Urteil des OLG Stuttgart vom 16.01.2008

OLG Stuttgart (werk, urheberrechtlich geschütztes werk, anlage, land, vergleich, urheberrecht, auswahl, benutzung, geistige schöpfung, amtliches werk)

OLG Stuttgart Urteil vom 16.1.2008, 4 U 64/07
Urheberrecht: Schutzfähigkeit einer topografischen Landeskarte; freie Bearbeitung bei Übernahme in
einer Radwanderkarte
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Landgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2007 (17 O
633/05) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des klagenden Landes durch
Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das klagende
Land vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 2.822,65 Euro
Gründe
1
Das klagende Land verlangt Schadenersatz nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG, weil die Beklagte in einem
Radtourenbuch Karten der Landesvermessungsämter B. und B-W verwendet hat.
I.
2
1. Die Landesvermessungsämter geben unter anderem topografische Karten im Maßstab 1:50.000 (im
folgenden auch TK 50) heraus, die nach einheitlichen Zeichenvorschriften aus einem sogenannten Musterblatt
beziehungsweise Signaturenkatalogen und einem einheitlichen Bezugssystem bearbeitet werden. Das
klagende Land steht auf dem Standpunkt, die Karten seien gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschützt, zudem
stelle jede Karte auch eine Datenbank im Sinne des § 87b UrhG dar. Das Land B hat seine Ansprüche an das
klagende Land abgetreten.
3
Das Landgericht hat nach erteilter Auskunft zur Auflagenhöhe der Zahlungsklage in Stufe 2 (3.009,74 Euro)
überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 2.822,65 Euro verurteilt. Bei den Karten handle es
sich um Datenbanken gemäß § 87a UrhG, denn jedes TK50-Kartenblatt stelle eine Sammlung unabhängiger
Elemente dar, die systematisch angeordnet und einzeln zugänglich seien. So sei eine Vielzahl von
Einzelelementen zur Beschaffenheit der Erdoberfläche - Straßen, Wege, Örtlichkeiten etc. - in einer Sammlung
zusammengefasst. Diese Elemente seien unabhängig, da einzelne Aussagen (z.B. zum Standort einer Kirche)
getrennt von den weiteren Karteininformationen verwertbar seien. Da die Anordnung nach den topologischen
Belegenheiten nicht dem Zufall überlassen sei, liege eine systematische Anordnung vor. Die
Einzelzugänglichkeit ergebe sich aus der für den Betrachter möglichen Konzentration auf bestimmte Punkte,
zudem gebiete der Schutzzweck des § 87a UrhG eine Erfassung. Aus dem Aufwand bei einer Aktualisierung -
Bildflug, Orthofotoerstellung, Geländeerkundung etc. - ergebe sich die nach Art und Umfang wesentliche
Investition.
4
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen (Blatt 159 - 177).
5
2. Die Berufung der Beklagten rügt unter anderem ein fehlerhaftes Verständnis des § 87a UrhG. Die
klägerische Kartographie erfülle nicht den Datenbankbegriff. Das Landgericht habe außerdem zu Unrecht das
Merkmal der systematischen Anordnung bei analogen topografischen Landeskarten bejaht. Das Landgericht
habe rechtsfehlerhaft eine Anwendung der Ausnahmebestimmungen des § 5 UrhG auf den sui-generis-Schutz
des Datenbankherstellers aus §§ 87a ff. UrhG verneint. Im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des
Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 24. Mai 2007 (AZ.: I ZR 130/04) sei die Klage abzuweisen, da es am
Vorliegen einer datenbankrechtlichen Entnahmehandlung fehle. Wegen der Einzelheiten des Vortrags zur
Berufung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 20. März 2007 (Blatt 182 - 192 der Akten) Bezug
genommen.
6
Die Beklagte ist der Auffassung, es bestünden keine Ansprüche aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Angesichts der Art
der Herstellung und der Umsetzung des Verkehrswegenetzes nach orthografischer Erfassung verbleibe kein
individueller Gestaltungsspielraum. Hinsichtlich der angeblich entlehnten Kartenteile seien keine
kartografischen Gestaltungsleistungen erkennbar, es gebe keinerlei konzeptionelle Überschneidungen mit dem
Radtourenbuch der Beklagten. Bei den Karten des klagenden Landes gehe es um eine möglichst genaue
Wiedergabe der Topologie, das Radtourenbuch fokussiere die besondere Hervorhebung des empfohlenen
Weges und der Sehenswürdigkeiten an der Strecke. Es liege keine abhängige Bearbeitung vor.
7
Die Beklagte beantragt (Blatt 183):
8
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2007 (AZ.: 17 O 633/05) wird abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
9
Das klagende Land beantragt (Blatt 221):
10
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
11 3. Das klagende Land verteidigt das landgerichtliche Urteil.
12 a. Die topografischen Karten würden Datenbankschutz gem. § 87a UrhG genießen. Die in den Kartenblättern
enthaltenen Objekte seien systematisch angeordnet. Die unabhängigen Elemente seien einzeln zugänglich. Es
sei unrichtig, dass die Entgeltberechnung nicht am Ausmaß der Datennutzung orientiert sei. Die rechtlichen
Erwägungen der Beklagten seien nicht überzeugend. Während der BGH im Vorlagebeschluss vom 28.
September 2006 die Eigenschaft von Ausschreibungsunterlagen als anderes amtliches Werk i. S. des § 5 Abs.
2 UrhG bejaht habe, habe er diese Frage bei topografischen Kartenwerken bislang immer verneint. Aus dem
Vortrag des klagenden Landes ergibt sich, dass ein physisches Kopieren behauptet wird.
13 b. Die topografischen Karten würden auch urheberrechtlichen Schutz genießen. Der Bundesgerichtshof habe
mehrfach entschieden, dass Karten urheberrechtliche Werke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG seien. Es sei
selbst dann ein Urheberrechtsschutz anzunehmen, wenn in der Gesamtkonzeption keine schöpferischen Züge
vorhanden seien. Die topografische Karte sei lediglich eine Präsentation von wichtigen Geoinformationen,
könne jedoch die detailliertere und vielschichtigere Natur nicht exakt abbilden. Bei der Übernahme von
Objekten müsse daher immer eine Objektauswahl getroffen werden. Die im Musterblatt dazu getroffenen
Festlegungen - beispielsweise hinsichtlich der Darstellung von Bächen, Straßen, die Linienführung etc. - seien
originell. Die festgelegten Signaturen beruhten auf eigenen Entwicklungen und Überlegungen und seien daher
persönliche geistige Schöpfungen. Diese Vorgaben des Musterblatts seien ein Werk im Sinne des § 2 Abs. 2
UrhG und würden in den topografischen Karten umgesetzt. Damit würden die im Musterblatt verkörperten
persönlichen geistigen Schöpfungen auf die einzelnen topografischen Karten übertragen.
14 c. Die Beklagte habe die vom den Landesvermessungsämtern getroffene Objektauswahl zu einem großen Teil
zur Erstellung ihres Radtourenbuches übernommen. Dies gelte insbesondere für die Straßen- und
Wegeauswahl; hier bestehe eine Übereinstimmung von 100%. Übernommen worden sei auch die
Gewässerauswahl zu 80%, die Flurnamenauswahl zu 95% und die Auswahl topografischer Einzelzeichen in
einer Größenordnung zwischen 60% und 90%. Dies sei weder Zufall noch eine Vorgabe durch die Natur,
sondern eine weitgehende Übernahme einer persönlichen geistigen Schöpfung. Die Präsentation sei oft nur
leicht abgewandelt worden. Die Argumentation der Beklagten, es seien nur Tatsachen übernommen worden,
greife deshalb zu kurz. Die Beklagte habe nicht nur Tatsachen übernommen, sondern auch die von den
Landesvermessungsamt getroffene charakteristische Auswahl von Tatsachen.
15 Der Senat hat im Termin vom 10.10.2007 darauf hingewiesen, dass auch eine Verurteilung wegen eines
Urheberrechtsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG in Betracht komme. Wegen des weiteren Vortrags der
Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
16 Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Es kann offen bleiben, ob Urheberschutz nach § 87a
UrhG besteht. Insoweit wäre im Hinblick auf den Streit der Parteien, ob ein physisches Kopieren stattgefunden
hat, die Klärung dieser Frage erforderlich, beziehungsweise der Ausgang des vom BGH mit Beschluss vom 24.
Mai 2007 (I ZR 130/04) an den EuGH vorgelegten Verfahrens abzuwarten. Jedenfalls genießen die
topografischen Landeskarten Urheberschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Der Zahlungsanspruch des klagenden
Landes ergibt sich aus § 97 Abs. 1 UrhG.
17 1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG gehören zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst
insbesondere Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen,
Tabellen und plastische Darstellungen. Werke im Sinne dieses Gesetzes sind allerdings nur persönliche
geistige Schöpfungen (§ 2 Abs. 2 UrhG).
18 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH können topografische Karten Urheberschutz genießen, wenn sie
eine persönliche geistige Schöpfung darstellen (BGH GRUR 2005, 854 [856] - Karten-Grundsubstanz; BGHZ
139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [917] = NJW 1998, 3352 - Stadtplanwerk). Kartografische Gestaltungen
können selbst dann, wenn sie in der Gesamtkonzeption (insbesondere bei der Gestaltung des Kartenbildes)
keine schöpferischen Züge aufweisen (wie z.B. bei der Erarbeitung eines einzelnen topografischen Kartenblatts
nach einem vorbekannten Muster), urheberrechtlich schutzfähig sein. Auch bei einer Bindung an vorgegebene
Zeichenschlüssel und Musterblätter kann dem Entwurfsbearbeiter oder Kartografen (etwa bei der
Generalisierung und Verdrängung) ein für die Erreichung des Urheberrechtsschutzes genügend großer
Spielraum für individuelle kartografische Leistungen bleiben. Die Anforderungen an die schöpferische
Eigentümlichkeit sind insoweit bei kartografischen Gestaltungen gering; bei der Beurteilung, ob die
Mindestanforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllt sind, darf
demgemäß bei Werken dieser Art kein zu enger Maßstab angewendet werden (BGH GRUR 2005, 854 [856],
Karten-Grundsubstanz; BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 = NJW 1998, 3352 - Stadtplanwerk; BGH,
GRUR 1987, 360 [361] = NJW-RR 1987, 750 - Werbepläne; GRUR 1988, 33 [35] = NJW 1988, 377 = WRP
1988, 233 - Topografische Landeskarten). Allerdings folgt aus einem geringen Maß an Eigentümlichkeit auch
ein entsprechend enger Schutzumfang für das betreffende Werk (BGH GRUR 2005, 854 [856] - Karten-
Grundsubstanz; BGH, GRUR 1988, 33 [35] = NJW 1988, 377 = WRP 1988, 233 - Topografische
Landeskarten).
19 Der Raum für den Fall einer schöpferischen Leistung ist bei Kartenwerken eingeschränkt, weil die Darstellung
durch die topografischen Gegebenheiten, wie den Verlauf von Gebirgszügen Flüssen, Straßen etc. bereits
weitgehend festgelegt ist. Soweit sich die Darstellungen einer Karte auf deren Wiedergabe beschränkt, also
unmittelbar auf der Bodenvermessung und ihren Ergebnissen beruht und nicht über die bloße Mitteilung
geografischer Tatsachen hinausgeht, ist sie nicht schutzfähig (BGH GRUR 1965, 45 [47] - Stadtplan; BGHZ
139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [917] = NJW 1998, 3352 - Stadtplanwerk: ".... die verwendeten
Vermessungsdaten und die sonstigen in die Karte eingearbeiteten Informationen sind allerdings
urheberrechtlich frei; ...."; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 2 Rn. 206 und § 24 Rn. 3).
Die schöpferische Leistung kann nur in einer darüber hinausgehenden Darstellung liegen. Insoweit sind aber
bestimmte Darstellungstechniken notwendig und allgemein üblich, beispielsweise die Verwendung von
Höhenlinien, die Darstellung von Waldflächen in grüner und von Gewässern in blauer Farbe, die Darstellung von
Straßen auf speziellen Autokarten etc. oder eine vorgegebene bestimmte Darstellungsweise bei Spezialkarten.
Auch diese allgemein üblichen Darstellungstechniken und Darstellungsmittel begründen grundsätzlich keinen
Urheberschutz (Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 2 Rn. 206; RGZ 108, 62 [64]). Ein
Spielraum für die schöpferische Gestaltung besteht jedoch bei der Generalisierung, der Auswahl und
Hervorhebung der darzustellenden Elemente (Darstellungsmittel), die geografisches Einfühlungsvermögen
verlangen, um die jeweilige Generalisierungsmaßnahme mit der Fülle der zu vermittelnden Informationen
abzustimmen und eine möglichst umfassende Information mit guter Übersichtlichkeit und Lesbarkeit der Karte
zu vereinbaren, z.B. Wahl und Anwendung der Darstellungsmittel, Art der Linienführung. Insoweit kann sich bei
der Übertragung auf einen kleineren Maßstab eine schöpferische Leistung ergeben, aber auch die individuelle
Auswahl und Kombinationen bekannter Darstellungsmethoden kann eine schöpferische Leistungen begründen
(Darstellungsmethode), etwa bei der Farbgebung, der Beschriftung, der Verwendung eines gleitenden Maßstabs
oder bestimmter Bildzeichen und Symbole (BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [918] = NJW 1998, 3352 -
Stadtplanwerk; BGH GRUR 1988, 33 [35] = NJW 1988, 377 = WRP 1988, 233 - Topografische Landeskarten,
Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 2 Rn. 206). Bloße Weglassungen und Vergröberungen
reichen dazu nicht aus (BGH GRUR 1965, 45 [47] - Stadtplan; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl.
2006, § 2 Rn. 206). Die schöpferische Eigentümlichkeit einer Karte kann sich demgemäß bereits daraus
ergeben, dass die Karte nach ihrer Konzeption von einer individuellen kartographischen Darstellungsweise
geprägt ist, die sie zu einer in sich geschlossenen eigentümlichen Darstellung des betreffenden Gebiets macht
(BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [917] = NJW 1998, 3352 - Stadtplanwerk; BGH GRUR 1965, 45 [46] -
Stadtplan). Der Einsatz bekannter (nicht geschützter) Darstellungsmittel schließt es nicht aus, dass im
Einzelfall durch die Art und Weise des Einsatzes dieser Darstellungsmittel in der Gesamtschau ein
schutzfähiges Werk entstanden ist, dem nach dem Maß der schöpferischen Leistung im Einzelfall ein größerer
Schutzumfang zukommen kann als sonst Werken dieser Art (BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [918] =
NJW 1998, 3352 - Stadtplanwerk).
20 Das Landgericht hat dazu instruktiv ausgeführt, dass es bei § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG darauf ankommt, ob sich
aus der Form der Darstellung eine individuelle, vom alltäglichen Schaffen abhebende Geistestätigkeit
dokumentieren lässt. Es geht nicht darum, was dargestellt wird (topologische Information als solche), sondern
wie es dargestellt wird (Auswahl und Form der Darstellung).
21 2. Die Anwendung der dargestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zu einer Bejahung des
Urheberschutzes im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG für die Karten des klagenden Landes und des Landes B.
Schon nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG und der oben dargestellten ständigen höchstrichterliche
Rechtsprechung können auch Karten mit einer entsprechenden Schöpfungshöhe Urheberschutz genießen.
Wenn das schon für die sogenannte Kartengrundsubstanz angenommen wird, muss dies erst recht für die
komplexen Darstellungen der TK 50 gelten. Dies ergibt sich aus der harmonischen Darstellung möglichst vieler
abstrakter Daten und Tatsachen unter Zugrundelegung einer erheblichen Abstraktion und Generalisierung, die
sich nicht nur in einer Wiedergabe der Natur beschränken, sondern eigenständige Gestaltungen enthalten. Aus
den vorgelegten Luftbildern und den detailgenaueren TK 25 ergibt sich, dass hier umfangreiche Entscheidungen
über die Auswahl und die Darstellung der Details getroffen wurden, eine Generalisierung vorgenommen wurde
und eine individuelle Bild- und Symbolsprache gewählt wurde, die den Anforderungen an die Zubilligung von
Urheberschutz genügt.
22 a. Für einen entsprechenden Schutz sprechen zunächst die aus § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG folgenden Wertungen
und die dazu ergangene Rechtsprechung. Denn § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nennt als urheberrechtlich schutzfähige
Werke ausdrücklich auch die Karten, also auch Landkarten, wobei nach der dargestellten Rechtsprechung an
die Feststellung der schöpferischen Eigentümlichkeit kein zu enger Maßstab angelegt werden soll. Das
klagende Land hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni
2005 hingewiesen (I ZR 227/02, GRUR 2005, 854 - Karten-Grundsubstanz). Wenn schon die in einem digitalen
Datenbestand verkörperte Vorstufe eines Stadtplans als Kartengrundsubstanz (Vektordaten, lineare Elemente
und Flächenpolygone) ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk darstellen, muss dies erst Recht für das
fertiggestellte Ergebnis, also die gedruckte topografische Karte gelten, die noch wesentlich mehr individuelle
Darstellungselemente enthält.
23 b. Die vom klagenden Land und dem Land B (Zedent) herausgegebenen topografischen Karten weisen in
vielfacher Hinsicht schöpferische Eigentümlichkeiten auf, die über die bloße Mitteilung geografischer
Tatsachen und topografischer Gegebenheiten bei weitem hinausgehen. Der Senat kann der gegenteiligen
Ansicht der Beklagten in der Klagerwiderung (Blatt 22 ff. der Akten) nicht folgen.
24 Die gestalterische Konzeption verfolgt nicht nur das Ziel einer Wiedergabe möglichst vieler detailgenauer
Daten, sondern die tatsächlichen Informationen werden in einem erheblichen Umfang abstrahiert und in einem
harmonischen Gesamtkonzept wiedergegeben. So ergibt sich beispielsweise die unterschiedliche Bedeutung
der dargestellten Straßen und Wege in einer größenmäßig und farblich abgestuften Darstellung. Diese
Darstellung folgt nicht nur den natürlichen Vorgaben, sondern ist auch das Ergebnis einer Entscheidung des
Kartografen, der beispielsweise bestimmte Wege gar nicht oder nicht entsprechend ihrem natürlichen Verlauf
dargestellt hat (vergleiche insoweit beispielsweise die Anlage K 4, dort die Ziffern 4.1, 8.1, 8.2, 8.3, 8.4, 8.5).
Die Generalisierung ergibt sich auch bei der Darstellung von Häusern, Gewässern und Waldstücken. So wurden
bei den dargestellten Orten nicht alle Häuser abgebildet, sondern es erfolgt eine gewichtende und
generalisierende Darstellung, indem normale Wohnbebauung mit kleinen Vierecken, Geschosswohnungsbau
mit auffälligen Rechtecken und große Gebäude entsprechend geblockt (auffällig hervorgehoben durch Größe
und Formengebung) abgebildet werden. Auch bei der Darstellung der Grün- und Waldflächen sowie der
Gewässergrenzen erfolgt eine generalisierende Darstellung, die nicht den Vorgaben der Natur entspricht (z.B.
Anlage K 4, Ziffer 8.3 - hier wird das Schrebergartengebiet generalisierend nur mit Bäumen dargestellt; Ziffer
8.4 - generalisierende Gebäudeabbildung, Ziffer 8.5). Diese harmonisierende und generalisierende Darstellung
ist beispielsweise auch gut aus der Anlage K 3.3 nachzuvollziehen, denn die Farbgebung mit der Darstellung
der anderen Daten vermittelt nicht nur einen zweidimensionalen Eindruck, sondern darüber hinaus auch ein
eigenschöpferisch gestaltetes Bild der dreidimensionalen Topografie, die nicht den tatsächlichen Vorgaben in
der Natur entspricht. Ausweislich der vorgelegten Karten und Fotografien sind hier in einem erheblichen
Umfang eigenständige Entscheidungen bezüglich Auswahl, Abbildung, Art und Umfang der Darstellungen
hinsichtlich der jeweiligen Details zu treffen gewesen. Die verwandte Symbolik und die Darstellung der in der
Natur vorhandenen Objekte weist ebenfalls einen hohen Grad an Individualität auf, dies gilt beispielsweise für
Flussufer, Steinbrüche und Felsdarstellungen (Ziffern 5.1, 6.2, 10.1, 10.2), die Darstellung eines Zementwerks
(Ziffer 3.8.4) und einer Kläranlage (Ziffer 3.1). Die schöpferische Leistung ergibt sich auch aus der
abstrahierenden Umsetzung der verschiedenen Informationen aus der Natur und den dabei notwendigen
Verallgemeinerungen, die bei der Umstellung des Maßstabes von 1:25 auf 1:50 erforderlich sind. Hier besteht
ein erheblicher Gestaltungsspielraum des Kartografen, der nicht nur die Vorgaben des Musterblatts
berücksichtigt, sondern eine individuelle Umsetzung vornehmen muss. Die Art und Weise der
Gesamtdarstellung der einzelnen Informationen und die Kombination der gewählten Darstellungsformen ergibt
in der Gesamtschau ebenfalls ein urheberrechtlich geschütztes Werk.
25 3. Das von der Beklagten hergestellte, veröffentlichte und vertriebene Radtourenbuch stellt noch keine freie
Benutzung dar. Die beanstandeten Pläne der Beklagten sind in unfreier Benutzung der Karten (§ 23 UrhG)
entstanden, ein eigenständiges Werk in freier Benutzung wurde nicht geschaffen.
26 Die topografischen Karten haben der Beklagten bei der Erstellung der Karten vorgelegen und sind von ihr
unstreitig auch benutzt worden, denn die Beklagte hat durch ihren Prozessvertreter eingeräumt, also
zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO), dass die Beklagte die Karten des klagenden Landes benutzt hat (S. 1 des
Protokolls vom 20.12.2005, Blatt 36).
27 a. Nach § 23 UrhG ist dem Urheber die Verwertung seines Werkes nicht nur in der Originalfassung, sondern
auch in umgestalteter Form vorbehalten, weshalb in der Vorschrift auch der Schutzumfang des Urheberrechts
geregelt wird. Das Recht zur Verwertung des Werks umfasst auch das Recht, die Verwertung und
Veröffentlichung in umgestalteter Form zu untersagen (Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, §
23 Rn. 1). Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers
des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden (§ 23 Satz 1 UrhG).
28 Bei der Prüfung, ob eine unfreie Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG vorliegt, ist zu untersuchen, ob und
gegebenenfalls welche Teile des Originalwerkes in veränderter Form übernommen wurden (Loewenheim in
Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 23 Rn. 1). Dabei ist zunächst im Einzelnen festzustellen, durch
welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Originals bestimmt wird.
Maßgebend ist dafür ein Gesamtvergleich mit den vorbekannten Gestaltungen, bei dem vom Gesamteindruck
des Originals und der Gestaltungsmerkmale, auf denen dieser beruht, auszugehen ist. Das Ergebnis dieses
Gesamtvergleichs bestimmt zugleich den Grad der Eigentümlichkeit, von dem der Schutzumfang abhängt
(BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [918] = NJW 1998, 3352 - Stadtplanwerk).
29 Soweit sich dabei im vorliegenden Fall hinsichtlich der Gesamtkonzeption, die den konkret zu beurteilenden
Karten das Gepräge gibt, schöpferische Eigenheiten feststellen lassen, sind sie dem Schaffen des
Durchschnittsgestalters gegenüberzustellen. Die rein handwerksmäßige Fortführung und Entwicklung des
Vorbekannten bleibt außerhalb der Schutzfähigkeit (BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [918] = NJW 1998,
3352 - Stadtplanwerk; BGHZ 94, 276 [287] = GRUR 1985, 1041 - Inkasso-Programm; BGH GRUR 1987, 704
[706] - Warenzeichenlexika).
30 Davon unberührt bleibt bei Karten als Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art die Möglichkeit,
dass auch die Ausnutzung von Spielräumen bei der Erarbeitung eines einzelnen Kartenblatts ein
urheberrechtlich schutzfähiges Werk entstehen lassen kann, wenn auch nur - entsprechend dem geringen Maß
an Eigentümlichkeit - mit einem geringen Schutzumfang (BGHZ 139, 68 [73] = GRUR 1998, 916 [918] = NJW
1998, 3352 - Stadtplanwerk).
31 b. Für eine erlaubte Inanspruchnahme fremder Leistung ist erforderlich, dass ein selbständiges neues Werk
entstehen muss und dass es sich um eine freie Benutzung handeln muss, bei der angesichts der Individualität
des neuen Werks die Wesenszüge des benutzten Werks verblassen (Loewenheim in Schricker, Urheberrecht,
3. Aufl. 2006, § 24 Rn. 2).
32 Eine freie Benutzung setzt voraus, dass das fremde Werk nicht in identischer oder umgestalteter Form
übernommen wird und auch nicht als Vorbild oder Werkunterlage dient, sondern lediglich als Anregung für das
eigene Werkschaffen. Das ist dann der Fall, wenn die dem geschützten älteren Werk entnommenen
individuellen Züge gegenüber der Eigenart des neu geschaffenen Werks verblassen. Ein solches Verblassen
ist namentlich dann anzunehmen, wenn im neuen Werk das ältere nicht mehr in relevantem Umfang benutzt
wird. Dabei ist der Grad der Individualität des benutzten und des neu geschaffenen Werkes zu berücksichtigen:
Je ausgeprägter die Individualität des älteren Werkes ist, desto weniger wird es gegenüber dem neu
geschaffenen Werk verblassen, umgekehrt wird es umso eher verblassen, je stärker die Individualität des
neuen Werkes ist. Eine freie Benutzung liegt aber nicht nur dann vor, wenn die aus dem geschützten älteren
Werk entstehenden eigenen persönlichen Züge in dem neuen Werk in einem wörtlichen Sinn verblassen und
demgemäß in diesem so zurücktreten, dass das ältere in dem neuen Werk nur noch schwach und in
urheberrechtlich nicht mehr relevanter Weise durchschimmert. Vielmehr kann es eine künstlerische
Auseinandersetzung mit einem älteren Werkes erforderlich machen, dass dieses und seine Eigenheiten, so
weit sie Gegenstand der Auseinandersetzung sind, im neuen Werk erkennbar bleiben. Hier muss ein innerer
Abstand zum älteren Werk vorliegen.
33 Bei der vergleichenden Beurteilung des benutzten und des neu geschaffenen Werkes ist zunächst feststellen,
durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werks bestimmt wird.
Maßgebend dafür ist ein Gesamtvergleich mit den vorbekannten Gestaltungen, bei dem vom Gesamteindruck
des Originals und der Gestaltungsmerkmale, auf denen dieser beruht, auszugehen ist. Das Ergebnis dieses
Gesamtvergleichs bestimmt zugleich den Grad der Eigentümlichkeit, von denen der Schutzumfang abhängt.
Grundsätzlich sind nur die im Schutzbereich des benutzten Werks liegenden Entlehnungen rechtlich relevant;
maßgeblich ist dabei allerdings der Gesamteindruck. Damit ist nicht entscheidend, ob ein nach Umfang und
inhaltliche Bedeutung wesentlicher Teil entlehnt wird, sondern ausschließlich maßgeblich, ob der entlehnte Teil
des Werkes als solcher den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügt. In diesem Rahmen kommt es
auf die Übereinstimmungen, nicht dagegen auf die Verschiedenheiten zwischen beiden Werken an. Daher ist
für die Annahme einer freien Benutzung noch nicht ausreichend, dass das neu geschaffene Werk
weiterführende, über die Entlehnung hinausgehende Teile von selbständiger und schöpferischer Eigenart
enthält. Andererseits ergibt sich eine abhängige Bearbeitung nicht stets schon aus einer deutlichen
Bezugnahme auf das ältere Werk. Bei der Beurteilung, ob eine freie Benutzung vorliegt, legt die
Rechtsprechung einen strengen Maßstab an. Dem Urheber soll zwar nicht die für ihn unentbehrliche
Möglichkeit genommen werden, Anregungen aus bereits bestehenden fremden Werken zu entnehmen, er soll
sich aber nicht auf diese Weise eigenes persönliches Schaffen ersparen. Maßgeblich ist auch der für eine
Neugestaltung verbleibende Spielraum. Ist dieser sehr eng, so können schon verhältnismäßig geringe
Änderungen ausreichen, um eine freie Benutzung zu begründen, so weit anderenfalls eine erneute Darstellung
unzumutbar erschwert würde. Dem benutzten Werk ist hier nur ein relativ kleiner Schutzbereich zuzumessen
(vergleiche zum Ganzen nur Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 24 Rn. 10 - 16).
34 4. Die Karten im Radtourenbuch der Beklagten haben eine Vielzahl von urheberrechtlich geschützten
Elementen aus den topografischen Karten des klagenden Landes übernommen, etwa die generalisierende
Darstellung und Einordnung der Straßen, die Signatur und den gestalteten Verlauf der Eisenbahnlinien, die
Auswahl des Gewässer- und Wegenetzes, zahlreiche Signaturen und sämtliche Flur-, Brunnen-, Quell- und
Waldnamen in ihrer schöpferischen Eigentümlichkeit. Der Senat nimmt insoweit auf die umfangreiche
Aufzählung des klagenden Landes im Schriftsatz vom 10. November 2005, dort Seiten 9 - 15 und die dazu
vorgelegten Anlagen K 2, K 3, und K 4 Bezug.
35 Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
36 a. Anlage 2.1 im Vergleich zu TK 3.1
37 Die Darstellung und Gewichtung der Wege entspricht der Darstellung der Karten des klagenden Landes, wobei
allerdings Autobahnen und Bundesstraßen einheitlich in gelber Farbe angezeigt werden. Allerdings sind die
sonstigen abstrahierten Wegeführungen und ihre Abschichtung nach Verkehrswichtigkeit und Verlauf praktisch
identisch übernommen worden. Die Strukturen, die Darstellung der Bebauungsdichte und die Hervorhebung
bestimmter Gebäude entspricht ebenfalls den Bildern auf den Karten des Landes. Eine besonders auffällige
Übereinstimmung besteht bei in der eigentümlichen Darstellung von Gewässern, den erfassten Sportplätzen
und den Kläranlagen.
38 b. Anlage 2.2 im Vergleich zu TK 3.2
39 Hinsichtlich der dargestellten Straßen und Gewässer gelten die obigen Ausführungen, besonders auffällig in
diesem Kartenabschnitt ist die Übernahme der Art der Darstellung von Böschungen an den Straßen- und
Gewässerrändern.
40 c. Anlage 2.3 im Vergleich zu TK 3.3
41 Bezüglich der Straßen, der Gewässer und Böschungen gelten die vorigen Ausführungen. Ausweislich der
vorgelegten Karten wurden hier insbesondere die Höhenangaben und deren Art der Darstellung praktisch
unverändert übernommen.
42 d. Anlage 2.4 im Vergleich zu TK 3.4
43 Es gelten die obigen Ausführungen.
44 e. Anlagen 2.5, 2.6, 2.7 im Vergleich zu TK 3.5, 3.6, 3.7
45 Es gelten die obigen Ausführungen.
46 f. Anlage 2.8 im Vergleich zu TK 3.8
47 Hinsichtlich dieses Kartenabschnitts hat das klagende Land eine eingehende Analyse veranlasst, die eine
weitgehende Übereinstimmung mit den Vorgaben der TK 50 des Jahres 1991 belegt. So wurden insbesondere
mittlerweile veränderte Gewichtungen einzelner Wege und Waldflächen, Ortserweiterungen, der Wegfall von
Sportplätzen und der Wegfall eines Eisenbahnteilstücks nicht berücksichtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf
den nicht bestrittenen Sachvortrag auf Blatt 10 - 11 des Schriftsatzes vom 10. November 2005 und die
Anlagen K 2.8 - K 2.8.1 und K 3.8 - K 3.8.1 Bezug genommen.
48 g. Anlage 2.9 im Vergleich zu TK 3.9
49 Hinsichtlich der Gewichtung der Straßen-, Gelände- und Gewässerdarstellung gelten wiederum die vorherigen
Ausführungen. Besonders augenfällig auf diesen Abschnitten ist die Übernahme von Böschungen,
Höhenpunkten, Sportplätzen und die Darstellung der Wasserbecken mit Böschungen bei der Zuckerfabrik.
50 h. Anlage 2.10 im Vergleich zu TK 3.10
51 Es gelten die obigen Ausführungen zu a. - e.
52 i. Anlage 2.11 im Vergleich zu TK 3.11
53 Auch hier hat das klagende Land ohne inhaltlichen Widerspruch der Beklagten ausführlich und ohne weiteres
aus den vorgelegten Anlagen nachvollziehbar dargelegt, dass die Beklagte mit der Übernahme von generalisiert
erfassten Spezifikationen die dortigen Angaben und Darstellungen übernommen hat, ohne die dort mittlerweile
eingetretenen Veränderungen zu berücksichtigen (Mülldeponie, Straßenführungen der B 39, K 2126, L 1036,
Ortserweiterungen, etc.). Die Einzelheiten ergeben sich aus den Anlagen K 2.11 - 2.11.1 und K 3.11 - K 3.11.4.
54 j. Anlage 2.12 - 2.22 im Vergleich zu TK 3.12 - 3.22
55 Hier wurden Kilometerangaben der Autobahn als Höhenangaben übernommen, hinsichtlich Straßen,
Gewässern, Wegen etc. gelten wiederum die vorigen Ausführungen.
56 k. Die Beklagte hat bei ihrem Radtourenbuch den Grundriss von Verkehrsnetz und Siedlungen, die Auswahl der
Straßen und Wege, topografische Einzelheiten, die besondere Grundrissbeschriftung, Gewässer, Waldflächen
und die jeweils besondere Art der Darstellung so weitgehend übernommen, dass nicht von einer selbständigen
Bearbeitung ausgegangen werden kann. Der Gesamteindruck der Gestaltung der Karten des Radtourenbuchs
vermittelt keinen konträren und eigenen Gesamteindruck (Hervorhebungen des Radweges, nur sporadische
Signaturen, touristisch orientierte Hervorhebungen), sondern hinsichtlich der maßgeblichen gestalterischen
Elemente eine starke Übereinstimmung. Die Beklagten hat den detaillierten Sachvortrag des klagenden Landes
nicht bestritten, ihn also zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Damit stehen die Übereinstimmungen und
Übernahmen unstreitig fest. Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer rechtlichen Bewertung ausgeführt hat, die
Darstellungen des klagenden Landes genössen keinen Werkschutz, stellt dies kein Bestreiten dar. Der Senat
hat bereits dargelegt, warum er dieser Auffassung nicht folgt.
57 Ausweislich der gemachten Ausführungen hat die Beklagte also nicht nur einzelne Elemente übernommen, die
für sich gesehen keinen Urheberschutz beanspruchen, sondern es wurden die urheberrechtlich geschützten
Gestaltungsleistungen übernommen.
58 5. Die Beklagte hat die Urheberrechte des klagenden Landes widerrechtlich verletzt. Es liegt eine
Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG vor. Vervielfältigung ist jede körperliche Festlegung eines Werks, die
geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar
zu machen (BGH GRUR 1991, 449 [453], Betriebssystem; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 2 Aufl.
1999, § 16 Rn. 6 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Die Beklagte hat eingeräumt, dass sie die Karten
des klagenden Landes bei der Herstellung der eigenen Karten benutzt hat (Blatt 36), weshalb von einer
Vervielfältigung im oben genannten Sinne auszugehen ist.
59 Zudem erfolgte eine unerlaubte Veröffentlichung und Verwertung der bearbeiteten TK-50.
60 6. Das Verschulden der Beklagten bedarf keiner weiteren Erörterungen. Sie ist als Verlag den Fachkreisen
zuzurechnen, weshalb sie verpflichtet war, gesteigerte Sorgfalt an den Tag zulegen. Die Beklagte hätte sich
über den Bestand und Umfang des Schutzes erkundigen müssen. Die falsche rechtliche Einschätzung führt
nicht zu einer Entlastung der Beklagten.
61 7. Die Beklagte hat den Schaden in erster Instanz unstreitig gestellt. Daran muss sie sich festhalten lassen.
Sie kann sich deshalb auch nicht mehr auf eine Unschlüssigkeit der klägerischen Entgeltberechnung berufen.
Denn das Berufungsgericht hat die in erster Instanz festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht
konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen
Feststellungen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Bindungswirkung des Berufungsgerichts erstreckt sich
danach auf die offenkundigen, die gerichtsbekannten, die zugestandenen und die unstreitigen Tatsachen (BGH
NJW 2004, 2152 [2153]). Die Beklagte muss sich deshalb an dem zugestandenen Schaden festhalten lassen
und kann eine fehlerhafte Berechnung nicht mehr rügen.
III.
62 Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung
einer Revision sind nicht ersichtlich, denn die Urheberrechtsfähigkeit von geografischen Karten ist
höchstrichterlich geklärt, insoweit war nur über die Schutzfähigkeit im konkreten Fall zu befinden.