Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 02.02.2011

VGH Baden-Württemberg: mitgliedschaft, beitragspflicht, de lege ferenda, verzicht, dereliktion, zweiseitiges rechtsgeschäft, wirtschaftliches interesse, auflösende bedingung, öffentliches interesse

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 2.2.2011, 3 S 958/09
Verlust der Mitgliedschaft in einem Wasserverband (Beregnungsverband) durch Dereliktion
Leitsätze
1. Die dingliche Mitgliedschaft eines Grundstückseigentümers in einem Wasser- und Bodenverband (hier: Beregnungsverband für
Weinbaugrundstücke) endet nach bestehender Rechtslage automatisch mit dem Verlust des Eigentums an allen im Verbandsgebiet liegenden
Grundstücken auch dann, wenn das Eigentum durch - wirksamen - einseitigen Verzicht nach § 928 Abs. 1 BGB aufgegeben wird.
2. Zu den unterschiedlichen Vorteilsbegriffen im Wasserverbandsgesetz.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. März 2009 - 3 K 3163/08 - teilweise geändert. Die Klage
gegen den Beitragsbescheid des Beklagten vom 29.03.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Tauber-Kreis vom
09.07.2008 wird hinsichtlich eines Betrags in Höhe von 141,41 EUR abgewiesen.
Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin ein Sechstel und der Beklagte fünf Sechstel.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Beitragsbescheid. Sie ist eine Weinbaugenossenschaft, ihren Geschäftsbetrieb hat
sie bereits vor einigen Jahren aufgegeben. Sie war Eigentümerin der Grundstücke Flst.-Nrn. ..., ..., ... und ... in B., Gemarkung R.. Diese
Grundstücke liegen im Gebiet des beklagten Wasserverbands. Im Jahre 1993 stellte die Klägerin den Weinbau auf den Hanggrundstücken
wegen deren ungünstiger Lage ein. Am 27.02.2008 gab sie ferner das Eigentum an den Grundstücken nach § 928 BGB durch Verzichtserklärung
gegenüber dem Grundbuchamt auf. Aufgabe des Beklagten ist die Beschaffung von Brauchwasser und die Wasserverteilung zur Beregnung von
Weinberggrundstücken. Mitglieder sind nach § 2 Abs. 1 der Satzung die jeweiligen Eigentümer der im Mitgliederverzeichnis aufgeführten
Grundstücke (dingliche Mitglieder).
2
Mit Bescheid vom 29.03.2008 erhob der Beklagte bei der Klägerin den Verbandsbeitrag (Betriebskostenumlage) für das Beitragsjahr 2008 in
Höhe von 889,95 EUR, zahlbar in zwei Teilbeträgen zu je 449,95 EUR, fällig am 30.04 und am 31.08.2008. Der Beitrag errechnete sich aus der
Gesamtfläche der Grundstücke (254,27 Ar x 3,50 EUR). Am 25.02.2008 hatte die Verbandsversammlung den Betriebskostenumlagesatz je Ar
Grundstücksfläche im Verbandsgebiet auf 3,50 EUR festgesetzt. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.04.2008
Widerspruch ein: Sie sei nicht mehr Eigentümerin der vier Grundstücke; ihre Mitgliedschaft beim Beklagten sei daher erloschen und eine
Beitragspflicht entfallen. Das Landratsamt Main-Tauber-Kreis wies den Widerspruch mit Bescheid vom 09.07.2008 - zugestellt am 18.07.2008 -
zurück: Die Klägerin sei aufgrund des Mitgliederverzeichnisses Verbandsmitglied und als solches beitragspflichtig. Hieran ändere die
Eigentumsaufgabe nach § 928 BGB nichts. Der zivilrechtliche Rechtsakt der Eigentumsaufgabe lasse die Verbandsmitgliedschaft im öffentlich-
rechtlichen Wasserverband unberührt. Insoweit könnten die Rechtsgedanken des Bundesgerichtshofs in Entscheidungen zur Unzulässigkeit des
Verzichts auf Miteigentumsanteile an einem Grundstück (Beschluss vom 10.05.2007 - V ZB 6/07 -) und zur Unzulässigkeit des Verzichts auf das
Wohnungs- oder Teileigentum (Beschluss vom 14.06.2007 - V ZB 18/07 -) herangezogen werden. Die Interessenlage sei in beiden
Konstellationen vergleichbar. Im Verbandsgebiet erschöpfe sich das Eigentum nicht in der sachenrechtlichen Beziehung, sondern habe zugleich
die Beteiligung an der wechselseitigen Rechten- und Pflichtenstellung im Wasser- und Bodenverband zum Inhalt. Dieses Ergebnis werde auch
durch die Spezialregelungen des Wasserverbandsrechts bestätigt. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 WVG könne die Aufhebung einer Mitgliedschaft im
Wasserverband nicht verlangt werden, wenn das Verbandsmitglied - wie hier die Klägerin - den Vorteil durch eigene Maßnahmen (hier: die
einseitige Eigentumsaufgabe) beseitigt habe.
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Am 12.08.2008 hat die Klägerin Klage erhoben und Aufhebung der Bescheide beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen:
Ihre Heranziehung zu Beiträgen trotz Eigentumsaufgabe verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Die „verdinglichte“ Mitgliedschaft
(Realmitgliedschaft) ende dann, wenn auch das Eigentum ende. Sie habe die besagten Grundstücke nicht verkaufen können, ein Interessent sei
nicht vorhanden gewesen. Auch eine Verschenkung sei unmöglich gewesen. Ohne Eigentumsaufgabe wäre ihre vollständige
Auseinandersetzung mit abschließender Liquidation nicht möglich gewesen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unzulässigen
Aufgabe von Miteigentumsanteilen und von Wohnungseigentum nach dem WEG sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Auch die §§ 24
und 25 WVG stünden der Wirksamkeit der Eigentumsaufgabe weder in direkter noch in analoger Anwendung entgegen. Für eine direkte
Anwendung dieser Vorschriften sei schon deswegen kein Raum, weil die dingliche Mitgliedschaft automatisch mit der Eigentumsdereliktion
erlösche. Die für eine analoge Anwendung des § 24 WVG erforderliche Regelungslücke fehle, da die Verbandsmitgliedschaft uneingeschränkt
an die sachenrechtliche Eigentümerposition gekoppelt sei. Selbst wenn man vom Fortbestand der Verbandsmitgliedschaft trotz Wegfalls der
Eigentümerposition ausgehe, wäre der Beklagte jedenfalls verpflichtet gewesen, die Klägerin aus der Mitgliedschaft zu entlassen oder sie
jedenfalls von Verbandsbeiträgen nach § 28 Abs. 4 und Abs. 6 WVG freizustellen.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten: Die jetzige Sachlage sei nur durch verantwortungsloses Handeln der Klägerin bzw. deren
Vorstands entstanden. Der Vorstand habe nur gut bewirtschaftbare Flächen in sein Eigentum gebracht, die im Streit stehenden Grundstücke
habe man vergammeln lassen. Bei Wegfall des Beitrags für die Klägerin würden andere Winzer in gleicher Weise verfahren und die
Solidargemeinschaft sei gefährdet.
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Mit Urteil vom 11.03.2009 - 3 K 3163/08 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart der Klage stattgegeben und den Beitragsbescheid sowie den
Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt: Für die Klägerin habe nach § 28 Abs. 4 WVG keine
Beitragspflicht mehr bestanden, da sie keine - worauf es ankomme - wirtschaftlichen Vorteile mehr gehabt habe, seit sie ihre Grundstücke habe
brach liegen lassen. Allein die Möglichkeit, Maßnahmen des Verbandes zu nutzen, reiche für die Annahme eines Vorteils nicht aus. Dies ergebe
sich aus einem Vergleich mit der früheren Rechtslage. Die Alternative in § 81 Abs. 1 Satz 2 der 1. Verordnung über Wasser- und Bodenverbände,
wonach Vorteile auch dann gegeben waren, wenn die bloße Möglichkeit bestand, die Maßnahmen des Verbands zweckmäßig und wirtschaftlich
zu nutzen, sei nicht in das Wasserverbandsgesetz übernommen worden. Der Vorteilsbegriff in § 28 Abs. 4 WVG sei insoweit identisch mit dem
Begriff in § 24 Abs. 1 WVG. Allerdings fehle in § 28 Abs. 4 WVG - bewusst - die in § 24 Abs. 1 WVG enthaltene Regelung, dass ein freiwilliger
Verzicht auf die Inanspruchnahme angebotener Nutzungsmöglichkeiten die Beitragspflicht unberührt lasse. § 28 Abs. 4 WVG habe gegenüber §
24 Abs. 1 WVG insofern eine eigenständige Bedeutung. Für diese Auslegung spreche auch das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit.
Mitgliedschaft und Beitragspflicht seien daher insofern zu trennen. Auch eine Pflichtmitgliedschaft ohne Beitragspflicht diene den
Verbandsaufgaben. Ob die Klägerin sich durch einen Antrag auf Aufhebung ihrer Mitgliedschaft nach § 24 Abs. 1 WVG von der Beitragspflicht
befreien könne, bedürfe demnach ebenso wenig einer Entscheidung wie die Fragen, ob die einseitige Eigentumsaufgabe rechtlich überhaupt
möglich bzw. wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sei.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten. Er trägt zusammengefasst vor: Ein „Vorteil“
nach § 28 Abs. 4 WVG liege schon dann vor, wenn er dem Mitglied lediglich geboten werde bzw. möglich sei. Dies ergebe sich auch aus dem
Vergleich zwischen § 28 Abs. 4 und § 24 Abs. 1 WVG. Würde die Beitragspflicht nach § 28 Abs. 4 WVG immer schon bei einseitigem Verzicht
hierauf nach Belieben der Mitglieder entfallen, könnte die Weiterführung der Verbandsaufgaben für die verbleibenden zahlenden Mitglieder
unwirtschaftlich werden und die Intention des Gesetzgebers, Wasser- und Bodenverbände erforderlichenfalls auch zwangsweise zu errichten,
könnte dann nicht mehr erreicht werden. Die einseitige Dereliktion der Grundstücke ändere nichts an der fortbestehenden
Verbandsmitgliedschaft der Klägerin. Die Rechtsnachfolgeregelung des § 22 Satz 1 WVG gelte nur dann, wenn ein Rechtsnachfolger bereit
stehe. Die Klägerin bleibe so lange Verbandsmitglied, bis ihre Mitgliedschaft nach § 24 WVG im dort vorgeschriebenen Verfahren aufgehoben
sei. Ein solches Verfahren habe entweder noch gar nicht stattgefunden oder es sei bestandskräftig negativ abgeschlossen. Es fehle überdies an
den materiell rechtlichen Aufhebungsvoraussetzungen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 WVG, da die Klägerin den ihr zukommenden Vorteil durch eigene
Maßnahmen beseitigt habe und bei Aufhebung der Mitgliedschaft zudem erhebliche finanzielle Belastungen für die verbleibenden
Verbandsmitglieder in Gestalt höherer Beiträge zu besorgen seien. Die Dereliktion sei überdies sittenwidrig, da die Klägerin sich - in bewusst
drittschädigender Absicht - der Verbandslasten zu Lasten anderer Verbandsmitglieder habe entledigen wollen. Vor diesem Hintergrund sei der
hilfsweise gestellte Feststellungsantrag nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Es werde insoweit angeregt, alle Verbandsmitglieder
beizuladen.
7
Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11.03.2009 - 3 K 3163/08 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
9
Die Klägerin beantragt,
10
die Berufung zurückzuweisen und festzustellen, dass sie nicht mehr Mitglied im beklagten Wasserverband ist, hilfsweise festzustellen,
dass sie einen Anspruch auf Aufhebung ihrer Mitgliedschaft hat.
11 Die Klägerin hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend. Dessen Auslegung des § 28 Abs. 4 WVG sei nicht zu beanstanden. Ein
zwingendes öffentliches Interesse am Bestand des beklagten Verbandes bestehe schon wegen dessen rein privatnütziger Aufgabenstellung
nicht. § 28 Abs. 4 WVG verlange einen konkret - individuellen Vorteil. § 28 Abs. 5 WVG stelle lediglich eine herausgenommene Sonderregelung
dar. Mit seiner Gleichsetzung zwischen § 28 Abs. 4 und § 24 Abs. 1 WVG verkenne der Beklagte, dass § 28 Abs. 4 WVG lediglich die
Beitragspflicht, nicht jedoch die grundsätzliche Frage der Mitgliedschaft betreffe. Eine Mitgliedschaft könne auch ohne Beitragspflicht
fortbestehen. Jedenfalls seien ihre Beitragspflicht und ihre dingliche Mitgliedschaft durch die - wirksame und nicht sittenwidrige -
Eigentumsaufgabe nach § 928 BGB entfallen. Sie habe damit zwar ihre Mitgliedschaft beim Beklagten beenden wollen. Dies beruhe jedoch nicht
auf einer Schädigungsabsicht. Vielmehr habe sie keine andere Möglichkeit in der gegebenen Situation mehr gesehen. Das Resteigentum an
den vier Grundstücken, auf denen sie schon seit vielen Jahren keinen Weinbau mehr betreibe, habe ihrer abschließenden Liquidation
entgegengestanden. Sie habe nur die Wahl gehabt, entweder das Eigentum an den Grundstücken aufzugeben oder aber einen Insolvenzantrag
zu stellen. Die Voraussetzungen für eine notwendige wie einfache Beiladung aller Verbandsmitglieder lägen nicht vor.
12 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, auf die Gerichts- und Behördenakten, auf den Inhalt des
Sitzungsprotokolls sowie auf die nachgereichten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe
13 Die nachgereichten Schriftsätze des Beklagten vom 02.02. und der Klägerin vom 07.02.2011 geben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung
wieder zu eröffnen. Sie betreffen jeweils Rechtsfragen, die bereits in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden sind. Der Senat
sieht auch keine Veranlassung, alle Verbandsmitglieder nach § 65 Abs. 1 VWGO - nur diese Variante kommt in Betracht - einfach beizuladen.
Deren Interessen werden wirkungsvoll vom Beklagten wahrgenommen.
A.
14 Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten ist statthaft und auch sonst zulässig. Auch gegen die Statthaftigkeit der - trotz
fehlender Bezeichnung erkennbar so gewollten - Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie im Weg der Klagänderung (Klagerweiterung)
begehrt, die Beendigung ihrer Verbandsmitgliedschaft festzustellen, bestehen keine Bedenken (zum Erfordernis einer Anschlussberufung bei
einer Klagänderung des - wie hier - erstinstanzlich obsiegenden Klägers vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2010 - 7 C 20.09 -, DVBl. 2010, 1508 ff.).
B.
I.
15 Die Berufung des Beklagten hat auch teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beitragsbescheid vom 29.03.2008 und den ihn
bestätigenden Widerspruchsbescheid des Landratsamts Main-Tauber-Kreis vom 09.07.2008 insoweit zu Unrecht aufgehoben, als darin ein
Verbandsbeitrag von 141,41 EUR festsetzt wird. Denn in dieser Höhe sind die Bescheide rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren
Rechten, sodass die Anfechtungsklage insoweit abzuweisen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen sind die Bescheide aber rechtswidrig
(dazu C.).
II.
16 Die Anschlussberufung der Klägerin bleibt hingegen ohne Erfolg. Denn die mit Zustimmung des Beklagten erhobene Feststellungsklage der
Klägerin ist gegenüber der Anfechtungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nachrangig und deswegen unzulässig. Die Klägerin kann ihr
Klageziel, die Beendigung ihrer Verbandsmitgliedschaft - ausgelöst durch die Aufgabe des Eigentums an den Verbandsgrundstücken - positiv
feststellen zu lassen, ebenso gut und ebenso wirksam mit der bereits erhobenen Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid verfolgen. Im
Rahmen der Anfechtungsklage ist - wie nachfolgend darzulegen sein wird - als wichtigste entscheidungserhebliche Frage zu klären, ob die
Klägerin als Folge der Eigentumsdereliktion kraft Gesetzes aus der dinglichen Verbandsmitgliedschaft ausgeschieden ist. Diese - vom Senat mit
eingehender Begründung bejahte - Frage ist von der Rechtskraft des Anfechtungsurteils (Tenor und tragende Gründe, vgl. dazu Nachweise bei
Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 121 Rnrn. 18 - 21 - sog. Rechtswidrigkeitsurteil -) umfasst und der Senat hat auch keinen Zweifel, dass der
Beklagte als öffentlich rechtliche Körperschaft sowie das Landratsamt Main-Tauber-Kreis diese inzidente Feststellung uneingeschränkt beachten
werden. Unter diesen besonderen Voraussetzungen wäre ein gesonderter - die Feststellung im anhängigen Anfechtungsprozess
gewissermaßen verdoppelnder - Feststellungsausspruch unnötig.
C.
17 Der der Klägerin für das Rechnungsjahr 2008 auferlegte Verbandsbeitrag von insgesamt 889,95 EUR ist zum überwiegenden Teil - in Höhe von
748,54 EUR - zu Unrecht erhoben worden; insofern ist dem Verwaltungsgericht im Ergebnis zu folgen. Zum geringeren Teil - in Höhe von 141, 41
EUR - besteht der Beitragsanspruch des Beklagten hingegen zu Recht. Diese Aufteilung ergibt sich daraus, dass die Beitragspflicht der Klägerin
im für die Beitragserhebung maßgeblichen Kalenderjahr (vgl. § 20 Abs. 4 der Wasserverbandssatzung des Beklagten vom 24.04.1996 - künftig:
WVS) zwar Anfang 2008 noch bestanden hat, mit Wirksamkeit der Eigentumsaufgabe durch Eintrag der Verzichtserklärung im Grundbuch (§ 928
Abs. 1 BGB) am 27.02.2008 jedoch entfallen ist. Nach der in der mündlichen Verhandlung dargelegten und nicht zu beanstanden Praxis des
Beklagten war der Jahresbeitrag demgemäß im zeitlichen Verhältnis von 58/365 zu quoteln. Dieses Ergebnis beruht auf folgenden Erwägungen:
18 Nach § 21 Abs. 1 WVS in Verbindung mit § 28 Abs. 1 des Wasserverbandsgesetzes vom 12.02.1991 (BGBl. 1991, 405) - WVG - sind die
Verbandsmitglieder verpflichtet, dem Verband Beiträge (Verbandsbeiträge) zu leisten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
Die Beitragshöhe bemisst sich aufgrund einer annähernden Ermittlung der Kosten nach Maßgabe der jeweiligen Grundstücksflächen (§ 23 WVS
und § 30 Abs. 1 WVG); sie ist vom Beklagten für 2008 für alle Grundstücke im Verbandsgebiet mit 3,50 EUR je Ar Grundstücksfläche an
Betriebskosten (ohne Verbrauchskosten) ermittelt worden und steht als solche nicht im Streit. Streitig ist vielmehr die vorgelagerte Frage, ob und
inwieweit die Klägerin für das Haushaltsjahr 2008 dem Grunde nach beitragspflichtig war. Hierfür ist nach den eindeutigen
Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 und Abs. 4 WVG zweierlei erforderlich: Der Beitragspflichtige muss zum Einen während des
Erhebungszeitraums Verbandsmitglied nach § 22 WVG gewesen sein. Zum Anderen muss er als Verbandsmitglied während des
Erhebungszeitraums einen „Vorteil“ in der in § 28 Abs. 4 Satz 1 WVG gemeinten Bedeutung aus den Leistungen des Verbandes (hier: der
Beschaffung und Verteilung von Brauchwasser zur Beregnung von Weinberggrundstücken, vgl. § 3 Abs. 1 WVS) erlangt haben.
19 Diese beiden Voraussetzungen waren nach Auffassung des Senats nur bis zur Eigentumsaufgabe am 27.02.2008 erfüllt. Die Eigentumsaufgabe
war wirksam und mit ihr ist die Verbandsmitgliedschaft der Klägerin kraft Gesetzes am 27.02.2008 entfallen (dazu I.). Bis zu diesem Zeitpunkt war
noch von einem rechtserheblichen Vorteil der Klägerin auszugehen; insofern folgt der Senat dem Verwaltungsgericht nicht (dazu II.).
I.
20 Die Klägerin hat mit Wirkung vom 27.02.2008 ihr Grundeigentum an den streitbefangenen vier Grundstücken Flst.-Nrn. ..., ..., ... und ... durch
einseitige dingliche Verzichtserklärung unwiderruflich aufgegeben (§ 928 Abs. 1 BGB). Dies hat zur Folge, dass die Grundstücke herrenlos
geworden sind, Rechte Dritter und auch öffentliche Lasten aber fortbestehen (Palandt, BGB, 60. Aufl., § 928 Rn. 3). Aneignungsberechtigt ist nur
der Fiskus des Landes Baden-Württemberg (§ 928 Abs. 2 BGB); nur bei dessen Aneignungsverzicht können Dritte sich die Grundstücke nach §
927 BGB aneignen (BGH, Urteil vom 07.07.1989 - V ZR 76/88 -, BGHZ 108, 278 ff.). Mit dieser Eigentumsaufgabe (Dereliktion) ihrer vier -
einzigen verbliebenen - Grundstücke im Verbandsgebiet ist die Klägerin zugleich auch als Mitglied aus dem beklagten Wasserverband
ausgeschieden, ohne dass es eines Aufhebungsverfahrens nach § 24 WVG bedurfte. Dies ergibt sich aus dem Wesen der
grundstücksbezogenen Mitgliedschaft, dem Wortlaut und System des Wasserverbandsgesetzes und wird mit Blick auf die Vorgängerregelungen
in der Ersten Wasserverbandsverordnung von 1937 in der bis zum 30.04.1991 geltenden Fassung - künftig: WVVO - bestätigt.
21 1. Nach dem System des Wasserverbandsgesetzes kommt dem Eigentum an Verbandsgrundstücken ausschlaggebende Bedeutung zu.
Verbandsmitglieder eines Wasser- und Bodenverbands können nach § 22 WVG nur „Beteiligte“ sein. Als Beteiligte kommen nach § 8 WVG nur
die im Katalog des § 4 Abs. 1 WVG abschließend aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen in Betracht, deren wichtigste Gruppe die
„jeweiligen“ Eigentümer von Grundstücken und Anlagen sind (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 WVG, dingliche Mitglieder oder Realmitglieder). Beim
Wasserverband des Beklagten ist die Mitgliedschaft sogar ausschließlich auf diese Gruppe der „jeweiligen Eigentümer der im
Mitgliederverzeichnis aufgeführten Grundstücke (dingliche Mitglieder)“ beschränkt (§ 2 Abs. 1 WVS). Die Beteiligteneigenschaft erfordert nach §
8 Abs. 1 Nr. 1 WVG ferner , dass die in § 4 aufgeführten Personengruppen „aus der Durchführung der Verbandsaufgabe einen Vorteil haben oder
zu erwarten haben“ (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 WVG), wobei als Vorteil auch die Möglichkeit ausreicht, Maßnahmen des Verbands zweckmäßig oder
wirtschaftlich zu nutzen (§ 8 Abs. 2 WVG). Die Mitgliedschaft in einem Wasser- und Bodenverband besteht mithin aus einer objektiv-dinglichen
Komponente (Eigentum an Verbandsgrundstücken, § 4 WVG) sowie einem subjektiv-personenbezogenen Element (Vorteil, § 8 WVG). Insoweit
wird das System der 1. Wasserverbandsverordnung fortgeführt (vgl. dort zur Gruppe der dinglichen Mitglieder § 3 Nr. 1 WVVO einerseits und §
153 Abs. 1 a) und Abs. 2 WVVO andererseits, sowie dazu Rapsch, Kommentar zur WVVO, 1989, § 3 Rn.14, und Kasten, ZfW 1985, 152, 161). Ihm
entnimmt der Senat, dass das Grundstückseigentum unverzichtbares Substrat der Mitgliedschaft ist, während Mitgliedschaft und Vorteil
auseinanderfallen können. Diese Differenzierung zwischen der dinglichen und der personalen Komponente für den Bestand der
Verbandsmitgliedschaft bringt auch § 24 WVG klar zum Ausdruck. Danach bleiben Verbandsmitglieder, deren Vorteil aus der Durchführung der
Verbandsaufgabe (subjektives Mitgliedschaftselement) entfällt, noch Mitglieder und können „nur“ die Aufhebung der Mitgliedschaft verlangen (§
24 Abs. 1 Satz 1 WVG). Einen entsprechenden Aufhebungsanspruch bei Wegfall des Eigentums als wichtigster objektiver dinglicher
Mitgliedschaftsvoraussetzung sieht § 24 Abs. 1 WVG hingegen nicht vor. Der Gesetzgeber hielt dies ersichtlich für entbehrlich, weil er in solchen
Fällen von der automatischen Mitgliedschaftsbeendigung ausging.
22 2. Für den konstitutiven Zusammenhang zwischen Grundeigentum und Verbandsmitgliedschaft spricht auch § 22 WVG. Danach werden auch die
(gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen) Rechtsnachfolger von dinglichen Mitgliedern automatisch Verbandsmitglieder, ohne dass es eines
förmlichen Begründungsakts bedarf (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 CN 2.02 -, ZfW 2005, 224 ff.); gleichzeitig scheiden die
Rechtsvorgänger automatisch aus dem Verband aus, ihre Mitgliedschaft erlischt. Ein automatischer Mitgliedschaftswechsel findet damit beim
unmittelbaren Eigentumswechsel (etwa infolge eines Kaufs, einer Schenkung oder bei Eintritt des Erbfalls) statt. Automatische
Verbandsmitglieder werden zudem im Fall der Dereliktion der Fiskus durch Aneignung oder - nach dessen Verzicht - sonstige Personen, die sich
ein im Verbandsgebiet liegendes herrenloses Grundstück erst nach einer eigentumslosen Zwischenphase aneignen. Eigentum und
Verbandsmitgliedschaft sind, was auch der Beklagte nicht bestreitet, in diesen Fällen untrennbar - positiv wie negativ - miteinander verknüpft.
Dieses Prinzip lässt gesetzessystematisch keine Ausnehmen zu. Nach Auffassung des Senats gilt es uneingeschränkt für alle Konstellationen
des Eigentumsverlusts eines dinglichen Verbandsmitglieds. Die Mitgliedschaft des Alteigentümers im Verband endet stets mit der Beendigung
des Eigentums, ungeachtet, ob der Eigentumsverlust kraft Gesetzes, durch Rechtsgeschäft oder durch einseitigen Verzicht eintritt. Die
Realmitgliedschaft als Grundstückseigentümer ist, worauf die amtliche Begründung zu § 4 WVG zutreffend hinweist, „durch das Eigentum an
einem der beteiligten Grundstücke bedingt“ (vgl. BT-Drs. 11/6764, S. 24). Die - auflösende - Bedingung tritt unmittelbar mit Verlust des Eigentums
ein, ungeachtet des rechtlichen Beendigungsgrundes. Erforderlich - etwa als weitere Bedingungsvoraussetzung - ist entgegen der Auffassung
des Beklagten kein „zweiaktiger“ Vorgang dergestalt, dass die Mitgliedschaft des Alteigentümers während des Zeitraums der Herrenlosigkeit der
betreffenden Grundstücke bis zum Eintritt eines Rechtsnachfolgers zunächst „eigentumslos“ fortbesteht und dass der Alteigentümer sich auf die
Möglichkeit einer Aufhebung der Mitgliedschaft nach § 24 WVG verweisen lassen muss. Der Verweis auf ein Aufhebungsverfahren in solchen
Fällen würde zu untragbaren, vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollten Ergebnissen führen. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 WVG kann die
Aufhebung der Mitgliedschaft nämlich nicht verlangt werden, wenn der bisherige Vorteil aus Leistungen des Verbandes „durch eigene
Maßnahmen“ beseitigt worden ist. Damit könnte ein Alteigentümer so gut wie nie aus dem Verband ausscheiden, sondern wäre - abgesehen
allenfalls von „extremen Ausnahmefällen“ (vgl. dazu VG Lüneburg, Gerichtsbescheid vom 15.05.2007 - 3 A 354/06 - Juris) - dauerhaft an diesen
gebunden. Denn einen „unfreiwilligen“ Verlust des Grundeigentums gibt es - vom sehr seltenen Fall einer 30-jährigen Ersitzung nach § 927 BGB
einmal abgesehen - nicht. Sowohl der Eigentumsverlust durch - zweiseitiges - Rechtsgeschäft wie durch - einseitigen - Verzicht erfordert eine
gewillkürte Willenserklärung des Alteigentümers und beruht daher in beiden Fällen auf einer eigenen Maßnahme.
23 3. a) Zu einer anderen als der dargelegten Auslegung der §§ 22 und 24 WVG im Sinne eines zwingenden Bedingungszusammenhangs
zwischen Realmitgliedschaft und Grundstückseigentum sieht der Senat sich nicht in der Lage. Hätte der Gesetzgeber auch „eigentumslose“
Verbandsmitglieder vorsehen oder - alternativ - auch ausgeschiedenen Alteigentümern noch „nachwirkende“ (Beitrags-)pflichten auferlegen
wollen, hätte er dafür jeweils ausdrückliche Regelungen treffen müssen, was aber nicht geschehen ist (zu einer solchen Regelung vgl. § 4 Abs. 3
Satz 4 BBodSchG: Sanierungspflicht für Altlasten auch nach Eigentumsaufgabe; zur Ausnahme vom Grundsatz der Risikobegrenzung für
nachträgliche Gefahren nach Eigentumsverlust vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03.03.2010 - 5 B 66/10 -, NJW 2010, 239 f.). Der Senat verkennt
dabei nicht, dass am Zusammenhalt und Fortbestand von Wasser- und Bodenverbänden ein gewichtiges Allgemeininteresse besteht (§ 1 WVG),
wenn und solange sie Aufgaben nach § 2 WVG erfüllen, und dass deswegen nach ständiger Rechtsprechung auch Pflichtmitgliedschaften
verfassungsrechtlich zulässig, weil verhältnismäßig sind (vgl. dazu grundlegend bereits BVerfG, Beschluss vom 29.07.1959 - 1 BvR 394/58 -,
BVerfGE 10, 89 ff.). Der Senat stellt auch nicht in Frage, dass der beklagte Beregnungsverband seinerseits dem öffentlichen Interesse - der
verbesserten Nutzung landwirtschaftlicher Weinbauflächen (vgl. § 2 Nrn. 7 und 8 WVG) - dient, einem Zweck, der zwar auch den privaten
wirtschaftlichen Belangen der Weinbauern zu Gute kommt, sich darin aber nicht erschöpft. Auch dies rechtfertigt es aber nicht, Realmitglieder de
lege ferenda auch nach Wegfall ihres Eigentums an einer „eigentumslosen“ Mitgliedschaft festzuhalten. Es obliegt dem Gesetzgeber, den Fall
der einseitigen Eigentumsaufgabe durch Dereliktion zu regeln, falls er hierfür ein Bedürfnis sieht.
24 b) Auch ohne eine solche ergänzende gesetzliche Regelung vermag der Senat bislang jedenfalls keine gravierenden, mit dem Solidarprinzip
schlechthin unvereinbaren Auswirkungen zu erkennen. Denn zum Einen sind Sachverhalte, in denen Eigentümer landwirtschaftlicher
Grundstücke in einem Wasser- und Bodenverband - über die Aufgabe der vorteilsbegründenden Nutzung (hier; Aufgabe des Weinbaus) hinaus -
freiwillig und ohne Gegenleistung auch auf das Eigentum verzichten, bisher wohl noch sehr selten. Auch die Vertreter des Beklagten und der
Aufsichtsbehörde haben konkrete Beispiele für ihre gegenteilige Auffassung nicht substantiiert darlegen können. Bezeichnenderweise hat sich
die Rechtsprechung mit den Folgen einseitiger Grundstücksdereliktionen im Wasser- und Bodenverbandsrecht bisher auch kaum befasst,
sondern diese Fragen im Wesentlichen nur in Fällen bodenrechtlicher „Altlasten“ erörtert. Zum Anderen muss die Eigentumsaufgabe, um das
Ende der Mitgliedschaft im Verband auszulösen, aber auch rechtswirksam sein, wobei besonders gemeinschaftschädliches Verhalten am
Korrektiv insbesondere der §§ 134 und 138 BGB scheitern wird (dazu auch noch nachfolgend). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die
Verbandsbeiträge der dinglichen Verbandsmitglieder nach § 29 WVG auch nach der Eigentumsaufgabe weiterhin als öffentliche Last auf den
Grundstücken liegen und daher von nachfolgenden Eigentümern, die sich die Grundstücke aneignen, übernommen werden müssen. Dass
spätere Übernahmen herrenlos gewordener landwirtschaftlicher Grundstücke in der Praxis durchaus vorkommen, belegt auch das vom Senat
durch Vergleich vom 02.02.2011 beendete Verfahren 3 S 959/09. Schließlich ist der Verband auch nach dem Ausscheiden der Alteigentümer
weiterhin berechtigt, deren herrenlos gewordene Grundstücke nach Maßgabe des § 33 WVG zu betreten und zu benutzen, soweit dies für die
Durchführung der Verbandsaufgaben (hier etwa: zur Instandhaltung und Wartung der auf den Grundstücken verlegten Beregnungsrohrleitungen)
erforderlich ist. Der Umstand, dass die Beiträge der ausscheidenden Alteigentümer von den verbleibenden Verbandsmitgliedern - abzüglich
etwaiger ausscheidungsbedingter Kosteneinsparungen - übernommen werden müssen und der Verband bei „massenhafter“ Eigentumsaufgabe
in Existenznöte geraten könnte, mag eine gesetzliche Neuregelung über nachwirkende Beitragspflichten ausgeschiedener Realmitglieder
rechtfertigen; mit geltendem Recht lässt sich eine etwaige Lücke aber nicht schließen.
25 c) Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch das geltende Recht die im Verband verbleibenden Mitglieder keineswegs schlechthin gegen
Beitragserhöhungen infolge Ausscheidens einzelner Mitglieder schützt. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 WVG haben Verbandsmitglieder, deren Vorteil
ohne eigene Maßnahmen entfallen ist, einen Anspruch auf Aufhebung der Mitgliedschaft solange, als dadurch keine erheblichen Nachteile für
das öffentliche Interesse, den Verband oder dessen Gläubiger zu besorgen sind, wobei solche Nachteile insbesondere in den Fällen des § 8
Abs. 1 Nr. 2 oder 3 WVG anzunehmen sind, also dann, wenn von den Grundstücken der Ausscheidenden erhebliche nachteilige Einwirkungen
auf das Verbandsunternehmen ausgehen oder die Ausscheidenden erhebliche Maßnahmen des Verbands zu dulden haben. Der Senat
bemerkt, dass nach diesen Maßstäben die Klägerin - die Anwendung des Regimes nach § 24 WVG unterstellt - wohl jedenfalls ihre Entlassung
aus der Mitgliedschaft nach § 24 Abs. 1 Satz 1 WVG verlangen könnte. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 2 zweite Alternative WVG
wären nach derzeitiger Sachlage noch nicht erfüllt, da die Nachteile für den Weiterbestand des beklagten Beregnungsverbandes allein durch
das Ausscheiden der Klägerin und ihrer Grundstücke wohl noch nicht erheblich wären. In technischer Hinsicht würden sich nennenswerte
Bewirtschaftungs- oder Versorgungnachteile für die übrigen Verbandsgrundstücke nicht ergeben, da die vier Grundstücke am westlichen Rand
des südlichen Verbandsgebiets liegen und deren Bewässerung durch einfachen Verschluss der Rohrleitungen und ohne Beeinträchtigung der
übrigen Grundstücke beendet werden kann. Auch in finanzieller Hinsicht dürften noch keine als erheblich einzustufenden - weil den
Verbandsbestand erheblich gefährdenden - Beitragsmehrbelastungen auf die verbleibenden Verbandsmitglieder zukommen. Der Anteil der
derelinquierten Grundstücke der Klägerin beträgt nur 6,9 % des gesamten Verbandsgebiets. Allenfalls um diesen Prozentsatz - gemindert um
etwaige Einsparungen - würde sich die Belastung der übrigen Mitglieder erhöhen. Dass der Verband deswegen in eine erhebliche
Existenzgefährdung geriete, wird selbst von dem Beklagten nicht behauptet. Er hat bislang auch nicht substantiiert belegen können, dass ein
Ausscheiden der Klägerin eine starke „Sogwirkung“ für andere zur Eigentumsaufgabe bereite Verbandsmitglieder ausüben könnte, ganz
abgesehen von der Frage, ob derartige Folgewirkungen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 WVG überhaupt berücksichtigt werden dürften. In diesem
Zusammenhang ist zudem auf § 24 Abs. 3 WVG hinzuweisen, wonach die Aufsichtsbehörde Verpflichtungen des ausscheidenden
Verbandsmitglieds festsetzen kann, um unbillige Folgen der Aufhebung der Mitgliedschaft zu vermeiden.
26 4. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Eigentumsdereliktion hat der Senat nicht. Die Dereliktion war weder nach § 134 BGB noch nach § 138
BGB nichtig.
27 a) Die Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zur Unzulässigkeit des Verzichts auf Miteigentumsanteile nach § 741 BGB und auf das
Wohnungs- und Teileigentum nach dem WEG nach § 134 BGB in Verbindung mit den einschlägigen Rechtsvorschriften (vgl. dazu Beschlüsse
vom 10.05.2007 - V ZB 6/07 -, BGHZ 172, 209 ff., und vom 14.06.2007 - V ZB 18/07 -, BGHZ 172, 338 ff.) sind mangels Vergleichbarkeit der
rechtlichen Ausgangslagen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zunächst gibt das Argument des BGH, die Annahme eines Verzichts auf
einen Miteigentumsanteil bzw. auf das - als besonderes Miteigentum am Grundstück und an den Gebäuden ausgestaltete - Wohnungseigentum
stoße schon begrifflich auf Schwierigkeiten, da ein Grundstück als solches nur bei Aufgabe aller Anteile herrenlos werden könne und die
Annahme eines ideellen herrenlosen Miteigentumsanteils problematisch sei, für den vorliegenden Fall nichts her. Denn die Klägerin hat kein
Miteigentum, sondern das Alleineigentum an ihren Grundstücken aufgegeben. Auch die weitere Argumentation des BGH, dass sich das
Miteigentum nicht in der sachenrechtlichen Beziehung erschöpfe, sondern zugleich die schuldrechtliche Beteiligung an einer wechselseitige
Rechte und Pflichten begründenden Miteigentümer- bzw. Wohnungseigentümergemeinschaft zum Inhalt habe, auf die nicht einseitig verzichtet
werden könne, ist nicht übertragbar. Diese Rechtsprechung bezieht sich auf die spezifische Rechtslage im BGB und WEG, die der einseitigen
Aufgabe von Eigentumsanteilen und zum Schutz der übrigen Miteigentümer mit Blick auf das Eigentum als Ganzes entgegensteht. Der BGH stellt
maßgeblich darauf ab, dass mit dem Erlöschen auch nur eines Miteigentums- oder Wohnungseigentumsanteils die jeweilige
Eigentümergemeinschaft, die immer nur „als Ganzes“ bestehen kann, zusammenbräche und kraft Gesetzes erlöschen würde, was im
Widerspruch zu den jeweiligen Beendigungsvorschriften stünde ( Beschlüsse vom 10.05.2007 und vom 14.06.2007, a.a.O.). Im Fall der Klägerin
wird aber kein derart gebundener Eigentumsanteil aufgegeben, sondern es wird auf das von internen Verfügungsbeschränkungen freie
Alleineigentum verzichtet. Diesen Unterschied stellt der BGH im Beschluss vom 10.05.2007 - V ZB 6/07 - selbst deutlich heraus, indem er
zusammenfassend darauf hinweist, dass zwar der Verzicht einzelner Miteigentümer auf ihre Miteigentumsanteile nicht anzuerkennen, der
gleichzeitige Verzicht sämtlicher Miteigentümer auf ihre Anteile hingegen nach § 928 BGB ohne weiteres zulässig sei.
28 b) Der Verzicht der Klägerin auf das Eigentum an den vier Grundstücken war auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Von einer
sittenwidrigen und damit nichtigen Dereliktion kann grundsätzlich nur ausgegangen werden, wenn ihr die ausschließliche oder primäre Absicht
zugrunde liegt, Dritte - darunter auch die öffentliche Hand - zu schädigen bzw. sich ihr Zweck in der Abwälzung der Grundstückslasten auf Dritte
oder die Allgemeinheit erschöpft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.2003 - 7 B 141.02 -, Juris; zum Meinungsstand vgl. auch VGH Bad.- Württ.,
Beschluss vom 02.06.1997 - 8 S 577/97 -, VBlBW 1998, 19 f.). Dass sich ein Eigentümer durch die Eigentumsaufgabe auch künftiger öffentlich
rechtlicher Verpflichtungen entledigen will, reicht nicht aus (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 08.05.2006 - W 5 S 06.250 -, Juris, m.w.N.; weitere
Nachweise bei Palandt, BGB, 60. Aufl. § 928 Rn. 1). Gemessen daran handelte die Klägerin mit der Dereliktion ihrer Grundstücke nicht
sittenwidrig. Eine gezielte - ausschließliche oder auch nur primäre - Absicht, den Verband und die verbleibenden Mitglieder zu schädigen, kann
ihr nicht unterstellt werden. Denn neben dem - unstreitigen - Motiv, künftig von Verbandsbeiträgen freigestellt zu sein, beruhte der
Eigentumsverzicht auch auf anderen, rechtlich nicht verwerflichen Gründen, nämlich dem Wunsch, die Genossenschaft viele Jahre nach Aufgabe
ihres Zwecks (Weinbau) rechtlich auflösen (liquidieren) zu können. Nach dem unbestrittenen Vortrag ihrer Vertreter in der mündlichen
Verhandlung hat sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auch seit Jahren vergebens bemüht, die Grundstücke auf einen Dritten zu
übertragen und ein Vorstandsmitglied habe dem Beklagten sogar den Tausch von Flächen angeboten.
II.
29 Bis zum Ausscheiden aus dem Verband des Beklagten mit Wirkung vom 27.02.2008 war die Klägerin noch nach § 21 Abs. 1 WVS i.V.m. § 28
Abs. 1 WVG beitragspflichtig. § 28 Abs. 4 WVG, wonach die Beitragspflicht nur insoweit besteht, als die Verbandsmitglieder (u.a.) einen Vorteil
haben, steht dem nicht entgegen.
30 1. Das Wasserverbandsgesetz geht, aufbauend auf den Regelungen in der vorangegangenen Ersten Wasserverbandsverordnung (WVO), von
verschiedenen funktionalen Vorteilsbegriffen aus.
31 a) Die strengsten Anforderungen gelten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 WVG für das Errichtungsverfahren, wonach als Verbandsmitglied nur in Betracht
kommt, wer aus der Durchführung der Verbandsaufgabe einen Vorteil hat oder zu erwarten hat; als Vorteil in diesem Sinne reicht nach § 8 Abs. 2
WVG auch die Möglichkeit aus, derart vorteilbringende Maßnahmen des Verbands zweckmäßig oder wirtschaftlich zu nutzen. Qualitativ wird - im
Wesentlichen identisch mit den Anforderungen in § 153 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 WVVO - das Vorliegen bzw. die Möglichkeit eines - auch nach
Abzug der Verbandslasten verbleibenden - konkret-individuellen wirtschaftlichen Nutzens verlangt, des sog. Nettovorteils (vgl. Rapsch,
Wasserverbandsrecht, 1992, S. 44, Rnrn. 83 u. 84; ders., Komm. zur WVVO, 1989, § 153 Rn. 14; ebenso Löwer, Wasserverbandsrecht, in:
Achterberg u.a., Besonderes Verwaltungsrecht, Band 1, 2. Aufl. 2000, S. 1021, Rn. 71). Die strengen Anforderungen sind geboten, weil mit
Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes gegebenenfalls Zwangsverpflichtungen in nicht unerheblichem Ausmaß auf die Mitglieder
zukommen. Korrespondierend zur Begründung der Mitgliedschaft nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 WVG kann ein Mitglied bei dauerhaftem Wegfall des dort
umschriebenen (Netto)Vorteils die Aufhebung seiner Mitgliedschaft nach Maßgabe des § 24 WVG verlangen.
32 b) Für die eigentliche Beitragsbemessung, den Beitragsmaßstab, gilt nach § 30 WVG - wie früher nach § 81 WVVO - ein großzügigerer
Vorteilsbegriff. Hierfür reicht das Vorliegen eines pauschalierten sog. Rohvorteils sowie die Möglichkeit aus, die Maßnahmen des Verbands im
Sinne eines solchen Rohvorteils zweckmäßig und wirtschaftlich zu nutzen.
33 c) § 28 Abs. 1 WVG wiederum regelt die Beitragspflicht in ihrer Eigenschaft als eine unmittelbar aus dem Mitgliedschaftsverhältnis resultierenden
Verbandslast. Anknüpfungspunkt ist hier nicht die Tatsache des Vorteilziehens im Sinne des persönlichen Gebrauchmachens von der
Verbandstätigkeit; vielmehr verlangt die Vorschrift nur, dass der Verband seinen - generellen - Aufgabenbereich weiterhin erfüllt (so zutreffend
Rapsch, Wasserverbandsrecht, a.a.O., S. 143, Rn. 281). Auf das Vorliegen und den Fortbestand eines subjektiv-individuellen Vorteils kommt es
dabei nicht an. Mit diesem Verständnis ist auch § 28 Abs. 4 WVG auszulegen, wonach die Beitragspflicht nach Abs.1 nur „insoweit“ besteht, „als
die Verbandsmitglieder ... einen Vorteil haben oder der Verband für sie ihnen obliegende Leistungen erbringt...“. Die Verbandsmitglieder „haben
einen Vorteil“ nach § 28 Abs. 4 WVG demnach immer dann, wenn und solange der Verband seine satzungsgemäßen Aufgaben - generell -
wahrnimmt. Dies schließt es aus, dass Mitglieder für die Kosten von außerhalb des Satzungszwecks liegenden Verbandstätigkeiten, wie etwa
naturschutzrechtlichen Auftragsangelegenheiten herangezogen werden können (so ausdrücklich die amtl. Begründung zu § 28 Abs. 4 in BT-Drs.
11/6764, S. 28). Mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts muss nur ein genereller „Kausalzusammenhang zwischen der Verbandstätigkeit
und einer Besserstellung der Verbandsmitglieder“ bestehen, lediglich eine Heranziehung zu Beiträgen für Leistungen, die „nicht nur Mitglieder,
sondern auch Dritte betreffen“, scheidet aus (BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 - 10 C 1.05 -, NVwZ 2006, 341 ff.). Besteht die weit auszulegende
Beitragspflicht nach § 28 Abs. 1 und 4 WVG fort, kann sich ein Mitglied, dessen konkret-individueller Vorteil entfallen ist, der Beitragspflicht nur
dadurch entledigen, dass es sich nach § 24 WVG um Aufhebung der Mitgliedschaft bemüht (so auch Rapsch, a.a.O.). Aus der
Ausnahmevorschrift des § 28 Abs. 5 WVG, wonach die Beitragspflicht in bestimmten - abschließend - aufgeführten Sonderfällen mit Wegfall eines
konkreten Vorteils endet, folgt nichts Gegenteiliges; sie bestätigt vielmehr die Regel des § 28 Abs. 4 WVG.
34 d) Dem Verwaltungsgericht kann nach all dem in seiner Auffassung, die Vorteilsbegriffe in § 28 Abs. 4 und § 24 WVG seien identisch, nicht
gefolgt werden. Nicht gefolgt werden kann ferner der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass es für einen Vorteil nach § 28 Abs. 4 WVG nicht
ausreiche, wenn nur die Möglichkeit seiner Inanspruchnahme bestehe. Denn § 28 Abs. 4 WVG verlangt, wie dargelegt, weder das Vorliegen
noch auch nur die Möglichkeit eines konkreten Vorteils. Im Übrigen überzeugt auch der vom Verwaltungsgericht herangezogene Vergleich
zwischen dem Wortlaut des früheren § 81 Satz 2 WVVO und § 28 Abs. 4 WVG nicht. Denn zum Einen korrespondiert § 81 Satz 2 WVVO
systematisch nicht mit § 28 Abs. 4 WVG, sondern mit § 30 Abs. 1 WVG und zum Anderen findet sich die Formulierung des § 81 Satz 2 WVVO
(Möglichkeit der Vorteilserlangung reicht aus) nahezu identisch und „vor die Klammer gezogen“ auch im geltenden Recht, nämlich in § 8 Abs. 2
WVG, wieder (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 01.12.2005, a.a.O.).
35 2. Auf Grundlage der vorstehender Ausführungen ist vorliegend die an die Mitgliedschaft geknüpfte Beitragspflicht der Klägerin nach § 28 Abs. 4
WVG nicht entfallen. Der beklagte Verband hat bis zum Ende der Mitgliedschaft der Klägerin am 27.02.2008 seine Verbandsaufgabe -
Beregnung der Verbandsgrundstücke - generell wahrgenommen und nimmt sie bis heute wahr. Darauf, dass die Klägerin, wie in der mündlichen
Verhandlung klargestellt wurde, 1993 den Weinbau auf den vier Grundstücken eingestellt, die Grundstücke anschließend gegen Prämie gerodet
und hierdurch möglicherweise auf Pflanzrechte verzichtet hat, kommt es - mangels des Erfordernisses eines fortbestehenden konkreten Vorteils
oder auch nur der Möglichkeit hierzu - nicht an. Im Übrigen ist die nach § 8 Abs. 2 WVG ausreichende Möglichkeit, die Maßnahmen des
Verbandes - Beregnung der Grundstücke - durch deren Wiederbestockung mit Weinstöcken „zweckmäßig auszunutzen“ auch nach der Rodung
und selbst bei Verzicht auf Pflanzrechte für die Klägerin jedenfalls nicht endgültig weggefallen, denn Pflanzrechte konnten neu erworben werden.
Selbst wenn man einen Vorteilswegfall aber annehmen wollte, wäre dieser jedenfalls durch eigene Maßnahmen der Klägerin - Aufgabe des
Einbaus, Rodung und/oder Verzicht auf Pflanzrechte - erfolgt, sodass die Klägerin sich von ihrer Beitragspflicht nach § 28 Abs. 1 WVG auch nicht
durch Aufhebung ihrer Mitgliedschaft nach § 24 Abs. 1 Satz 2 WVG hätte befreien können.
D.
36 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 VwGO. Maßgebend für die Kostenteilung ist der Ausgang der Anfechtungsklage, ein
selbstständiges wirtschaftliches Interesse der Klägerin an dem im Anfechtungsurteil mit entschiedenen Feststellungsbegehren besteht nicht.
E.
37 Die Revision war nach § 132 Abs. 2 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der - hier entscheidungserheblichen - Frage zuzulassen, ob die
Mitgliedschaft in einem Wasser- und Bodenverband mit Aufgabe des Eigentums nach § 928 Abs. 1 BGB endet.
38
Beschluss vom 02.02.2011
39 Der Streitwert für das Berufungsverfahren wir gemäß §§ 47 Abs. 1 52 Abs. 3 GKG auf 895,95 EUR festgesetzt.
40 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.