Urteil des OLG Zweibrücken vom 02.05.2002

OLG Zweibrücken: örtliche zuständigkeit, anstalt, widerruf, maurer, bewährung, vollzugsplan, quelle, aufenthalt, datum, verfügung

OLG
Zweibrücken
02.05.2002
1 Ws 196/02
1 Ws 196/02
StVK 143/01
LG Kaiserslautern
2 StVK 905/01
LG Zweibrücken
435 Js 6844/97
StA Zweibrücken
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss
In dem Strafvollstreckungsverfahren gegen
H.D., geboren am ....., in , wohnhaft in .........,
wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort u.a.
hier: Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung; Bestimmung des zuständigen Gerichts
hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht
Maurer und Ruppert
am 2. Mai 2002
beschlossen:
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kaiserslautern ist zur Entscheidung über den Widerruf
der Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts
Zweibrücken vom 8. Oktober 1997 – 435 Js 6844/ 97 – zuständig
G r ü n d e :
Der Senat ist gemäß §§ 14, 19 StPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, nachdem die
Landgerichte Kaiserslautern und Zweibrücken ihre Unzuständigkeit ausgesprochen haben. Die
Überprüfung ergibt, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kaiserslautern für die
Entscheidung über den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft Zweibrücken zuständig ist.
Aufgrund erneuter Straffälligkeit innerhalb vorliegender Bewährungszeit wurde der Verurteilte durch Urteil
des Amtsgerichts Zweibrücken zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt, worauf die
Vollstreckungsbehörde ihren Widerrufsantrag stützt. Der Verurteilte wurde mit Verfügung der
Staatsanwaltschaft Zweibrücken vom 16. Juli 2001 zum 2. August 2002 in die Justizvollzugsanstalt
Kaiserslautern zum Strafantritt geladen. Der damals in Zweibrücken wohnhafte Verurteilte kam dieser
Ladung fristgerecht nach, begab sich allerdings abweichend von der Ladung in die Justizvollzugsanstalt
Zweibrücken; von dort wurde er am 7. August 2001 in die Justizvollzugsanstalt Kaiserslautern verlegt.
Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer in Zweibrücken war nicht durch den Strafantritt des
Verurteilten in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken begründet. Die Strafvollstreckungskammer
Kaiserslautern stellt, wie die Zitate zeigen, auf den Fall des Übergangs von Untersuchungs- in Strafhaft bei
Rechtskrafteintritt einer Verurteilung ab; hier richtet sich die örtliche Zuständigkeit der
Strafvollstreckungskammer nach dem Sitz der Vollzugsanstalt, in der sich der Inhaftierte zu diesem
Zeitpunkt befindet. Abweichend hiervon erfordert die Aufnahme bei Vollzugsbeginn i.S.v. § 462 a Abs. 1 S.
1 StPO, die letztlich maßgeblich ist für den gesetzlichen Richter, eine gewisse Aufenthaltsdauer.
Aufnahme ist zu bejahen, wenn sich der Verurteilte in der durch Strafantrittsladung und
Aufnahmeersuchen bezeichneten Anstalt freiwillig stellt oder nach Ergreifung dorthin verbracht wird.
Keine Aufnahme liegt hingegen vor, wenn der Verurteilte etwa gemäß § 27 Abs. 5 StVollstrO zunächst in
eine näher gelegene Anstalt geladen wird, um alsbald der zuständigen Anstalt zugeführt zu werden. Das
muss erst recht dann gelten, wenn der Verurteilte sich in Abweichung von der Ladung in einer nicht
zuständigen Anstalt stellt und dort in amtliche Verwahrung genommen wird bis zur Verlegung in die
vorgesehene Anstalt (LR-Wendisch StPO 25. Aufl. § 462 a Rn. 12, 13; KMR-Paulus StPO § 462 a Rn. 17-
20; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 462 a Rn. 5; OLG Hamburg MKR 1982. 251). So liegt der
Fall hier. Der Verurteilte hat sich abweichend von der Ladung in der Justizvollzugsanstalt seines
Wohnortes gemeldet und ist von dort nach wenigen Tagen in die für ihn zuständige Vollzugsanstalt verlegt
worden. Sein Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Zweibrücken entsprach nicht dem Vollzugsplan, war
nicht vorgesehen und konnte daher, unabhängig von der Frage der Anrechnung der hier verbrachten Zeit
auf die Strafe, von vorneherein nur als vorübergehend angesehen werden. Wäre hierin bereits die
Aufnahme nach der genannten Bestimmung zu sehen, so würde dies im Übrigen die Möglichkeit für den
Verurteilten begründen, nach freiem Belieben die ihm genehme Strafvollstreckungskammer für
anstehende Widerrufsentscheidungen zu bestimmen, was mit dem Grundsatz des gesetzlichen Richters
schwerlich zu vereinbaren wäre.
Dr. Ohler Maurer Ruppert
§ 462 a Abs. 1 S. 1 StPO
Stellt sich der Verurteilte entgegen der Ladung in einer anderen
Vollzugsanstalt und wird nach wenigen Tagen in die vorgesehene
Anstalt überführt, so begründet dies nicht die Aufnahme in der
ersten Anstalt i.S.v. § 462 a Abs. 1 S. 1 StPO. Die örtliche
Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer richtet sich dann
nach dem Sitz der Vollzugsanstalt, in die der Verurteilte geladen
war.
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken – 1. Strafsenat – Beschluss vom 2. Mai 2002 - 1 Ws 196/02 -