Urteil des OLG Zweibrücken vom 29.09.2000
OLG Zweibrücken: vollstreckbares urteil, ablauf des verfahrens, rechtskraft, ordentliches verfahren, einstweilige verfügung, vollstreckung, vollstreckbarkeit, rechtskräftiges urteil, unterhalt
OLG
Zweibrücken
29.09.2000
2 UF 113/00
Aktenzeichen:
2 UF 113/00
5d F 128/00
Amtsgericht - Familiengericht -
Ludwigshafen am Rhein
Verkündet am: 29. September 2000
Sander,
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In der Familiensache
T...
M...,
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D..., ...,
gegen
H...
B…-M...,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H..., ...,
wegen Trennungsunterhalt
hier:
hat der 2. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Giersch und die Richter am Oberlandesgericht
Burger und Geisert
auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2000
beschlossen:
1. Der Antrag des Beklagten vom 4. Juli 2000, den Beschluss (Einstweilige Anordnung) des Amtsgerichts
- Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 26. Mai 2000 aufzuheben, wird zurückgewiesen.
2. Der Streitwert für das einstweilige Anordnungsverfahren wird auf 10980 DM festgesetzt.
Gründe:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Trennungsunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht - Familiengericht
- Ludwigshafen am Rhein hat den Beklagten am 26. Mai 2000 unter Klageabweisung im Übrigen
verurteilt, ab Mai 2000 einen laufenden Unterhalt von monatlich 2000 DM sowie Rückstände für die
vorangegangene Zeit zu bezahlen. Durch einstweilige Anordnung vom selben Tag hat das
Familiengericht den Beklagten - entsprechend dem insoweit eingeschränkten Antrag der Klägerin - zur
Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 1830 DM ab Mai 2000 verpflichtet, falls nicht die
Vollstreckung aufgrund des o.a. Urteils erfolge.
Der Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und den Antrag angekündigt, die Klage insgesamt
abzuweisen. Er beantragt zudem die Aufhebung der einstweiligen Anordnung, weil ausweislich der von
ihm abgegebenen Berufungsbegründung Unterhalt nicht geschuldet sei. Der Beklagte hat von der ihm
eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 37 TDM abzuwenden; die Klägerin ist nach eigenen Angaben nicht in der Lage, eine Sicherheit
in dieser Höhe aufzubringen.
Der Aufhebungsantrag ist statthaft (§§ 644, 620b ZPO); nach Einlegung der Berufung ist der Senat
insoweit zur Entscheidung zuständig (§§ 620b Abs. 3, 620a Abs. 4 ZPO). Der Antrag führt aber nicht zu
dem erstrebten Erfolg, sondern geht ins Leere, weil die vom Familiengericht erlassene einstweilige
Anordnung wegen des gleichzeitig verkündeten Urteils gemäß § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO unmittelbar
wirkungslos geworden bzw. überhaupt nicht in Kraft getreten ist; dass das Urteil nach Einlegung der
Berufung weiterhin nur vorläufig vollstreckbar ist und der Beklagte diese Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung abwenden kann, steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen. Für die
Feststellung der eingetretenen Wirkungslosigkeit ist nicht der Senat zuständig, sondern das Amtsgericht
als dasjenige Gericht, das die Anordnung erlassen hat (§ 620f Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO).
Gemäß § 620f Abs. 1 Satz 1 ZPO tritt die einstweilige Anordnung beim Wirksamwerden einer
anderweitigen Regelung außer Kraft. Wann in Unterhaltssachen ergehende Urteile in diesem Sinne
wirksam werden, ist in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung seit langem umstritten:
a) Zum Teil wird angenommen, dass ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil in der Hauptsache auch dann
eine wirksame anderweitige Regelung darstellt, wenn die Vollstreckung - wie es hier der Fall ist - von
einer Sicherheitsleistung abhängt oder durch Sicherheitsleistung abgewendet werden kann (so OLG
Hamm, 6. FamS FamRZ 1984, 718 und 11. FamS FamRZ 1999, 29; Dörr, FamRZ 1988, 557).
b) Nach anderer Auffassung kann ein noch nicht rechtskräftiges Urteil nur dann eine wirksame
anderweitige Regelung in diesem Sinne darstellen, wenn die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne
Einschränkungen angeordnet wird, also weder eine Sicherheitsleistung gefordert noch eine
Abwendungsbefugnis eingeräumt ist (so OLG Hamm - 2. FamS - FamRZ 1980, 708; OLG Frankfurt am
Main FamRZ 1982, 410; Baumbach, ZPO 58. Aufl. § 620f Rn. 4; Johannsen/Henrich, Eherecht 3. Aufl. §
620f Rn. 7; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts 3. Aufl. Rn. I, 973).
c) Nach einer weiteren, vermittelnden Ansicht soll die einstweilige Anordnung durch ein nur bedingt
vorläufig vollstreckbares Urteil außer Kraft gesetzt werden, soweit es einen geringeren Unterhalt als die
einstweilige Anordnung oder keinen Unterhalt zuerkennt; wird dagegen ein gleich hoher oder höherer
Unterhalt zugesprochen, wird die Anordnung nur dann wirkungslos, wenn das Urteil uneingeschränkt -
ohne Sicherheitsleistung oder Abwendungsbefugnis - vorläufig vollstreckbar ist (OLG Karlsruhe FamRZ
1982, 1221; OLG Hamburg FamRZ 1984, 719; OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 745; Luthin FamRZ 1996,
1059).
d) Eine weitere Auffassung schließlich lässt die einstweilige Anordnung erst mit Rechtskraft des eine
anderweitige Regelung enthaltenden Urteils außer Kraft treten (so Zöller, ZPO 21. Aufl. § 620f Rn. 22;
Musielak, ZPO § 620f Rn. 11; MK-ZPO 2. Aufl. § 620f Rn. 16f.; Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 620f Rn. 2a).
Der Bundesgerichtshof hat bereits früher entschieden, dass bei Feststellungsurteilen ebenso wie bei
Urteilen, die einen Leistungsantrag abweisen, die vorläufige Vollstreckbarkeit für die Wirksamkeit als
anderweitige Regelung im Sinne des § 620f ZPO nicht ausreichen könne, weil insoweit kein zur
Vollstreckung geeigneter Leistungsbefehl ergehe (FamRZ 1991, 180, 182). In einem kürzlich ergangenen
Urteil (FamRZ 2000, 750, 752) hat der BGH schließlich auch für Leistungsurteile den Eintritt der
Rechtskraft als Wirksamkeitsvoraussetzung gefordert. Dies sei im Interesse der einheitlichen Handhabung
und der Rechtssicherheit geboten. Der § 620f ZPO verfolge den gesetzgeberischen Zweck, durch
Fortgeltung der einstweiligen Anordnungen auch nach Rechtskraft der Scheidung einen regellosen
Zustand für den schutzbedürftigen Unterhaltsgläubiger zu vermeiden. Dies werde unterlaufen, wenn
bereits ein vorläufig vollstreckbares Urteil die einstweilige Anordnung außer Kraft setzen könne. Die
vorläufige Vollstreckbarkeit könne nämlich in der Rechtsmittelinstanz bereits nach §§ 707, 719 und 718
ZPO beseitigt werden. Zudem gehe dem Unterhaltsgläubiger das Urteil als Vollstreckungsgrundlage
verloren, wenn das Rechtsmittelgericht aufhebe und zurückverweise. Nach Rechtskraft der Scheidung
könne dann keine neue einstweilige Anordnung erwirkt werden, so dass dem Unterhaltsberechtigten
lediglich die nur auf Notunterhalt gerichtete einstweilige Verfügung verbleibe; auch seien Rangnachteile
zu befürchten. Der BGH verweist schließlich auf die Regelung des § 641e ZPO, wonach in
Kindschaftssachen die einstweilige Anordnung durch einen anderen Schuldtitel über den Unterhalt nur
dann außer Kraft gesetzt wird, wenn dieser nicht nur vorläufig vollstreckbar ist. Soweit davon abweichend
in § 620f ZPO der Begriff der Wirksamkeit verwendet werde, beruhe dies darauf, dass die Vorschrift auch
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit betreffe, bei denen es insoweit allein auf die
Bekanntgabe an die Beteiligten ankomme (zustimmend zur Entscheidung des BGH Wax LM § 620 ZPO
Nr. 16; Grandke NJ 2000, 317).
Bei der Rezeption dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigt der Senat, dass durch
sie in einer einerseits bisher sehr umstrittenen, andererseits in der Praxis sehr bedeutsamen Frage
Einheitlichkeit und damit Rechtsklarheit geschaffen werden könnte. Trotzdem vermag sich der Senat der
Auffassung des BGH im Ergebnis nicht anzuschließen, weil ihr ernstzunehmende und nach der Meinung
des Senats letztlich auch durchgreifende Gründe entgegen stehen.
Nach der rechtlichen Überzeugung des Senats genügt - entsprechend der eingangs unter a) dargestellten
Auffassung - in allen Fällen auch ein nur vorläufig vollstreckbares Unterhaltsurteil, um als anderweitige
wirksame Regelung im Sinne von § 620f Abs. 1 ZPO eine entsprechende Unterhaltsanordnung außer
Kraft zu setzen; es kommt dabei nicht darauf an, ob diese vorläufige Vollstreckbarkeit nur unter
Einschränkungen angeordnet worden ist oder nicht.
Bei der Auslegung des § 620f ZPO ist zu berücksichtigen, dass die einstweilige Anordnung auf einem
summarischen Eilverfahren beruht und damit grundsätzlich im Vergleich zum ordentlichen Klageverfahren
geringere Gewähr bietet, ein streitiges Rechtsverhältnis umfassend und materiell zutreffend zu regeln
(OLG Karlsruhe FamRZ 1982, 1222; OLG Hamm FamRZ 1984, 719). Der einstweiligen Anordnung kann
deshalb nur in dem Umfang der Vorrang vor den Ergebnissen des Erkenntnisverfahrens zukommen, wie
dies nach dem Ablauf des Verfahrens zum Schutz des Unterhaltsgläubigers erforderlich ist; dies gilt nach
Auffassung des Senats auch dann, wenn diese Ergebnisse nur vorläufig, weil noch nicht rechtskräftig sind.
Es sollte dabei nicht einseitig auf die Interessen des Unterhaltsgläubigers abgestellt werden; vielmehr darf
auch der Schutz des Schuldners vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme nicht vernachlässigt werden (in
diesem Sinne auch OLG Karlsruhe FamRZ 1982, 1222; Dörr FamRZ 1988, 558), zumal überzahlter
Unterhalt in aller Regel nicht mit Erfolg zurückgefordert werden kann.
Sobald das Unterhaltsverfahren zu einem vorläufig vollstreckbaren Urteil geführt hat, ist der beschriebene
Interessenkonflikt auch nach Auffassung des Senats durch Anwendung der Vorschriften über die
vorläufige Vollstreckbarkeit zu regeln (ebenso Dörr FamRZ 1988, 558; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 1984,
719). Den berechtigten Interessen des Unterhaltsgläubigers kann dabei durch Anordnungen nach §§ 710,
711 ZPO Geltung verschafft werden. Dabei wird es nach dem Wortlaut des § 710 ZPO sicher nicht möglich
sein, den Rahmen eines angemessenen Unterhaltes zugunsten des Gläubigers in jedem Fall
auszuschöpfen. Auch der Senat ist allerdings der Auffassung, dass dem Gläubiger, anders als etwa im
einstweiligen Verfügungsverfahren, nach Maßgabe von § 710 ZPO mehr zugebilligt werden kann als der
reine Notbedarf, da hier bereits eine Verurteilung des Schuldners in einem ordentlichen
Hauptsacheverfahren zugrunde liegt (ebenso Dörr FamRZ 1988, 558). Dies mag nicht in allen Fällen den
berechtigten Bedürfnissen des Gläubigers in vollem Umfang gerecht werden, kann aber im Interesse einer
allgemein ausgewogenen Lösung hingenommen werden. Dem Gläubiger kann auch zugemutet werden,
den Antrag nach §§ 710 f. ZPO rechtzeitig, d.h. grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung 1. Instanz zu stellen (§ 714 ZPO, vgl. dazu Zöller aaO., Rn. 1).
Für einen solchen Vorrang der Regelungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit sprechen auch
prozessökonomische Gründe. Es kann hierdurch weitgehend vermieden werden, dass zusätzlich zu dem
eigentlichen Hauptsacheverfahren auch das einstweilige Anordnungsverfahren weiter betrieben werden
muss. Ebenso wird - was aus der Sicht des Senats einen sehr wesentlichen Punkt darstellt - durch eine
derartige Beschränkung des Wirkungsbereichs von einstweiligen Anordnungen der Gefahr von
Doppelvollstreckungen entgegen gewirkt; diese Gefahr kann nach Auffassung des Senats auch durch
geeignete Eilmaßnahmen nicht hinreichend ausgeräumt werden, wenn auf der Grundlage der
Rechtsprechung des BGH bis zur Rechtskraft des Unterhaltsurteils zwei Unterhaltstitel nebeneinander
bestehen könnten. Der Familienrichter hat zwar hier der geschilderten Gefahr entgegen gewirkt, indem er
die Unterhaltsanordnung durch den Zusatz „... falls nicht die Vollstreckung aufgrund des Urteils vom
26.5.2000 erfolgt“ beschränkt hat. Diese hier in einem Einzelfall und auf der Grundlage der gleichzeitigen
Verkündung von Urteil und einstweiliger Anordnung getroffene Maßnahme vermag aber nicht die
grundsätzlichen Bedenken des Senats zu zerstreuen.
Nach Auffassung des Senats stehen der gebotenen Beschränkung des Wirkungsbereichs einstweiliger
Anordnungen weder Wortlaut und Entstehungsgeschichte noch gesetzgeberischer Zweck oder
systematischer Zusammenhang des § 620f ZPO entgegen.
Auch ein gegen Sicherheitsleistung oder mit Abwendungsbefugnis vorläufig vollstreckbares Urteil entfaltet
Wirkungen und kann daher als wirksam im Sinne des Wortlautes von § 620f Abs. 1 ZPO angesehen
werden (ebenso OLG Hamm FamRZ 1984, 719; Dörr FamRZ 1988, 558). Dies hat auch der Gesetzgeber
so gesehen: in den Materialien wird ohne Weiteres davon ausgegangen, dass durch die im § 620f ZPO
gebrauchte Formulierung „Wirksamwerden“ die Rechtskraft der anderweitigen Regelung nicht
vorausgesetzt werde (BT-Drucks. 7/605, 202).
Wie aus den Materialien(aaO.) ersichtlich, hat der Gesetzgeber des § 620f ZPO den Zweck verfolgt, zum
Schutz des Unterhaltsgläubigers durch die Fortgeltung der einstweiligen Anordnung einen nach
Rechtskraft der Scheidung drohenden regelungslosen Zustand abzuwenden. Ein solcher regelungsloser
Zustand besteht aber nicht, soweit der Gläubiger aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil der
Hauptsache vollstrecken und dabei bei Erfüllung der Voraussetzungen auch die Möglichkeit hat, durch
den rechtzeitig gestellten Antrag nach §§ 710 f. ZPO eine uneingeschränkte Vollstreckbarkeit zu
erreichen. Auch kann es nicht Sinn des § 620f ZPO sein, nach Verneinung des Unterhaltsanspruches im
Erkenntnisverfahren die weitere Vollstreckung aus einer zuvor auf summarischer Grundlage ergangenen
einstweiligen Anordnung zu ermöglichen. Vielmehr wird allgemein davon ausgegangen, dass in solchen
Fällen regelmäßig die Abänderung der einstweiligen Anordnung nach § 620b ZPO oder die
Einschränkung bzw. Beseitigung ihrer Vollstreckbarkeit entsprechend § 769 oder § 707 ZPO veranlasst ist
(vgl. nur Zöller aaO., § 620f Rn. 22a; Musielak aaO., § 620f Rn. 11 f.; MK-ZPO aaO., § 620f Rn. 17); zum
Teil wird sogar dem Klageabweisungsantrag aus dem Hauptsacheverfahren auch das stillschweigende
Begehren entnommen, die einstweilige Anordnung entsprechend abzuändern (so Stein/Jonas aaO., §
620f Rn. 2a). Dem § 620f ZPO und den Materialien kann letztlich nach Auffassung des Senats auch nicht
die Zielsetzung des Gesetzgebers entnommen werden, dem Unterhaltsgläubiger bis zur Rechtskraft des
Unterhaltsurteils eine Vollstreckung unter Vermeidung des sich aus § 717 Abs. 2 ZPO ergebenden
Schadenersatzrisikos zu ermöglichen (vgl. Dörr FamRZ 1988, 559).
Einen längeren regelungslosen Zustand braucht der Unterhaltsgläubiger auch dann nicht hinzunehmen,
wenn das Rechtsmittelgericht die Sache unter Aufhebung des vorläufig vollstreckbaren Unterhaltsurteils in
die Vorinstanz zurückverweist. Nach dem 1998 neu eingeführten § 644 ZPO kann nunmehr auch nach
Abschluss des Scheidungsverfahrens eine neue einstweilige Anordnung erwirkt werden. Einzuräumen ist
allerdings, dass in solchen Fällen Rangnachteile eintreten können. Dies wird aber durch den
vollstreckungsrechtlichen Vorrang der Unterhaltsansprüche (§§ 850c, 850d ZPO) gemildert.
Durchgreifende Nach- teile werden daher nur in verhältnismäßig wenigen Ausnahmefällen zu erwarten
sein; dies ist nach Auffassung des Senats hinzunehmen, zumal kein überzeugender Grund ersichtlich ist,
vollstreckungsrechtlich einen Unterhaltsgläubiger, der einen Unterhaltstitel im summarischen
Anordnungsverfahren erstritten hat, auf Dauer besser zu stellen als einen Unterhaltsgläubiger, der sich
auf ein ordentliches Verfahren beschränkt.
Kein Argument gegen die vom Senat vertretene Auslegung des § 620f ZPO lässt sich letztlich auch aus
der Parallelvorschrift des § 641e ZPO gewinnen. Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass in
Kindschaftssachen eine einstweilige Anordnung erst dann außer Kraft tritt, wenn der Unterhaltsgläubiger
einen anderen Schuldtitel erwirkt hat, der nicht nur vorläufig vollstreckbar ist. Die abweichende
Formulierung des § 620f Abs. 1 ZPO ist eher geeignet, einen Umkehrschluss als eine Analogie
nahezulegen (Dörr FamRZ 1988, 558). Hätte der Gesetzgeber des § 620f ZPO die damals bereits
bestehende Regelung des § 641e ZPO übernehmen wollen, so hätte dies auch unter Berücksichtigung
der von § 620f ZPO miterfassten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Wortlaut zum
Ausdruck gebracht werden können. Wie bereits ausgeführt, war demgegenüber der im § 620f ZPO
verwendete Begriff der Wirksamkeit gerade nicht dazu bestimmt, in den Angelegenheiten der streitigen
Gerichtsbarkeit die Rechtskraft der anderweitigen Regelung vorauszusetzen (BT-Drucks. 7/650, 202); die
Begründung des Regierungsentwurfs erwähnt im Übrigen den § 641e ZPO - anders als etwa den § 641f
ZPO - nicht. Zudem weist das Verfahren in Kindschaftssachen allgemein wie auch speziell das dort
geltende Verfahren der einstweiligen Anordnung nach §§ 641d ff. ZPO (auch nach Aufhebung von § 641 e
Abs. 2 und 3 ZPO) gegenüber dem Verfahren in sonstigen Unterhaltssachen eine Reihe von
Besonderheiten auf (vgl. im Einzelnen Dörr FamRZ 1988, 558); es erscheint danach fragwürdig, die in
diesem Zusammenhang stehende Regelung des § 641e ZPO für die Auslegung des § 620f ZPO
heranzuziehen (Dörr aaO.)
Die Wertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 2 Satz 1 GKG; über die Kosten des Anordnungsverfahrens ist
erst mit der abschließenden Entscheidung in der Hauptsache zu befinden
(§ 620g ZPO).
Giersch Burger Geisert