Urteil des OLG Zweibrücken vom 12.02.2007

OLG Zweibrücken: stufenklage, auskunftserteilung, bad, zweigstelle, quelle, anfang, beschwerdefrist, einzelrichter, datum, kündigung

OLG
Zweibrücken
12.02.2007
5 WF 23/07
Aktenzeichen:
5 WF 23/07
2 F 48/05 AG Landau in der Pfalz
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In der Familiensache
S…
W . . .
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …, …,
frühere Prozessbevollmächtigte und Beschwerdeführer: Rechtsanwälte …, …,
gegen
G…
W . . .
Beklagter,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen …, …,
wegen Zugewinnausgleichs (Stufenklage),
hier:
hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat
durch den Richter am Oberlandesgericht Kratz als Einzelrichter
auf die Beschwerde der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 22. Dezember 2006,
eingegangen am 23. Dezember 2006,
gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Landau in der Pfalz, Zweigstelle Bad
Bergzabern, vom 20. Dezember 2006
ohne mündliche Verhandlung am 12. Februar 2007
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Landau in der Pfalz,
Zweigstelle Bad Bergzabern, vom 20. Dezember 2006 abgeändert und der Streitwert für die Stufenklage
vorläufig auf 300.000 € festgesetzt. Der Streitwert der Auskunftsstufe wird vorläufig auf 60.000 €
festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Die Klägerin, bis einschließlich der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 22. Juni 2005
vertreten durch ihre früheren Prozessbevollmächtigten, die Beschwerdeführer, macht mit der
vorliegenden, isolierten Stufenklage Zugewinnausgleichsansprüche geltend.
Das Amtsgericht hat den Streitwert hierfür auf Antrag der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin
vorläufig auf 30.000 € festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die die
Festsetzung eines höheren Streitwertes beantragen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der
Beschwerdefrist von zwei Wochen nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden. In der Sache führt das
Rechtsmittel zum Erfolg. Im Einzelnen gilt folgendes:
1. Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht vorliegend nicht § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG entgegen (vgl. OLG
Köln, AGS 2005, 80 zu der entsprechenden Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG). Nach dieser
Bestimmung ist die Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung nur zulässig, soweit hiervon
die Höhe eines von der Partei zu zahlenden Gerichtskostenvorschusses abhängig ist. Diese Bestimmung
gilt indes nur für das Verhältnis der Staatskasse zur Partei. Grund dieser Regelung ist, dass die Partei in
jedem anderen Fall durch eine vorläufige (überhöhte) Streitwertfestsetzung nicht beschwert ist (Schneider,
AGS 2005, 80). Für die Anwaltsvergütung gilt sie hingegen jedenfalls dann nicht, wenn der Anspruch des
Rechtsanwalts – wie hier infolge der Mandatskündigung (§ 8 Abs. 1 RVG) - auf Zahlung seiner Gebühren
fällig ist, weil der Rechtsanwalt in diesem Fall durch eine zu niedrige (vorläufige) Streitwertfestsetzung
beschwert ist. Der Gegenstandswert, aus dem sich die Anwaltsgebühren errechnen, bestimmt sich
nämlich nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG in aller Regel – so auch vorliegend - nach dem für die
Gerichtsgebühren geltenden Streitwert und damit nach der Streitwertfestsetzung durch das Gericht. Ob
dasselbe auch im Hinblick auf einen Vorschussanspruch des Anwalts (§ 9 RVG) gilt oder ob der Anwalt
hier überhaupt keine Wertfestsetzung (und deshalb möglicherweise mit der Beschwerde auch keine
höhere als die erfolgte) verlangen kann (so LAG Schleswig-Holstein, NZA-RR 2006, 320 mit nach
Auffassung des Senats zweifelhafter Begründung), kann vorliegend dahinstehen, weil der
Vergütungsanspruch der Beschwerdeführer hier infolge der Kündigung des Mandats fällig ist.
2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Das Amtsgericht hat bei seiner Streitwertfestsetzung
ersichtlich nur die Auskunftsstufe bewertet. Dies ist nicht zutreffend.
Nach § 44 GKG ist bei einer Stufenklage für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche
maßgebend, und zwar der werthöhere. Da der Anspruch auf Auskunftserteilung nur der Vorbereitung des
Zahlungsanspruchs dient, ist sein Wert niedriger als der des Zahlungsanspruchs. Dessen höherer Wert ist
immer maßgebend für die gerichtliche Verfahrens- und die anwaltliche Prozessgebühr, weil bereits mit der
Erhebung der Stufenklage sämtliche Ansprüche rechtshängig werden und diese Gebühren deshalb sofort
anfallen. Der Streitwert der Verhandlungs- und der Beweisgebühr richtet sich dagegen nach dem Wert
derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen. Wird nur in einer Vorstufe verhandelt oder
Beweis erhoben, dann sind die diesbezüglichen Gebühren nur nach dem Streitwert des vorbereitenden
Auskunftsanspruchs zu bemessen. Deshalb darf bei der Stufenklage der Streitwert grundsätzlich nicht
einheitlich festgesetzt werden, sondern muss entsprechend den einzelnen Stufen gestaffelt werden.
Solange ein bezifferter Zahlungsanspruch noch nicht geltend gemacht worden ist, muss er nach § 3 ZPO
geschätzt werden. Bei der Bewertung ist regelmäßig auf die Erwartungen des Klägers zu Beginn der
Instanz abzustellen, begrenzt allerdings darauf, welche Leistungen er aufgrund der Sach- und
Rechtslage, die er zur Klagebegründung vorgetragen hat, nach Auskunftserteilung objektiv zu erwarten
hatte.
Der Streitwert der Auskunftsstufe ist ebenfalls nach § 3 ZPO zu beurteilen. In der Regel kann der Streitwert
auf Auskunftserteilung mit 1/5 des Leistungsanspruches angesetzt werden (vgl. OLG Bamberg
JurBüro 1989, 1307).
Demnach gilt hier folgendes: Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch bislang noch nicht beziffert. Sie hat
inzwischen jedoch mitgeteilt, davon auszugehen, dass ihr Zugewinnausgleichanspruch bei wenigstens
500.000 € liege. Diese Annahme der Klägerin erscheint bei vorläufiger und isolierter Betrachtung des
Inhalts der vom Beklagten erteilten Auskunft und bei einer Ehezeit von 1963 bis 2005 möglich. Allerdings
hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren außer der nicht näher ausgeführten und bestrittenen
Behauptung, dem Beklagten vorprozessual Auskunft über ihren Zugewinn erteilt zu haben, nichts zu ihrem
eigenen Zugewinn vorgetragen (weshalb ihre Stufenklage von Anfang an unschlüssig war und immer
noch ist, weil die Klägerin sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen hat, hinsichtlich
derer sie nicht auf die Auskunft des Gegners angewiesen ist). Die daraus folgende Unsicherheit ist bei der
nach § 3 ZPO vorzunehmenden Schätzung des Streitwertes zu berücksichtigen und führt zur Festlegung
eines Streitwertes in Höhe von 300.000 €. Der Wert (nur der) der Auskunftsstufe beträgt somit 60.000 €.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 33 Abs. 9 RVG)
Kratz