Urteil des OLG Zweibrücken vom 04.08.2009

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OLG
Zweibrücken
04.08.2009
1 SsBs 12/09
1 SsBs 12/09
5289 Js 33675/08
StA Frankenthal (Pfalz)
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluss
In dem Bußgeldverfahren gegen
H...............
H.......
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hier: Rechtsbeschwerde
hat der Senat für Bußgeldsachen des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Richter am Oberlandesgericht Burger als Einzelrichter
am 4. August 2009
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 16.
Dezember 2008 wird kostenfällig als unbegründet verworfen.
Gründe:
Durch Bußgeldbescheid der Kreisverwaltung ........... vom 27. Juni 2008 wurde gegen den Betroffene
wegen Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes (§§ 4 Abs. 1, 49 StVO) ein Bußgeld von
200 € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Den Einspruch des Betroffenen hat
das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) durch das angefochtene Urteil vom 16. Dezember 2008 verworfen,
weil der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung ohne genügende
Entschuldigung ferngeblieben sei. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der
die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 OWiG und auch im Übrigen zulässig (§ 79
Abs. 3 OWiG, §§ 341 Abs. 1, 345 Abs. 2 StPO). Sie bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist in der vorgebrachten Form jedenfalls unbegründet.
Behauptete Verstöße gegen die Vorschrift des § 74 Abs. 2 OWiG über die Einspruchsverwerfung ohne
Sachprüfung wegen Ausbleiben des Betroffenen sind mit der Verfahrensrüge und somit in der Form nach
§ 79 Abs. 3 OWiG; § 344 Abs. 2 S. 2 StPO geltend zu machen (vgl. nur Senat VM 1997, 32; Göhler, OWiG
15. Aufl. § 74 Rn. 48b). Die Ausführungen, die im Schriftsatz des Verteidigers vom 13. Januar 2009 zur
Begründung der Rechtsbeschwerde gemacht werden, können aber einen Verstoß des Amtsgerichts
gegen die o.a. Verfahrensvorschrift nicht ergeben. Sie beziehen sich allein auf einen erst nachträglich
vorgebrachten angeblichen Entschuldigungsgrund (Erkrankung des Betroffenen), der nicht Gegenstand
der Urteilsfindung sein konnte.
Die in zulässiger Form erhobene Sachrüge führt allerdings zur Prüfung des Fehlens von
Verfahrensvoraussetzungen (OLG Koblenz NStZ-RR 2004, 373; Göhler a.a.O.). Die Rechtsbeschwerde
macht insoweit geltend, der Bußgeldbescheid vom 27. Juni 2008 sei nicht wirksam erlassen worden, weil
eine entsprechende Verfügung des Sachbearbeiters nicht aktenkundig gemacht sei.
Dieser Einwand greift nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1997,
1380; s.a. BGHSt 23, 280), der sich das Beschwerdegericht anschließt, gehört es nicht zu den
Verfahrensvoraussetzungen des gerichtlichen Bußgeldverfahrens, dass der Erlass des
Bußgeldbescheides in einer für Außenstehende erkennbaren Weise aktenmäßig dokumentiert ist.
Wirksamkeitsvoraussetzung ist allein, dass der Bescheid auf einen für den Betroffenen erkennbaren und
nachprüfbaren Willensakt der Behörde bzw. ihres Bediensteten zurückzuführen ist und nicht allein auf aus
einem selbständig ablaufenden Computerprogramm hervorgeht. Der wirksame Erlass des
Bußgeldbescheids in diesem Sinne kann mit allen verfügbaren Beweismitteln im Freibeweisverfahren
festgestellt werden. Die vom Verteidiger angeführte Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main (NJW
1976, 373) und des OLG Brandenburg (zfs 1996, 36) ist hierdurch überholt. Die o.a. Entscheidung des
Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1997, 1380) erging gerade auf Vorlage des OLG Brandenburg und unter
Zurückweisung von dessen auch im Vorlagebeschluss geäußerter Rechtsauffassung.
Im vorliegenden Fall ergibt sich die Erfüllung der Verfahrensvoraussetzung zwar nicht unmittelbar aus den
Akten. Aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingeholten Auskunft der Kreisverwaltung ........... vom 30.
Juni 2009 und der dieser beigefügten Anlagen (Bl. 90 ff. d.A.) ist aber festzustellen, dass der Erlass des
Bußgeldbescheides nach dem von der Kreisverwaltung allgemein und auch in vorliegendem Fall
angewendeten Verfahren auf einer den Anforderungen des Bundesgerichtshofes genügenden
Willensentscheidung der Behörde beruhte. Die fraglichen Unterlagen wurden dem Verteidiger übermittelt;
eine Äußerung hierauf ist nicht eingegangen.
Die Rechtsbeschwerde ist nach alledem mit den Kostenfolgen aus § 79 Abs. 3 OWiG; § 473 Abs. 1 StPO
als unbegründet zu verwerfen.
B u r g e r