Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 01.03.2017

aufschiebende wirkung, aufenthaltserlaubnis, probe, vorläufiger rechtsschutz

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 1.3.2017, 11 S 48/17
Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis auf Probe; Beschluss der Innenministerkonferenz
vom 4. Dezember 2009; Fortgeltungsfiktion
Leitsätze
1. Bei einem Antrag auf - weitere - Verlängerung einer nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilten
Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" ist § 104a Abs. 5 Satz 5 AufenthG nicht anwendbar. Ein solcher Antrag löst die
Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG aus.
2. Zur Frage der Rechtswirkungen der unter B I Nr. 5 der Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums
abgedruckten "Anordnung der Innenminister und -senatoren der Länder nach § 23 Absatz 1 AufenthG über die
Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" gemäß § 104a Absatz
1 Satz 1 AufenthG vom 03./04. Dezember 2009 (Az.:4-1340/29) mit Hinweisen des Innenministeriums zur
Anwendung der Anordnung (Stand Hinweise 31. Januar 2012)".
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.
Dezember 2016 - 5 K 124/16 - geändert. Die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 11. Januar 2016
gegen den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 15. Dezember 2015 wird hinsichtlich der
Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Nr. 1 des Bescheids) wiederhergestellt und
hinsichtlich der Fristsetzung einer Ausreisefrist mit Abschiebungsandrohung (Nr. 2 und Nr. 3 des Bescheids)
angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
1 Die zulässige Beschwerde ist begründet.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs des Antragstellers vom 11. Januar 2016 gegen die Versagung der Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid des Antragsgegners vom 15.
Dezember 2015 anzuordnen. Mit den im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der
Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zieht er die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses des
Verwaltungsgerichts erfolgreich in Zweifel. Die deshalb erforderliche umfassende Prüfung seines
Rechtsschutzbegehrens führt auf dessen Begründetheit.
3 1.a) Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass dem Antragsteller voraussichtlich kein Anspruch auf
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG zukomme. Nach § 104a
Abs. 5 Satz 2 AufenthG solle eine bis zum 31. Dezember 2009 befristet nach § 104a Abs. 1 AufenthG
erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verlängert werden, wenn der
Lebensunterhalt bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert
gewesen ist oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur
vorübergehend eigenständig sichert. Bei beiden Alternativen müssten nach § 104a Abs. 5 Satz 3 AufenthG
dafür Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt für die Zukunft überwiegend gesichert
sein werde. Der Antragsteller habe seinen Lebensunterhalt im entsprechenden Zeitraum nicht überwiegend
eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert. Er könne lediglich äußert kurzfristige Arbeitsverhältnisse
nachweisen. Angesichts der derzeitigen Arbeitslosigkeit sei die Prognose negativ.
4 b) Der Antragsteller bringt hiergegen vor, es sei schon unklar auf welcher Rechtsgrundlage das
Verwaltungsgericht seine Prüfung vornehme. Es sei offenbar der Meinung, es könne die Voraussetzungen
des § 104a Abs. 5 AufenthG uneingeschränkt zu Grunde legen, was irrig sei. In dem Beschluss der
Innenministerkonferenz vom 4. Dezember 2009 heiße es nämlich, dass die Inhaber einer
Aufenthaltserlaubnis auf Probe, die am 31. Dezember 2009 mangels Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben
zur Lebensunterhaltssicherung nicht gemäß § 104 Abs. 5 AufenthG verlängert werden könne, für die Dauer
von zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erlangen könnten,
sofern sie nachweisen würden, dass sie sich um die Sicherung des Lebensunterhalts durch eigene
Erwerbstätigkeit bemüht hätten und wenn die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Lebensunterhalt nach
diesen zwei Jahren durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesichert sei. Nach dieser Regelung habe der
Antragsteller seine Aufenthaltserlaubnis 2010 erhalten, sie sei dann bis 31.12.2013 verlängert worden.
Nach dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 9. Dezember 2011 werde man die im Beschluss vom
4. Dezember 2009 aufgestellten Voraussetzungen für eine Verlängerung aus § 23 Abs. 1 AufenthG, § 8 Abs.
1 AufenthG heranziehen müssen.
5 c) Mit diesem Vortrag zieht der Antragsteller die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts
erfolgreich in Zweifel. Denn es trifft jedenfalls zu, dass das Verwaltungsgericht sich mit dem Beschluss der
Innenministerkonferenz vom 9. Dezember 2011 nicht auseinandergesetzt und somit nicht geprüft hat,
welche Bedeutung § 104a Abs. 5 AufenthG insoweit noch zukommen kann und welcher Prüfungsmaßstab
anzulegen ist.
6 2. a) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3
und 6 VwGO) - wie hier - , dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des
Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob
vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom
11.04.2016 - 11 S 393/16 -, InfAuslR 2016, 281 und vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, VBlBW 2013, 384
m.w.N.).
7 Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung (b) hat hier Erfolg,
weil sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache derzeit als offen darstellen und die
Interessen des Antragstellers am Verbleib im Bundesgebiet bis zum Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens
die öffentlichen Interessen am Vollzug deutlich überwiegen (c).
8 b) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass der Rechtsbehelf nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO
auch insoweit statthaft ist, als der Antragsteller sein Aufenthaltsrecht nach der Ablehnung der - erneuten -
Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis auf Probe sichern will. Denn der am 20. November 2013 gestellte
Antrag auf Verlängerung seiner nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis hat gemäß § 81
Abs. 4 Satz 1 AufenthG eine so genannte „Fortgeltungsfiktion“ ausgelöst (vgl. zur Statthaftigkeit eines
Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO bei Ablehnung der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels: VGH
Bad.-Württ., Beschluss vom 20.11.2007 - 11 S 2364/07 - InfAuslR 2008, 81; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG,
Stand: Oktober 2015, § 81 AufenthG Rn. 125 ff. m.w.N.). Danach gilt in Fällen, in denen ein Ausländer vor
Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels
beantragt, der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der
Ausländerbehörde als fortbestehend. Diese Voraussetzungen lagen hier vor, insbesondere ist die
Anwendung von § 81 Abs. 4 AufenthG hier nicht durch § 104a Abs. 5 Satz 5 AufenthG ausgeschlossen
gewesen. Denn diese Vorschrift bezieht sich allein auf die erstmalige Verlängerung in Anwendung von §
104a Abs. 5 Satz 2 VwGO (aA. Nds.OVG, Beschluss vom 31.10.2012 - 11 ME 275/12 -, InfAuslR 2013, 104
juris Rn. 4). Bei einem Antrag auf - weitere - Verlängerung einer nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilten
Aufenthaltserlaubnis ist § 104a Abs. 5 Satz 5 AufenthG weder seinem Wortlaut nach anwendbar noch ist es
rechtlich möglich, diese Vorschrift über eine Bestimmung der obersten Landesbehörde nach § 23 Abs. 1
AufenthG wirksam für anwendbar zu erklären, da eine Bestimmung der Exekutive auf der Grundlage des §
23 Abs. 1 AufenthG geltendes formelles Gesetzesrecht - hier § 81 Abs. 4 AufenthG - nicht abbedingen kann.
9 Die Statthaftigkeit des gegen die Abschiebungsandrohung gerichteten Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO folgt
aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO und § 12 LVwVG.
10 c) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist das Eilrechtsschutzgesuch begründet. Die vom
Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung
der Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers fällt zu dessen Gunsten aus. Die
Erfolgsaussichten sind derzeit offen (aa). Ausgehend davon kommt dem Suspensivinteresse des
Antragstellers hier der Vorrang zu (bb).
11 aa) (1) Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zu prüfen, ob überwiegende öffentliche Belange dafür
streiten, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare
Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Der
Rechtsschutzanspruch des Betroffenen ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je
schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme der Verwaltung
Unabänderliches bewirkt. Das gilt im Grundsatz unabhängig davon, ob der Sofortvollzug eines
Verwaltungsakts einer gesetzlichen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 VwGO) oder einer behördlichen
Anordnung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (BVerfG, Beschluss vom 21.03.1985 - 2 BvR
1642/83 -, BVerfGE 69, 220 < 228 f.>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.05.2007 - 2 BvR 2483/06 -,
BVerfGK 11, 179 < >). So bedürfen gerade Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung von Ausländern eine
besondere Rechtfertigung, die eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Bezug auf den
Zeitraum zwischen beabsichtigtem Vollzug und Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren
erfordert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.08 2011 - 1 BvR 1611/11 -, NVwZ 2012, 104 <105>).
12 (2) Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers lassen sich derzeit nicht hinreichend
abschätzen, weil im bisherigen Verwaltungsverfahren ebenso wie im gerichtlichen Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutz erhebliche (rechts-)tatsächliche Fragen seitens des Antragsgegners nicht oder nicht
hinreichend in den Blick genommen und aufgeklärt worden sind.
13 (a) Eine Anordnung nach § 23 Abs. 1 AufenthG ist nicht wie eine Rechtsvorschrift aus sich heraus
auszulegen. Sie ist vielmehr als Willenserklärung der obersten Landesbehörde unter Berücksichtigung des
wirklichen Willens und ihrer tatsächlichen Handhabung, also der vom Urheber gebilligten oder geduldeten
tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen und anzuwenden. Bei Unklarheiten hat die Ausländerbehörde
den wirklichen Willen der obersten Landesbehörde - erforderlichenfalls durch Rückfrage - zu ermitteln.
Weicht die Ausländerbehörde von der landeseinheitlichen Handhabung der Anordnung ab, so erwächst dem
Ausländer aus Art. 3 Abs. 1 GG ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Gleichbehandlung nach
Maßgabe der tatsächlichen Anwendung der Anordnung. Denn es ist gerade der Sinn der Regelung, eine
einheitliche Anwendung innerhalb eines Bundeslandes zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2000 - 1
C 19.99 -, BVerwGE 112, 63 <66f.> zu § 32 AuslG 1990).
14 (b) (aa) Es ist zunächst bereits zweifelhaft, ob die Auffassung des Antragsgegners zutrifft, dass sich die
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers nicht mehr nach einer Anordnung nach § 23 Abs. 1
AufenthG bemessen könne, weil die letzte - einschlägige - Anordnung am 31. Dezember 2013 ausgelaufen
sei. Denn unter denen auf der Internetseite des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration
Baden-Württemberg (Stand 1. März 2017) vorgehaltenen Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums
zum Ausländerrecht findet sich im Abschnitt B I „Uneingeschränkt gültige Bleiberechtsregelungen
(Ersterteilungen und Verlängerungen)“ weiterhin unter Nr. 5 die „Anordnung der Innenminister und -
senatoren der Länder nach § 23 Absatz 1 AufenthG über die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für
Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ gemäß § 104a Absatz 1 Satz 1 AufenthG vom 03./04.
Dezember 2009 (Az.:4-1340/29) mit Hinweisen des Innenministeriums zur Anwendung der Anordnung
(Stand Hinweise 31. Januar 2012)“. Unter den bei Nr. 5 abgedruckten, Erlassen, Anordnungen und
Hinweisen findet sich auch die Wiedergabe der Einigung der Innenminister und -senatoren der Länder und
des Bundesminister anlässlich der Innenministerkonferenz am 8./9. Dezember 2011, wonach es keiner
Verlängerung der Bleiberechtsregelung vom 4. Dezember 2009 bedürfe, weil die auf der Grundlage dieser
Regelung gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit § 104a Abs. 5 und 6 AufenthG erteilten
Aufenthaltserlaubnisse auf Probe in Anwendung des § 8 Abs. 1 AufenthG verlängert werden, wenn eine
günstige Integrationsprognose gestellt werden kann und die Begünstigten sich nachweislich um die
Sicherung des Lebensunterhalts bemüht haben. Ebenso findet sich dort der Hinweis, dass die Verlängerung
„in der Regel“ bis zum 31. Dezember 2013 erfolge.
15 Ausgehend von der dargestellten, geschriebenen Erlass- und Anordnungslage lässt sich derzeit nicht mit
hinreichender Sicherheit feststellen, welche Ausnahmefälle nicht von der „Regelerteilung“ nur bis zum 31.
Dezember 2013 erfasst sein sollen. Weitergreifend ist auch - durch Rückfrage bei der obersten
Landesbehörde - im Widerspruchsverfahren klärungsbedürftig, ob diese Regeleinschränkung, die dem Text,
der die Einigung der Innenminister und -senatoren und des Bundesminister des Innern darstellt, nicht zu
entnehmen ist, tatsächlich weiterhin Bestand hat, wird doch die Vorschrift unter den uneingeschränkt für
Erteilung und Verlängerung gültigen Bleiberechtsregelungen aufgeführt.
16 (bb) Sollte die Einigung der Innenminister und -senatoren und des Bundesminister des Innern vom 8./9.
Dezember 2011 - weiterhin - Teil einer Anordnung nach § 23 Abs. 1 AufenthG sein, ist weiter offen - und
bedarf der Aufklärung im Widerspruchsverfahren -, ob der Antragsteller die Voraussetzungen der Anordnung
erfüllt und deshalb einen aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Erteilungsanspruch hat. Denn ausgehend von
dem Hinweis zu Nr. 2c) der obersten Landesbehörde, wonach bei der Prognose der vollständigen Sicherung
des Lebensunterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit in zwei Jahren eine ablehnende Entscheidung nur dann
gerechtfertigt sei, wenn mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden könne, dass der Ausländer eine
eigenständige Sicherung auf Dauer nicht erreichen könne, ist mit Blick auf die vorgetragene berufliche
Entwicklung des Antragstellers im Jahr 2016 ein Erfolg seines Verlängerungsantrags derzeit nicht
auszuschließen. Hierbei wird im Widerspruchsverfahren aber aufzuklären sein, ob die tatsächliche
Verwaltungspraxis diese Hinweise so übernommen hat und anwendet, wie sie formuliert sind und ob eine
solche Auslegung von der Zustimmung des Bundesministers des Innern, die Wirksamkeitsvoraussetzung für
Anordnungen der obersten Landesbehörde sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 AufenthG) überhaupt gedeckt sind (vgl.
insgesamt zur Problematik der Beschlusslage vom 9. Dezember 2011: Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand:
Mai 2013, § 104a AufenthG Rn. 185.1 und 185.2).
17 bb) Ausgehend von den dargestellten offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs überwiegt das
Suspensivinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollzugsinteresse deutlich. Sollte die Ausreisepflicht
des Antragstellers vollzogen werden, dürfte dies aller Voraussicht nach jedenfalls mit Blick auf die Frage der
Lebensunterhaltssicherung dazu führen, dass der Antragsteller seinen möglichen Verlängerungsanspruch
verliert. Dem gegenüber muss das Vollzugsinteresse zurücktreten.
18 cc) Auf die weiter geltend gemachten, behaupteten Erteilungs- oder Verlängerungsansprüche des
Antragstellers kommt es nach alledem nicht mehr an.
19 dd) Angesichts der offenen Erfolgsaussichten bezüglich des Anspruchs auf Verlängerung einer
Aufenthaltserlaubnis sind auch die Erfolgsaussichten bezogen auf die erlassene Abschiebungsandrohung
offen. Insoweit ordnet der Senat die aufschiebende Wirkung an.
20 3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus den §§ 47, 53 Abs. 2
Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
21 Der Beschluss ist unanfechtbar.