Urteil des OLG Stuttgart vom 07.12.2006

OLG Stuttgart: unterhalt, berufungsfrist, verfügung, leistungsfähigkeit, selbstbehalt, vermögensbildung, erwerbseinkommen, kaufpreis, rate, prozesshandlung

OLG Stuttgart Urteil vom 7.12.2006, 11 UF 69/06
Unterhalt der nicht verheirateten Mutter: Berücksichtigung von Kreditverbindlichkeiten für den Erwerb eines Wohnhauses und Kürzung des
objektiven Wohnwerts im Mangelfall
Tenor
I. Auf die Berufung des Erstberufungsklägers wird das Urteil des Amtsgerichts Ellwangen - Familiengericht - vom 21.02.2006 (4 F 255/04)
a b g e ä n d e r t :
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Unterhalt
- in Höhe von 495,-- EUR monatlich im Zeitraum 7/04 bis 12/04,
- in Höhe von 423,-- EUR monatlich im Zeitraum 1/05 bis 6/05,
- in Höhe von 322,-- EUR monatlich im Zeitraum 7/05 bis 11/05 und
- in Höhe von 330,-- EUR monatlich im Zeitraum 2/06 bis 3/06
zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen .
II. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
III. Die Zweitberufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Ellwangen - Familiengericht - vom 21.02.2006 (4 F 255/04) wird als unzulässig
v e r w o r f e n .
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz trägt die Klägerin 9/10, der Beklagte 1/10.
Von den Kosten des Rechtsstreits in 2. Instanz trägt die Klägerin 3/4, der Beklagte 1/4.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert der Erstberufung: 14.712,00 EUR (1.226,-- EUR x 12)
Streitwert der Zweitberufung: 7.680,00 EUR [(620,-- EUR x 9) + (350,-- EUR x 6)]
Gründe
I.
1
Die Klägerin ist die Mutter des am 25.03.2003 nicht ehelich geborenen Kindes J.. Die Vaterschaft des Beklagten zu dem Kind ist festgestellt durch
Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 13.11.2003 (6 F 184/03); durch dasselbe Urteil wurde der Beklagte verurteilt, an das Kind vom Tage der
Geburt an Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe abzüglich des anrechenbaren Teils des Kindergeldes nach
§ 1612b Abs. 5 BGB zu bezahlen. Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Familiengericht - unter Klagabweisung im Übrigen - den Beklagten
verurteilt, an die Klägerin, die das Kind betreut und versorgt, Unterhalt in Höhe von 1.226,-- EUR monatlich im Zeitraum 7/04 bis 6/05, 1.216,--
EUR monatlich im Zeitraum 7/05 bis 11/05 und 2/06 bis 3/06 sowie 893,-- EUR monatlich in den Monaten 12/05 und 1/06 zu bezahlen.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und Einzelheiten der Unterhaltsberechnung wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (§
540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
2
Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Er ist der Auffassung,
dass er bei Berücksichtigung seiner Hausverbindlichkeiten, die das Familiengericht zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, zur Zahlung des
Unterhalts nicht in der Lage sei.
3
Die Klägerin, der das erstinstanzliche Urteil am 28.02.2006 zugestellt worden ist, reichte am 27.03.2006 beim Oberlandesgericht einen
Prozesskostenhilfeantrag ein sowie einen weiteren mit „Prozesskostenhilfegesuch und Teil-Berufung“ überschriebenen und von ihrem
Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Schriftsatz, mit dem sie einen monatlichen Unterhalt von 1.226,-- EUR für den Zeitraum, für den das
Familiengericht ihren Unterhaltsanspruch mangels Verzuges vollständig abgewiesen hat (3/06 bis 6/03), geltend macht. In dem mit
„Prozesskostenhilfeantrag“ überschriebenen Schriftsatz heißt es, das Verfahren solle nur eingeleitet werden, wenn Prozesskostenhilfe gewährt
wird. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 31.03.2006 wurde die Klägerin um Klarstellung gebeten, ob mit ihren Schriftsätzen vom 23.03.2006
Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren beantragt oder bereits Berufung eingelegt werden soll. Hierauf stellte der
Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 13.04.2006 klar, dass es sich bei dem Schriftsatz vom 23.03.2006 zunächst um den
Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe handle. Für den Fall, dass Prozesskostenhilfe gewährt werde, werde die Berufung gesondert
begründet.
4
Mit Beschluss des Senats vom 26.07.2006 wurde der Klägerin für ihre beabsichtigte Berufung Prozesskostenhilfe für einen Unterhaltsanspruch
über 620,-- EUR monatlich für die Zeit von 4/03 bis 12/03 und über 350,-- EUR monatlich für die Zeit von 1/04 bis 6/04 bewilligt. Hinsichtlich der
Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Beschluss des Senats, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 01.08.2006 zugestellt
worden ist. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 30.08.2006 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1
ZPO keine Berufung beim Senat eingegangen ist. In der Folge ging beim Senat am 13.09.2006 ein Schriftsatz der Klägerin, welcher das Datum
28.07.2006 trägt, ein, mit dem beantragt wurde, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 31.10.2006, eingegangen beim
Senat am selben Tage, teilte die Klägerin mit, sie verfolge ihre Berufung im Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe weiter; gleichzeitig
begründete sie ihre Berufung.
II.
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Die Berufung der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO), da sie nicht rechtzeitig eingelegt, zumindest aber nicht
rechtzeitig begründet worden ist.
6
Wird zusammen mit einem PKH-Antrag für die Berufungsinstanz auch eine Berufungsschrift eingereicht, so ist vom Berufungsführer klarzustellen,
ob die Berufung damit eingelegt sein soll oder ob die Berufungsschrift nur einen Entwurf darstellt, dessen Inhalt zur näheren Begründung des
PKH-Antrags dienen soll (Zöller-Gummer, 25. Aufl., § 519 ZPO, Rn. 1). Dies ist mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006 geschehen. Mit
der hierin enthaltenen Erklärung, dass es sich bei dem Schriftsatz vom 23.03.2006 zunächst um einen Antrag auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe handelt, stellt die Klägerin klar, dass die Berufung noch nicht eingelegt sein soll, sondern dass zunächst über den
Prozesskostenhilfeantrag für die beabsichtigte Berufung entschieden werden soll. Mit diesem Verständnis der Klarstellung verträgt sich auch die
Erklärung der Klägerin in dem Prozesskostenhilfeantrag vom 23.03.2006, wonach das (Berufungs-) Verfahren nur eingeleitet werden solle, wenn
Prozesskostenhilfe gewährt wird. Ausgeschlossen werden kann aufgrund der Erklärung der Klägerin damit der Fall, dass zugleich mit dem PKH-
Antrag unbedingt Berufung eingelegt sein sollte (vgl. BGH FamRZ 1986, 1087; 1990, 995). Mit dem Zugang des Senatsbeschlusses über die
PKH-Bewilligung für das Berufungsverfahren am 01.08.2006 war für die Klägerin das Hindernis der Bedürftigkeit entfallen (BGH NJW-RR 1993,
451), und die Frist von 2 Wochen zur Beantragung der Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist und von 1 Monat wegen
Versäumung der Berufungsbegründungsfrist (§ 234 Abs. 1 2 ZPO) begann zu laufen. Innerhalb dieser Frist ist gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO
auch die versäumte Prozesshandlung (Berufungseinlegung und Begründung der Berufung) nachzuholen. Dies ist bis zum Ablauf der Fristen am
15.08. bzw. 01.09.2006 nicht geschehen.
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Auch wenn man der jetzt von der Klägerin im Schriftsatz vom 31.10.2006 vertretenen Auffassung folgt, sie habe mit ihrem Schriftsatz vom
23.03.2006 wirksam (rechtzeitig) Berufung eingelegt, da sie im Rahmen ihrer Klarstellung mitgeteilt habe, dass für den Fall der Bewilligung von
Prozesskostenhilfe die Berufung (nur noch gesondert)
begründet
fehlt es an einer rechtzeitig eingereichten Berufungsbegründungsschrift (§ 520 Abs. 1, 3 ZPO), die nach der eigenen Auffassung der Klägerin
nach bewilligter Prozesskostenhilfe erfolgen sollte. Auch dies ist innerhalb der Frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht erfolgt.
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Unerheblich ist daher auch der Einwand der Klägerin, sie habe bereits im Schriftsatz vom 23.03.2006 einen Antrag auf Wiedereinsetzung wegen
Versäumung der Berufungsfrist gestellt, über den noch nicht entschieden worden sei. Abgesehen davon, dass zu jenem Zeitpunkt ein Antrag auf
Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist keinen Sinn machte, da die Berufungsfrist nicht abgelaufen war, ist gemäß § 238 Abs. 1
ZPO über den Antrag auf Wiedereinsetzung nicht vorab, sondern zusammen über die nachgeholte Prozesshandlung (hier: Einreichung der
Berufungsbegründungsschrift) zu entscheiden. Im Übrigen gebietet § 139 ZPO nicht, eine Partei auf den Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist bzw.
der Berufungsbegründungsfrist hinzuweisen.
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Infolge der Unzulässigkeit der Berufung der Klägerin bleibt es in der Sache bei dem vom Familiengericht abgewiesenen Unterhaltsanspruch für
den Zeitraum 4/03 bis 6/04.
III.
10 Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Aufgrund seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit schuldet der Beklagte der Klägerin gemäß
§ 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB Unterhalt in Höhe von 495,-- EUR monatlich im Zeitraum 7/04 bis 12/04, 423,-- EUR monatlich im Zeitraum 1/05 bis
6/05, 322,-- EUR monatlich im Zeitraum 7/05 bis 11/05 und 330,-- EUR in den Monaten 2/06 und 3/06. Der Unterhaltsanspruch für die Monate
12/05 und 1/06 ist durch die vom Beklagten vorgenommenen Zahlungen über je 323,-- EUR monatlich erfüllt.
11
1.
ihres nicht ehelichen Kindes hatte (BGH FamRZ 2005, 442). Unstreitig verfügte sie über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von
1.645,85 EUR. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin wird allerdings begrenzt durch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Beklagten zu
berücksichtigende Verbindlichkeiten, sowie durch den Halbteilungsgrundsatz, wie er für den Unterhaltspflichtigen auch beim nachehelichen
Betreuungsunterhalt gilt (BGH a.a.O.).
12
2.
berufsbedingte Fahrten zwischen seinem Wohnort und seiner Arbeitsstelle in Abzug zu bringen, die das Familiengericht bei Zugrundelegung
einer einfachen Fahrt von 14,5 Kilometern und durchschnittlichen 220 Arbeitstagen pro Jahr (entsprechend Nr. 10.2.2 SüdL) auf 143,55 EUR im
Zeitraum bis 6/05 und anschließend auf 159,50 EUR errechnet hat. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung substantiiert dargelegt,
dass für ihn aufgrund der Gegebenheiten in seinem Wohnort und aufgrund seiner Arbeitszeiten keine Möglichkeit gegeben sei,
Fahrgemeinschaften zu bilden und dass er im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum auch nicht an einer Fahrgemeinschaft beteiligt
gewesen sei. Die erst in 2. Instanz aufgestellte Behauptung der Klägerin, der Beklagte beteilige sich an Fahrgemeinschaften und habe daher
wesentlich geringere Kosten für seinen Fahraufwand zu tragen als vom Familiengericht zugrunde gelegt, entbehrt somit einer tatsächlich
Grundlage.
13 Vom Einkommen des Beklagten ist weiter der titulierte Kindesunterhalt mit seinem Tabellenbetrag in Abzug zu bringen, da der
Unterhaltsanspruch des Kindes demjenigen seiner Mutter vorgeht (§ 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB).
14
3.
Umstand, dass der Beklagte entgegen der Auflage des Familiengerichts nicht schon in 1. Instanz die zur Begründung der Hausverbindlichkeiten
eingegangen Darlehensverträge und Kontoauszüge vorgelegt hat sowie Zins- und Tilgungsbescheinigungen der Banken nur teilweise, hindert
nicht ihre Berücksichtigung in 2. Instanz, da die nicht rechtzeitig vorgelegten Verteidigungsmittel nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits
führen (§ 621d ZPO).
15 Ob und in wie weit Schulden des Unterhaltsverpflichteten einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist in einer umfassenden
Interessenabwägung zwischen den Belangen des Unterhaltsverpflichteten und Unterhaltsberechtigten sowie der Drittgläubiger vorzunehmen
(BGH FamRZ 1982, 23; 2002, 536). Bestehen die Schulden in Darlehensverbindlichkeiten, so hängt ihre Berücksichtigung im Wesentlichen
davon ab, ob es sich um berücksichtigungswürdige Schulden handelt, zu welchem Zeitpunkt die Schuld entstanden ist und zu welchem Zweck
sie eingegangen worden ist (vgl. zu den im Einzelnen zu berücksichtigenden Umständen: Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung
zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rn. 997 ff.). Leichtfertig, oder ohne verständigen Grund eingegangene Schulden können nicht
einkommensmindernd berücksichtigt werden; ebenso wenig wenn die Verbindlichkeit in Kenntnis einer zukünftigen Unterhaltsverpflichtung
eingegangen worden ist. Schulden, die der Vermögensbildung dienen, können regelmäßig nicht berücksichtigt werden (BGH FamRZ 1984, 149).
Der Unterhaltspflichtige darf zu Lasten des Unterhaltsberechtigten weder eine Vermögensbildung beginnen noch eine solche aufrecht erhalten.
Die Abziehbarkeit von Schulden endet gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjährigen Kinder in der Regel, wenn deren Mindestbedarf
(wirtschaftliches Existenzminimum) nicht gewahrt ist, da minderjährige Kinder ihren notwendigen Lebensbedarf noch nicht selbst verdienen
können und sie für die Schuldenbegründung nicht verantwortlich sind (BGH FamRZ 1996, 190; OLG Stuttgart FamRZ 2000, 376).
16 Durch notariellen Vertrag vom 16.12.2002 erwarb der Beklagte in E. ein 1-Familienhaus (Baujahr ca. 2001) zum Kaufpreis von 240.000,-- EUR.
Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm der Beklagte am 12.12.2002 bei der Münchner Hypothekenbank ein Darlehen über 125.000,-- EUR auf,
welches an ihn am 16.01.2003 ausbezahlt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war der Kaufpreis fällig. Beleihungsobjekt ist nach dem vorgelegten
Darlehensvertrag das erworbene Hausgrundstück. Die monatliche Darlehensrate beträgt 643,75 EUR, davon entfallen im streitgegenständlichen
Zeitraum auf die Zinsen zwischen 522,-- EUR und 531,90 EUR monatlich. Außerdem wurde zur Finanzierung des Kaufpreises am 15.01.2003 ein
Darlehen über 80.000,-- EUR bei der V-Bank aufgenommen. Hier beträgt die vierteljährliche Rate (erstmals am 30.06.2004) 1.302,81 EUR bzw.
monatlich 434,27 EUR, wovon auf die Zinsen Beträge zwischen 320,-- EUR und 246,-- EUR monatlich entfallen (zu den Einzelheiten unten).
17 Der Beklagte hatte nach seiner Darstellung bereits seit September 2002 mit den Eigentümern über den Erwerb ihres 1-Familienhauses
verhandelt und sich schließlich, nachdem die Eigentümer, die aus finanziellen und persönlichen Gründen gezwungen waren, das Haus zu
verkaufen, nochmals deutlich mit dem Kaufpreis nachgaben, zum Erwerb entschlossen. Zum Zeitpunkt des notariellen Kaufvertrages wusste der
Beklagte - wie er eingeräumt hat -, dass die Klägerin schwanger war, weil sie ihm dies erzählt hatte. Allerdings hat sie nach dem Vortrag des
Beklagten ihm hierbei gesagt, dass es nicht sicher sei, wer der Vater des Kindes sei. Der Beklagte hielt es, nachdem die Klägerin ihm erklärt
hatte, dass sie beim Geschlechtsverkehr verhütet habe, nicht für sehr wahrscheinlich, dass er der Vater des erwarteten Kindes sei. Die Klägerin
ihrerseits hat im vorliegenden Rechtsstreit zu ihrer Beziehung zum Beklagten, zu Kenntnis und Mitteilung der Schwangerschaft und zu weiteren
Umständen keinen so substantiierten Sachvortrag gegeben, dass hieraus der Schluss gezogen werden müßte, der Beklagte habe vernünftiger
Weise keinen Zweifel daran haben dürfen, dass er der Vater des von der Klägerin erwarteten Kindes sei. Nur in diesem Fall wäre ihm die
Berufung auf die eingegangen Verbindlichkeiten zu versagen.
18 Unter Würdigung des von den Parteien hierzu vorgetragenen Sachverhalts hält es der Senat im Ergebnis daher für angemessen, die
Zinsleistungen aus den beiden o.g. Darlehen einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dagegen kommt die Berücksichtigung der
Tilgungsleistungen nicht in Betracht, da insoweit dem Unterhaltsbedarf der Klägerin, die das gemeinsame Kind der Parteien betreut, gegenüber
einer Vermögensbildung des Beklagten der Vorrang zukommt.
19 Einkommensmindernd ist nicht zu berücksichtigen das am 12.02.2003 bei der V-Bank über 17.000,-- EUR aufgenommene Darlehen zur
Finanzierung einer Wohnungseinrichtung (monatliche Rate 106,11 EUR ab 3/03). Ebenso wenig kann sich der Beklagte auf das am 16.06.2003
bei der V-Bank über 20.000,-- EUR aufgenommene Darlehen berufen, welches der Herstellung der Außenanlage des Hauses dienen sollte.
Diese Finanzierung hätte der Beklagte, gegen den zu diesem Zeitpunkt bereits die Vaterschaftsfeststellungsklage anhängig war, zurückstellen
müssen. Auch das im Februar 2005 bei der V-Bank aufgenommene Darlehen über 7.500,-- EUR, welches dazu diente, ein überzogenes
Girokonto, über welches die Kosten der allgemeinen Lebenshaltung bezahlt werden, zurückzuführen, kann unterhaltsrechtlich keine
Berücksichtigung finden.
20 Leistungen nach dem Eigenheimzulagegesetz hat der Beklagte im streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum nicht erhalten, wie er bereits in 1.
Instanz zu Protokoll erklärt hat; derartige Leistungen können seinem Erwerbseinkommen daher nicht hinzugerechnet werden. Nach den
vorgelegten Bescheiden des Finanzamts Aalen hat der Beklagte im Jahr 2002 Bruttoeinkünfte in Höhe von 53.881,-- EUR und im Jahr 2003 in
Höhe von 48.105,-- EUR erzielt, so dass er hiernach die die zum Bezug von Eigenheimzulage einzuhaltenden Einkunftsgrenzen überschritten
hat.
21 Mit dem Erwerb des Hausgrundstücks steht dem Beklagten die Nutzung von Wohnraum zur Verfügung, dessen objektiven Wohnwert das
Familiengericht mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens mit 800,-- EUR monatlich ermittelt hat. Bleibt dem Unterhaltsschuldner (wie im
vorliegenden Fall) nach Abzug der unterhaltsrechtlich anzuerkennenden Belastungen nur noch der - notwendige oder angemessene -
Selbstbehalt, so ist der objektive Wohnwert auf den in den Selbstbehaltssätzen der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Anteil der Wohnkosten
(360,-- EUR) zu beschränken. Denn jedem Unterhaltsschuldner müssen nach Abzug der Kosten für seine Unterkunft Barmittel in Höhe von 560,--
EUR (Selbstbehalt nach BGH FamRZ 2005, 304: 920,-- EUR ./. 360,-- EUR Wohnkosten) bleiben bzw. ab 7/05 monatlich 640,-- EUR (1.000,--
EUR ./. 360,-- EUR).
22
4.
23
Zeitraum
7/04 bis 12/04
1/05 bis 6/05
7/05 bis 12/05
1/06 bis 3/06
Erwerbseinkommen Beklagter
2.176,46 EUR 2.176,46 EUR
2.176,46 EUR
2.176,46 EUR
./. Fahrtkosten
- 143,55 EUR
- 143,55 EUR
- 159,50 EUR
- 159,50 EUR
./. Kindesunterhalt
- 199,00 EUR
- 199,00 EUR
- 204,00 EUR
- 204,00 EUR
Darlehen M-Bank (Zinsen)
- 531,90 EUR
- 526,51 EUR
- 526,51 EUR
- 522,00 EUR
Darlehen V-Bank vom 15.01.03
- 246,52 EUR
- 324,06 EUR
- 324,04 EUR
- 320,63 EUR
zzgl. Wohnwert
360,00 EUR
360,00 EUR
360,00 EUR
360,00 EUR
bleiben
1.415,49 EUR 1.343,34 EUR
1.322,39 EUR
1.330,33 EUR
./. Selbstbehalt
- 920,00 EUR
- 920,00 EUR - 1.000,00 EUR - 1.000,00 EUR
Unterhaltsanspruch (gerundet)
495,00 EUR
423,00 EUR
322,00 EUR
330,00 EUR
24 Nachdem aufgrund der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten der Unterhaltsanspruch der Klägerin weit entfernt ist vom
notwendigen Eigenbedarf eines nicht erwerbstätigen Elternteils (730,--/770,-- EUR), ist es im Hinblick auf den sehr begrenzten
Unterhaltszeitraum nicht angemessen, die vom Beklagten geltend gemachten Beträge zum Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge (4 % des
Bruttoeinkommens: ca 155,-- EUR) im verbliebenen Unterhaltszeitraum einkommensmindernd zu berücksichtigen.
IV.
25 Die Entscheidung über die Kosten des Rechtstreits beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
26 Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
27 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.