Urteil des OLG Zweibrücken vom 26.08.2008

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Sonstiges
OLG
Zweibrücken
26.08.2008
3 W 14/08
3 W 14/08
Aktenzeichen:
3 W 14/08
2 T 825/07
Landgericht Koblenz
Grundbuch von I.... (Bl. ..... und
Grundbuch von E.... Bl. ...) (Amtsgericht Neuwied)
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In dem Verfahren
betreffend den Kostenansatz für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch
an dem beteiligt sind:
1. Fa. K.... GmbH & Co.KG, ,
Kostenschuldnerin, Führerin der Erstbeschwerde und Gegnerin der weiteren Beschwerde,
2. Landesjustizkasse Mainz,
Kostengläubigerin, Gegnerin der Erstbeschwerde und Führerin der weiteren Beschwerde,
hat der 3. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch die Richterin am Oberlandesgericht Simon–Bach, den Richter am Oberlandesgericht Kratz und den
Richter am Landgericht Gietzen
auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 10. Januar 2008 gegen den Beschluss der 2.
Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2. Januar 2008
ohne mündliche Verhandlung
am 26. August 2008
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligte zu 1) erwarb aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 14. Oktober 2005 des Notars Dr. jur.
J.... A.... in K..... - Urk.Nr. ..... - mehrere Grundstücke u.a. die Grundstücke verzeichnet in den Grundbüchern
von I.... Bl. .... und E...., Bl. .......
Der notarielle Kaufvertrag lautet in Ziff. II 2.:
„Der Kaufpreis beträgt 54.141.501,00 – in Worten:
vierundfünfzigmilioneneinhunderteinundvierzigtausendfünfhunderteins – Euro. Die Verkäuferin optiert
hinsichtlich der mit diesem Vertrag vereinbarten Grundstücksübertragung zur Umsatzsteuerpflicht (§ 9
UStG). Der in diesem Vertrag aufgeführte Kaufpreis ist ein Nettokaufpreis; Steuerschuldner der auf den
Kaufpreis errechneten Umsatzsteuer ist die Käuferin (§ 13 UStG).
Die Kaufpreisaufschlüsselung ergibt sich aus der dieser Urkunde beigefügten Anlage 2. ….“
Für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch setzte das Amtsgericht mit Kostenansatz vom 1. Februar
2006 die durch die Beteiligte zu 1) zu tragenden Kosten in Höhe von 7.212,00 €, ausgehend von einem
Geschäftswert in Höhe von 4.110.448,00 € für die hier in Rede stehenden Grundstücke und zzgl. der
Umsatzsteuer von 16 % von einem Gegenstandswert von insgesamt 4.768.119,60 € fest. Gegen die
entsprechende Kostenrechnung hat die Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt mit der Begründung, das
Amtgericht habe bei der Wertfestsetzung die Umsatzsteuer nicht einbeziehen dürfen. Das Amtsgericht hat
die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht den
Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Gebühren ausgehend von einem Geschäftswert in Höhe
von 4.110.448,00 € (Nettokaufpreis) auf 6.237,00 € festgesetzt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die – von der Zivilkammer zugelassene – weitere Beschwerde des
Bezirksrevisors.
II.
Die weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung durch das Landgericht nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KostO
statthaft und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei.
Das Rechtsmittel ist unbegründet. Der Senat schließt sich der ausführlich und überzeugend begründeten
Auffassung des Landgerichts an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des
angefochtenen Beschlusses. Ergänzend gilt Folgendes:
Die Ansicht der Beteiligten zu 2), der Geschäftswert richte sich nach dem Nettokaufpreis zzgl. der
Mehrwertsteuer, trifft nicht zu. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KostO ist beim Kauf von Sachen für die
Bestimmung des Geschäftswerts der Kaufpreis maßgebend. Dabei ist nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung die Umsatzsteuer grundsätzlich ein unselbständiger Bestandteil des vereinbarten
vertraglichen Entgelts (BGH, NJW 1988, 2042). Dies gilt jedoch nur, soweit nicht ausdrücklich etwas
anderes geregelt oder vereinbart ist (BGH a.a.O.; NJW 1991, 2484). Vorliegend hat das Landgericht die
Vereinbarung zutreffend dahin ausgelegt, dass die Umsatzsteuer nicht Bestandteil des Kaufpreises ist,
weil die Steuer für Umsätze, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen, nach der Änderung des
Umsatzsteuerrechts zum 1. April 2004 dem Finanzamt nunmehr unmittelbar nur noch von dem
Leistungsempfänger geschuldet wird (so OLG Hamm, JurBüro 2007, 538,
Korinthenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 17. Aufl., § 20 Rdnr. 29 c; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl. §
20 Rdnr. 3; Tiedtke, ZNotP 2006, 200) und die Kaufvertragsparteien den Kaufpreis ausdrücklich als
Nettokaufpreis bezeichnet haben. Ab dem 1. April 2004 ist der Leistungsempfänger für alle
steuerpflichtigen Umsätze, die – wie hier gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Veräußerung eines
inländischen Grundstücks – unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen, Steuerschuldner. Nach § 4 Satz
1 Nr. 9 a UStG sind von der Steuerpflicht zwar Umsätze befreit, die unter das Grunderwerbssteuergesetz
fallen. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer jedoch einen solchen Umsatz als steuerpflichtig
behandeln. Den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung kann der Verkäufer gem. § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG
nur in dem notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erklären. Von dieser Option nach § 9 Abs. 1 UStG hat
die Verkäuferin im Kaufvertrag ausdrücklich Gebrauch gemacht. Aufgrund dessen ist die Umsatzsteuer
gem. § 13 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 UStG – entgegen der früheren Rechtslage – eine allein vom
Grundstückserwerber zu begleichende eigene Steuerschuld. Daraus hat das Landgericht zu Recht den
Schluss gezogen, dass diese eigene Steuerschuld der Erwerberin dazu führt, dass die zu zahlende
Umsatzsteuer in Höhe von 16 % nicht Bestandteil des Kaufpreises sein kann. Die eigene Steuerschuld
der Erwerberin stellt weder eine direkte Leistung an die Verkäuferin dar, noch eine solche, die für die
Verkäuferin aufgrund einer Verpflichtung zur Freistellung zu erbringen war. Die unmittelbare gesetzliche
Schuld des Käufers bewirkt, dass von ihm keine weitere Leistung oder Verpflichtung dem Verkäufer
gegenüber übernommen wird. Für den leistenden Unternehmer entsteht keine Steuerschuld (vgl. hierzu
OLG Hamm a.a.O. m.w.N.).
Aus den oben dargelegten Gründen folgt der Senat nicht der gegenteiligen Auffassung des OLG Celle
(NJW–RR 2006, 71), das eine inhaltsgleiche Vereinbarung in einem notariellen Grundstückskaufvertrag
dahin ausgelegt hat, unabhängig von der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung sei auch hier die
Mehrwertsteuer als Bestandteil des Kaufpreises zu bewerten. Dagegen spricht, dass die Steuerschuld,
wie dargelegt, nicht als Gegenleistung des Käufers angesehen werden kann. Insoweit ist unbeachtlich,
dass der Verkäufer nach § 14 c
Abs. 2 UStG. die Umsatzsteuer neben dem Käufer schuldet, wenn er die Umsatzsteuer in der von ihm
nach § 14 a Abs. 5 UStG zu erstellenden Rechnung offen ausweist. Denn der Verkäufer kann dies durch
eine gesetzes– und vertragsgemäße Rechnungsstellung ohne weiteres vermeiden (vgl. OLG Hamm
a.a.O.). Daraus folgt, dass die in § 13 b UStG realisierte Änderung der Rechtslage nicht als bloße
Änderung einer Zahlungsmodalität interpretiert werden kann (so im Ergebnis OLG Celle a.a.O.).
Entscheidend ist, dass Schuldner des Finanzamtes nunmehr der Leistungsempfänger ist.
Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 20. Juni 1996 – 3 W 70/96
(NJW–RR 1997, 319 f.). Dort hatte der Senat festgestellt, die Umsatzsteuer sei als Bestandteil des
Kaufpreises bei der Festsetzung des Gegenstandswertes jedenfalls nicht in vollem Umfang zu
berücksichtigen, wenn die Vertragsparteien ihre Zahlung nur unter der Bedingung vereinbart hätten, dass
der Kauf überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliege. In seiner damaligen Entscheidung hatte der Senat
weiter festgestellt, dass die Mehrwertsteuer grundsätzlich als Bestandteil des Kaufpreises anzusehen sei
und dies auch dann gelte, wenn sie vom Verkäufer gesondert ausgewiesen ist und zum Vorsteuerabzug
verwendet werden kann. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Rechtslage aber so, dass die
Umsatzsteuer vom Verkäufer geschuldet war. Damit stellte sich die Zahlung der Umsatzsteuer durch den
Käufer entweder an den Verkäufer oder aufgrund einer Vereinbarung direkt an das Finanzamt in jedem
Fall als eine Gegenleistung des Käufers dar.
Die Sache war nicht gemäß §§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur
Entscheidung vorzulegen. Zwar weicht die Rechtsauffassung des Senats von derjenigen des OLG Celle
(a.a.O) ab. Die unterschiedlichen Auffassungen des OLG Celle und des Senats betreffen aber nicht die
Auslegung einer bundesgesetzlichen Vorschrift im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG, sondern beziehen sich auf
die Auslegung von inhaltsgleichen Bestimmungen in notariellen Grundstückskaufverträgen bezüglich der
Frage, welcher Kaufpreis vereinbart ist. Es bestehen auch keine Meinungsverschiedenheiten über die
Anwendung der Auslegung der §§ 133, 157 BGB (vgl. BGH NJW 1984, 308; OLG Hamm, a.a.O.).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 14 Abs. 9 KostO).
Simon-Bach Kratz Gietzen