Urteil des OLG Zweibrücken vom 02.03.2011

OLG Zweibrücken: rechtliches gehör, jugendamt, wechsel, schule, hauptsache, belastung, quelle, haushalt, bedürfnis, internatsvertrag

OLG
Zweibrücken
02.03.2011
6 WF 222/10
Aktenzeichen:
6 WF 222/10
1 F 238/10
Amtsgericht - Familiengericht -
Zweibrücken
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In der Familiensache
betreffend die Regelung der elterlichen Sorge für
M…-C…
H…,
derzeit wohnhaft bei ihrer Mutter,
an der beteiligt sind:
1. der Vater P…
H…,
Antragsgegner und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte : Rechtsanwälte H… & M…, …, …,
2. die Mutter D…
S…-H…,
Antragstellerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte : Rechtsanwälte K... und Kollegen, …, …,
3. das
Jugendamt der Stadt Z…
zu Zeichen …
4. das
Jugendamt der Kreisverwaltung des …,
zu Aktenzeichen …,
hier: vorläufige Anordnung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht,
hat der 6. Zivilsenat als Familiensenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Vorsitzenden Richter am OberlandesgerichtBurger, die Richterin am
OberlandesgerichtEuskirchen und den Richter am OberlandesgerichtHengesbach
auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 25. Oktober 2010, eingegangen beim Amtsgericht -
Familiengericht - Zweibrücken am 26. Oktober 2010,
gegen den seinen Verfahrensbevollmächtigten am 21. Oktober 2010 zugestellten
Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Zweibrücken vom 13. Oktober 2010
ohne mündliche Verhandlung am 2. März 2011
beschlossen:
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
1.500,00 €
festgesetzt.
IV. Der Antragstellerin wird zur Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren
Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt.
Ihr wird der das Mandat bereits innehabende Rechtsanwalt K…, …, zu den Bedingungen eines im Bezirk
des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.
Gründe:
Das Rechtsmittel der Beschwerde ist statthaft und in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
In der Sache führt es jedoch nicht zum Erfolg.
I.
Auf das am 20. September 2010 eingeleitete Verfahren finden gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG die
Vorschriften des FamFG Anwendung. Danach ist gegen vorläufige Entscheidungen in Familiensachen
gemäß § 57 Satz 2 FamFG die Beschwerde statthaft, wenn die Entscheidung aufgrund mündlicher
Erörterung ergangen ist und eine der in Satz 2 unter Ziffer 1-5 genannten Angelegenheiten zum
Gegenstand hat. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das Familiengericht hat seine Entscheidung
zwar ausweislich des Rubrums "wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung" getroffen. Aus dem
Sitzungsprotokoll des Parallelverfahrens 1 F 229/10 vom 5. Oktober 2010 ergibt sich aber, dass die
Parteien auch die Frage der elterlichen Sorge erörtert haben. Insbesondere wurde die gemeinsame
Tochter zu dieser Frage ergänzend angehört. Da nach der gesetzlichen Neuregelung Zweck der
Erörterung ist, die Sachaufklärung zu fördern, rechtliches Gehör zu gewähren und Gelegenheit zur
gütlichen Einigung zu geben (vgl. etwa Keidel/Giers, FamFG 16. Aufl. § 57,Rdnr. 5; Musielak/Borth,
FamFG § 57,Rdnr. 5), was hier ausweislich des Protokolls in dem Parallelverfahren geschehen ist, hält es
der Senat für entbehrlich, den Antragsgegner zunächst auf die Möglichkeit des § 54 Abs. 2 FamFG zu
verweisen. Es besteht ein enger Sachzusammenhang zwischen den beiden Verfahren und im Übrigen ist
nach den Ausführungen im Beschwerdeverfahren auch nicht anzunehmen, dass eine Bereitschaft zur
gütlichen Einigung besteht. Danach bedarf es keiner (nochmaligen) Erörterung in erster Instanz. In der
Sache streiten die beteiligten Eltern schließlich über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter
und damit über einen Teilbereich der elterlichen Sorge für das Kind, § 57 Satz 2 Nr. 2 FamFG.
II.
Das danach verfahrensrechtlich bedenkenfrei eingelegte Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne
Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts und nimmt dazu auf die Gründe der
angefochtenen Entscheidung Bezug. Demgegenüber zeigt die Beschwerde keine Gesichtspunkte auf, die
eine Änderung rechtfertigen könnten.
Zunächst ist der Erlass einer Eilentscheidung im Hinblick auf die nicht miteinander zu vereinbarenden
Standpunkte zum Lebensmittelpunkt der gemeinsamen Tochter geboten. Es besteht ein dringendes
Bedürfnis zu klären, an welchem Ort M…-C… ihren Wohnsitz hat und welche Schule sie besucht. Davon
geht offenbar auch der Antragsgegner aus. Denn Ziel seiner Beschwerde ist, dass das
Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig auf ihn allein übertragen wird.
Bei der im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gebotenen nur summarischen Prüfung gibt es im
Übrigen keinen Grund, von der durch das Familiengericht - auf Grundlage der in der Erörterung
gewonnenen Erkenntnisse - getroffenen Wertung abzuweichen. Mit Recht hat das Familiengericht
insbesondere den von der Tochter geäußerten Willen und die derzeitigen Verhältnisse berücksichtigt. Sie
befindet sich bereits seit Sommer des vergangenen Jahres in dem neuen Lebensumfeld ihrer Mutter. Das
hat auch zu einem Wechsel der Schule geführt. Eine erneute Änderung des derzeitigen Aufenthalts würde
nach Einschätzung des Senats zu einer weiteren Verunsicherung der Tochter führen, zumal nicht
ausgeschlossen werden kann, dass im Fall eines jetzigen Wechsels nach der in der Hauptsache zu
treffenden Entscheidung ein nochmaliger Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts und damit des Umfeldes
erfolgen müsste. Allein die Tatsache, dass möglicherweise der Internatsvertrag fortbesteht, vermag eine
hieraus resultierende übermäßige Belastung des Kindes durch ständigen Wechsel seines
Lebensmittelpunkts nicht zu rechtfertigen. Auch das nunmehr vom Senat angehörte Jugendamt am
Wohnsitz der Mutter befürwortet einen Verbleib der Tochter in deren Haushalt. Wie das Halbjahreszeugnis
zeigt, ist schließlich ein Leistungsabfall in schulischer Hinsicht nicht zu besorgen.
III.
Nachdem bereits das Familiengericht die Beteiligten angehört hat, bedarf es keiner erneuten Erörterung
im Beschwerdeverfahren. Hiervon sind insbesondere nach Lage der Dinge keine neuen
entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 51 Abs. 4, 84 FamFG. Den Verfahrenswert für die Beschwerde hat
der Senat entsprechend der Festsetzung erster Instanz gemäß §§ 41, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG bestimmt.
Burger
Euskirchen
Hengesbach
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richterin
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht
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