Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 06.04.2010

VGH Baden-Württemberg: belüftung, garage, beleuchtung, grundstück, allgemeiner rechtsgrundsatz, wand, bauwerk, belichtung, eng, ausnahme

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 6.4.2010, 8 S 1529/08
Abstandsflächenbestimmung nach BauO BW § 6 Abs 1 S 1 Nr 2, Fassung 2009-11-17
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2008 - 8 K 1640/07 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Baugenehmigung für eine bereits erstellte Doppelgarage in Grenznähe.
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Mit Baugenehmigung des Landratsamts Tübingen vom 24.02.2003 war ihm neben einem Umbau der bestehenden Wohnhaushälfte der Neubau
einer Doppelgarage auf seinem Grundstück Flst.Nr. ... der Gemarkung Gomaringen (... ... ...) genehmigt worden. Die Garage sollte in einem
Abstand von 0,54 m zur südöstlichen Grundstücksgrenze zum Flst.Nr. ... (... ... ...) erstellt werden. Auf dieser Seite sollte sie eine Länge von 6,99
m, eine Höhe von 2,81 m und eine Wandfläche von 24,93 qm haben. Abweichend von diesen Maßen hat der Kläger im Jahre 2006 begonnen,
das Bauwerk in einem Abstand zur Nachbargrenze von 0,65 m mit einer Länge von 7,49 m zuzüglich eines 1,68 m langen abgeschleppten
Vordachs auf der Rückseite, einer Wandhöhe von 3 m bis 2,35 m im Bereich des Vordachs (von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt mit
der Dachhaut), sowie einer Wandfläche von 36,43 qm (bzw. 30,82 qm ohne Vordachbereich) zu errichten. Auf Veranlassung des Landratsamts
Tübingen hat er die Bauarbeiten eingestellt.
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Ein den ins Werk gesetzten Maßen entsprechendes Baugesuch des Klägers vom 28.11.2006 lehnte das Landratsamt Tübingen mit Bescheid
vom 05.06.2007 nach vorheriger Anhörung des Klägers ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass mit dem zur südlichen
Nachbargrenze eingehaltenen Abstand von 0,65 m die erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 und 8 LBO a.F. deutlich
unterschritten werde. Ein Fall des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. liege nicht vor, weil sowohl die zulässige Grenzbaulänge von 9 m als auch die
Wandfläche von 25 qm überschritten werde. Selbst wenn man das Vordach außer Acht lasse, liege die Wandfläche mit 30,82 qm über dem
zulässigen Maß. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. seien nicht gegeben. Nachbarliche Belange würden
erheblich beeinträchtigt. Diese Belange seien von der betroffenen Nachbarschaft auch geltend gemacht worden. Der vom Planverfasser des
Klägers vertretenen Auffassung im Anschluss an den Kommentar von Sauter zur Landesbauordnung für Baden-Württemberg (3. Aufl., § 6 LBO
RdNr. 48 d und Schaubild S. 10), wonach die Höchstmaße in dem Sinne „dynamisch“ gehandhabt werden könnten, dass, je weiter eine Garage
von der Grenze zurückgesetzt werde, in einem 45-Grad-Winkel sowohl die Grenzbebauung als auch die Garagenhöhe über die festgelegten
Maße hinaus erweitert werden könnten, folge das Landratsamt nicht. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig.
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Hiergegen legte der Kläger mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.06.2007 Widerspruch ein mit der Begründung, dass nach der vom Landratsamt
vertretenen Auffassung die gesetzliche Formulierung des § 6 Abs. 4 LBO a.F. völlig leerlaufen würde. Die Auslegung, dass bereits die
Unterschreitung der nachbarschützenden Maße die erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange indiziere, entspreche nicht dem Wortlaut
und auch nicht dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Bestimmung. Mit der Vorschrift hätten gerade erweiterte Möglichkeiten
zur Abweichung von Abstandsvorschriften geschaffen werden sollen, indem auf die Einräumung von Ermessen und das Vorliegen eines
atypischen Falles verzichtet worden sei. Dieser gesetzgeberische Gedanke würde ins Gegenteil verkehrt, wenn wieder nur in atypisch gelagerten
Sonderfällen von nachbarschützenden Mindestabständen abgewichen werden dürfe. Da die Beleuchtung, Belüftung und der Brandschutz
unproblematisch seien, sei nur zu prüfen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange vorliege. Diese könne aber nicht
vorliegen, da die Wandfläche bei dem gegebenen Abstand von 0,65 m die sich unter Anlegung eines 45-Grad-Winkels nach beiden Seiten und
nach oben ergebenden Maße nicht überschreite. Das Landratsamt weiche mit seiner Auslegung auch von der Handhabung durch andere
Baurechtsbehörden ab.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2007 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Zur Begründung heißt es: Für die
Auffassung der „dynamischen“ Anpassung werde ins Feld geführt, dass in Anwendung von § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. geringere Abstände dann
zuzulassen seien, wenn nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt seien; dies liege vor, wenn bei wertender Betrachtung der Nachbar
durch das grundsätzlich abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren Alternative, die die
Abstandsflächenregelungen einhalte. Diese Ansicht lasse außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei
Gebäuden vorsehe. Der Verzicht auf Abstandsflächen in Sonderfällen stelle eine Ausnahme dar. Ausnahmen seien aber eng auszulegen und
dürften nicht durch Analogie oder durch eine „wertende Auslegung“ weiter ausgedehnt werden. Bereits das auf der Grundstücksgrenze zulässige
Gebäude mit 9 m Länge und einem zulässigen Satteldach mit 45 Grad Dachneigung erreiche die Größe eines kleinen Wohngebäudes. Dies
stelle für den Nachbarn regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung seines Grundstücks dar, die ihm indessen nach dem Gesetz zugemutet
werde. Angesichts dieser außerordentlich weitgehenden gesetzlichen Ausnahmeregelung bestehe keine Veranlassung, über die dort genannte
Fallgruppe hinaus auf Abstandsflächen zu verzichten. Die Annahme, der Gesetzgeber habe die Wertung getroffen, bei Einhaltung eines 45-Grad-
Winkels könnten keine erheblichen Beeinträchtigungen entstehen, finde nur für das Höchstmaß eine gewisse Stütze in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO a.F.,
nicht jedoch für das Längenmaß und die Ansichtsfläche. Es sei zuzugestehen, dass derzeit verschiedene Auffassungen bei den
Baurechtsbehörden bestünden. Das Regierungspräsidium Freiburg vertrete die Auffassung, die „dynamische“ Anwendung sei auf das
Höhenmaß zu beschränken.
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Am 04.10.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen wiederholt und unter Bezugnahme auf die Kommentierung von Sauter
vertieft, dass bei Einhaltung des 45-Grad-Winkels nach der Wertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung
des benachbarten Grundstücks entstehen könne; dies ergebe sich aus den Regelungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO a.F. (Anrechnung von
Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO a.F. (Gelände vor notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden
unter der Geländeoberfläche liege). Er hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die
beantragte Baugenehmigung zu erteilen.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend ausgeführt: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg führe eine Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe regelmäßig zu einer erheblichen, vom
betroffenen Nachbarn nicht hinzunehmenden Beeinträchtigung, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig sei. Die
vorhandene Situation sei nicht durch Besonderheiten gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des
nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich minderten oder weniger schutzwürdig erscheinen ließen.
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Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 27.03.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Die nach § 5
Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 LBO a.F. erforderliche Tiefe der Abstandsfläche werde von dem Bauvorhaben nicht eingehalten. Es liege auch
kein Sonderfall nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. vor, und das Bauvorhaben sei auch nicht nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. zuzulassen. Bei der
danach vorzunehmenden Prüfung, ob nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt seien, sei von der gesetzgeberischen Wertung
auszugehen, dass eine den nachbarschützenden Teil unterschreitende Abstandsflächentiefe regelmäßig eine erhebliche, vom betroffenen
Nachbarn nicht hinzunehmende Beeinträchtigung darstelle, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig sei. Für eine vom
Regelfall abweichende Beurteilung müssten auf dem Nachbargrundstück besondere Umstände vorliegen. So könne die vorhandene Situation
durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet sein, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der
Abstandstiefe deutlich minderten oder als weniger schutzwürdig erscheinen ließen. Dass im vorliegenden Fall eine derartige besondere
Situation vorliege, sei weder von den Beteiligten vorgetragen worden, noch sei Derartiges den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen. Der
Auffassung der Klägerseite, die sich auf eine „dynamische“ Handhabung der Höchstmaße nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. berufe, sei nicht zu
folgen. Nach dieser Auffassung könnten in einem 45-Grad-Winkel sowohl die Grenzbaulänge als auch die Garagenhöhe über die gesetzlich
festgesetzten Maße hinaus erweitert werden. Diese Vorgehensweise widerspreche jedoch dem Gesetzeswortlaut. Zwar sei zuzugeben, dass die
Höchstmaße in § 6 Abs. 1 LBO a.F. typisierend festgelegt worden seien und es sich bei der vorgeschlagenen „dynamischen“ Handhabung
ebenfalls um eine typisierende Festlegung handeln würde. Der Gesetzgeber habe sich jedoch für eine Regelung von bestimmten Höchstgrenzen
entschieden und habe keine Regelung im Verhältnis zum Abstand von der Grundstücksgrenze gewählt. Die klägerische Auffassung würde auch
zu Problemen bei der Anpassung der zulässigen Wandhöhe an die jeweilige Entfernung von der Grundstücksgrenze führen. Gegen eine
„dynamische“ Auslegung der Regelungen in § 6 Abs. 1 LBO a.F. spreche schließlich auch die Praktikabilität. Festgesetzte Höchstmaße führten zu
rechtlicher Klarheit, freilich auch zu Lasten einer größeren Einzelfallgerechtigkeit. Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf
Befreiung von den nachbarschützenden Abstandsvorschriften nach § 56 Abs. 1 LBO a.F., da eine offenbar nicht beabsichtigte Härte nicht
vorliege.
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Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung legt der Kläger dar: Es gehe allein um die Frage, ob mit der
Abstandstiefe von 0,65 m die Abstandsfläche zum südöstlichen Nachbargrundstück gewahrt sei. Zwar überschreite die Doppelgarage die in § 6
Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. festgesetzten Höchstgrenzen. Diese gälten aber nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze
stünde. Eine an Sinn und Zweck des Abstandsflächenrechts, insbesondere an dem in § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. zum Ausdruck kommenden
Gesetzeszweck orientierte Auslegung der Vorschrift ergebe, dass die Höchstmaße dynamisch fortzuschreiben seien, wie es Sauter in seinem
Kommentar zur LBO (a.a.O.) darstelle. Je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt sei, desto größer könne die der
Nachbargrenze zugewandte Außenwand ausfallen, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde. Dabei müsse die Wandgröße jedoch
im Verhältnis sowohl zum Grenzabstand, als auch zur Größe der Wand eines Grenzbaus nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. stehen. Davon könne
ausgegangen werden, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten
zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der Wertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und
Belüftung benachbarter Grundstücke entstehen. Im Zusammenspiel mit § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F., aus dem sich der Gesetzeszweck der
Abstandsregelung beispielhaft ergebe, komme es für eine Privilegierung auf eine ausreichende Beleuchtung und Belüftung des
Nachbargrundstücks sowie darauf an, dass keine erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange gegeben sei. Für die Rechtsfrage, ab
welchem Grad nicht nur eine Beeinträchtigung, sondern eine in diesem Sinne erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen
anzunehmen sei, sei bei dieser „dynamischen“ Handhabung der Vorschrift in seinem Fall eine Erheblichkeit nicht anzunehmen, weil eine
ausreichende Belüftung und Beleuchtung gewährleistet sei. Das danach im Wege der Fortschreibung ermittelte zulässige Maß sei mit dem
Bauvorhaben unstreitig eingehalten. Die vom Verwaltungsgericht erhobenen Praktikabilitätsbedenken griffen nicht durch. Die Vorschrift könne
nach Maßgabe des Schaubilds Nr. 7 bei Sauter (a.a.O.) einfach und praktikabel angewandt werden. Eine zusätzliche Verschattung des
nachbarlichen Grundstücks werde durch die Garage nicht hervorgerufen, weil ein auf dem Nachbargrundstück an der Grundstücksgrenze
errichteter Schuppen, das Wohngebäude auf diesem Nachbargrundstück und die unmittelbar anschließend gepflanzten großen Laubbäume
ihrerseits das Grundstück des Klägers in diesem Bereich verschatteten. Die Konstruktion des Garagengebäudes sei bewusst so gewählt worden,
dass eine weitere Verschattung des Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne. Auch aus diesen Gründen fehle es an der
erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange.
10 Er beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2008 - 8 K 1640/07 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des
Bescheids des Landratsamts Tübingen vom 5. Juni 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom
17.September 2007 zu verpflichten, ihm die am 28. November 2006 beantragte Baugenehmigung für eine Doppelgarage zu erteilen.
12 Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
14 Er trägt ergänzend vor: § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. sehe keinesfalls nur den Fall vor, bei dem Gebäude unmittelbar an die Grenze gebaut würden.
Die Festlegung, dass Abstandsflächen nicht erforderlich seien, eröffne dem Bauherrn vielmehr die Möglichkeit, sein Gebäude unter Beachtung
der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO a.F. in einem Rahmen zu errichten, der von unmittelbarem Grenzbau bis zur Einhaltung der
vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinausreiche.
15 Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Tübingen und des Regierungspräsidiums Tübingen vor. Wegen der Einzelheiten
des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
16 Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die - ebenfalls zulässige - Verpflichtungsklage zu Recht
abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch nach § 58 Abs. 1 LBO auf Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung, weil das
Vorhaben nicht die bauordnungsrechtlich erforderliche Abstandsflächentiefe einhält. Die Ablehnung der Baugenehmigung verletzt den Kläger
daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Vorhabens ist die Landesbauordnung vom 08.08.1995 (GBl. S. 17) in der seit dem 01.03.2010
geltenden Fassung des Änderungsgesetzes der Landesbauordnung vom 10.11.2009 (GBl. S. 615 ff. - LBO 2010 -). Nach ständiger
Rechtsprechung ist bei der Verpflichtungsklage eines Bauherren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Beurteilung der Sach- und
Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG findet eine sog.
„Günstigerprüfung“ nicht statt, da nur eine erteilte Baugenehmigung dem Bauherrn eine (relativ) gesicherte eigentumsrechtliche Position
vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128 <134>). Mangels Überleitungsvorschriften finden die geänderten
Bestimmungen der Landesbauordnung mit ihrem Inkrafttreten am 01.03.2010 Anwendung.
18 Gemäß § 58 Abs. 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu
prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
19 Die geplante Garage ist zwar auch nach der Änderung der Landesbauordnung weiterhin genehmigungspflichtig (§§ 49, 50 Abs. 1 LBO 2010).
Sie ist nicht nach Nr. 1 b des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO 2010 verfahrensfrei, da ihre Grundfläche über 30 qm (ca. 45 qm ohne Vordachbereich)
beträgt.
20 Dem Bauvorhaben steht aber die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 entgegen, da es die danach
erforderliche Abstandsflächentiefe von 2,50 m unterschreitet.
21 Es kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht als Sonderfall nach § 6 LBO Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 (entspricht § 6 Abs. 1 Satz 2
LBO a.F.) zugelassen werden. Dass die danach einzuhaltende Wandhöhe von 3 m und die Wandfläche von 25 qm überschritten sind, hat das
Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO (a.F.) zutreffend dargelegt und wird vom Kläger auch nicht in
Frage gestellt. Er ist indessen der Auffassung, dass ein Sonderfall bei richtiger Auslegung der Vorschrift gleichwohl vorliege. Er macht der Sache
nach geltend, dass es sich bei den in der Vorschrift genannten Maßen nicht um die absoluten Höchstmaße für eine abstandsflächenrechtliche
Privilegierung einer baulichen Anlage unmittelbar an der Grenze, sondern um relative Maße handle, die mit zunehmendem Abstand des
Gebäudes oder der baulichen Anlage von einer Nachbargrenze in einer bestimmten Weise dynamisch fortzuschreiben seien. Die Maße gälten
nur für den Extremfall einer Garage, die unmittelbar an der Grenze stehe, nicht jedoch für den Fall, dass die Garage von der Grenze abgerückt
werden solle. Er stützt sich zur Begründung seiner Auffassung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) zu § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO (a.F.),
der eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange im Sinne dieser Vorschrift dann verneint, wenn die grenznahe Wand unter einem
Winkel von jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme. Werde dieser Winkel eingehalten, könne nach der
Bewertung des Gesetzgebers keine Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Gebäude entstehen; dies ergebe sich aus
den Regelungen in § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 LBO (Anrechnung von Dächern auf die Wandhöhe) und in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (Gelände vor
notwendigen Fenstern von Aufenthaltsräumen, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt). Der Kläger übersieht aber, dass sich die
Kommentierung nicht auf Abs. 1, sondern auf Abs. 4 des § 6 LBO bezieht. Für eine „Dynamisierung“ der Maße des § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F. und
des ihn ersetzenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 gibt sie nichts her.
22 Ein solcher Inhalt kann den Vorschriften auch nicht entnommen werden. Die Höchstmaße für die Wandhöhe und die Wandfläche nach § 6 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a. F. gelten auch, wenn mit einem der in diesen Vorschriften genannten Gebäude eine
Abstandsfläche eingehalten wird. Sie sind in einem solchen Fall nicht im Verhältnis zur konkreten Abstandsflächentiefe relativierbar. Nach ihrem
eindeutigen Wortlaut sehen sie gerade nicht nur den Fall vor, dass Gebäude bzw. bauliche Anlagen unmittelbar an die Grenze gebaut werden.
Die alte und neue Fassung der Vorschrift lassen vielmehr die Erforderlichkeit von Abstandsflächen entfallen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.:
„Abstandsflächen sind nicht erforderlich...“; § 6 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010: „In den Abstandsflächen baulicher Anlagen sowie ohne eigene
Abstandsflächen sind zulässig...“), wenn die Anlagen die dort genannten Höchstmaße einhalten mit der Folge, dass es dem Bauherren freisteht,
ein Bauwerk (unter Einhaltung der Schmutzwinkelregelung nach § 6 Abs. 2 LBO) unmittelbar an der Grenze oder mit Grenzabstand zu errichten,
der bis zur Einhaltung der vollen Abstandsflächentiefe oder darüber hinaus reicht. Einer Relativierung der Maße im Verhältnis zur Tiefe einer zu
einer Grenze eingehaltenen Abstandsfläche stehen nicht nur der insoweit eindeutige Wortlaut, sondern auch der Charakter der Vorschrift als eng
auszulegende Ausnahme von dem in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO 2010 geregelten Grundsatz, dass Abstandsflächen einzuhalten sind, entgegen.
23 Der Senat sieht aber auch die Voraussetzungen für eine Zulassung des Vorhabens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, der § 6 Abs. 4 Satz 1
Nr. 2 LBO a.F. entspricht, nicht als erfüllt an. Danach sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht
sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und nachbarliche Belange
nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg (vgl. hierzu Beschlüsse vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - BauR 1997, 92, und vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 -, BauR 2006, 880
m.w.N. sowie die Nachweise im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts) war zur Auslegung des Begriffs der erheblichen
Beeinträchtigungen im Sinne des § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO a.F. i.V.m. den bisherigen abstandsrechtlichen Bestimmungen in §§ 5 und 6 LBO a.F. von
Folgendem auszugehen: Die Abstandsflächenvorschriften waren nicht in vollem Umfang, sondern nur in einem gesetzlich genau festgelegten
Maß nachbarschützend. Mit dieser Beschränkung des Nachbarschutzes auf ein bestimmtes Maß der Abstandsflächentiefe bestimmte der
Gesetzgeber zugleich die Grenzen dessen, was einem Grundstückseigentümer durch die Bebauung eines Nachbargrundstücks in Bezug auf die
damit verbundene Beeinträchtigung der Besonnung, Belichtung und Belüftung seines eigenen Grundstücks (noch) zugemutet werden kann. Eine
Unterschreitung dieses Maßes stellte damit grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F.
erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankam. Dafür sprach auch,
dass die Abstandsvorschriften andernfalls durch § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO a.F. in einer Weise relativiert wurden, die die Frage nach dem Sinn
der ganzen komplizierten Berechnungsvorschriften aufgeworfen hätte. Angesichts des umfangreichen Katalogs von Einschränkungen und
Vergünstigungen zu Gunsten des Bauherrn in § 5 LBO a.F. bestand auch mit Rücksicht auf seine Interessen kein Grund zu einer solchen
Aufweichung der Abstandsvorschriften. Allein mit dem Hinweis darauf, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe nur
geringfügig unterschritten wird, konnte daher das Fehlen einer erheblichen Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange nicht begründet
werden. Voraussetzung hierfür war vielmehr generell, dass die vorhandene Situation durch bestimmte Besonderheiten gekennzeichnet ist, die
das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsflächentiefe deutlich mindern oder als weniger
schutzwürdig erscheinen lassen.
24 Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung hat sich durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen in §§ 5 und
6 LBO 2010 jedenfalls insoweit nicht geändert, als es um die Unterschreitung des Mindestabstands von 2,50 m nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010
geht. Die Neuregelung unterscheidet zwar nicht mehr zwischen einem nachbarschützenden und einem nicht nachbarschützenden Teil der
Abstandsflächentiefen. Abstandsflächen sind, auch bei Wänden mit einer Länge von über 16 m (vgl. § 5 Abs. 8 LBO a.F.) nur noch in Höhe des
bisherigen nachbarschützenden Teils der Abstandstiefen einzuhalten. Dies bedeutet für die Zulassung geringerer als der vorgeschriebenen
Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010, dass diese Zulassung nunmehr in jedem Fall voraussetzt, dass nachbarliche
Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden (vgl. LT-Drs. 14/5013 S. 40). Ob der Umstand, dass es nur noch nachbarschützende
Abstandsflächen gibt, deshalb Veranlassung bietet, die Rechtsprechung zum Begriff der erheblichen Beeinträchtigung grundsätzlich zu
überdenken, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Denn durch die Neuregelung der Abstandsflächentiefen hat sich jedenfalls an der
in §§ 5 und 6 LBO zum Ausdruck kommenden normativen Wertung insoweit nichts geändert, als es um die Mindesttiefe der Abstandsfläche von
2,50 m geht, den das Vorhaben des Klägers unterschreitet. Die Mindesttiefe der Abstandsfläche nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO 2010 gehört nach
wie vor zum unverzichtbaren Kernbestand des Nachbarschutzes mit Blick auf Beeinträchtigungen der Besonnung, Belichtung und Belüftung
eines Grundstücks durch eine Bebauung des Nachbargrundstücks. Daher ist auch nach dem Wegfall des nicht nachbarschützenden Teils der
Abstandsflächentiefe durch das Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung vom 17.11.2009 (GBl. S. 615) nach der in §§ 5, 6 LBO zum
Ausdruck kommenden normativen Wertung davon auszugehen, dass jedenfalls bei einer Unterschreitung der nach § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO
gebotenen Mindesttiefe der Abstandsfläche nachbarliche Belange i. S. des § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO erheblich beeinträchtigt werden, es sei denn, die
vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück wird durch tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten im Verhältnis zum
Bauvorhaben gekennzeichnet, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindern oder als
weniger schutzwürdig erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs
zur bisherigen Rechtslage; vgl. Urteile vom 06.06.2008 - 8 S 18/07 -, VBlBW 2008, 483; vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - VBlBW 2009, 65; vom
10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 und vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 - Juris), insbesondere den Abstandsflächenvorschriften selbst
sich entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber die konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks für zumutbar hält (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris und Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
25 Solche Besonderheiten lassen sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen. Der Kläger beruft sich der Sache nach auf Besonderheiten, die
sich aus den Abstandsflächenvorschriften selbst ergeben, indem er unter Berufung auf die Kommentierung von Sauter (a.a.O.) geltend macht,
dass die der Nachbargrenze zugewandte Außenwand umso größer ausfallen könne, je weiter das Bauwerk von der Grundstücksgrenze entfernt
sei, ohne dass deshalb die Beeinträchtigung größer werde, und dass dies der Fall sei, wenn die grenznahe Wand unter einem Winkel von
jeweils höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten zunehme und bei dieser „dynamischen“ Handhabung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
LBO 2010 (der § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr.2 LBO a. F. entspricht) nach der in § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 und § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO 2010 zum Ausdruck
kommenden Wertung des Gesetzgebers keine weitergehende Beeinträchtigung für die Beleuchtung und Belüftung benachbarter Grundstücke
entstehen könne.
26 Der Umstand, dass ein Gebäude i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO mit eigener Abstandsfläche und einer die Höchstmaße nach dieser
Vorschrift überschreitenden Grenzwand errichtet wird, deren Größe in Relation zu den Höchstmaßen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO unter
einem Winkel von höchstens 45 Grad nach oben und nach beiden Seiten steht, ist keine Besonderheit im vorgenannten Sinne, die das Interesse
des Nachbarn an der Einhaltung der Mindestabstandsflächentiefe deutlich mindert oder als weniger schutzwürdig erscheinen lässt. Die
normativen Wertungen der Abstandsflächenvorschriften weisen nicht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Falle grenznaher baulicher Anlagen
die vom Kläger und bei Sauter (a.a.O.) beschriebene „dynamische“ Vergrößerung der Wandfläche in Abhängigkeit von der Tiefe der
eingehaltenen Abstandsfläche für zumutbar hielte. Zwar werden nach § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010, der auch für die Berechnung der zulässigen
Wandhöhe einer abstandsflächenfreien baulichen Anlage (von bis zu 3 m) nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 2010 gilt, auf die Wandhöhe die
Höhe von Dächern und Dachaufbauten mit einer Neigung von bis zu 45 Grad nicht angerechnet. Daraus lässt sich aber kein allgemeiner
Rechtsgrundsatz des Inhalts ableiten, dass der Gesetzgeber Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Belichtung und Belüftung eines
Nachbargrundstücks durch eine bauliche Anlage bei Einhaltung eines 45-Grad-Winkels zum Nachbargrundstück generell für zumutbar hält. Eine
solche Wertung lässt zunächst schon, worauf das Regierungspräsidium im angefochtenen Widerspruchsbescheid bereits hingewiesen hat,
außer Acht, dass das Gesetz als Grundsatz die Einhaltung der Abstandsflächen bei Gebäuden und baulichen Anlagen vorsieht, der Verzicht auf
Abstandsflächen in Sonderfällen eine Ausnahme darstellt, Ausnahmen aber eng auszulegen sind und nicht durch eine „wertende Auslegung“
weiter ausgedehnt werden dürfen. Zudem trifft die der Argumentation des Klägers zugrunde liegende Annahme nicht zu, dass der Nachbar bei
wertender Betrachtungsweise durch das abstandsflächenwidrige Vorhaben tatsächlich nicht schlechter gestellt sei als bei der vergleichbaren
Alternative, die die Abstandsflächenregelung einhalte. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 1 LBO 2010 über die Anrechnung von Dächern oder
Dachaufbauten mit einer Neigung von mehr als 45 Grad auf die Wandhöhe betrifft nicht in erster Linie Grenzbauten oder grenznahe Bauten,
sondern abstandsflächenpflichtige Gebäude oder bauliche Anlagen und damit gänzlich andere Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks.
Zum anderen ist mit der Vorschrift nur die Höhenausdehnung angesprochen. Sie ermöglicht nicht auch eine Erweiterung der auf 9 m begrenzten
Bebauung entlang den einzelnen Nachbargrenzen nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO 2010. Diese Begrenzung wirkt vielmehr gerade als Korrektiv für
die ausnahmsweise zugelassene Grenzbebauung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
27 Auch eine vergleichende Bezugnahme auf die in § 34 Abs. 3 Satz 1 LBO (alte wie neue Fassung) zum Ausdruck kommende Wertung hilft nicht
weiter. Diese Vorschrift, nach der Aufenthaltsräume, deren Fußboden unter der Geländeoberfläche liegt, nur zulässig sind, wenn das Gelände mit
einer Neigung von höchstens 45 Grad an die Außenwände vor notwendigen Fenstern anschließt, regelt nicht das nachbarliche
Austauschverhältnis, sondern die Mindestanforderungen an die Eignung eines Aufenthaltsraums (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom
13.08.2008 - 3 S 1668/07 - a.a.O.).
28 Sonstige rechtliche Besonderheiten (etwa eine rechtliche Vorbelastung des Nachbargrundstücks [vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - Juris]) stehen nicht in Rede.
29 Auch bauordnungsrechtlich bedeutsame tatsächliche Besonderheiten (etwa eine unterschiedliche Höhenlage beider Grundstücke, ein
besonderer Grundstückszuschnitt des Nachbargrundstücks oder ein bereits vorhandener Grenzbau (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 13.06.2003 - 3 S 938/05 -, BauR 2003, 1549) liegen nicht vor.
30 Soweit der Kläger geltend macht, dass es an einer erheblichen Beeinträchtigung auch deshalb fehle, weil das Nachbargrundstück durch
Gebäude und Bäume auf diesem Grundstück verschattet werde und deshalb durch das Bauvorhaben eine weitere Verschattung des
Nachbargrundstücks nicht hervorgerufen werden könne, braucht der Richtigkeit dieses Vorbringens insoweit nicht weiter nachgegangen zu
werden, als eine Verschattung durch Bäume geltend gemacht wird. Denn dies ist keine Besonderheit, die eine erhebliche Beeinträchtigung der
nachbarlichen Belange im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 ausschließen könnte. Die Bepflanzung eines Grundstücks gehört nicht zu
den bauordnungsrechtlich relevanten Besonderheiten, durch die ein Grundstück geprägt sein kann. Aber auch der auf dem Nachbargrundstück
an der Grenze zum Grundstück des Klägers stehende Schuppen, der seinerseits das Grundstück des Klägers von Süden verschattet, stellt keine
grundstücksbezogene Besonderheit dar, die die Schutzwürdigkeit des Nachbargrundstücks mindern würde. Denn er liegt nicht, auch nicht
teilweise, auf gleicher Höhe wie die zur Genehmigung gestellte Garage, lässt also nicht, wie bei einer Doppelhaushälfte, eine Beeinträchtigung
des Nachbargrundstücks durch das Bauvorhaben in Bezug auf die mit den Abstandsflächenvorschriften geschützten Belange entfallen. Einen
Anspruch auf einen Ausgleich für Nachteile, die einem Grundstück durch eine von den Abstandsflächenvorschriften nicht gedeckte
Grenzbebauung entstehen, durch Zulassung einer ebenfalls nicht von den Abstandsflächenvorschriften gedeckten Grenzbebauung oder
grenznahen Bebauung auf dem dadurch belasteten Grundstück, etwa in Form einer „Saldierung“ der die Abstandsflächentiefen jeweils
überschreitenden Maße, gibt die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO 2010 nicht her.
31 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
32 Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
33
Beschluss vom 30. März 2010
34 Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
35 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.