Urteil des OLG Zweibrücken vom 06.02.2002

OLG Zweibrücken: treu und glauben, vergleich, kostenregelung, kollusion, erlass, geschäftsführer, zusammenwirken, quelle, vorschlag, obsiegen

OLG
Zweibrücken
06.02.2002
4 W 7/02
Aktenzeichen:
4 W 7/02
2 HK O 280/96
Landgericht Frankenthal (Pfalz)
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In dem Rechtsstreit
1.
G... M... GmbH,
- Beklagte -
Prozessbevollmächtige: Rechtsanwälte
2.
C... V... OHG,
haftenden Gesellschafter
- Beschwerdeführerin und Nebenintervenientin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte JR
gegen
F... S... S... K... GmbH,
- Beschwerdegegnerin und Klägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
wegen Gewährleistung
hier: Kosten der Streithelferin
hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts
Zweibrücken
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Staab
sowie die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel
auf die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin vom
29. November 2001
gegen den ihr am 15. November 2001 zugestellten Beschluss
des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Land-
gerichts Frankenthal (Pfalz) vom 9. November 2001
ohne mündliche Verhandlung am 6. Februar 2002
b e s c h l o s s e n:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den
Kostenantrag der Nebenintervenientin sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Gericht
des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden und hat in
der Sache einen vorläufigen Erfolg.
Die Streithelferin, die am Prozessvergleich der Hauptparteien des Verfahrens vom 4. Oktober 2001
unstreitig nicht beteiligt war und deren Kostenerstattungsanspruch auch nicht vom Vergleich erfasst ist, hat
nach § 101 ZPO grundsätzlich Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten der
Nebenintervention (vgl. BGH NJW 61, 460/461). Maßgebend für die Höhe des Erstattungsanspruchs des
Streithelfers ist nach herrschender Auffassung die Kostenregelung, welche die Hauptparteien zu einander
im Vergleich getroffen haben (vgl. z. B. BGH MDR 67, 392/393; OLG Köln, JBl./MinBl. 59, 89; OLG
Düsseldorf, MDR 68, 425; OLG Celle, NdsRpfl. 86, 100). Durch diese Regelung ist zugunsten des
Streithelfers grundsätzlich sichergestellt, dass den Hauptparteien eine Verfügung über die
außergerichtlichen Kosten des Streithelfers zu dessen Lasten entzogen ist (vgl. OLG Düsseldorf aaO; OLG
Frankfurt, NJW 72, 1866/1867). Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Hauptparteien durch die
materielle Regelung in dem Vergleich in nicht hinzunehmender Weise den Kostenerstattungsanspruch
des Streithelfers beschneiden oder ganz zu Nichte machen.
Hiervon geht im vorliegenden Falle die Streithelferin aus. Mit der Beanstandung, die Hauptparteien hätten
sich in der Hauptsache auf einen Teilbetrag in Höhe von 800 000,-- DM in der geltend gemachten
Klageforderung in Höhe von zunächst 1,2 Mio. geeinigt ohne eine Kostenregelung entsprechend den
tatsächlichen Anteilen am Obsiegen und Unterliegen zu treffen, außerdem sei der von der Klägerin zu
tragende Kostenanteil von 25 000,-- DM zugunsten des Beklagten von der Hauptforderung im Vergleich
abgezogen worden, macht sie geltend, die alleinige Kostenübernahme durch den von ihr unterstützten
Beklagten entspreche zu Lasten ihres Kostenerstattungsanspruchs gegen die Klägerin nicht dem materi-
ellen Regelungsgehalt des Vergleiches. Soweit eine solche Kostenregelung der Parteien in kollusivem
Zusammenwirken bewusst zu Lasten des Streithelfers erfolgt, bedarf dies bei der Beurteilung des
Kostenantrags des Streithelfers einer Korrektur. In der Rechtsprechung wird zum Teil zur Lösung dieser
Problematik auf die Regelung in § 91 a ZPO zurückgegriffen (vgl. z. B. OLG Saarbrücken, Kostenrecht-
sprechung Nr. 1 zu § 101 ZPO; OLG Celle, VersR 79, 1155; OLG Stuttgart, NJW 74, 2009). Dieser
Auffassung vermag der Senat angesichts der klaren gesetzlichen Regelung in §§ 101, 98 ZPO, die im
Zweifelsfalle zur Kostenaufhebung führen kann (vgl. OLG Frankfurt, NJW 72, 1866), nicht beitreten. In
Fällen einer unerträglichen Kollusion der Hauptparteien kann vielmehr im Einzelfalle nach dem die
gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben die Maßgeblichkeit der
Parteivereinbarung für die Kosten der Streithilfe entfallen und dann eine dem Nachgeben des Gegners
des Streithelfers entsprechende Verteilung der Kosten zum Zuge kommen (vgl. OLG Celle, NJW 76, 2171;
Stürmer, MDR 74, 938).
Mit diesen nach der Darstellung der Streithelferin für die Beurteilung ihres Kostenerstattungsanspruchs
gegen die Klägerin durchaus erheblichen Gesichtspunkten, auf die bereits vor Erlass des angefochtenen
Beschlusses mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2001 hingewiesen worden war, hat sich das Erstgericht bei
Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht befasst. Dies wird es bei der erneuten Entscheidung
nachzuholen zu haben.
Der Senat hält es für zweckmäßig und sachdienlich, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das
Verfahren zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der obigen Ausführungen an das Erstgericht
zurückzuverweisen. Ob vorliegend tatsächlich ein unerträglicher Fall der Kollusion der Hauptparteien zu
Lasten der Streithelferin gegeben ist, vermag der Senat nach Aktenlage nicht zu beurteilen. Dies kann
vielmehr das Erstgericht, auf dessen Vorschlag der Vergleich geschlossen worden ist; Gleiches gilt für die
unterschiedlichen Darstellungen der Parteien im Beschwerdeverfahren, soweit sie sich auf die
Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2001 beziehen.
Da mit dieser Entscheidung der endgültige Ausgang des Beschwerdeverfahrens noch offen bleibt, ist
auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Erstgericht zu übertragen.
Staab Reichling Friemel