht den
Übergang zur Gesundheitsgefährdung, sondern sind bewusst niedriger angesetzt
(vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2003 - BVerwG 9 A 1.02 - juris). In
Wohngebieten beginnt der unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes
kritische Bereich ab Werten von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (BVerwG,
Urteile vom 23. Februar 2005 - 4 A 5/04 -, BVerwGE 123, 23 und vom 13.05.2009
- 9 A 72.07 -, BVerwGE 134, 45). Dafür, dass diese auch durch passiven
Schallschutz (vgl. § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG) nicht erreicht werden könnten, ist
nichts ersichtlich.
121 Nicht durchdringen können die Antragsteller auch mit dem Argument, im Falle
einer Untertunnelung bzw. Troglösung mit vollständiger Einhausung genüge ein
bloß zweispuriger Ausbau, weil die Straßen Am Gesundbrunnen und Im
Kreuzgrund nicht an die Bestandsstrecke der Saarlandstraße angebunden
würden. Das Ingenieurbüro L. hat auch eine Tunnellösung mit nur zweispurigem
Ausbau untersucht („Ergänzungsteil 2streifiges Tunnelbauwerk und weitere
Kostenschätzungen“ vom 09.01.2008). Mit 62,2 Mio EUR sind die Gesamtkosten
zwar deutlich niedriger als bei einem vierspurigen Ausbau mit 77,7 Mio EUR (vgl.
Tabelle 1, Nr. 5.4 der Untersuchung alternativer Gradienten), sie liegen aber
immer noch so sehr über den Kosten für die geplante Variante von 39,9 Mio EUR,
dass die Kosten auch unter Berücksichtigung der besonderen
Schutzbedürftigkeit des Klinikums nach dem oben dargestellten Maßstab als
unverhältnismäßig anzusehen sind. Auf die weiteren mit dem zweispurigen
Ausbau verbundenen Nachteile, wie einer deutlichen Verringerung der
Leistungsfähigkeit der Straße (5.000- 20.000 Kfz/Tag im Vergleich zu 20.000 bis
60.000 EUR bei der Planlösung), der damit verbundenen erhöhten Staugefahr
auf der Saarlandstraße und der geringeren Verkehrsentlastung der
Großgartacher Straße/B 293 in der Folge (vgl. Ergänzungsteil 2streifiges
Tunnelbauwerk und weitere Kostenschätzungen vom 09.01.2008, S. 5), kommt
es unter diesen Umständen nicht mehr an.
122 Auch die vom Ingenieurbüro L. (Ergänzungsteil Prüfung „Entwurf Schiek“)
ebenfalls untersuchte Lösung mit sog. Grünbrücken und zwischen diesen
angebrachten Solarpaneelen führt mit 74,8 Mio EUR und jährlichen
Unterhaltungskosten in der Größenordnung von 300.000 - 350.000 EUR zu
unverhältnismäßigen Mehrkosten, auch unter Berücksichtigung der durch die
Erzeugung von Solarstrom mittels der Solarpaneele zu erzielenden
Einspeisevergütung.
123 Der Vorwurf der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe sich nicht um finanzielle
Förderungsmöglichkeiten über die Zusagen des Regierungspräsidiums Stuttgart
und des Innenministeriums Baden-Württemberg hinaus bemüht, mag zutreffen,
greift aber schon aus Rechtsgründen nicht durch. Wie sich aus den obigen
Ausführungen ergibt, kommt es im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung
nicht darauf an, welche Gelder aus anderen Töpfen der öffentlichen Hand für
aktive Schallschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen. Entscheidend ist
vielmehr, ob durch eine zusätzliche Investition in aktive Schallschutzmaßnahmen
noch eine im Verhältnis dazu stehende Verbesserung des Lärmschutzes erreicht
werden kann.
124 (2) Der Umstand, dass an den Außenwänden des Klinikneubaus die
Immissionsgrenzwerte aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV - unstreitig - deutlich
überschritten werden, führt nach § 41 BImSchG nicht zur Rechtswidrigkeit des
Bebauungsplans. Rechtliche Folge ist vielmehr, dass der Eigentümer des
Klinikums (ebenso wie die Eigentümer der o.g. Häuser, an denen die
Immissionsgrenzwerte aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV überschritten werden) nach §
42 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BImSchG einen Anspruch auf Entschädigung in Geld für
die nach Maßgabe der 24. BImSchV (Verkehrswege-
Schallschutzmaßnahmenverordnung) notwendigen passiven
Schallschutzmaßnahmen hat. Die 24. BImSchV ist nach ihrem § 1 Nr. 1
anwendbar, weil - wie bereits ausgeführt -durch den Bau bzw. die wesentliche
Änderung der Saarlandstraße die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV
überschritten werden.
125 Für die weitere Behauptung der Antragsteller, das Klinikum könne angesichts der
zu erwartenden Immissionspegel von 70 - 74 dB(A) überhaupt nicht wirksam
gegen Verkehrslärm geschützt werden, gibt es keine Anhaltspunkte. Zunächst
sind solche Immissionspegel nicht zu erwarten. Nach der Schalltechnischen
Untersuchung L. (Anlage 4.1 T) werden sich die Immissionspegel an der
besonders lärmexponierten südlichen Außenwand des Klinikneubaus vielmehr
auf deutlich niedrigere Werte von 63 - 66 dB(A) belaufen. Im Übrigen ist auch bei
Immissionspegeln von 70 - 74 dB(A) wirksamer passiver Schallschutz möglich.
Eine solche Belastung mit Verkehrslärm ist nach der Tabelle 8 zur DIN 4109 -
Schallschutz im Hochbau dem Lärmpegelbereich V zuzuordnen. Wie sich aus
Spalte 3 der Tabelle 8 ergibt, beträgt das resultierende Schalldämmmaß der
Außenbauteile bei Bettenräumen in Krankenhäusern und Sanatorien dann 50 dB.
126 Einen Anspruch auf (passiven) Lärmschutz bei geöffneten Fenster besteht
entgegen der Auffassung der Antragsteller im Rahmen der §§ 41, 42 BImSchG
nicht. Denn die den Betroffenen grundsätzlich zumutbaren Schallschutzfenster
sind nur geschlossen wirksam. Es ist Stand der Technik, Schallschutzfenster bei
Bedarf mit geeigneten Lüftungsvorrichtungen zu versehen. Hinzunehmen ist
deshalb, dass passiver Schallschutz nicht davor schützt, dass die Anwohner bei
geöffneten Fenstern unter Umständen erheblichem Verkehrslärm ausgesetzt sind
(vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1996 - 11 A 86.95 -, BVerwGE 101, 73). Nr. 5.4
der DIN 4109 sieht dazu vor, dass zur dauerhaften Lüftung vorgesehene
Einrichtungen (schallgedämpfte Lüftungsöffnungen) bei der Berechnung des
erforderlichen Schalldämmmaßes im Betriebszustand zu berücksichtigen sind.
127 Soweit die Antragsteller behaupten, beim Klinikneubau würden überhaupt keine
für den passiven Schallschutz ausreichenden Lüftungsvorrichtungen eingebaut
(Schriftsatz vom 15.08.2014), mag dahinstehen, ob dies in der Sache zutrifft. Es
handelt sich dabei allenfalls um einen Rechtsverstoß bei der Umsetzung des
Bebauungsplans, der nicht zu dessen Rechtswidrigkeit führt.
128 Ungeachtet dessen enthält der Bebauungsplan auch Festsetzungen zum
passiven Schallschutz. Die Einhaltung der danach gebotenen Standards kann
rechtlich durchgesetzt werden. Führt der Neubau oder die wesentliche Änderung
einer Straße - wie vorliegend - dazu, dass die Einhaltung der
Immissionsrichtwerte aus § 2 Abs. 1 16. BImSchV nicht überall durch i.S. des §
41 Abs. 2 BImSchG noch verhältnismäßige aktive Schallschutzmaßnahmen
gewährleistet werden kann, sind im Bebauungsplan allerdings nicht zwangsläufig
passive Schallschutzmaßnahmen festzusetzen. Die dann erforderliche
Konfliktbewältigung muss nicht im Bebauungsplan selbst erfolgen. Der Weg zur
Konfliktlösung ist vielmehr in § 42 BImSchG vorgezeichnet. Danach hat der
betroffene Nachbar gegen den Baulastträger einen Anspruch auf Entschädigung
in Geld für Schallschutzmaßnahmen, die erforderlich werden, weil trotz
Überschreitung der Grenzwerte der 16. BImSchV keine (ausreichenden) aktiven
Schallschutzmaßnahmen festgesetzt werden. Nach § 1 Abs. 3 BauGB besteht
daher eine Pflicht des Plangebers zur Festsetzung passiver
Schallschutzmaßnahmen allenfalls dann, wenn zu befürchten ist, dass die
Eigentümer der betroffenen Gebäude, die sich danach ergebenden Möglichkeiten
passiven Schallschutzes trotz der dafür gewährten Entschädigung nicht aus
eigenem Antrieb nutzen werden und der erforderliche passive Schallschutz daher
im Baugenehmigungsverfahren oder durch Baugebote nach § 176 Abs. 1 Nr. 2
BauGB durchgesetzt werden muss. Das kann bei einem besonders hohen
Mieteranteil in den betroffenen Gebäuden der Fall sein, aber auch, wenn
besonders schutzwürdige Nutzungen wie vorliegend etwa Krankenhäuser vom
Verkehrslärm betroffen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 - 4 NB 30.94 -
NJW 1995, 2572).
129 Einer danach möglicherweise bestehenden Pflicht zur Festsetzung passiven
Schallschutzes ist die Antragsgegnerin jedenfalls nachgekommen. Sie hat im
Bebauungsplan neben den aktiven auch passive Schallschutzmaßnahmen
festgesetzt. Nach Textteil A Nr. 5.3 müssen die Außenbauteile von Aufenthalts-
und Schlafräumen entsprechend den Lärmpegelbereichen nach DIN 4109
ausgebildet sein. Schlafräume müssen ab Lärmpegelbereich II mit maschinellen
Lüftungseinrichtungen ausgestattet werden. Sollte der Klinikneubau in
Abweichung von diesen Vorgaben errichtet worden sein, wie die Antragsteller
behaupten, so ist entweder die Baugenehmigung rechtswidrig oder das Klinikum
wird in Abweichung von der Baugenehmigung errichtet. Beides ist im Verfahren
gegen den Bebauungsplan indessen nicht zu prüfen.
130 Soweit die Antragsteller geltend machen, die Orientierungswerte der DIN 18005
seien im Hinblick auf die Lärmbelastung des Klinikums im Rahmen der
Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden, ist nicht ersichtlich, dass sich
daraus ein vorliegend allein noch relevanter Fehler im Abwägungsergebnis (dazu
näher unten) ergeben könnte.
131 c) Der Bebauungsplan ist auch mit den rechtlichen Vorgaben aus § 1a Abs. 4
BauGB vereinbar. Das FFH-Gebiet 6820-341 „Östlicher Kraichgau“ kann in
seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen
Bestandteilen nicht wesentlich beeinträchtigt werden, wie sich aus der von der
Antragsgegnerin eingeholte Verträglichkeitsstudie nach § 34 Abs. 1 BNatSchG
des Büros Weibel und Ness vom Februar 2010 ergibt. Allenfalls ist mit einer sehr
geringen Wahrscheinlichkeit von weniger als 5 % wegen der baubedingten
Erschütterungen mit Abstürzen von Material der Steilwand am Ostrand des
Naturschutzgebiets „Frankenbacher Schotter“ zu rechnen, was zu
Beeinträchtigungen der dort befindlichen Laichgewässer des Kammmolchs
führen könnte. Zum Ausgleich für diese unwahrscheinliche Beeinträchtigung hat
die Antragsgegnerin die Anlegung eines neuen Amphibienlaichgewässers
vorgesehen, zumal davon auszugehen ist, dass die Steilwand unabhängig von
den Baumaßnahmen in absehbarer Zeit dem natürlichen Gang der Dinge folgend
abbrechen wird. Die Rüge, dass die Anlegung des Amphibienlaichgewässers
fehlerhaft sei, haben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung nicht
aufrechterhalten.
132 d) Mit ihren Argumenten, der Lebensraum der Wechselkröte (Bufotes viridis)
betrage nicht wenige Hundert Meter, die Äcker um die Sandgrube seien für den
Kammmolch (Triturus cristatus) kein unüberwindliches Hindernis und Erdkröten
(Bufo bufo) seien im Frankenbacher Schotter weiter nachweisbar, machen die
Antragsteller in der Sache geltend, die Diagonaltrasse werde dazu führen, dass
die genannten Tiere überfahren werden. Damit behaupten sie einen Verstoß
gegen das Zugriffsverbot aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten,
wild lebende Tiere der besonders geschützten Art zu töten. Auch damit können
sie keinen Erfolg haben. Allerdings handelt es sich bei den genannten Reptilien
um besonders geschützte Arten i.S. des § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG. Der
Kammmolch und die Wechselkröte sind in Anhang IV der Richtlinie 92/93/EWG
aufgeführt (§ 7 Abs. 2 Nr. 13 b aa BNatSchG). Die Erdkröte gehört zur Klasse der
Lurche (Amphibia). Nach § 1 BArtSchV i.V. mit der Anlage 1 werden alle
europäischen Arten der Lurche unter besonderen Schutz gestellt (§ 7 Abs. 2 Nr.
13 c BNatSchG). Es ist aber nicht anzunehmen, dass sich für die vorgenannten
Arten das Tötungsrisiko durch das Straßenbauvorhaben signifikant erhöht (vgl.
zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013 - 4 C 1.12 -, BVerwGE
147, 118). Denn nach A Nr. 3.24 des Textteils zum Bebauungsplan ist von der
Markungsgrenze Heilbronn/Leingarten bis nördlich der Feldwegüberführung bei
der ehemaligen Sandgrube entlang der Straße entsprechend der Darstellung im
zeichnerischen Teil des Bebauungsplans eine mindestens 40 cm hohe
Sperrvorrichtung vorgesehen, um bodengebundene Tiere vom Betreten der
Straße abzuhalten. Die Einlaufschächte innerhalb der Entwässerungsrinnen sind
mit Grobschotter abzudecken. Aus dem Vortrag der Antragsteller ergibt sich nicht,
warum diese Schutzmaßnahmen nicht ausreichend sein sollten (vgl. dazu auch
Nr. 5.1.4. der Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung vom März 2011).
133 e) Die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nach der 39. BImSchV ist keine
Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planung eines Straßenbauvorhabens,
denn nach dem System der Luftreinhalteplanung (§ 47 BImSchG i.V. mit § 27 39.
BImSchV sind Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV
unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden. Die dazu erforderlichen
Maßnahmen in einem Luftreinhalteplan sind entsprechend des
Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte
beitragen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn schon im Verfahren der
Straßenplanung absehbar ist, dass die Verwirklichung des geplanten
Straßenbauvorhabens die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der
Immissionsgrenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der
Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. (vgl. BVerwG,
Urteil vom 23. Februar 2005 - 4 A 5.04 -, BVerwGE 123, 23). Im Übrigen ist die
Belastung mit Luftschadstoffen erst im Rahmen der Abwägung zu
berücksichtigen. Die entsprechenden Gesichtspunkte sind mithin erst dort
rechtlich relevant (dazu näher unten).
134 3. Der Bebauungsplan ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das
Abwägungsgebot unwirksam.
135 a) Fehler bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3
BauGB) und sonstige Mängel im Abwägungsvorgang (§ 214 Abs. 3 Satz 2
BauGB) sind nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB unbeachtlich
geworden, weil sie nicht innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung
schriftlich und unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts
gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden sind. Die oben zur
Einhaltung der Jahresfrist aus § 4 Abs. 4 GemO angestellten Überlegungen
gelten entsprechend. Die Einwendungen der Antragsteller greifen auch insoweit
nicht durch, als sie sich nicht auf § 4 Abs. 4 GemO, sondern ausschließlich auf §
215 Abs. 1 Satz 1 BauGB beziehen.
136 aa) Die Regelung in § 215 Abs. 1 BauGB ist mit der Rechtsschutzgarantie aus
Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar.
137 In der Rechtsprechung wurde diskutiert, ob die Präklusionsregelung gegen Art.
19 Abs. 4 GG verstoßen könnte, wenn ein Bebauungsplan zunächst nicht
verwirklicht wird und der Bürger deshalb vor Fristablauf keinen Anlass hat, sich
dagegen zu wehren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.01.2001 - 4 BN 13.00 -
BauR 2001, 418). Eine solche Konstellation ist vorliegend ersichtlich nicht
gegeben. Als verfassungsrechtlich problematisch wurde auch gewertet, dass
Fehler im Abwägungsergebnis nach der alten Rechtslage mangels fristgerechter
Rüge unbeachtlich werden konnten (vgl. zu verfassungsrechtlichen Bedenken
vor der Änderung des § 215 BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz
Bau vom 24.06.2004 Petz, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Rn. 12
zu § 215 BauGB, Stand: Juli 2014). Nach der aktuellen Rechtslage können
Abwägungsmängel, die zu einem Fehler im Abwägungsergebnis führen, ohne
Fristbindung geltend gemacht werden, denn § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3
BauGB beziehen sich ausschließlich auf Verfahrens- und Formvorschriften bzw.
auf den Abwägungsvorgang.
138 bb) Die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses des Bebauungsplans in
den Amtlichen Bekanntmachungen der Antragsgegnerin vom 01.12.2011 ist auch
mit einer den Anforderungen des § 215 Abs. 2 BauGB genügenden Belehrung
versehen. Die Belehrung orientiert sich am Gesetzeswortlaut des § 215 Abs. 1
Satz 1 BauGB und gibt diesen quasi wörtlich wieder. Entgegen der Auffassung
der Antragsteller ist danach ein Hinweis, dass auch solche Fehler gerügt werden
müssen, die bereits im Rahmen der öffentlichen Auslegung geltend gemacht
wurden, nicht erforderlich. Soweit die Antragsteller ein anderes Ergebnis aus der
„zusätzlichen Präklusionsmöglichkeit“ gemäß § 47 Abs. 2a VwGO ableiten
wollen, ist dem nicht zu folgen. Diese Norm regelt nicht die Präklusion von
Einwendungen, sondern die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags (dazu
bereits oben).
139 cc) Da die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende 39. BImSchV der
Umsetzung europarechtlicher Vorschriften dient, nämlich der Richtlinie
2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008
über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1),
der Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.
Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische
aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. L 23 vom 26.1.2005, S. 3) sowie
der Richtlinie 2001/81/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.
Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte
Luftschadstoffe (ABl. L 309 vom 27.11.2001, S. 22), ist auch zu prüfen, ob die
Präklusionsvorschrift des § 215 Abs. 1 BauGB europarechtskonform ist. Insoweit
bestehen jedoch keine Bedenken, da die Regelung den europarechtlich zu
beachtenden Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität genügt (vgl.
Senatsurteil vom 11.12.2014 - 8 S 1400/12 - VBlBW 2015, 393). Auch aus der
Entscheidung des EuGH vom 15.10.2015 (C-137/14) ergibt sich nichts anderes.
Sie ist zu einer anderen Fallkonstellation ergangen. Sie bezieht sich auf die
Präklusion von Einwendungen, die bereits im Verwaltungsverfahren hätten
vorgebracht werden können. Hier geht es aber um die davon zu unterscheidende
Frage, ob Fehler in einem Bebauungsplan mangels fristgerechter Rüge nach der
öffentlichen Bekanntmachung unbeachtlich werden können.
140 dd) Mit dem Argument, auf eine Verzögerung von wenigen Tagen komme es
angesichts des jahrelangen Planungsverfahrens nicht an, zumal ohnehin nicht zu
erwarten gewesen wäre, dass die Antragsgegnerin ihren Einwendungen
entsprochen hätte, können die Antragsteller ebenfalls keinen Erfolg haben. Dem
Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte
Stichtage einzuführen, von deren Einhaltung die Entstehung, Geltendmachung
oder der Ausschluss von Ansprüchen abhängt, obwohl jede Stichtagsregelung
unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die in § 215 BauGB getroffene
Regelung ist auch sachlich gerechtfertigt. Ziel des § 215 BauGB ist es u.a., die
Bestandskraft von Bebauungsplänen und sonstigen städtebaulichen Satzungen
zu erhöhen und der Gemeinde über den Eintritt der Bestandskraft Gewissheit zu
verschaffen. Das setzt eine stichtagsgenaue Beachtung der Frist voraus. Denn
es muss an Hand der Akten der Antragsgegnerin für jedermann und noch nach
Jahren nachvollziehbar sein, ob eventuell dem Bebauungsplan anhaftende
Fehler durch Zeitablauf unerheblich geworden sind. Daneben soll der planenden
Gemeinde frühzeitig die Möglichkeit eröffnet werden, aufgrund der vorgetragenen
Rügen zu prüfen, ob sie in ein ergänzendes Verfahren zur Fehlerbehebung nach
§ 214 Abs. 4 BauGB eintreten will (vgl. Petz, in: Berliner Kommentar zum BauGB,
3. Aufl., Rn. 1 und 2 zu § 215 BauGB, Stand: Juli 2014 mit Nachweisen aus der
Rechtsprechung).
141 b) Mängel im Abwägungsergebnis werden jedoch nicht unbeachtlich, sondern
können auch nach Ablauf der Rügefrist weiter geltend gemacht werden (§ 215
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Das Abwägungsergebnis ist allerdings nicht schon
dann fehlerhaft, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung nach
der erforderlichen Abwägung anders ausgefallen wäre und der Abwägungsausfall
damit im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das
Abwägungsergebnis "von Einfluss" gewesen ist. Es ist vielmehr erst dann zu
beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung
schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil anderenfalls der
Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in
einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit
müssen überschritten sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.09.2010 - 4 CN 2.10 -,
BVerwGE 138, 12).
142 Bei der Prüfung, ob danach ein Fehler im Abwägungsergebnis vorliegt, ist das
Gericht nicht auf das von der Antragsgegnerin ermittelte und bewertete
Abwägungsmaterial beschränkt, insbesondere sind die von der Antragsgegnerin
ermittelten Tatsachen bei der Überprüfung des Abwägungsergebnisses nicht
zwingend als richtig zu Grunde zu legen. Fehler bei der Ermittlung und Bewertung
des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) werden zwar mit dem erfolglosen
Ablauf der Rügefrist aus § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich. Daraus ergibt
sich jedoch kein anderes Ergebnis. Die Präklusionsvorschrift des § 215 Abs. 1 Nr.
1 BauGB i.V. mit § 2 Abs. 3 BauGB läuft dadurch nicht leer. Werden Fehler bei
der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials rechtzeitig gerügt, sind
sie bereits dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das
Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind, d.h. die konkrete Möglichkeit
besteht, dass die Gemeinde bei richtiger Ermittlung des Abwägungsmaterials im
Ergebnis anders geplant hätte. Demgegenüber liegt - wie oben bereits ausgeführt
- ein Fehler im Abwägungsergebnis erst vor, wenn das Ergebnis der Abwägung
auf richtiger Tatsachengrundlage schlechterdings nicht richtig sein kann.
143 Nicht zuletzt sprechen auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte für das hier
gefundene Ergebnis. Gerade schwerwiegende Fehler bei der Ermittlung des
Abwägungsmaterials können häufig dazu führen, dass auch das
Abwägungsergebnis schlechthin nicht mehr tragbar ist. Wäre auf die von der
Gemeinde fehlerhaft ermittelten Tatsachen abzustellen, könnte der daraus
resultierende Fehler im Abwägungsergebnis häufig nicht mehr geltend gemacht
werden. Mit Art 19 Abs. 4 GG wäre dies nur schwer vereinbar (vgl. dazu auch
Petz, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Rn. 12 zu § 215 BauGB,
Stand: Juli 2014). Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, besonders
gravierende Fehler bei der Ermittlung des Tatsachenmaterials seien in der Regel
auch leicht erkennbar und könnten deshalb problemlos fristgerecht gerügt
werden. Gerade wenn die Fehler aus unrichtigen Gutachten resultieren, können
sie zumal für einen Laien nur schwer aufzudecken sein.
144 c) Der Bebauungsplan ist nach diesem rechtlichen Maßstab nicht im Ergebnis
abwägungsfehlerhaft.
145 aa) Der Bebauungsplan wird nicht zu einer unzulässig hohen Belastung mit den
straßenverkehrsrelevanten Luftschadstoffen NO², PM2,5 und PM10 führen.
146 Wie oben dargelegt, ist die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der 39.
BImSchV für diese Luftschadstoffe keine zwingende rechtliche Voraussetzung für
die Rechtmäßigkeit der Planung. Allerdings liegt wegen eines Verstoßes gegen
das Gebot der Konfliktbewältigung ein Abwägungsfehler vor, wenn die Einhaltung
der Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV auch mit den Mitteln der
Luftreinhalteplanung nicht gewährleistet werden kann, sei es, weil bereits die
straßenbedingten Immissionen zu einer Überschreitung der
Immissionsgrenzwerte führen, sei es, dass die Luft durch eine Vielzahl von
Emittenten ohnehin bereits über die Immissionsgrenzwerte hinaus belastet ist, sei
es, dass bei einem zentralen Verkehrsknotenpunkt keine zur Reduktion der
Immissionsbelastung geeigneten Maßnahmen möglich sind (vgl. BVerwG, Urteil
vom 23.02.2005 - 4 A 5.04 -, BVerwGE 123, 23, juris Rn. 28). Ein solcher Verstoß
gegen das Gebot der Konfliktbewältigung würde auch zu einem Verstoß gegen
das Abwägungsergebnis führen.
147 Wie sich aus dem Gutachten Lohmeyer vom März 2011 ergibt, werden die
Immissionsgrenzwerte der 39. BImSchV im Hinblick auf die verkehrsrelevanten
Luftschadstoffe NO², PM2,5 und PM10 eingehalten. Die von den Antragstellern
dagegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch; auch sonst bestehen
keine rechtlichen Bedenken.
148 (1) Die Antragsteller machen geltend, nicht das Gutachten Lohmeyer vom Marz
2011 sei richtig, sondern allenfalls das vom Januar 2011, indem eine
Überschreitung der zulässigen Belastung der Luft mit den verkehrsrelevanten
Schadstoffen NO², PM2,5 und PM10 festgestellt worden sei. Das Gutachten
Lohmeyer vom März 2011 sei zu Unrecht von einer die Schadstoffkonzentration
mindernden Wirkung der Lärmschutzbauten ausgegangen. Dem ist nicht zu
folgen.
149 Das Gutachten vom März 2011 ist nach einem mikroskaligen Strömungs- und
Ausbreitungsmodell - MISKAM - unter Berücksichtigung der Geländetopografie
und der Windrichtungen in 10° Schritten erstellt worden, mit dem die
Schadstoffkonzentration mindernde Wirkung der Lärmschutzbauwerke in die
Berechnung einbezogen werden kann. Mit dem Verfahren PROKAS, das dem
Gutachten vom Januar 2011 zu Grunde liegt, ist dies nicht möglich. Den
maßgeblichen Einwand der Antragsteller gegen das Verfahren MISKAM, die
Lärmschutzbauwerke hätten keine die Konzentration der Luftschadstoffe
mindernde Wirkung, weil der Wind in der Regel aus Südwesten und damit nicht
senkrecht zu den Lärmschutzbauwerken wehe, hat der in der mündlichen
Verhandlung anwesende Mitarbeiter der Firma Lohmeyer plausibel entkräftet. Zu
einer Verwirbelung der Luftschadstoffe und damit einer besonders deutlichen
Verringerung der Konzentration der Luftschadstoffe komme es im Gegenteil,
wenn der Wind parallel zu den Lärmschutzbauwerken wehe, weil die belastete
Luft dann intensiver „durchmischt“ werde. Wehe der Wind senkrecht zu den
Lärmschutzbauwerken, sei dies eher nachteilig. Wie sich aus den Ausführungen
auf Seite 12 des Gutachtens Lohmeyer vom März 2011 ergibt, wurden die
Öffnungen in den Lärmschutzbauwerken an den einmündenden Straßen in der
Berechnung berücksichtigt. Eine regelrechte „Kaminwirkung“ geht von diesen
Öffnungen nicht aus, wie der Mitarbeiter der Firma Lohmeyer in der mündlichen
Verhandlung dargelegt hat. Ihre gegenteilige Behauptung haben die Antragsteller
weder belegt noch näher konkretisiert. Unter diesen Umständen ist auch nicht
plausibel, warum die „Schluchten“ zwischen den einzelnen Baukörpern des
Klinikneubaus zu einer besonders hohen Luftschadstoffkonzentration führen
sollen.
150 (2) Auch mit dem weiteren Einwand der Antragsteller, in dem Gutachten vom
März 2011 sei nicht beachtet worden, dass von Ampelanlagen an Steigungen
und damit insbesondere von der an der Einfahrt in die Straße Am
Gesundbrunnen vorgesehenen, wo die Saarlandstraße die größte Steigung
aufweise, eine besonders hohe Schadstoffbelastung ausgehe, hat sich der
Mitarbeiter der Firma Lohmeyer in der mündlichen Verhandlung plausibel
auseinandergesetzt. Das Verfahren MISKAM berücksichtige nicht nur die
Geländetopografie, d.h. u.a. Steigungen im Straßenverlauf, sondern auch
Verkehrssituationen mit stockendem Verkehr, wie sie insbesondere vor
Lichtzeichenanlage anzutreffen seien. Die durch das Anfahren an Steigungen
bedingte höhere Luftschadstoffbelastung habe so Eingang in die Berechnung
gefunden.
151 (3) Entgegen den Behauptungen der Antragsteller wurde auch die von dem
Verkehr auf der Neckartalstraße ausgehende Belastung mit Luftschadstoffen in
dem Gutachten Lohmeyer vom März 2011 berücksichtigt.
152 Richtig ist zwar, dass die Messstellen zur Schadstoffhintergrundbelastung der
Luft vom Untersuchungsgebiet deutlich entfernt sind (Bsp. Wiesloch ca. 39 km).
Auch wurden in dem Gutachten die stark von Straßenverkehrsemissionen
beeinflussten Messwerte der zeitlich befristeten Straßenmessungen im
Innenstadtbereich der Antragsgegnerin nicht als Hintergrundbelastung
berücksichtigt, damit sie nicht doppelt Eingang in die Berechnungen finden. Das
bedeutet jedoch nicht, dass die vom Straßenverkehr in der Neckartalstraße
ausgehenden Luftschadstoffemissionen unbeachtet geblieben wären. Der
Mitarbeiter der Firma Lohmeyer hat dazu in der mündlichen Verhandlung
ausgeführt, die Neckartalstraße sei in dem im Rahmen der Erstellung des
Gutachtens betrachteten Straßennetz enthalten und die dortigen
Straßenverkehrsemissionen daher in die Berechnung eingeflossen (vgl. zu dem
berücksichtigten Straßennetz auch die Abbildung 5.1 zum Gutachten Lohmeyer
vom März 2011).
153 (4) Wie bereits oben bei der Betrachtung der Lärmimmissionen dargelegt, wurde
in dem Verkehrsgutachten der Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft eine
Entlastungswirkung der Nordumfahrung
Frankenbach/Neckargartach/Industriegebiet Böllinger Höfe nicht berücksichtigt.
Darauf kann Bezug genommen werden.
154 (5) Erfolglos bleibt auch das Argument der Antragsteller, zu Unrecht seien erst Kfz
mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t und nicht bereits über 2,8 t als
Lkw gewertet worden. Zunächst ist die Klassifizierung der einzelnen Gruppen von
Kfz in der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung - anders als nach der 16.
Bundesimmissionsschutzverordnung (dazu bereits oben) - nicht geregelt. Der
Gutachter ist in der Einstufung danach frei; diese muss jedoch so erfolgen, dass
ein zutreffendes Ergebnis erwartet werden kann. Das ist hier gewährleistet.
155 Wie sich aus Seite 22 des Gutachtens Lohmeyer vom März 2011 ergibt, wurde
bei dessen Erstellung zwischen den Fahrzeugarten Leichtverkehr und
Schwerverkehr unterschieden. Die Fahrzeugart Leichtverkehr umfasst neben den
Pkw und den Motorrädern auch die Gruppe der leichten Nutzfahrzeuge, zu denen
auch die Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 t gerechnet werden.
Das dabei verwendete, vom Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU)
entwickelte Computermodell TREMOD (2010) gewährleistet, dass der
wechselnde Anteil der leichten Nutzfahrzeuge an der Gruppe des Leichtverkehrs
in den einzelnen Jahren und unterteilt nach unterschiedlichen
Streckenabschnitten (innerorts, außerorts, Autobahn) Eingang in die Berechnung
findet. Die motorbedingten Emissionsfaktoren der Fahrzeuge der jeweiligen
Kategorien wurden mit Hilfe des Handbuchs für Emissionsfaktoren des
Straßenverkehrs (2010) berechnet. Da die Fahrzeugflotte nur längerfristig
erneuert und ausgetauscht wird, ist nicht anzunehmen, dass der sogenannte VW-
Skandal dabei zu einer ergebnisrelevanten Verfälschung geführt hat. Auch die
Antragsteller haben ihre gegenteilige Behauptung nicht plausibilisiert. Unter
diesen Umständen ist nicht ersichtlich, warum das Gutachten Lohmeyer vom
März 2011 fehlerhaft sein sollte.
156 (6) Ihre Rüge, die Berechnung der PM2,5-Immissionen sei nicht plausibel und
das Gutachten Lohmeyer vom März 2011 daher falsch, haben die Antragsteller in
der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten.
157 (7) Die Überschreitung des über das Jahr gemittelten Immissionsgrenzwertes von
40 µg/m³ (§ 3 Abs. 2 39. BImSchV) mit 43 µg/m³ im Kreuzungsbereich
Saarlandstraße/Heidelberger Straße (vgl. Gutachten S. 31) ist nach Anlage 3 B
Nr. 1 a und b zur 39. BImSchV unerheblich. An der genannten Stelle ist die
Luftschadstoffbelastung nicht zu bestimmen, weil sich Menschen in diesem
Bereich allenfalls kurzzeitig aufhalten. Der über eine Stunde gemittelte
Immissionsgrenzwert für NO² aus § 3 Abs. 1 39. BImSchV in Höhe von 200 µg/m³
(bei 18 zulässigen Überschreitungen im Kalenderjahr) wird ebenfalls eingehalten.
Bereits die konservative Berechnung nach dem Verfahren PROKAS im
Gutachten vom Januar 2011 hat ergeben, dass dieser Grenzwert eingehalten
wird (vgl. Seite 34 des Gutachtens vom Januar 2011, wo dieses Ergebnis daraus
gefolgert wird, dass an keinem der Untersuchungspunkte der 98-Perzentilwert
von 130 µg/m³ Luft erreicht oder überschritten wird).
158 bb) Auch aus der von den Antragstellern behaupteten falschen Berücksichtigung
von Belangen des Naturschutzes ergibt sich jedenfalls kein Fehler im
Abwägungsergebnis.
159 Mit ihren Rügen, die Fällung von 168 gut erhaltenen Platanen könne durch die
geplante mittige Bepflanzung der Trasse mit kleinen Bäumen nicht ausgeglichen
werden, Grünbrücken seien nicht vorgesehen und der Lebensraum der
Feldlerche werde eingeschränkt, machen die Antragsteller geltend, die
Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz sei im Rahmen der
Abwägung nicht zutreffend berücksichtigt worden (§ 1 a Abs. 3 BauGB). Indessen
ist nicht erkennbar, wieso daraus ein schlechthin unhaltbares
Abwägungsergebnis resultieren soll.
160 cc) Auch dass die Antragsgegnerin im Bebauungsplan der Diagonaltrasse
gegenüber der Nordumfahrung und der Hünderstraßenvariante den Vorzug
gegeben hat, führt nicht zu einem allein noch relevanten Fehler im
Abwägungsergebnis.
161 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei der Planung eines
Straßenbauvorhabens zunächst alle in Betracht kommenden Alternativlösungen
bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden
müssen. Nur alternative Trassen, die aufgrund einer Grobanalyse als weniger
geeignet erscheinen, dürfen bereits in diesem frühen Verfahrensstadium
ausgeschieden werden. Die verbleibenden Trassenalternativen müssen im
weiteren Planungsverfahren detailliert untersucht und verglichen werden. Der
Planungsträger überschreitet die Grenzen seiner planerischen
Gestaltungsfreiheit, wenn infolge fehlerhafter Ermittlung, Bewertung oder
Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder
wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung
aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche
und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 03.03.2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150).
162 Demgegenüber liegt ein Fehler im Abwägungsergebnis nicht schon deshalb vor,
weil eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen
vertretbar gewesen wäre (BVerwG, Urteil vom 09.06.2004 - 9 A 11.03 -BVerwGE
121, 72). Beim Auswahlverfahren unterlaufene Fehler betreffen den Vorgang der
Abwägung. Die Antragsteller sind mit der Rüge solcher Fehler präkludiert.
163 Für ein fehlerhaftes Abwägungsergebnis ist nichts zu erkennen. Weder die
Nordumfahrung noch die Hünderstraßenvariante sind nach dem genannten
Maßstab die gegenüber der Diagonaltrasse eindeutig besseren Lösungen.
164 (1) Die von den Antragstellern bevorzugte Nordumfahrung führte zwar zu einer
quasi vollständigen Entlastung der Kreuzgrundsiedlung vom Durchgangsverkehr.
Die Bestandsstrecke der Saarlandstraße könnte weitgehend zurückgebaut
werden. Die Belastung der Kreuzgrundsiedlung durch Verkehrslärm und
Luftschadstoffe würde deutlich reduziert. Aufwändige Lärmschutzbauten wären
nicht oder allenfalls in geringem Umfang notwendig. Auch würde die B
293/Großgartacher Straße in etwa gleichem Maße vom Verkehr entlastet wie bei
der Diagonaltrasse. Die Trassenführung ist mit den großen Kurvenradien (vgl. die
Tabelle auf S. 11 des Umweltberichts zum Bebauungsplan) ebenso günstig wie
bei der Diagonaltrasse. Die Nordumfahrung ist damit sicher eine
Trassenalternative, für die sich die Antragsgegnerin mit guten Gründen ebenfalls
hätte entscheiden können. Eindeutig vorzugswürdig in dem Sinne, dass die
Entscheidung für die Diagonaltrasse als im Ergebnis abwägungsfehlerhaft
einzustufen ist, ist sie indessen nicht. Die Trasse für die Nordumfahrung müsste
quasi vollständig neu angelegt werden und ist verglichen mit den beiden anderen
Alternativen mit Abstand am längsten, was zu einem deutlichen
Flächenmehrverbrauch führt. Dies ist umso gravierender, als die Nordumfahrung
überwiegend durch bislang landwirtschaftlich/gärtnerisch genutztes Gelände
geführt werden müsste (vgl. auch § 1 a Abs. 2 Satz 2 BauGB). Die mit der
Diagonaltrasse verbundenen Verkehrslärm- und Schadstoffbelastungen für die
Kreuzgrundsiedlung können demgegenüber durch die Lärmschutzbauten
deutlich reduziert und - jedenfalls hinsichtlich der Lärmbelastung - gegenüber der
aktuellen Situation beim ganz überwiegenden Teil der Bebauung in der
Kreuzgrundsiedlung deutlich verbessert werden (Reduktion der Lärmbelastung
für die Häuser unmittelbar an der Saarlandstraße um bis zu 11 dB(A)).
165 (2) Die Hünderstraßenvariante wäre zwar, weil in großem Umfang auf bereits
vorhandene Trassen zurückgegriffen werden könnte, insgesamt mit dem
geringsten Flächenverbrauch verbunden. Eindeutig besser geeignet ist sie
jedoch ebenfalls nicht. Die Trassenführung ist problematisch. Die Abzweigung
von der B 293 in das Gewerbegebiet Böckingen-West verläuft in einer Kurve mit
einem Radius von nur 50 m, was bereits für sich die Leistungsfähigkeit
einschränkt. Im Gewerbegebiet selbst kann die Trasse nur zweispurig geführt
werden. Durch die drei einmündenden Straßen und die Grundstückszufahrten ist
mit zusätzlichen Verkehrsbehinderungen zu rechnen. Eine Regelung des
Verkehrs durch koordinierte Lichtzeichenanlagen (Grüne Welle) ist nicht möglich.
Auch das reduziert die Leistungsfähigkeit der Hünderstraßenvariante und hat
eine deutlich geringere Verkehrsentlastung der B 293/Großgartacher Straße zur
Folge. Angesichts der nur eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Durchfahrt
durch das Gewerbegebiet Böckingen-West dürfte dem auch kaum das Argument
der Antragsteller entgegengehalten werden können, durch verkehrsberuhigende
Maßnahmen in der B 293/Großgartacher Straße lasse sich dort in gleichem Maße
eine Entlastung erreichen wie mit der geplanten Diagonaltrasse. Da die
Hünderstraßenvariante ebenso wie die Diagonaltrasse innerorts auf der
Bestandsstrecke der Saarlandstraße weitergeführt würde, wäre sie für die
Bewohner des Kreuzgrundes mit den gleichen Belastungen verbunden wie diese.
Auch die Antragsteller haben aus diesen Gründen in der mündlichen
Verhandlung die Hünderstraßenvariante letztlich nicht mehr favorisiert.
166 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 und 2 i.V. mit § 100
ZPO.
167 Die Voraussetzungen aus § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision
liegen nicht vor.
168
Beschluss
169 Der Streitwert wird gemäß §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG auf
170
200.000 EUR
171 festgesetzt.