Urteil des OLG Stuttgart vom 11.02.2013

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OLG Stuttgart Beschluß vom 11.2.2013, 18 WF 26/13
Verfahrenskostenhilfe in Familiensachen: Beschränkung auf das Kosteninteresse nach
sofortigem Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Göppingen - Familiengericht - vom 09.11.2012, teilweise abgeändert durch Beschluss vom
14.01.2013 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1 Der Antragsgegner begehrt ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren
einschließlich der Folgesachen Versorgungsausgleich, Ehewohnung und Güterrecht. Mit
Beschluss vom 09.11.2012 hat das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe mit
Ratenzahlung bewilligt, hiervon aber die Folgesache Güterrecht ausgenommen.
2 Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners, der auch die
güterrechtliche Auseinandersetzung von der Verfahrenskostenhilfebewilligung umfasst
haben will. Des Weiteren moniert er, dass das Familiengericht bei der Ermittlung der
Ratenhöhe seine Belastung durch monatliche Aufwendungen für eine Riesterrente und für
die Betriebskosten für das Familienwohnheim nicht berücksichtigt habe. Zudem habe er
monatliche Fahrtkosten in Höhe von 150 EUR zu tragen, das Familiengericht habe jedoch
nur 78 EUR angesetzt.
3 Das Familiengericht hat der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners durch Beschluss
vom 14.01.2013 teilweise abgeholfen. Es hat Verfahrenskostenhilfe für die Folgesache
Güterrecht bezogen auf die Kostenfolge bewilligt. Die Ratenhöhe hat es unter
Berücksichtigung der Aufwendungen für die Riesterrente und für die Betriebskosten nach
unten korrigiert. Eine weitergehende Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe und die
Berücksichtigung von Fahrtkosten über den Betrag von 78 EUR hinaus lehnte das
Familiengericht ab.
II.
4 Die gemäß § 113 Abs.1 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO form-
und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
5 Zu Recht hat das Familiengericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die
Folgesache Güterrecht über das Kosteninteresse hinaus abgelehnt.
6 Gemäß § 114 ZPO ist Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, dass
eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beabsichtigt ist und diese hinreichende
Aussicht auf Erfolg hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser
Voraussetzungen ist nicht der Zeitpunkt des Eingangs des Verfahrenskostenhilfeantrags.
Vielmehr ist für die Erfolgsprognose der letzte Sach- und Streitstand
Entscheidungsgrundlage, wenn alsbald nach Entscheidungsreife entschieden wird.
7 Vorliegend hat der Antragsgegner sowohl in der Auskunftsstufe (insoweit noch im
Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren innerhalb der Stellungnahmefrist gemäß § 118
Abs.1 ZPO) als auch in der Leistungsstufe sofort nach Zustellung der Antragsschrift den
Anspruch der Antragstellerin anerkannt. Eine Rechtsverteidigung war somit in der
Hauptsache gar nicht beabsichtigt. Die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung ist jedoch
zu bejahen, wenn der Antragsgegner keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben und
aufgrund seines sofortigen Anerkenntnisses gemäß § 93 ZPO von den Kosten des
Verfahrens freizustellen ist (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rdnr. 25). Die
Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung erstreckt sich dabei aber nur auf die Kostenfolge,
weshalb die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe auf das Kosteninteresse zu
beschränken ist.
8 Zutreffend hat das Familiengericht auch die Höhe der Fahrtkosten mit 78 EUR monatlich
ermittelt. Fahrtkosten sind mit einem Pauschbetrag von 5,20 EUR monatlich für jeden
vollen Kilometer, den die Wohnung von der Arbeitsstelle entfernt liegt (einfache
Wegstrecke) zu berücksichtigen, vorliegend 15 km (§ 3 VO zu § 82 SGB XII, OLG Stuttgart,
Beschluss vom 30.11.05, 18 WF 176/05). Damit sind auch die Beiträge für KFZ Steuer und
Versicherung abgegolten.
9 Allerdings sind durch die 2. Prozesskostenhilfebekanntmachung 2012 (BGBl. I 2012,
2462, ausgegeben am 11.12.2012) rückwirkend zum 1. April 2012 die Freibeträge nach §
115 Abs.1 S.3 ZPO erhöht worden. Danach ergibt sich auf der Grundlage des ansonsten
nicht zu beanstandenden Beschlusses des Amtsgericht Göppingen - Familiengericht -
folgende Berechnung:
10
Monatseinkommen Antragsgegner netto
3.300,00 EUR
abzgl. Pflegeversicherung
20,00 EUR
abzgl. Fahrtkosten
78,00 EUR
abzgl. Wohnkosten
315,00 EUR
abzgl. Riester-Rente
150,00 EUR
abzgl. Darlehensbelastung
1.026,00 EUR
abzgl. Kindergarten
56,00 EUR
abzgl. Kindesunterhalt
832,00 EUR
abzgl. Betriebskosten
76,00 EUR
verbleibt
747,00 EUR
abzgl. Freibetrag für Antragsgegner
442,00 EUR
abzgl. Freibetrag für Erwerbstätige
201,00 EUR
verbleibendes einzusetzendes Einkommen
104,00 EUR
11 Gemäß §§ 113 Abs.1 Satz 2 FamFG, 115 Abs.2 ZPO sind hieraus monatliche Raten in
Höhe von 45,00 EUR zu bezahlen. Trotz höherer Freibeträge ergibt sich somit keine
andere Ratenhöhe als sie vom Familiengericht festgesetzt wurde.
12 Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners war daher zurückzuweisen.
13 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs.1 Satz2 FamFG, 127 Abs.4 ZPO.