Urteil des OLG Zweibrücken vom 08.12.2010

OLG Zweibrücken: ordre public, eheregister, beurkundung, onkel, pakistan, vollmacht, willenserklärung, vertreter, abgabe, ausschluss

Sonstiges
OLG
Zweibrücken
08.12.2010
3 W 175/10
Aktenzeichen:
3 W 175/10
14 III 12/10
AG Trier
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In der Personenstandssache
betreffend die Eintragung einer im Ausland geschlossenen Ehe im Eheregister,
an dem beteiligt sind:
1. Stadtverwaltung – Standesamt – T......
Vorlegende Behörde und Beschwerdeführerin
2. Eheleute M.... I..... A.... und A... A..............
Antragsteller und Beschwerdegegner,
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Kestel, den Richter am Oberlandesgericht Kratz und die
Richterin am Oberlandesgericht Stutz
auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 30. September 2010
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Trier vom 11. September 2010
ohne mündliche Verhandlung
am 08. Dezember 2010
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligten zu 2) haben am 24. Februar 2009 in K..../Pakistan die Ehe geschlossen. Vor dem
Standesbeamten anwesend waren dabei die Ehefrau, die die pakistanische Staatsangehörigkeit besitzt,
sowie ein Onkel des Ehemannes, welcher zum damaligen Zeitpunkt staatenlos war. Der Ehemann war der
Trauungszeremonie telefonisch zugeschaltet. Beide Ehegatten waren sich zum Zeitpunkt der
Eheschließung persönlich noch nie begegnet; sie trafen sich erstmals im Oktober 2009.
Den durch den Ehemann gestellten Antrag auf Beurkundung der Eheschließung nach §§ 15, 35 PstG hat
der Standesbeamte dem Amtsgericht im Rahmen einer Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PstG zur
Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat den Standesbeamten daraufhin angewiesen, von der
Wirksamkeit der Eheschließung auszugehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Standesamtes.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft und in zulässiger Weise eingelegt (§§ 51 PStG, §§ 58 ff FamFG). Das
Beschwerderecht der Beteiligten zu 1) folgt aus § 51 Abs. 2 PStG.
2. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet. Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung die
Voraussetzungen für die Beurkundung der Eheschließung im Eheregister für die von den Beteiligten zu 2.
am 24. Februar 2009 in Pakistan geschlossene Ehe nach 34 Abs. 1 PStG bejaht.
Gemäß § 34 Abs. 1 PStG kann auf Antrag eine im Ausland geschlossene Ehe u.a. eines Staatenlosen im
Eheregister beurkundet werden. Die Beurkundung im Eheregister setzt dabei das Bestehen einer Ehe
voraus, weshalb der Standesbeamte zu prüfen hat, ob eine nach materiellem Recht wirksame Ehe
zustande gekommen ist (BGH FamRZ 1991, 300). Nach welchem materiellen Recht sich die Wirksamkeit
der Eheschließung richtet und welche Form dabei einzuhalten ist, bestimmt sich nach Art. 11 und 13
EGBGB.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht insoweit auch das Standesamt davon aus, dass die Eheschließung, bei
der sich der Ehemann durch seinen Onkel in der Abgabe der Erklärung zur Eheschließung vertreten ließ,
nach den gemäß Art. 11 und 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB maßgeblichen Grundsätzen des pakistanischen
Rechts formwirksam war, weil das pakistanische Recht die Stellvertretung bei der Eheschließung zulässt
(KG, KGR 2004, 326: LG Stuttgart, StAZ 1992, 379). Die Wirksamkeit einer solchen in Pakistan
geschlossenen „Handschuhehe" wird in Deutschland auch dann anerkannt, wenn bei der Eheschließung
keine notariell beglaubigte und den Heiratspartner genau bezeichnende Vollmacht vorlag, solange nur
eine Willensvertretung, die jedenfalls dem deutschen ordre public, also den grundlegenden
Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung zuwider liefe (Art. 6 EGBGB), den Umständen
nach ausgeschlossen werden kann (KG, KGR Berlin 2004, 326). Eine solche Vertretung im Willen läge
vor, wenn der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgeben würde, er insbesondere über das Ob der
Abgabe der Willenserklärung zu entscheiden hätte oder ihm die Auswahl des Ehegatten überlassen wäre.
Anhaltspunkte für eine solche Willensvertretung fehlen hier. Eine Willensvertretung lag insbesondere
auch nicht deshalb vor, weil sich die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nie begegnet
waren. Ausreichend zum Ausschluss einer Willensvertretung ist vielmehr, dass der Vertretene die Identität
der Verlobten kennt und seine Vollmacht sich auf diese bestimmte, unverwechselbare Person beschränkt,
so dass auszuschließen ist, dass der für einen Verlobten handelnde Vertreter jedweder anderen, zum
Termin der Eheschließung erscheinenden Person das Ja – Wort des Vertretenen übermitteln würde. Dies
war hier gewährleistet, denn die Verlobte war nach Namen, Alter und Wohnort, Namen ihres Vaters und
dessen Ausweisnummer eindeutig und unverwechselbar bezeichnet. Anhaltspunkte dafür, dass der
Ehemann seinem Onkel eine nicht nur auf diese eindeutig zu identifizierende Person beschränkte
Vollmacht erteilt hat, fehlen.
3. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, weil die Beteiligte zu 1) nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 JGebBefrG von
der Zahlung von Gerichtsgebühren befreit ist und der Senat die Ehegatten am Beschwerdeverfahren nicht
beteiligt hat. Daher erübrigt sich auch die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der
Beschwerde.
Kestel Kratz Stutz