Urteil des OLG Zweibrücken vom 13.08.2003

OLG Zweibrücken: unrichtige rechtsmittelbelehrung, beschränkung, maurer, rücknahme, strafverfahren, quelle, anfechtbarkeit, zitat, fahrverbot, datum

OLG
Zweibrücken
13.08.2003
1 Ws 368/03
1 Ws 368/03
7004 Js 6726/02
StA Landau in der Pfalz
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss
In dem Strafverfahren gegen
K.
wegen Straßenverkehrsgefährdung
hier:
hat der 1. Strafsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Ohler und die Richter am Oberlandesgericht
Maurer und Reichling
am 13. August 2003
beschlossen:
1. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 3. (Kleinen) Strafkammer des
Landgerichts Landau in der Pfalz vom 23. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen.
2. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Der Angeklagte ist durch das Amtsgericht Landau in der Pfalz wegen Straßenverkehrsgefährdung zu einer
Geldstrafe und einem Fahrverbot verurteilt worden, wogegen er fristgerecht Berufung eingelegt hat. Mit
Schriftsatz des Verteidigers vom 5. Mai 2003 teilte dieser auf eine Anfrage der Berufungskammer mit, dass
die Berufung aufrechterhalten bleibe und auf das Strafmaß beschränkt werde. Mit weiterem
Verteidigerschriftsatz machte dieser geltend, die Erklärung der Beschränkung der Berufung auf das
Strafmaß entspreche nicht dem wirklichen Willen des Angeklagten; es habe sich um einen
Diktatabhörfehler gehandelt, tatsächlich habe es heißen sollen, dass das Rechtsmittel nicht auf das
Strafmaß beschränkt werde. Die Strafkammer hat sodann mit der angefochtenen Entscheidung
ausgesprochen, dass die Berufung rechtswirksam auf die Überprüfung des Strafmaßes beschränkt
worden ist. Die eindeutige Prozesserklärung des hierzu ermächtigten Verteidigers könne weder
widerrufen noch angefochten werden. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten.
Die angefochtene Entscheidung unterliegt entsprechend § 305 StPO nicht der Beschwerde. Die Frage der
Berufungsbeschränkung geht dem Urteil zeitlich und sachlich voraus und steht mit ihm in einem inneren
Zusammenhang. Die vom Kammervorsitzenden veranlasste Rechtsmittelbelehrung (sofortige
Beschwerde) stützt sich auf ein Zitat (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 302 Rn. 11a), das den
umfassenden
Hauptverhandlung und somit ohne Urteil entschieden werden, was die Anfechtbarkeit der Entscheidung
der Erledigung des Rechtmittels durch Zurücknahme mit sofortiger Beschwerde erfordert. Die teilweise
Rücknahme – Beschränkung – der Berufung erfordert hingegen in jedem Fall die Hauptverhandlung. Die
Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung bedarf auch umfassenderer Prüfung und kann sich nicht nur auf
die hier thematisierte Frage, ob die Beschränkungserklärung des Verteidigers wirksam abgegeben und
angefochten oder widerrufen werden konnte, beschränken. Die zulässige Berufungsbeschränkung auf
den Rechtsfolgenausspruch setzt in jedem Fall auch voraus, dass das amtsgerichtliche Urteil
hinreichende Feststellungen zur Tat und Schuld enthält und dadurch tragfähige Grundlage sowohl für die
Sankti-
onsbemessung in der Berufungsinstanz als auch für die Nachprüfung durch das Revisionsgericht bietet.
Mangelt es daran, weil die Feststellungen zur äußeren oder inneren Tatseite zu knapp oder unvollständig
sind, so kann das Rechtsmittel nicht auf die Rechtsfolgen beschränkt werden (vgl. BGHR StPO § 318 –
Strafausspruch 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 318 Rn. 16; Senatsbeschlüsse vom 15.
Februar 1989 – 1 Ss 116/88 – und vom 17. Mai 1994 – 1 Ss 190/93 – ). Die Frage der Wirksamkeit der
Berufungsbeschränkung hat daher umfassend Gegenstand der Hauptverhandlung zu sein und unterliegt
auch in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung, die Ausklammerung und
Vorabentscheidung von Teilbereichen ist nicht zulässig. Danach kann die angefochtene Entscheidung,
auch wenn sie unanfechtbar ist, für das weitere Verfahren keine rechtsverbindliche Wirkung entfalten.
Von der Erhebung der Kosten für das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 8 GKG abgesehen, da die
Einlegung des Rechtsmittels durch unrichtige Rechtsmittelbelehrung veranlasst worden ist.
Dr. Ohler Maurer Reichling