Urteil des OLG Stuttgart vom 23.11.2004
OLG Stuttgart: wirtschaftliche einheit, widerklage, darlehensvertrag, rückabwicklung, culpa in contrahendo, wahrung der frist, immobilienfonds, rückzahlung, neue tatsache
OLG Stuttgart Urteil vom 23.11.2004, 6 U 76/04
Kreditfinanzierter Beitritt zum geschlossenen Immobilienfonds: Widerruflichkeit des vermittelten Kreditvertrages als Haustürgeschäft;
Kriterien für die Rückabwicklung
Leitsätze
1. Einem Widerruf des zur Finanzierung des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds abgeschlossenen Darlehensvertrags nach dem
HWiG steht der in § 5 Abs. 2 HWiG eingeführte Vorrang des VerbrKrG nicht entgegen. Die Bank kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen,
dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur richtlinienkonformen Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG (XI. Zivilsenat BGH NJW 202, 1881 =
BGHZ 150, 248; II. Zivilsenat BGH NJW 2004, 2731 = WM 2004, 1521) im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 13.12.2001 (EuGH NJW 2002,
281) gegen die der Rechtsprechung verfassungsrechtlich vorgegebenen Grenzen verstoße.
2. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass der Vermittler bei einem verbundenen Geschäft nicht Dritter im Sinne § 123 Avbs. 2 BGB ist,
sondern dass eine Zurechnung der Haustürsituation - sofern es einer solchen überhaupt bedarf - nach § 123 Abs. 1 BGB analog erfolgt.
3. Die Rückabwicklung des mit einem Beitritt zu einer Gesellschaft verbundenen Darlehensvertrag richtet sich nach den vom II. Zivilsenat des BGH in
den Urteilen vom 14.06.2004 (BGB NJW 2004, 2731 = WM 2004, 1521 und BGH NJW 2004, 2735 = WM 2004, 1527) festgelegten Kriterien. An der
bisher an dem Urteil des II. Zivilsenats des BGH vom 21.07.2003 (BGH NJW 2003, 2821 = WM 2003, 1762) orientierten Rechtsprechung hält der
Senat aus Gründen der einheitlichen Rechtsanwendung nicht mehr fest. Bei einer Rückabwicklung nach diesen Grundsätzen sind Steuervorteile
des Kreditnehmers nicht auszugleichen.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27.02.2004 (8 O 523/03) wird
zurückgewiesen.
2. Die Widerklage der Beklagten wird
abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 45.000,00 EUR
Gründe
I.
1
Die Klägerin macht Ansprüche wegen der Rückabwicklung eines mit der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrags zur Finanzierung des
Erwerbs von Anteilen an dem geschlossenen Immobilienfonds Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs-GbR ... in ... (WGS-Fonds Nr. 23)
nach den Regeln des HWiG und im Wege des Einwendungs- bzw. Rückforderungsdurchgriffs nach dem VerbrKrG geltend. Die Klägerin verlangt
außer der Rückgewähr von an die Beklagte geleisteten Zahlungen die Rückübertragung der sicherungshalber abgetretenen
Lebensversicherung und die Feststellung, dass der Beklagten keine Rechte aus dem Darlehensvertrag mehr zustehen. Die Beklagte hat
nunmehr in zweiter Instanz Widerklage auf Rückzahlung des Darlehens erhoben.
1.
2
Die Klägerin kam unter im Einzelnen streitigen Umständen im Oktober 1991 in der Wohnung ihrer Eltern in Kontakt mit der Anlagevermittlerin ...,
die sie nach Erstellung eines persönlichen Berechnungsbeispiels vom 09.10.1991 (Anlage K 7) schließlich dazu bewegte, am 12.10.1991 einen
privatschriftlichen Eintrittsantrag zu dem WGS-Fonds Nr. 23 (Anlage B 3), eine Darlehensanfrage (Anlage B 2) und eine Selbstauskunft für die
Aufnahme eines Kredits (Anlage B 1) zu unterzeichnen. Außerdem unterzeichnete die Klägerin am 04.11.1991 eine privatschriftliche Vollmacht
für die Mitarbeiter ... und ... der Firma ..., in der die Bevollmächtigten berechtigt werden, die Klägerin in allen Angelegenheiten, welche den Eintritt
in die Gesellschaft mit einem Anteil betreffen, sowohl bei Gerichten und anderen Behörden als auch gegenüber Privatpersonen zu vertreten
(Anlage K 4). Durch notarielle Urkunde des Notars Altrichter in Stuttgart vom 25.11.1991 (Anlage K 5) schloss die Bevollmächtigte ... für die
Klägerin einen Vertrag über den Beitritt zur Gesellschaft und den Erwerb von einem Anteil zu einem Nennwert von 30.650,00 DM mit der
Verpflichtung, die Einlage durch Anweisung an die finanzierende Bank auf das Konto der Treuhänderin ... Wirtschaftstreuhand GmbH zu
entrichten.
3
Die Klägerin hatte zwischenzeitlich zur Finanzierung des Anteilserwerbs am 04.11.1991 einen von der Beklagten am 13.12.1991
gegengezeichneten Darlehensantrag unterzeichnet (Anlage K 1) über einen Darlehensbetrag von 35.128,00 DM mit einem bis 30.09.2001
festgeschriebenen Nominalzinssatz von 8,5 % (effektiv 10,58 %), der weisungsgemäß an die Treuhänderin ausgezahlte Nettokredit betrug (bei
einem Disagio von 8 % und einer Bearbeitungsgebühr von 2 %) insgesamt 31.615,00 DM. Die Rückzahlung des Darlehens sollte in voller Höhe
am 01.01.2024 erfolgen „durch fällige Lebensversicherung über 36.630,00 DM“. Die Klägerin hatte bereits im Jahr 1989 eine
Kapitallebensversicherung bei der ... über die entsprechende Versicherungssumme abgeschlossen. Als Sicherheit trat die Klägerin sämtliche
Ansprüche aus dieser Lebensversicherung an die Beklagte ab (Anlage K 2) und verpfändete ihre Gesellschaftsanteile an dem Immobilienfonds
(Anlage K 3). Der Darlehensvertrag enthält eine von der Klägerin unterzeichnete Widerrufsbelehrung mit folgendem Inhalt:
4
„Als Darlehnsnehmer steht mir/uns das gesetzliche Recht zum Widerruf zu. Danach ist die auf den Abschluß dieses Darlehnsvertrages
gerichtete Willenserklärung erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerrufen wird. Zur Wahrung der
Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Lauf der Frist beginnt mit der Aushändigung der Durchschrift dieser
Information über das Recht zum Widerruf. Hat der Darlehnsnehmer das Darlehn empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er
das Darlehn nicht binnen zweier Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehns zurückzahlt.“
5
Die Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs-GbR war durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 16.08.1991 von den
Gesellschaftern WGS Wohnungsbaugesellschaft mbH ... (im Folgenden WGS GmbH) und ... (gleichzeitig Geschäftsführer der WGS GmbH und
der GbR) gegründet worden. Über das Vermögen der WGS GmbH, die auch die Funktion einer Schließungs- und Mietgarantin übernommen
hatte (Anlage BK 1, Bl. 175), wurde am 31.10.1997 das Konkursverfahren eröffnet. Die Klägerin widerrief mit Schreiben ihres
Prozessbevollmächtigten vom 07.01.2002 (Anlage K 6) ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Erklärung und verlangte mit der
Klage ihre im Zeitraum von 01.12.1991 bis zur Zahlungseinstellung Ende Mai 2003 geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 15.625,00
EUR (19.130,00 EUR abzüglich Ausschüttungen des Fondsgesellschaft in Höhe von 3.505,00 EUR) zurück.
6
Ergänzend wird wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien in erster Instanz auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils Bezug genommen.
2.
7
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugin ... der auf Rückübertragung der Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin und
negative Feststellung gerichteten Klage entsprochen und die Beklagte (unter teilweiser Klagabweisung im Übrigen) zur Rückzahlung von
14.082,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit 01.12.2003 verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt,
dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Darlehensvertrag aufgrund einer Haustürsituation abgeschlossen worden sei, weshalb die
Klägerin in Ermangelung einer zutreffenden Belehrung auch jetzt noch nach dem HWiG widerrufen könne. Die Beklagte müsse sich das
Verhalten der Vermittlerin analog § 123 Abs. 2 BGB zurechnen lassen. Das Widerrufsrecht sei nicht verwirkt, der erst aufgrund der
Widerrufserklärung entstandene Rückgewähranspruch sei nicht verjährt. Auf der Rechtsfolgenseite könne die Klägerin ihre an die Beklagte
geleisteten Zahlungen zurückfordern, ohne dass sie bei den hier anwendbaren Grundsätzen des verbundenen Geschäfts zur Rückzahlung der
Darlehensvaluta verpflichtet sei; die Bank müsse sich insoweit an die Fondsgesellschaft halten. Die Klägerin habe aber die Höhe ihrer
Zahlungen nicht bewiesen und könne deshalb nur den von der Beklagten zugestandenen Betrag von 17.587,84 EUR abzüglich der als unstreitig
zu behandelnden Fondsausschüttungen in Höhe von 3.505,00 EUR verlangen.
3.
8
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren, das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Außerdem
erhebt sie Widerklage mit dem Antrag, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 19.546,55 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%
über dem Basiszinssatz seit 01.06.2004 zu bezahlen. Hilfsweise beantragt sie im Wege der Widerklage, die Klägerin zu verurteilen, an die
Beklagte 17.960,66 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8,6% ab 01.07.2003 zu bezahlen, höchst hilfsweise stellt sie den Antrag, die
Klägerin zur Zahlung in Höhe von 13.660,66 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8,6% ab 01.07.2003 zu verurteilen sowie die Klägerin
zu verpflichten, ihre Beteiligung an der Fondsgesellschaft zu kündigen (sowie sämtliche zur Beendigung ihrer gesellschaftsrechtlichen
Beteiligung notwendigen Erklärungen und Handlungen abzugeben bzw. vorzunehmen) und den Auseinandersetzungsanspruch abzutreten
(falls dieser geringer als 4.300,00 EUR ausfallen sollte, verbunden mit der Feststellung der Verpflichtung, die Differenz an die Beklagte zu
bezahlen).
9
Die Beklagte ist der Auffassung, dass ihre Widerklage nach § 533 ZPO zulässig sei, weil es keiner neuen Tatsachenfeststellungen bedürfe und
weil eine abschließende Entscheidung über die Gegenansprüche der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit im Sinne
einer endgültigen Streiterledigung sachdienlich sei. Die Beklagte könne insoweit auch die neue Tatsache der zwischenzeitlichen Kündigung des
Darlehensvertrags durch Schreiben vom 10.05.2004 einführen, da sich dieser Umstand erst nach dem erstinstanzlichen Urteil realisiert habe.
10 In der Sache sei auf den vorliegenden Sachverhalt das HWiG nicht anwendbar, entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs sei eine
richtlinienkonforme Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG entsprechend der Haustürgeschäfterichtlinie wegen des eindeutigen entgegengesetzten
Willens des bundesdeutschen Gesetzgebers nicht möglich. Tatsächlich habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gar keine
Haustürsituation im Sinne von § 1 HWiG vorgelegen, da die Zeugin ... anbieterorientierte Vertragsverhandlungen bei dem ersten Gespräch in der
Wohnung der Eltern der Klägerin gerade nicht habe bestätigen können; aus der Aussage der Zeugin lasse sich auch nicht entnehmen, dass
nachfolgende weitere Gespräche in einer Überrumpelungssituation stattgefunden hätten. Das HWiG habe nicht den Schutzzweck, das
wirtschaftliche Risiko der Verwendung des Darlehens auf den Darlehensgeber abzuwälzen. Eine Haustürsituation sei der Beklagten auch nicht
analog § 123 Abs. 2 BGB zuzurechnen, da sie keine Kenntnis von Umständen gehabt habe oder hätte haben müssen, die auf eine
Haustürsituation hindeuten könnten. Die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag entspreche dem VerbrKrG und sei auch im Hinblick auf das
HWiG nicht zu beanstanden, zumindest sei deswegen das Widerrufsrecht der Klägerin verwirkt, da sie jahrelang ihren Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der Beklagten, selbst nach dem Konkurs der WGS nachgekommen sei und Steuervorteile und Fondsausschüttungen vereinnahmt
habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liege keine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Darlehensvertrag und dem finanzierten
Geschäft und damit kein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG vor, insbesondere weil die Beklagte dem Vertrieb nicht ihre
hauseigenen Formulare überlassen habe. Bei einer Rückabwicklung seien zudem die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zu
berücksichtigen mit der Folge, dass die Klägerin nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aus der Gesellschaft ausscheiden, sondern nur mit
Wirkung für die Zukunft ihre Beteiligung kündigen könne. Die Klägerin sei selbst bei Wirksamkeit eines Widerrufs zur Rückzahlung der
Darlehensvaluta, die sie aufgrund der weisungsgemäßen Auszahlung an die Treuhänderin empfangen habe, nebst einer marktüblichen
Verzinsung verpflichtet. Die Klägerin könne ihre in der Vergangenheit gezahlten Raten nicht zurückverlangen, diese Raten seien auch nicht zu
Gunsten der Klägerin zu verzinsen. Etwaige Rückforderungsansprüche seien verjährt, die Klägerin müsse sich außerdem Steuervorteile
anrechnen lassen.
11 Die Widerklage sei begründet, weil die Klägerin unstreitig ab Juni 2003 die der Beklagten aufgrund des ursprünglichen Darlehensvertrags und
des nach Abschluss der Zinsfestschreibung abgeschlossenen Ergänzungsvertrages zu veränderten Zinskonditionen vom 12.10./29.11.2001 (mit
Zinsfestschreibung bis 30.09.2006) zustehenden Raten nicht mehr bezahlt habe. Nach Mahnschreiben vom 12.11.2003 und vom 06.04.2004
habe deshalb die Beklagte das Darlehen berechtigterweise mit Schreiben vom 10.05.2004 wegen Verzugs mit mehr als zwei Raten gekündigt.
Die hilfsweise erhobenen Widerklageanträge seien für den Fall gerechtfertigt, dass entgegen der Auffassung der Beklagten ein Widerruf nach
dem HWiG durchdringe; für diesen Fall sei der Bruttodarlehensbetrag von 17.960,66 EUR marktüblich mit dem beantragten Zinssatz zu
verzinsen. Falls sich die Beklagte das mit 4.300,00 EUR zu beziffernde Abfindungsguthaben anrechnen lassen müsse, sei wenigstens der
weitere Hilfsantrag auf Zahlung von 13.660,66 EUR gerechtfertigt.
12 Die in der Berufungserwiderung erstmals geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen angeblicher fehlerhafter Angaben über die
Wertentwicklung des Fonds und Verschweigens der Innenprovision könnten der Beklagten nicht im Wege des Einwendungsdurchgriffs
entgegengehalten werden. Der nunmehr im Berufungsverfahren eingeführte Vortrag der Klägerin werde bestritten und sei deshalb nach §§ 529
Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen.
4.
13 Die Klägerin hält das Urteil des Landgerichts hingegen für zutreffend und beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die
Widerklage abzuweisen.
14 Das Landgericht habe für das Berufungsverfahren verbindlich festgestellt, dass eine Haustürsituation vorliege, die der Beklagten auch
zuzurechnen sei. Der Widerruf der Klägerin nach dem HWiG sei deshalb wirksam und führe dazu, dass die Klägerin ihre Zahlungen
zurückverlangen könne, ohne im Gegenzug zur Zahlung der Darlehensvaluta an die Bank verpflichtet zu sein. Daneben stünden der Klägerin
auch Schadenersatzansprüche aus arglistiger Täuschung durch die Initiatoren des Immobilienfonds und den Vertrieb zu, die die Klägerin, da es
sich um verbundene Geschäfte handele, auch gegenüber der Finanzierungsbank im Wege des Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriffs
geltend machen könne. Der Klägerin sei in dem Berechnungsbeispiel Anlage K 7 eine unzutreffende Wertentwicklung vorgespiegelt worden,
außerdem seien ihr die versteckten Innenprovisionen in einer Größenordnung zwischen 4.500,00 DM und 6.000,00 DM je Anteil verschwiegen
worden. Die Klägerin habe sich die von ihr vereinnahmten Fondsausschüttungen bereits im erstinstanzlichen Verfahren anrechnen lassen. Eine
Anrechnung von Steuervorteilen finde bei einer Rückabwicklung nach § 3 HWiG nicht statt, selbst im Bereich des Schadensersatzrechts
entstünden für die Klägerin keine anrechnungspflichtigen Vorteile, da die Klägerin ihren Rückabwicklungsanspruch als Einkommen mit einem
höheren Progressionssteuersatz als bei den auf mehrere Jahre verteilten Absetzungen der Vergangenheit versteuern müsse.
5.
15 Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom
03.06.2004 (Bl. 133 ff.), vom 30.06.2004 (Bl. 196 ff.), vom 08.09.2004 (Bl. 203 ff.) und vom 09.11.2004 (Bl. 238 ff.) sowie die Schriftsätze des
Klägervertreters vom 24.06.2004 (Bl. 186 ff.) und vom 17.08.2004 (Bl. 201 f.) verwiesen.
II.
16 In der Sache hat die zulässige Berufung der Beklagten im Ergebnis keinen Erfolg. Die Beklagte ist aufgrund eines wirksamen Widerrufs nach §§
1, 3 HWiG in der bis 30.09.2000 maßgeblichen Fassung (vgl. § 9 Abs. 3 HWiG und Art. 229 § 5 EGBGB) zur Rückzahlung der mit der Klage
geltend gemachten Beträge verpflichtet.
17 Der Senat folgt nicht zuletzt aus Gründen der einheitlichen Rechtsanwendung in dem bislang durch große Rechtsunsicherheit geprägten
Themenbereich der Rückabwicklung von zur Finanzierung des Erwerbs von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds
aufgenommenen Darlehen im rechtlichen Ausgangspunkt, wenn auch nicht in allen Einzelheiten der Begründung und in allen Detailfragen, der
vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einer Reihe von zwischenzeitlich veröffentlichten Urteilen vom 14.06.2004 (II ZR 392/01, WM 2004,
1518 = NJW 2004, 2735, betreffend das Verfahren OLG Stuttgart 6 U 148/00; II ZR 395/01, WM 2004, 1521 = NJW 2004, 2731; II ZR 374/02, WM
2004, 1525 = NJW 2004, 2742; II ZR 385/02, WM 2004, 1527 = NJW 2004, 2735; II ZR 393/02, WM 2004, 1529 = NJW 2004, 2736; II ZR 407/02,
WM 2004, 1536 = NJW 2004, 2742) sowie in weiteren Urteilen vom 28.06.2004 (BGH WM 2004, 1675), vom 13.09.2004 (II ZR 393/01, betreffend
das Verfahren OLG Stuttgart 6 U 8/01; II ZR 372/02; II ZR 373/02; II ZR 383/02; II ZR 384/02; II ZR 392/02) und vom 27.09.2004 (II ZR 378/02; II ZR
380/02; II ZR 390/02; II ZR 391/02; II ZR 320/03; II ZR 321/03) vertretenen Auffassung.
1.
18 Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Landgerichts wurde der Darlehensvertrag aufgrund einer Haustürsituation im Sinne § 1 HWiG
abgeschlossen, die der Beklagten nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 09.03.2004 im Verfahren 6 U 166/03, veröffentlicht in ZIP
2004, 891 und OLGR 2004, 244) jedenfalls bei einem verbundenen Geschäft auch ohne weiteres zuzurechnen ist.
19 a) Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis dafür erbracht, dass der Darlehensvertrag auf einer Haustürsituation beruht (zur Beweislast BGH
NJW 1996, 926, 928; Staudinger-Werner § 1 HWiG Rn. 116; Münchener Kommentar-Ulmer § 312 BGB n.F. Rn. 89; zum Bestreiten der Bank mit
Nichtwissen BGH NJW 2004, 844, 846). Nach der Aussage der Zeugin ... haben in der Wohnung der Eltern konkrete Verhandlungen
stattgefunden, die sich auf die streitgegenständliche Anlage bezogen, auch wenn möglicherweise zu diesem Zeitpunkt noch kein Prospekt
vorlag. Das Landgericht hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zutreffend und damit für das Berufungsverfahren verbindlich (§ 529 Abs. 1
ZPO) die Voraussetzungen für eine Haustürsituation festgestellt.
20 Es fehlt auch nicht an der erforderlichen Kausalität zwischen der Haustürsituation und dem Abschluss des Darlehensvertrags. Unerheblich ist,
dass der eigentliche Abschluss des Darlehensvertrags erst später in einem zweiten Termin stattgefunden haben soll. Privatschriftlicher
Eintrittsantrag, Kreditanfrage und Selbstauskunft (jeweils 12.10.1991) und Darlehensantrag (04.11.1991) stehen noch in einem engen zeitlichen
Zusammenhang. Bei diesem geringen zeitlichen Abstand zwischen Vertragsverhandlungen und späterem Vertragsabschluss besteht ohnehin
eine Indizwirkung für die Kausalität (Münchener Kommentar-Ulmer § 312 BGB n.F. Rn. 31 und Rn. 89; BGH NJW 1996, 926, 928; BGH NJW
2003, 1390, 1391), wobei eine Mitursächlichkeit genügt (BGH NJW 1996, 3416, 3417; BGH WM 2004, 1579, 1581). Auch nach der neueren
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2003, 2529, 2530: bei Abstand von drei Wochen zwischen Besuch des Vermittlers in der
Privatwohnung und Unterzeichnung des Darlehensvertrags kann Kausalität entfallen; nach BGH NJW 1994, 262 auch bei Zeitabstand von 5
Monaten Kausalität noch gegeben) ist deshalb von der Kausalität auszugehen.
21 Zu einer vorherigen Bestellung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (dazu BGH NJW 1990, 181; BGH NJW 2001, 509, 510; Palandt-Heinrichs §
312 BGB n.F. Rn. 23 und Rn. 25; Münchener Kommentar-Ulmer § 312 BGB n.F. Rn. 81) hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige
Beklagte (Staudinger-Werner § 1 HWiG Rn. 151 f.; Münchener Kommentar-Ulmer § 312 BGB n.F. Rn. 90; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 506;
OLG Köln MDR 2002, 751) nichts vorgetragen.
22 b) Nach Auffassung des Senats ist bei verbundenen Geschäften im Sinne von § 9 VerbrKrG anders als bei fremdfinanzierten
Eigentumswohnungen bei der Zurechnung nicht auf die Voraussetzungen von § 123 Abs. 2 BGB (so BGH NJW 2003, 424, 425; BGH NJW 2003,
1390, 1391; BGH ZIP 2003, 1741, 1743; BGH NJW 2004, 844, 846 f. jeweils bei der Finanzierung von Eigentumswohnungen; für geschlossene
Immobilienfonds BGH WM 2004, 1521, 1523; BGH WM 2004, 1527, 1528; Urteil vom 13.09.2004, II ZR 393/01, S. 6; Urteil vom 27.9.2004, II ZR
378/02, S. 6) abzustellen. Vielmehr hat die Bank jedenfalls bei verbundenen Geschäften für die vom Vermittler geschaffene Haustürsituation
einzustehen, ohne dass es auf ein Verschulden der Bank im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ankäme (OLG Stuttgart OLGR 2004, 244). Ob die
Zurechnung entweder über eine analoge Anwendung von § 123 Abs. 2 BGB vorgenommen wird oder keine Voraussetzungen auf der
subjektiven Seite notwendig sind (dazu Staudinger-Werner § 1 HWiG Rn. 32; Münchener Kommentar-Ulmer § 312 BGB n.F. Rn. 30), hängt
immer von der konkreten Fallkonstellation ab. Einer abschließenden Entscheidung über diese Rechtsfrage bedarf es im vorliegenden Fall jedoch
nicht, da nach beiden rechtlichen Ausgangspunkten die Haustürsituation der Beklagten zuzurechnen ist.
23 aa) Im Rahmen von § 123 Abs. 1 BGB ist das Verhalten des Verhandlungsführers dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn er dessen
Angestellter, Mitarbeiter oder Beauftragter ist oder wenn er wegen seiner engen Beziehungen zu diesem als dessen Vertrauensperson erscheint.
Dies ist bei verbundenen Geschäften der Fall. Bei der Frage, ob der Verhandlungsführer diese Kriterien erfüllt oder ob er Dritter im Sinne des §
123 Abs. 2 BGB ist, ist auch auf die parallele Wertung im Rahmen von § 278 BGB abzustellen (vgl. BGH NJW 1996, 451, 452 für Makler; BGH
NJW 2001, 358, 359 für Bausparvermittler). Bereits die differenzierte Betrachtungsweise bei der Haftung der Banken wegen Verschuldens bei
Vertragsverhandlungen für Angaben der Vermittlers nach der rollenbedingten Verantwortlichkeit (vgl. BGH NJW 2003, 422 und BGH NJW 2003,
424, 425) spricht dafür, zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen den Vermittler im Bezug auf das Darlehen nach § 123 Abs. 1 BGB und nicht
als Dritten zu behandeln. Im Rahmen der Haftung aus culpa in contrahendo wird das Verhalten des Vermittlers der Bank zugerechnet, soweit es
sich auf das vermittelte Darlehen bezieht, da der Vermittler insoweit Erfüllungsgehilfe der Bank ist.
24 Weiter ist von Bedeutung, dass in den Fällen eines nicht grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens sowohl der II. Zivilsenat (BGH NJW 2003,
2821 sowie eingangs genannte Urteile vom 14.06.2004, vom 28.06.2004, vom 13.09.2004 und vom 27.09.2004) als auch der XI. Zivilsenat (BGH
NJW 2003, 3703) nunmehr übereinstimmend die Auffassung vertreten, dass Darlehensvertrag und Gesellschaftsbeitritt verbundene Geschäfte im
Sinne von § 9 VerbrKrG sind. Wenn wie hier ein Verbund vorliegt, wird der Vermittler nicht als Dritter tätig. Die gesetzlich vorgesehenen Kriterien
für ein verbundenes Geschäft (wirtschaftliche Einheit von Kreditvertrag und finanziertem Geschäft nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG;
unwiderlegliche Vermutung in § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG) erzwingen eine Zurechnung der Haustürsituation, wenn sich wie hier der Kreditgeber
entweder bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrags derselben Person bedient, die auch den Vertrieb des zu finanzierenden
Geschäfts für den Verkäufer übernommen hat. Im Bezug auf Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrags tritt der Vermittler deshalb aus
der maßgeblichen Perspektive des Verbrauchers als Beauftragter der finanzierenden Bank, zu der zuvor der Anleger in der Regel nicht in
Geschäftsbeziehung stand, auf.
25 Schließlich ist die Anwendung von § 123 Abs. 2 BGB weder durch die Gesetzesmaterialien (in BT-Drucks. 10/2876, S. 11 linke Spalte wird
lediglich § 123 Abs. 1 BGB genannt) noch durch die EG-Richtlinie (85/577/EWG) vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von
außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen (Art. 2 der Richtlinie stellt lediglich darauf ab, dass der Gewerbetreibende oder die
für ihn handelnde Person in einer durch Art. 1 definierten Situation aufgetreten ist) zwingend vorgegeben.
26 bb) Angesichts der Ortsangaben in der Kreditanfrage, der Selbstauskunft, dem Darlehensvertrag und dem Eintrittsantrag (jeweils ..., während die
Vermittlerin nach dem Eintrittsantrag Anlage B 2 ihren Sitz in ... hatte und die Unterschriftsbeglaubigung für Vollmacht an die Mitarbeiter der ...
beim Notar in ... erfolgte) wären im vorliegenden Fall aber auch die Voraussetzungen für eine Zurechnung gemäß § 123 Abs. 2 BGB nach der
eingangs genannten Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH WM 2004, 1521, 1523; BGH WM 2004, 1527, 1528)
gegeben. Wenn der Verhandlungsführer lediglich Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB wäre, wäre sein Handeln nur zuzurechnen, wenn der
Erklärungsempfänger dieses kannte oder kennen musste; dabei genügt es für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne, dass die Umstände
des einzelnen Falles den Erklärungsempfänger veranlassen mussten, sich danach zu erkundigen, auf welchen Gegebenheiten die ihm
übermittelte Willenserklärung beruht (BGH NJW 2003, 424, 425). Dies ist bei der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch eine
Bank nicht bereits deshalb anzunehmen, weil die Bank Kenntnis davon hat, dass die Eigentumswohnung nicht von einer Privatperson, sondern
über einen gewerblich tätigen Vermittler verkauft wird; allein dieser Umstand lässt nicht den Schluss zu, dass die Darlehensvertragserklärung
des Kunden auf einer mündlichen Verhandlung ohne vorherige Bestellung an seinem Arbeitsplatz oder in seiner Privatwohnung beruht, und
verpflichtet die kreditgebende Bank auch nicht ohne weiteres zu einer Nachfrage über die Umstände der Vertragsanbahnung (BGH NJW 2003,
424, 425). Es erscheint fraglich, ob die für Eigentumswohnungen dargestellten Grundsätze einschränkungslos auf Immobilienfonds übertragbar
sind; Eigentumswohnungen werden auch auf anderen Wegen vertrieben, während bei Immobilienfonds der Direktvertrieb (auch nach dem
Kenntnisstand der finanzierenden Banken) weitaus häufiger vorkommen und die Regel sein dürfte. Angesichts der Ortsangaben in den
Darlehensunterlagen lag jedenfalls aus der Sicht der Bank eine Haustürsituation nicht fern (BGH Urteil vom 13.09.2004, II ZR 393/01, S. 6 und
Urteil vom 27.9.2004, II ZR 378/02, S. 6).
27 Der Gesichtspunkt, dass Banken nach der Rechtslage vor den „Heininger-Entscheidungen“ des EuGH vom 13.12.2001 (NJW 2002, 281) und
des BGH vom 09.04.2002 (NJW 2002, 1881) gar keine Veranlassung hatten, wegen der damals ganz überwiegend angenommenen
Vorrangregelung in § 5 Abs. 2 HWiG sich nach eventuellen Haustürsituationen zu erkundigen (vgl. dazu Urteil des Senats vom 24.11.2003 im
Verfahren 6 U 35/03, Leitsatz BKR 2004, 73), ist im vorliegenden Fall nicht von Gewicht, da das VerbrKrG zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses erst seit kurzer Zeit in Kraft getreten war und zu diesem Zeitpunkt, als die Beklagte die maßgebliche Vermögensdisposition
in Gestalt der Auszahlung der Darlehensvaluta an die Treuhänderin vornahm, eine gesicherte Rechtsprechung zu dieser Fragestellung noch
nicht existierte (die erste ersichtliche ausdrückliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Vorrang des VerbrKrG vor dem HWiG erging erst
1998, nämlich BGH WM 1998, 2463, 2464; vgl. auch BGH NJW 2000, 521, 522 mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstands im Schrifttum
und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung; die erste Entscheidung des Senats vom 12.08.1997, veröffentlicht in OLG Stuttgart OLGR 1997,
77, 78, erging ebenfalls erst in diesem Zeitraum).
28 c) Der hieran anknüpfende Einwand der Beklagten, dass eine richtlinienkonforme Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG wegen des Wortlauts und des
entgegenstehenden Willens des Gesetzgebers nicht möglich sei, ist nicht stichhaltig. Dieser Gesichtspunkt ist vom XI. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs im Urteil vom 09.04.2002 (NJW 2002, 1881, 1882 f.), dem sich der II. Zivilsenat angeschlossen hat (Urteil vom 14.06.2004,
WM 2004, 1521, 1522), umfassend geprüft und überzeugend abgehandelt worden. Gleiches gilt für die Frage, ob die Bank sich auf einen
Vertrauensschutz berufen kann. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen des Bundesgerichtshofs an. Zusammenfassend ist hierzu
Folgendes zu bemerken (wegen weiterer Einzelheiten wird auf das weitere am 23.11.2004 verkündete Urteil des Senats im Verfahren 6 U 82/03
verwiesen, das ebenfalls die beklagte Bank betrifft):
29 aa) Unabhängig davon, dass sich Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft (anders als Verordnungen) grundsätzlich nur an die
Mitgliedsstaaten wenden und diese zur Umsetzung in nationales Recht verpflichten und nach der Rechtsprechung des EuGH nur
ausnahmsweise Richtlinien bei einem Verstoß des Mitgliedsstaats gegen seine Pflichten zur Umsetzung gegenüber den säumigen
Mitgliedsstaaten direkt wirken (zur horizontalen Direktwirkung zwischen Privatrechtssubjekten BAG NZA 2003, 742), wenn sie inhaltlich
unbedingt und hinreichend klar abgefasst sind (st. Rspr. des EuGH seit 1974; Slg. 1974, 1337), ist anerkannt, dass die Vorschriften des
nationalen Rechts im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen sind (st. Rspr. des EuGH seit 1984, Slg. 1984, 1891, 1909 =
NJW 1984, 2021; weitere Nachw. bei BGH NJW 2002. 1881, 1882). Diese gemeinschaftsrechtliche Dimension der Auslegung hat der
Bundesgerichtshof beim HWiG von Anfang an wiederholt hervorgehoben (BGH NJW, 1993, 1594; BGH NJW 1994, 2759; BGH NJW 1996, 930),
die europarechtskonforme Auslegung ist mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar (BVerfGE 75, 223, 240 = NJW 1988, 1459, 1461 f.) und
wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch geboten (BVerfGE 85, 191, 205 = NJW 1992, 964). Eine richtlinienkonforme Auslegung ist
entgegen der Auffassung der Beklagten jedenfalls bei § 5 Abs. 2 HWiG anders als bei § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG und § 1 Abs. 2 Nr. 3 HWiG (vgl.
insoweit BGH NJW 2004, 154, 155 f.) möglich (BGH NJW 2002, 1881, 1882 f.). Der Wortlaut von § 5 Abs. 2 HWiG wurde zumindest von einer
Mindermeinung bei Realkrediten als nicht abschließend angesehen (vgl. die Nachw. bei BGH NJW 2002, 1881, 1882). Die vom Wortlaut
gezogene Grenze wäre erst dann erreicht, wenn der Wille des Gesetzgebers eindeutig und die Vorschrift ansonsten völlig sinnentleert und
funktionslos geworden wäre (BAG NZA 2003, 742, 747), was hier jedoch nicht der Fall ist (BGH NJW 2002, 1881, 1883 unter Hinweis auf den bei
Krediten nach dem VerbrKrG nicht anwendbaren § 7 HWiG; dazu BGH NJW 2002, 2029). Auch ansonsten ist methodisch anerkannt, dass bei der
Auslegung von zivilrechtlichen Gesetzen der Wortlaut zwar Ausgangspunkt ist, maßgeblich ist jedoch der Gesetzeszweck (BGH NJW 2003, 290,
291) unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte (hierzu für das VerbrKrG ausführlich BGH NJW 2002, 1881, 1883). Die der
Rechtsprechung durch das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gesetzten Grenzen werden hier nicht überschritten. Lassen der Wortlaut,
die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Vorschriften und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von
denen jedenfalls eine zu einem verfassungs- oder europarechtsgemäßen Ergebnis führt, so ist eine Auslegung geboten, die mit dem
Grundgesetz oder dem Europarecht in Einklang steht (vgl. BVerfGE 69, 1, 55 = NJW 1985, 1519, 1527). Ist eine einschränkende,
richtlinienkonforme Auslegung möglich, dann kommt es nicht darauf an, ob dem subjektiven Willen des Gesetzgebers die weitergehende, dem
Grundgesetz oder Europarecht nicht entsprechende Auslegung eher entsprochen hätte (vgl. BVerfGE 93, 37, 81 = NVwZ 1996, 574, 578). Die
verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen also nur dort, wo sie zu dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers
in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfGE 90, 263, 275 = NJW 1994, 2475, 2476 mit weit. Nachw.; BVerfGE 93, 37, 81 = NVwZ 1996, 574, 578).
Dies ist hier, wie der Bundesgerichtshof herausgearbeitet hat, nicht der Fall (ausführlich zu den Gesetzgebungsmaterialien und der
Entstehungsgeschichte BGH NJW 2002, 1881, 1883; vgl. auch BGH NJW 1998, 2356, 2357). Dass der Gesetzgeber des VerbrKrG seinerzeit bei
der Fassung von § 5 Abs. 2 HWiG sehenden Auges einen Verstoß gegen die Haustürgeschäftrichtlinie in Kauf genommen hätte, behauptet auch
die Beklagte nicht; die Argumentation mit der Umsetzung des § 5 Abs. 2 HWiG in § 312 a BGB durch das Schuldrechtsreformgesetz
(zwischenzeitlich durch das OLG-VertrÄndG wieder repariert) bei Inkaufnahme einer eventuellen Europarechtswidrigkeit lässt keine
Rückschlüsse auf die damalige Situation bei der Schaffung des VerbrKrG zu.
30 bb) Die Beklagte kann sich nicht auf einen Vertrauensschutz dergestalt berufen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rückwirkend
in ihre Recht eingegriffen hätte (vgl. dazu vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips allgemein BVerfGE 74, 129, 155 ff.). Insoweit handelt es
sich bereits begrifflich nicht um eine echte Rückwirkung (die nur vorläge, wenn das Darlehensverhältnis bereits vollständig abgewickelt wäre,
vgl. dazu § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG), sondern allenfalls um eine unechte Rückwirkung. Auch zum Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes hat der
Bundesgerichtshof im Urteil vom 09.04.2002 (BGH NJW 2002, 1881, 1883) Stellung bezogen. Änderungen in der Rechtsprechung sind durchaus
nicht selten und teilweise mit ganz erheblichen Auswirkungen für eine Vielzahl von Fälle verbunden (z.B. für die Beurkundung von
Baubeschreibungen und Teilungserklärungen BGH NJW 1978, 102, BGH NJW 1979, 1495 und BGH NJW 1979, 1498, anders noch wenige
Jahre zuvor BGH NJW 1975, 536; mit Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes für Fälle in der Vergangenheit etwa BGH NJW 2003, 1805,
1809 für Vertragsstrafen in Bauverträgen und BGH NJW 1999, 58, 60 für Ehegattenbürgschaften). Entscheidend ist auch hier, dass die
eigentliche Disposition der Beklagten in Form der Auszahlung der Darlehensvaluta im Jahre 1991 zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als keine
gesicherte Rechtsprechung zum Vorrang des VerbrKrG im Rahmen des § 5 Abs. 2 HWiG existierte (vgl. BGH NJW 2002, 1881, 1882 f. unter
Hinweis auf den damaligen Meinungsstand; ähnlich stellt auch auf den Zeitpunkt der Disposition ab BVerfGE 72, 302, 326 f. = NJW 1986, 2817,
2819 bei der Rückwirkung von Gesetzen, in concreto des Gesetzes vom 20.02.1980, BGBl. I 1980, 157, durch das rückwirkend die durch BGH
NJW 1978, 102, BGH NJW 1979, 1495 und BGH NJW 1979, 1498 aufgeworfene Unwirksamkeit bei fehlender Beurkundung von
Baubeschreibungen und Teilungserklärungen wieder geheilt wurde; im Fall BVerfGE 74, 129, 155 ff. bestand zum Zeitpunkt der Disposition eine
jahrzehntelange Rechtsprechung des RAG und des BAG zur Widerruflichkeit betrieblicher Versorgungszusagen).
31 d) Der Darlehensvertrag enthält wegen des Hinweises auf die Rückzahlungspflicht keine wirksame Belehrung (§ 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG); das
Widerrufsrecht nach dem HWiG ist unbefristet, eine Verwirkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht eingetreten (vgl. BGH
NJW 2002, 1881 im Anschluss an EuGH NJW 2002, 281; BGH NJW 2003, 424, 425 f.; BGH WM 2004, 1521, 1523; BGH WM 2004, 1579, 1580
f.).
2.
32 Die Klage ist auch der Höhe nach im vollen Umfang begründet. Auf der Rechtsfolgenseite hat die Bank nach § 3 HWiG der Anlegerin die
gezahlten Zinsen zurückzuzahlen.
33 a) Der Rückzahlungsanspruch beschränkt sich allerdings auf die solche Leistungen, die die Klägerin unabhängig von der
Gesellschaftsbeteiligung aus dem eigenen Vermögen erbracht hat (BGH WM 2004, 1521, 1523; BGH WM 2004, 1527, 1529; Urteil vom
13.09.2004, II ZR 393/01, S. 8). Die Klägerin hat sich bereits vor dem Landgericht die aus dem Fonds erhaltenen Ausschüttungen anrechnen
lassen. Soweit das Landgericht der Klage der Höhe nach entsprochen hat, werden unter diesem Blickwinkel der Ausschüttungen von der
Beklagten im Berufungsverfahren keine Einwände erhoben.
34 Die weitergehenden grundsätzlichen Einwendungen der Beklagten sind nicht begründet. Der Anleger muss jedenfalls beim verbundenen
Geschäft die Darlehensvaluta nicht zurückzahlen (BGH WM 2004, 1521, 1524; BGH WM 2004, 1527, 1529). Bei der Rückabwicklung nach dem
HWiG ist für eine Vorteilsausgleichung wegen ersparter Steuern von vorneherein kein Raum (BGH WM 2004, 1527, 1529; anders
möglicherweise bei einem über den Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG auch im Verhältnis zur Bank möglichen
Schadensersatzanspruch aus dem Gesellschaftsbeitritt gegen die Initiatoren; dazu BGH WM 2004, 1518, 1521; BGH WM 2004, 1521, 1525; BGH
WM 2004, 1525, 1527; BGH WM 2004, 1536, 1542; BGH WM 2004, 1675). Der Rückgewähranspruch nach § 3 Abs. 1 HWiG ist der Sache nach
ein Anspruch auf Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten und damit ein besonders ausgestalteter Bereicherungsanspruch (vgl. BGH NJW
1996, 57, 58; OLG Stuttgart BKR 2002, 828, 835). Bereicherungsrechtlich sind nach § 818 BGB neben dem Erlangten lediglich Nutzungen und
Surrogate herauszugeben und ggf. Wertersatz zu leisten und beiderseits erbrachte Leistungen zu saldieren, eine Vorteilsausgleichung wegen
nicht auf Leistungen des Vertragspartners beruhenden Umständen findet jedoch anders als im Schadensersatzrecht (dazu Palandt-Heinrichs vor
§ 249 BGB Rn. 124) nicht statt (BGH NJW 2003, 582, 584; Palandt-Sprau vor § 812 BGB Rn. 27).
35 b) Der Feststellungsantrag ist vor diesem Hintergrund ebenfalls begründet. Da der Sicherungszweck weggefallen ist, muss die Beklagte
außerdem die Ansprüche aus der Lebensversicherung bei der ... an die Klägerin zurück übertragen.
36 c) Die Beklagte ist zur Rückzahlung lediglich Zug um Zug gegen Rückgewähr der von der Klägerin empfangenen Leistung verpflichtet, die beim
verbundenen Geschäft nach der neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH WM 2004, 1521; BGH WM 2004,
1527) ausschließlich in den erworbenen Gesellschaftsanteilen besteht, so dass das Anlagerisiko entgegen dem Urteil des II. Zivilsenats vom
21.07.2003 (BGH NJW 2003, 2821, 2823) der Bank aufgebürdet wird.
37 d) Die Beklagte kann sich nicht auf eine Verjährung der Rückzahlungsansprüche der Kreditnehmerin berufen, da die Verjährung erst mit
Entstehung des Anspruchs beginnt (§ 198 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, soweit der Zeitraum vor
01.01.2002 betroffen ist). Das Widerrufsrecht selbst unterliegt keiner Verjährung (vgl. OLG Stuttgart OLGR 1999, 231). Solange das
Widerrufsrecht noch nicht ausgeübt ist, kann der Anspruch deshalb nicht klageweise geltend gemacht werden. §§ 199, 200 BGB a.F. finden auf
andere als dort genannte Gestaltungsrechte keine Anwendung (BGH NJW 1982, 930, 931; Palandt-Heinrichs, 61. Aufl., 198 BGB a.F. Rn. 1
jeweils mit weit. Nachw.). Vor dem Widerruf durch Anwaltsschreiben vom 07.01.2002 (Anlage K 6) konnte nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.
(anwendbar nach Art. 229 § 6 Absatz 1 Satz 1 EGBGB) die Verjährung nicht beginnen mit der Folge, dass durch Erhebung der Klage (Eingang
am 21.11.2003) nunmehr nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. rechtzeitig eine Hemmung eingetreten ist.
III.
38 Auf die weitergehenden streitigen Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs von Anteilen an einem
geschlossenen Immobilienfonds häufig stellen, kommt es, weil die Klage bereits aufgrund des Widerrufs nach dem HWiG begründet ist, nicht an.
1.
39 Dies gilt zunächst für das Erfordernis, im Darlehensvertrag nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b) VerbrKrG auch bei einer unechten
Abschnittsfinanzierung den Gesamtbetrag aller Teilzahlungen des Kreditnehmers anzugeben, da die weitergehenden Pflichtangaben in § 4 Abs.
1 Satz 4 Nr. 1 b) VerbrKrG erst durch die so genannte technische Novelle mit Gesetz vom 27.04.1993 mit Wirkung vom 01.05.1993 (also nach
Vertragsabschluss im hiesigen Fall) eingeführt wurden. Die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen, die nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs höchst kontrovers sind (einerseits XI. Zivilsenat BGH WM 2004, 1542, 1543: Heilung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG mit
Reduzierung auf den gesetzlichen Zinssatz, in Urteilen vom 14.09.2004 XI ZR 10/04, XI ZR 11/04, XI ZR 12/04 im Rahmen einer Revision der
Bank nicht weiter problematisiert; andererseits II. Zivilsenat BGH WM 2004, 1529, 1532 f. sowie BGH WM 2004, 1536, 1539 f.: Nichtigkeit nach §
6 Abs. 1 VerbrKrG ohne Heilung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG, da das Darlehen an den Treuhänder und nicht an den Darlehensnehmer
ausgezahlt wurde), spielen deshalb hier keine Rolle.
2.
40 Ebenfalls offen bleiben kann die weitere Frage, ob die den Mitarbeitern der ... für den Beitritt in die GbR erteilte Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG
verstößt (dazu Rechtsprechung mehrerer BGH-Senate: grundlegend IX. Zivilsenat: BGHZ 145, 265 = NJW 2001, 70 zur Notarhaftung; III.
Zivilsenat: BGH NJW 2002, 66; IV. Zivilsenat: WM 2003, 914; XI. Zivilsenat: NJW 2001, 3774, NJW 2002, 2325, NJW 2002, 2599, WM 2003, 1064,
WM 2003, 1710; II. Zivilsenat: NJW 2003, 1252) und welche Folgen sich hieraus ergeben würden. Es kann zunächst dahinstehen, ob mit der
Vollmacht eine unerlaubte Rechtsberatung verbunden war; die Vollmacht betrifft hier nur ein bestimmtes Rechtsgeschäft, nämlich unter
Bezugnahme auf das im Prospekt enthaltene Muster des Eintrittsvertrags die Vertretung zum Beitritt in die Gesellschaft mit einem Anteil, während
im Gegensatz hierzu in den bislang von der Rechtsprechung entschiedenen Konstellationen die Vollmacht auch eine Vielzahl anderer
Rechtsgeschäfte umfasste (z.B. den Abschluss eines Darlehensvertrag mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung in das persönliche Vermögen
einschließlich der Rückabwicklung; besonders plastisch BGHZ 145, 265 = NJW 2001, 70; BGH NJW 2002, 2599). Weil im vorliegenden Fall eine
Rückabwicklung nach dem HWiG zu erfolgen hat, kommt es auch nicht darauf an, ob eine fehlerhafte Vollmacht eventuell nach §§ 171, 172 BGB
oder den Grundsätzen der Rechtsscheinvollmacht geheilt werden kann (gegen die Auffassung der übrigen BGH-Senate, z.B. BGH NJW 2001,
3774; BGH NJW 2002, 2325; BGH WM 2003, 1064; BGH WM 2003, 1710, nunmehr vom II. Zivilsenat, der in der Entscheidung BGH NJW 2003,
1252 noch auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft rekurriert hat, in den Urteilen vom 14.06.2004 in den Verfahren II ZR 393/02, WM
2004, 1529, und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, verneint; ähnlich auch OLG Karlsruhe OLGR 2003, 452, 453; nach OLG Karlsruhe OLGR 2004,
405 verjähren allerdings insoweit Bereicherungsansprüche nach § 197 BGB a.F. in vier Jahren, Revision unter dem Aktenzeichen XI ZR 275/04).
3.
41 Schließlich muss über direkte Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen bzw. mittelbar
über den Einwendungs-/Rückforderungsdurchgriff gemäß § 9 VerbrKrG gegen die Bank wirkende Schadensersatzansprüche (vgl. Fall BGH WM
2004, 1529, 1534 ff., in dem beide Anspruchsgrundlagen getrennt abgehandelt werden) nicht entschieden werden. In der Sache führt eine
Rückabwicklung nach § 9 VerbrKrG nicht weiter als ein Widerruf nach dem HWiG; insbesondere wäre bei diesen über den
Einwendungsdurchgriff auf die finanzierende Bank zu erstreckenden Schadensersatzansprüchen die Frage der Anrechenbarkeit von
Steuervorteilen zu klären, worauf der Bundesgerichtshof wiederholt hingewiesen hat. Soweit die Klägerin sich in der Berufungserwiderung
gemäß § 9 VerbrKrG auf einen Einwendungs-/Rückforderungsdurchgriff gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Angaben über die
Wertentwicklung und Verschweigens der versteckten Innenprovisionen (dazu BGH NJW 2003, 424, 425 sowie weitere Entscheidungen in der
Folgezeit, zuletzt Urteil vom 23.03.2004, MDR 2004, 1129; das Urteil des III. Zivilsenats vom 12.02.2004, BGH NJW 2004, 1732 betrifft einen Fall
der eigenen Haftung des Vermittlers und soll deshalb nach Auffassung des XI. Zivilsenats, BGH MDR 2004, 1129, nicht auf die Haftung der Bank
übertragbar sein) beruft, ist dieser Vortrag in zweiter Instanz neu und damit nur unter den Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 ZPO beachtlich. Es
kann deshalb auch offen bleiben, ob der neue Vortrag zu den für eine Pflichtverletzung der Initiatoren oder der Vermittlerin relevanten Tatsachen
nicht gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO (vgl. BGH NJW 2004, 2152, 2153) bereits in erster Instanz hätte gehalten werden können und müssen
(einerseits wurde der Rückforderungsdurchgriff bereits in der Entscheidung des II. Zivilsenats des BGH vom 21.07.2003, NJW 2003, 2821,
anerkannt, allerdings haben sich die aufgrund der Urteile des II. Zivilsenats vom 14.06.2004 ergebenden Rechtsfolgen nachhaltig geändert).
IV.
42 Die Widerklage ist aufgrund des Widerrufs nach dem HWiG unbegründet, da die Beklagte sich weder auf ihren vertraglichen
Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag stützen kann noch nach der eingangs genannten neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats
des Bundesgerichtshofs (der Sache nach unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung vom 21.07.2003, BGH NJW 2003, 2821) im Rahmen
von §§ 3, 4 HWiG wenigstens die Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst marktüblicher Verzinsung verlangen kann.
43 Der Senat geht hierbei von der Zulässigkeit der Widerklage nach § 533 ZPO aus. Der Bundesgerichtshof hat zwischenzeitlich entschieden, dass
Änderungen des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz nicht als Klageänderung anzusehen sind und dass
§ 533 ZPO insoweit keine Anwendung findet (BGH NJW 2004, 2152, 2154 f.); ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da ein ganz neuer
Klagegrund geschaffen wird. Eine Widerklage ist deshalb grundsätzlich nur zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das
Berufungsgericht seiner Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 531 Abs. 2 ZPO zugrunde zu legen hat (OLG Stuttgart OLGR 2003,
395; Zöller-Gummer-Heßler § 533 ZPO Rn. 8). Es handelt sich aber nicht um neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne der
prozessrechtlichen Präklusionsvorschriften, wenn eine Partei im Laufe des Verfahrens die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den
Anspruch erst schafft und alsdann in den Prozess einführt (BGH NJW-RR 2004, 167 = MDR 2004, 288 für Schlussrechnung); dies gilt auch für
Gestaltungserklärungen wie hier die Kündigung nach Abschluss der ersten Instanz.
44 Da im vorliegenden Fall ansonsten keine weitere Tatsachenaufklärung (z.B. nach BGH NJW 2003, 2821 noch zur Höhe des
Abfindungsguthabens oder der marktüblichen Zinssätze) notwendig ist, ist die Widerklage zulässig, aber, wie eingangs ausgeführt, unbegründet
(dieses Ergebnis, dass eine in der Sache rechtlich begründete Widerklage, die das Berufungsgericht zu neuen Tatsachenfeststellungen
veranlassen müsste, möglicherweise unzulässig wäre, aber eine aus Rechtsgründen unbegründete Widerklage ohne das Erfordernis einer
weiteren Beweisaufnahme zulässig wäre, ist Konsequenz der gesetzlichen Regelung in § 533 ZPO).
V.
1.
45 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
46 Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für das Berufungsverfahren beruht hinsichtlich der Widerklage auf § 19 Abs. 1 Satz 1 GKG in der vor
01.07.2004 geltenden Fassung (vgl. § 72 Rn. 1 GKG n.F.). Da die Widerklage wirtschaftlich weitgehend mit der negativen Feststellungsklage
(dazu Angaben der Klägerin S. 19 der Klageschrift) identisch ist, wird insoweit nur der darüber hinausgehende Differenzbetrag angesetzt (vgl. §
19 Abs. 1 Satz 3 GKG, der auch für die weiteren hilfsweise gestaffelten Widerklageanträge gilt).
2.
47 Eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO ist nicht veranlasst, da die maßgeblichen Rechtsfragen bei der Anwendung des HWiG
zwischenzeitlich durch die genannten Urteile des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs im Ergebnis geklärt sind.
48 a) Auf die Frage, ob die Haustürsituation der Bank nur unter den Voraussetzungen des § 123 Abs. 2 BGB zuzurechnen ist oder ob entsprechend
der Auffassung des Senats bei verbundenen Geschäften ein fahrlässiges Verhalten seitens der Bank nicht notwendig ist, kommt es wie
ausgeführt im Ergebnis nicht an.
49 b) Die Rechtsfolgen einer Rückabwicklung des Darlehensvertrags nach dem HWiG bei finanzierten Beitritten zu geschlossenen Immobilienfonds
werden nunmehr vom II. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung wie dargestellt behandelt. Divergenzen zur Rechtsprechung des XI. Zivilsenats
bestehen in diesem Punkt nicht, da der XI. Zivilsenat im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 13.12.2001 (NJW 2002, 281) seit seinem Urteil
vom 09.04.2002 (BGH NJW 2002, 1881) hinsichtlich der vorliegend maßgeblichen Fragen lediglich bei der Finanzierung von
Eigentumswohnungen zu befinden hatte, für die wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbKrG bei der Rückabwicklung eigene Regeln gelten, während er für
verbundene Geschäfte seine frühere Securenta-Rechtsprechung (BGH NJW 1996, 3414; BGH NJW 1996, 3416) nicht ausdrücklich aufgegeben
hat (vgl. BGH NJW 2002, 1881, 1884 rechte Spalte, wo ausdrücklich auf die Unterschiede zwischen Realkreditverträgen und
Gesellschaftsbeteiligungen hingewiesen wird).
50 c) Soweit die Rechtsprechung des II. Zivilsenats einerseits und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs andererseits zu ganz erheblich
divergierenden Ergebnissen gelangt (Verpflichtung zur Angabe des Gesamtbetrags aller vom Anleger zu erbringenden Zahlungen bei der
unechten Abschnittsfinanzierung; Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz), die über kurz oder lang zu einer Vorlage an
den Großen Senat führen müssten, ist dies für den vorliegenden Fall ohne Belang.