Urteil des OLG Stuttgart vom 12.11.2010

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OLG Stuttgart Beschluß vom 12.11.2010, 8 W 444/10
Leitsätze
1. Die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger ersetzt nicht die Bekanntmachung durch andere Medien, wenn diese in der Satzung der
Gesellschaft vorgesehen ist.
2. § 12 Satz 3 GmbHG beinhaltet lediglich eine Klarstellung dahingehend, dass die Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger
vorzunehmen ist, wenn die Gesellschaft in ihrer Satzung eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorsieht.
Tenor
1. Die Beschwerde des Liquidators gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Ulm - Registergericht - vom 22.09.2010 (HRB 2917) wird
zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Geschäftswert: 3.000,00 EUR
Gründe
I.
1
Nach Beendigung der Liquidation der ... GmbH meldete der Liquidator am 21.09.2010 diese zur Eintragung ins Handelsregister an. Mit
Zwischenverfügung vom 22.09.2010 machte die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Ulm - Registergericht - folgende Beanstandungen:
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Gemäß § 18 des Gesellschaftsvertrages hat die Bekanntmachung zur Auflösung mit Gläubigeraufruf im Staatsanzeiger des Landes
Baden-Württemberg zu erfolgen. Vorliegend erfolgte lediglich die nach § 12 GmbHG erforderliche Bekanntmachung im elektronischen
Bundesanzeiger.
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Es fehlt der Nachweis, dass das nach § 73 Abs. 1 GmbHG vorgesehene Sperrjahr eingehalten worden ist. Die Belege der
Veröffentlichung im Staatsanzeiger sind nachzureichen.
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Gegen diese Zwischenverfügung legte Notar Dr. ... mit Schriftsatz vom 06.10.2010 Beschwerde ein. Zur Begründung bezog er sich auf den mit
Wirkung seit 01.04.2004 geänderten § 12 GmbHG, wonach die im Gesetz vorgesehenen Bekanntmachungen zwingend im elektronischen
Bundesanzeiger zu erfolgen haben, was vorliegend geschehen sei. Diese Vorschrift sei so auszulegen, dass die Veröffentlichung in anderen
Medien, auch wenn sie in der Satzung der Gesellschaft vorgeschrieben ist, nicht erfolgen muss.
5
Die Rechtspflegerin half der Beschwerde mit Beschluss vom 07.10.2010 nicht ab und legte die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur
Entscheidung vor.
II.
6
Die Beschwerde des Liquidators ist gemäß §§ 58 ff FamFG, § 11 RPflG zulässig. Da der Eintragungsantrag nach dem 31.08.2009 gestellt wurde,
findet gemäß Art. 111, 112 FGG-RG das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
(FamFG) Anwendung. Der Liquidator war bei der Beschwerdeeinlegung durch den beurkundenden Notar Dr. ... wirksam vertreten (§ 378 Abs. 2
FamFG). Aus dem Vertretungsrecht des Notars in Bezug auf die zur Eintragung erforderlichen Erklärungen nach der genannten Vorschrift folgt
auch dessen Befugnis, gegen einen die gewünschte Eintragung ablehnenden Beschluss Beschwerde einzulegen (MünchKomm-ZPO/Krafka, 3.
Aufl., § 378 FamFG Rn. 11; Keidel/Heinemann, 16. Aufl., § 378 Rn. 14; Prütting/Helms/Maass, § 378 FamFG Rn. 15). Dies gilt auch für die nach §
382 Abs. 4 S. 2 zulässige Anfechtung von Zwischenverfügungen.
7
Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Registergericht hat in zutreffender Anwendung von § 12 S. 2 GmbHG beanstandet, dass
die Bekanntmachung des Schlusses der Liquidation nach § 74 Abs. 1 GmbHG nicht auch im Staatsanzeiger Baden-Württemberg erfolgt ist,
obgleich der Gesellschaftsvertrag der Firma ... GmbH vom 18.11.1993 dies in seinem § 18 vorsieht.
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Der Ansicht des Beschwerdeführers, nach der Neufassung von § 12 GmbHG mit Wirkung ab 01.04.2005 ersetze die Bekanntmachung im
elektronischen Bundesanzeiger die Bekanntmachung durch alle anderen Medien, kann nicht gefolgt werden. Der Senat folgt der in der Literatur
ganz herrschenden Meinung (Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 17. Aufl., § 12 Rn. 7; Michalski/Rühland, 2. Aufl., § 12 Rn. 12; Wicke, GmbHG, §
12 Rn. 4), wonach aus Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs die Bekanntmachung außer im elektronischen Bundesanzeiger auch in den
Publikationsorganen zu erfolgen hat, welche in der Satzung der Gesellschaft bestimmt wurden. § 12 S. 3 GmbHG beinhaltet lediglich eine
Klarstellung dahingehend, dass wenn die Gesellschaft in ihrer Satzung eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger vorsieht, die Bekanntmachung
im elektronischen Bundesanzeiger vorzunehmen ist. Eine gegenteilige Auffassung ist auch im Gesetzgebungsverfahren des
Justizkommunikationsgesetzes nicht geäußert worden. Die vom Beschwerdeführer herangezogene Stelle in der Bundestagsdrucksache
15/4067, Seite 56 betrifft die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Satzung der Gesellschaft den Bundesanzeiger als Veröffentlichungsblatt
bestimmt. Dann gilt, dass die Bekanntmachungen der Gesellschaft zwingend im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen sind und nicht
in dessen in gedruckter Form (LG Darmstadt, NotBZ 2006, 63) . So liegen die Verhältnisse im vorliegenden Fall jedoch nicht. Die Möglichkeit,
dass die Satzung ein anderes (weiteres) Veröffentlichungsmedium vorsieht und dem ebenfalls zu folgen ist, wird ausdrücklich nicht
ausgeschlossen.
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Die Beschwerde war demgemäß aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss
als unbegründet zurückzuweisen.
10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO.
11 Die Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde ergibt sich aus §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.
12 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 70 ff FamFG liegen nicht vor.