Urteil des OLG Zweibrücken vom 02.07.2010

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OLG
Zweibrücken
02.07.2010
4 U 184/09
verbotene Werbung zu Nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel
Aktenzeichen:
4 U 184/09
HKO 3/09
LG Zweibrücken
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
In dem Rechtsstreit
N... GmbH
Beklagte , Berufungsklägerin und Klägerin , Berufungsbeklagte und
Anschlussberufungsbeklagte Anschlussberufungsklägerin
RAe ..., ..., ..., RAe ..., ..., ...,
wegen Unterlassung unlauteren Wettbewerbs.
I.
Der Senat hält die geschilderten Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung im
Beschlussverfahren für gegeben.
Die Berufung ist ohne Aussicht auf Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist richtig.
Zutreffend hat der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen angenommen, dass der klagende Verband
klagebefugt ist. Er ist nach § 1 Nr. 4 der Unterlassungsklageverordnung vom 3. Juli 2002 (BGBl. I, 2565)
als Wettbewerbsverband im Sinne der Vorschriften des Unterlassungsklagegesetzes anerkannt. Er ist in
einer Vielzahl von Prozessen als Klagebefugt angesehen worden (vgl. z.B. BGH WRP 2008, 1513; 2044,
1074; Senat, Hinweisbeschluss vom 20. Dezember 2007 _ 4 U 104/07 _; 16. März 2010 _ 4 U 146/09 _
jew. m.w.N.).
II.
Die durch das erstinstanzliche Urteil verbotene Werbung verstößt gegen Art. 10 Abs. 1, Abs. 2 a, Art. 5
Abs. 1 a, Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über Nährwert_ und gesundheitsbezogene Angaben
über Lebensmittel (sog. Health_Claims, abgekürzt HCV). Daneben verstößt die Werbung auch gegen § 11
Abs. 1 Nr. 2 LFGB. Beide Vorschriften sind Marktverhaltensregeln (vgl. BGH WRP 2008, 1514 zu den
Bestimmungen des LFGB; Hefermehl/Köh-
ler/Borkamm UWG 27. Aufl. § 4 Rn. 11.136 m.w.N.; Meyer WRP 2008, 596), wobei vorrangig die Regeln
der HCV gelten (Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO; Meyer aaO).
1.
verwendet werden, wenn sie der vorliegenden Verordnung entsprechen. Nach Art. 5 Abs. 1 a HCV ist die
Verwendung gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig, wenn anhand allgemein anerkannter
wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein des Nährstoffs oder der
anderen Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel oder einer Kategorie von
Lebensmitteln eine positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung hat. Nach Art. 10 Abs. 1
sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie den Anforderungen der vorgenannten Vorschrift
nicht entsprechen. Nach Art. 10 Abs. 2 a) muss das Lebensmittel oder die Lebensmittelwerbung auch
einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer
gesunden Lebensweise enthalten. Die Verordnung des europäischen Parlamentes und des Rates vom
20. Dezember 2008 wurde nach Nr. 1 der Erwägungsgründe beschlossen, weil zunehmend Lebensmittel
in der Gemeinschaft mit nährwert_ und gesundheitsbezogenen Angaben gekennzeichnet und mit diesen
Angaben für sie Werbung gemacht wird. Um dem Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten
und ihm die Wahl zu erleichtern, müssen die im Handel befindlichen Produkte sicher sein und eine
angemessene Kennzeichnung aufweisen.
Wie das Landgericht richtig entschieden hat, entspricht die beanstandete Werbung der Beklagten diesen
Anforderungen nicht, weil die in der HCV geforderten Angaben fehlen.
2.
im Wettbewerbsprozess grundsätzlich der Kläger die Unrichtigkeit einer beanstandeten Werbeaussage
nachzuweisen hat _ vorliegend die Beklagte die Wirksamkeit des beworbenen Mittels nachzuweisen hat.
Das entspricht der herrschenden Meinung (vgl. BGH GRUR 2002, 182; Senat, Hinweisbeschluss vom 16.
März 2010, aaO, m.w.N.). Es entspricht auch dem europäischen Verbraucherleitbild, dass überall dort, wo
in der Werbung die Gesundheit ins Spiel gebracht wird, besonders strenge Anforderungen an die
Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen sind, wie es auch dem Erwägungsgrund
Nr. 16 der HCV entspricht (vgl. dazu auch OLG Köln, Urteil vom 12. Oktober 2007 _ 6 U 56/07 _ bei juris).
Die von der Beklagten erstinstanzlich erhobene Behauptung, dass das beworbene Produkt die ihm
zugesicherten Eigenschaften aufweise, ist pauschal und deshalb unsubstantiiert. Richtig hat das
Landgericht deshalb festgestellt, dass die von der Beklagten in der ersten Instanz beantragte Einholung
eines Sachverständigengutachtens (ebenso wie die Vernehmung des Zeugen S...) auf eine unzulässige
Ausforschung hinauslaufen würde, weil die konkreten Wirkungen des beworbenen Mittels aus dem
Sachverständigen (und dem Zeugen) hätten herausgefragt werden müssen.
3.
V..." handele es sich um eine Marke, welche sie seit mehr als 10 Jahren betreibe, weshalb die Beklagte
die Übergangsregel des Art. 27 Abs. 2 HCV in Anspruch nehmen könne, ist unbehelflich. Der Vortrag über
die Benutzung einer Marke hätte in erster Instanz erfolgen müssen (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
4.
nicht aus § 27 Abs. 5 HCV. Denn nach dieser Bestimmung dürfen Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 a
HCV bis zur Annahme der in Art. 13 in Abs. 3 genannten Liste nur dann weiterverwendet werden, sofern
die Angaben dieser Verordnung und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen.
Wie ausgeführt, verstößt die Werbung gegen Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 a HCV. Darüber hinaus verstößt sie
auch gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 LFGB. Nach dieser Vorschrift ist es irreführend, wenn für Lebensmittel
geworben wird, in dem ihnen Wirkungen beigemessen werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend
gesichert sind (vgl. BGH WRP 2008, 1513 "Mobil Plus_Kapseln"). Dass das beworbene Produkt "M... V..."
sich "positiv auf den gesamten Organismus" auswirke, hat die Beklagte _ wie ausgeführt _ nicht
nachgewiesen.
III.
Vergeblich beanstandet die Beklagte, dass das Landgericht sie anteilig verurteilt hat, der Klägerin die
entstandenen Abmahnkosten zu ersetzen. Da die Abmahnung _ wie ausgeführt _ teilweise berechtigt war,
hat die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten (§§ 683 Abs. 1,
677, 670 BGB). Die Klägerin ist als Verband auch berechtigt, _ wie geschehen _ pauschale
Abmahnkosten geltend zu machen. Die Höhe der Kosten, welche das Landgericht wegen der teilweisen
Klageabweisung nur in Höhe von 111,06 € zuerkannt hat, ist unter Berücksichtigung der vergleichbaren
Kosten ähnlicher Institutionen nicht unangemessen (vgl. Hefermehl/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.98 m.w.N.).
IV.
Die zulässige Anschlussberufung verliert nach § 524 Abs. 4 ihre Wirkung, wenn die Berufung nach § 522
Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird.
V.
Einer etwa beabsichtigten Stellungnahme wird bis
23. Juli 2010
entgegengesehen.
Zweibrücken, den 2. Juli 2010
Pfälzisches Oberlandesgericht
- 4. Zivilsenat
Petry Christoffel Friemel
Vorsitzender Richter Richter am Richter am
am Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht
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