Urteil des OLG Stuttgart vom 18.12.2012

OLG Stuttgart: genehmigung, belastung, schlüssiges verhalten, systematische auslegung, zahlstelle, rückgabe, eingriffskondiktion, entreicherung, franchisevertrag, handbuch

OLG Stuttgart Urteil vom 18.12.2012, 12 U 87/12
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rottweil
vom 19. April 2012 (Az.: 3 O 45/11) wird
zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten der Streithelferin der
Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Klägerin und / oder die Streithelferin der Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird für beide Instanzen festgesetzt auf 432.064,25 Euro.
Gründe
A.
I.
1 Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch aus Eingriffskondiktion wegen
unberechtigter Rückgabe von Lastschriften geltend.
2 Beide Parteien sind am Abkommen über den Lastschriftverkehr beteiligte Institute.
Bankkunde der Klägerin als erste Inkassostelle ist die Sxxx.; Bankkunde der Beklagten als
Zahlstelle ist die zwischenzeitlich insolvente Fxxx GmbH.
3 Die Sxxxx ist als Streithelferin auch im Berufungsverfahren auf Seiten der Klägerin
beigetreten.
4 Zwischen der Sxxx als Franchisegeber und der Fxxx GmbH bzw. deren Rechtsvorgänger
Kxxx Bxxx als Franchisenehmer (Valutaverhältnis) bestehen fünf Franchiseverträge
hinsichtlich unterschiedlicher Sxxx Restaurants (= Stores), nämlich:
5 - Franchisevertrag vom 9. März 2004 hinsichtlich des Stores Nr. 33362
- Franchisevertrag vom 26. Oktober 2004 hinsichtlich des Stores Nr. 35556
- Franchisevertrag vom 26. Oktober 2004 hinsichtlich des Stores Nr. 35557
- Franchisevertrag vom 15. März 2006 hinsichtlich des Stores Nr. 39859 und
- Franchisevertrag vom 28. Februar 2007 hinsichtlich des Stores Nr. 41991.
6 Sämtliche Franchiseverträge enthalten in Ziffer 5 e. folgende Regelung:
7 „Sie unterzeichnen und übergeben uns entsprechende Lastschriftformulare für beleglosen
Zahlungsverkehr (bzw. demselben Zweck dienende Formulare) für das Kontokorrentkonto
des Restaurants, bevor Sie das Restaurant eröffnen. Mit Unterzeichnung dieser Formulare
ermächtigen Sie uns, von dem Konto fristgerecht Geld abzubuchen, um die entsprechende
laufende Zahlung, die Beträge zum Werbefonds der Franchise-Nehmer, Zinsen,
Verspätungsgebühren und sonstigen Gebühren einzuziehen, die Sie uns gemäß diesem
Vertrag oder einem sonstigen Franchise-Vertrag schulden. Falls es diese Zahlungsart in
ihrem Gebiet nicht gibt, können wir für diese Gebühren ihre Kreditkarte belasten. Falls es
in ihrem Gebiet weder elektronische Zahlung noch Kreditkarten gibt, eröffnen Sie ein
unwiderrufliches Garantieakkreditiv über USD 20.000 zu unseren Gunsten und zu
Gunsten des Franchise-Nehmer-Werbefonds.“
8 Zum Betrieb dieser Stores wurden seitens der Franchisenehmerin unterschiedliche
Konten bei der Beklagten eingerichtet.
9 In der Folgezeit unterzeichnete Kxxx Bxxx zunächst persönlich und ab November 2008 als
Geschäftsführer der Fxxx GmbH sog. dxxx axxx fxxx, in denen er Lastschriftauftrag erteilte,
und zwar
10 - am 25. März 2004 für den Store Nr. 33632 bezüglich der Kontonummer 1xxxx (Anlage K
2),
- am 1. Februar 2005 für den Store Nr. 35556 bezüglich des Kontos 1xxxxxxx (Anlage K 3),
- am 1. März 2006 bezüglich des Stores Nr. 35557 bezüglich des Kontos 1xxxxxxx (Anlage
K 4),
- am 27. September 2007 für die Stores Nr. 33632, 35556, 35557, 39859 und 41991
bezüglich des Kontos 1xxxxx (Anlage K 5) und
- am 22. Dezember 2008 bezüglich der Stores Nr. 33632, 35556, 35557, 39859 und 41991
bezüglich des Kontos 2xxxx (Anlage K 6).
11 Über die rechtliche Qualifizierung dieser Erklärungen streiten die Parteien.
12 Im Zeitraum zwischen Januar 2004 und März 2009 kam es zu rund 1.200 Zahlungs-
/Abbuchungsvorgängen in einer Gesamthöhe von mindestens 430.266,96 Euro. Jeweils
beauftragte die Sxxx die Klägerin, Lastschriften vom Konto des Franchisenehmers
einzuziehen. Diese Lastschriften wurden an die Beklagte weitergeleitet, die die
unterschiedlichen Konten des Kxxx Bxxx bzw. der Fxxx GmbH belastete. Dabei wurden
bei der Beklagten alle streitgegenständlichen Lastschriften als
Einzugsermächtigungslastschriften eingereicht und in der Abwicklung entsprechend als
solche behandelt. In keinem Fall wurde einer Belastungsbuchung innerhalb von sechs
Wochen widersprochen.
13 Aufgrund von Widersprüchen der Fxxx GmbH vom 23. November 2010, vom 25.
November 2010 und vom 29. November 2010 (Anlagen B 3, B 4 und B 5) gab die Beklagte
die Lastschriften an die Klägerin zurück.
14 Hinsichtlich der Rückbuchungen im Einzelnen und hinsichtlich des weiteren
Sachvortrages der Parteien in erster Instanz ist auf den Tatbestand des landgerichtlichen
Urteils zu verweisen.
15 Die Klägerin hat – unterstützt von ihrer Streithelferin – vorgetragen, dass gegen die
eingelösten Lastschriften innerhalb der Sechs-Wochen-Frist gemäß Abschnitt III Nr. 1 Satz
1 des Lastschriftabkommens (LSA) kein Widerspruch eingelegt worden und die Beklagte
damit im Interbankenverhältnis nicht mehr rückgabeberechtigt gewesen sei. Wirksame
Einzugsermächtigungen hätten vorgelegen. Im Übrigen bestehe kein
Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin gemäß Abschnitt I Nr. 5 LSA,
da aufgrund der Umstände des Einzelfalles von einer Genehmigung der
Belastungsbuchungen durch die Franchisenehmerin, also der Kundin der Beklagten,
auszugehen sei. Der Höhe nach beliefen sich die Rückbuchungen inkl. in Rechnung
gestellter Rücklastschriftentgelte auf 432.064,25 Euro.
16 Die Klägerin und ihre Streithelferin haben beantragt,
17 die Beklagte zur Zahlung von 432.064,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2010 zu verurteilen.
18 Die Beklagte hat beantragt,
19 die Klage abzuweisen.
20 Sie hat vorgetragen, da nur für die Stores Nr. 35556 und 35557 Einzugsermächtigungen
erteilt worden seien, sei ein großer Teil der Lastschriften mangels schriftlicher
Einzugsermächtigung als unberechtigt einzustufen. Abschnitt III Nr. 2 LSA gelte daher
nicht. Die Beklagte hätte die Widersprüche ihrer Kundin, der Franchisenehmerin, im
Innenverhältnis als wirksam behandeln dürfen, da eine Genehmigung der
Franchisenehmerin nicht vorliege. Deshalb sei die Beklagte sogar verpflichtet gewesen,
die Lastschriften zurückzunehmen und wieder zu vergüten. Außerdem sei der Klägerin
kein Schaden entstanden, da sie die Lastschriften wieder zurückbelasten könne.
Schließlich seien die Franchiseverträge im Valutaverhältnis als sittenwidrige und damit
nichtige Knebelungsverträge zu qualifizieren.
21 Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den
Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II.
22 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
23 Zur Begründung hat es ausgeführt, mit der Rückbuchung habe die Beklagte in die
Rechtsposition der Klägerin i.S.d. § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB eingegriffen.
Gegenüber der Vorschrift des Abschnitts II Nr. 3 LSA stelle Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA
eine vorgehende Sonderregelung dar. Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegen
die Klägerin gemäß Abschnitt I Nr. 5 LSA stehe entgegen, dass die Franchisenehmerin als
Zahlungspflichtige die einzelnen Belastungsbuchungen gegenüber der Beklagten als
Schuldnerbank genehmigt habe. Nach Genehmigung sei kein Raum mehr für einen
Widerspruch gewesen. Der Höhe nach belaufe sich der bereicherungsrechtliche Anspruch
der Klägerin gegen die Beklagte auf 432.064,25 Euro. Weder sei dieser Anspruch gemäß
§ 814 BGB ausgeschlossen noch könne sich die Beklagte auf Entreicherung gemäß § 818
Abs. 3 BGB berufen. Schließlich liege kein Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum der
Beklagten vor.
24 Die klägerseits geltend gemachten Zinsansprüche seien unter dem Gesichtspunkt des
Verzugs gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB gerechtfertigt.
25 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils Bezug genommen.
26 Das Urteil wurde der Beklagten am 23. April 2012 zugestellt. Die Berufung ist am 21. Mai
2012 eingegangen. Der Eingang der Berufungsbegründung datiert vom 25. Juni 2012.
III.
27 Die Beklagte begehrt mit der Berufung weiterhin die Abweisung der Klage.
28 Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht in seiner Entscheidung den sachlichen
Anwendungsbereich der in Abschnitt II Nr. 3 LSA enthaltenen Rücknahmeverpflichtung
unzutreffend verengt habe. Außerdem sei die Einreichung der streitgegenständlichen
Lastschriften durch die Klägerin im Einzugsermächtigungsverfahren nicht berechtigt
gewesen. Schriftliche Einzugsermächtigungen hätten nämlich nicht vorgelegen.
29 Die Beklagte beantragt:
30 Auf die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin hin wird das Urteil des Landgerichts
Rottweil vom 9. April 2012, Az.: 3 O 45/11 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
31 Die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen,
32 die Berufung zurückzuweisen.
33 Sie verteidigen unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrages das
angefochtene Urteil. Sie sind der Auffassung, dass das Vorliegen von
Einzugsermächtigungen unbeachtlich sei, da jedenfalls eine Genehmigung der
Franchisenehmerin vorliege. Die Beklagte sei mithin nicht berechtigt gewesen, die
Lastschriften der Klägerin zurückzugeben. Ein Gegenanspruch der Beklagten gegen die
Klägerin nach Abschnitt I Nr. 5 LSA bestehe nicht.
34 Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von
ihnen vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 20.
November 2012 verwiesen.
B.
35 Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
I.
36 Die Berufung ist zulässig. Zwar beträgt die Frist für die Berufungsbegründung gemäß §
520 Abs. 1 Satz 2 ZPO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger
Form abgefassten Urteils. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der 23. Juni 2012 auf
einen Samstag fiel. Der darauf folgende 24. Juni 2012 war ein Sonntag. Gemäß § 222
Abs. 2 ZPO lief die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung somit vorliegend bis
zum 25. Juni 2012. Der Eingang der Berufungsbegründung an diesem Tag war somit
rechtzeitig.
II.
37 Die Berufung ist unbegründet.
38 Ein klägerischer Anspruch aus Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB
ist gegeben (dazu 1.). Ein Gegenanspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung
von Schadensersatz gem. Abschnitt I Nr. 5 LSA, den die Beklagte der Klägerin zur
Aufrechnung entgegenhalten könnte, besteht nicht, da hinsichtlich aller
streitgegenständlichen Buchungen Genehmigungen der Franchisenehmerin vorliegen
(dazu 2.).
39 1. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von 432.064,25 Euro ergibt
sich aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt., 818 Abs. 2 BGB (Eingriffskondiktion). Die Beklagte
hat nämlich etwas in sonstiger Weise auf Kosten der Klägerin ohne rechtlichen Grund
erlangt.
40 a) Eine vorrangige Leistungsbeziehung, die die Möglichkeit einer Eingriffskondiktion
ausschlösse (Subsidiarität der Eingriffskondiktion), besteht zwischen den Prozessparteien
nicht. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens.
Vorliegend hat die Beklagte die streitgegenständlichen Lastschriften zurückgegeben und
so die entsprechenden Beträge wieder erlangt. Dies erfolgte indes nicht durch eine
Leistung der Klägerin, sondern durch eine Handlung der Beklagten, die den technischen
Systemablauf im Lastschriftverfahren ausgenutzt hat.
41 b) Erlangt hat die Beklagte die Beträge aus den zurückgegebenen Lastschriften
einschließlich der berechneten Lastschriftrückgabeentgelte als Gutschrift.
42 c) Die Beklagte hat diese Beträge rechtsgrundlos auf Kosten der Klägerin erlangt. Ein
Rechtsgrund ergibt sich insbesondere nicht aus dem LSA.
43 aa) Für das Interbankenverhältnis zwischen den Prozessparteien beansprucht das LSA
Gültigkeit. Dabei kann offen bleiben, ob es sich bei den Prozessparteien um zwei Institute
handelt, in deren Vollmacht die Spitzenverbände des Kreditgewerbes gehandelt haben.
Jedenfalls folgt die Geltung des LSA hier daraus, dass das Abkommen von beiden
Prozessparteien durch Teilnahme am Lastschriftverkehr entsprechend den Regeln des
Abkommens als Handelsbrauch i.S.d. § 346 HGB anerkannt ist (vgl. Ellenberger, in:
Schimansky/Bunte/Lwowsky, Bankrechts-Handbuch, 4. Auflage, 2011, § 58, Rz. 139;
Rinze, in: JuS 1991, 202 ff.).
44 bb) Hinsichtlich der Rückgabe von Lastschriften enthält das LSA eine Reihe von
Regelungen. Dabei befasst sich Abschnitt I Nr. 8 LSA mit der rein technischen
Abwicklung, während die Abschnitte II und III LSA die Voraussetzungen für die zu
beachtenden Besonderheiten der Rückgabe zum Gegenstand haben, die das LSA vor und
nach der Einlösung der Lastschriften vorsieht.
45 Während sich die Rückgabe vor Einlösung nach Abschnitt II Nr. 1 LSA richtet, gilt in der
hiesigen Fallkonstellation einer Rückgabe nach Einlösung der Lastschrift Abschnitt III Nr.
1 Satz 1 LSA. Danach können Einzugsermächtigungslastschriften zwar auch dann
zurückgegeben werden, wenn der Kunde der Belastung widerspricht. Da aber im
Interbankenverhältnis die Rücknahme nach Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA ausgeschlossen
ist, wenn der Schuldner nicht binnen sechs Wochen nach Belastung widerspricht, ist
danach zu unterscheiden, ob diese Frist verstrichen ist oder nicht.
46 Vorliegend liegen Widersprüche der Franchisenehmerin als Schuldnerin i.S.d. Abschnitts
III Nr. 2 Satz 1 LSA erst in deren Schreiben vom 23. November 2010, vom 25. November
2010 und vom 29. November 2010 (Anlagen B 3, B 4 und B 5) vor. Unstreitig sind diese
Widersprüche nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA
erfolgt. Alle streitgegenständlichen Lastschriften betreffen den nämlichen Zeitraum
zwischen 2004 und 2009. Aufgrund dieses Fristablaufs war mithin die Rückgabe der
Lastschriften nach den im LSA aufgestellten Regeln ausgeschlossen. Die seitens der
Beklagten erfolgte Rückgabe der Lastschriften stellt eine Verletzung der sich aus dem LSA
ergebenden Pflichten dar. Sie ist also rechtsgrundlos i.S.d. § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt.
BGB erfolgt.
47 cc) Dabei ist die Vorschrift des Abschnitts III Nr. 2 Satz 1 LSA als lex specialis gegenüber
der Regelung des Abschnitts II Nr. 3 LSA anzusehen.
48 Nach Abschnitt II Nr. 3 LSA hat die erste Inkassostelle, hier also die Klägerin, wegen
Widerspruchs des Zahlungspflichtigen zurückgegebene Lastschriften, die mit den
Angaben gemäß Abschnitt I Nr. 8 LSA versehen sind, zurückzunehmen und wieder zu
vergüten. Eine systematische Auslegung dieser Vorschrift und der Vorschrift des
Abschnitts III Nr. 2 Satz 1 LSA führt – entgegen der Auffassung der Beklagten – zwingend
dazu, dass Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA als lex specialis und damit als vorrangig
anzusehen ist: Wenn nämlich hiernach Rückgabe und Rückrechnung ausgeschlossen
sind, wenn der Zahlungspflichtige nicht binnen sechs Wochen nach Belastung
widerspricht, kann die Vorschrift des Abschnitts II Nr. 3 LSA nicht zu einer zeitlich
unbegrenzten Rücknahmepflicht hinsichtlich wegen Widerspruchs zurückgegebener
Lastschriften führen. Auch wird diese Auslegung durch die Vorschrift des Abschnitt III Nr. 2
Satz 2 LSA gestützt: Das unberührte Bestehenbleiben von Schadensersatzansprüchen
i.S.d. Abschnitts I Nr. 5 LSA bei verfristetem Widerspruch gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1
LSA bliebe sinnleer, wenn ohnehin auch nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist gemäß
Abschnitt II Nr. 3 LSA eine Rücknahmepflicht der ersten Inkassostelle hinsichtlich der
wegen Widerspruchs zurückgegebenen Lastschriften bestünde (vgl. ebenso LG Bielefeld,
Urteil vom 22. Mai 2003, Az.: 24 S 6/03 = WM 2004, 925; van Gelder, in: DuB I D 2
Lastschriftverkehr 2.04; Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowsky, Bankrechts-
Handbuch, 4. Auflage, 2011, § 58, Rz. 168; Werner, in: BKR 2010, 12 f.).
49 d) Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist nicht gemäß § 814 BGB
ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer
Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat,
dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht
oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. Bereits aus dem
eindeutigen Wortlaut ergibt sich, dass § 814 BGB lediglich zwei alternative
Ausschlusstatbestände für die Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt.
BGB enthält. Nicht anwendbar ist die Vorschrift hingegen auf die hier gegebene
Konstellation einer Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. BGB.
50 Überdies war die Klägerin an den Rücklastschriften in keiner Weise beteiligt. Diese
beruhten vielmehr allein auf der Grundlage eines von der Beklagten veranlassten
technischen Vorgangs, auf dessen Ablauf die Klägerin keine Einflussmöglichkeiten besaß
(vgl. in diesem Zusammenhang auch OLG Frankfurt, Urteil vom 10. Oktober 2011, Az.: 16
U 215/11).
51 e) Der Höhe nach beläuft sich der klägerische Anspruch gem. § 818 Abs. 2 BGB, wie
bereits erstinstanzlich festgestellt, auf 432.064,25 Euro. Im Berufungsverfahren hat die
Beklagte keine Einwände mehr gegen die Forderungshöhe erhoben.
52 f) Die Beklagte kann sich nicht auf Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen. Zum
einen hat der Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.
November 2012 vor dem Senat erklärt, dass von den zurückgebuchten Geldern lediglich
ein Teilbetrag dem Konto der früheren Geschäftsführerin der Fxxx GmbH Bxxx
gutgeschrieben worden sei. Im Übrigen sei der Betrag nach wie vor auf einem internen
Konto der Bank vorhanden. Hinsichtlich dieses Betrages liegt offenkundig keine
Entreicherung i.S.v. § 818 Abs. 3 BGB vor.
53 Aber auch im Übrigen, soweit Gutschriften auf dem Konto der Fxxx GmbH bzw. dem
Privatkonto der früheren Geschäftsführerin Bxxx erteilt worden sein mögen, wäre
Entreicherung der Beklagten zu verneinen, da sich die Beklagte mit der Erteilung dieser
Gutschriften bestehender Verpflichtungen entledigt hätte. Da sie die Widersprüche der
Franchisenehmerin – zu Unrecht – als berechtigt akzeptiert hat, stand ihr kein
Erstattungsanspruch gemäß § 684 BGB zu (s. dazu im Einzelnen unten). Aus ihrer Sicht
war die Belastung der Konten der Franchisenehmerin zu Unrecht erfolgt und musste
rückgängig gemacht werden. Von dieser Verpflichtung wurde die Beklagte durch die
Gutschriften frei. Entreicherung i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB ist also auch in diesem Fall zu
verneinen.
54 Soweit die Beklagte damit gerechnet hat, dass die Widersprüche der Franchisenehmerin
unberechtigt sind, greift § 819 BGB ein mit der Konsequenz, dass der
Entreicherungseinwand ebenfalls ausscheidet.
55 2. Ein gegengerichteter Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin
gemäß Abschnitt I Nr. 5 LSA, mit dem die Beklagte aufrechnen könnte, besteht nicht.
56 a) Es kann offen bleiben, ob eine Aufrechnung der Beklagten nicht von vornherein gemäß
§ 393 BGB ausgeschlossen ist. Zwar kann das Aufrechnungsverbot des § 393 BGB nicht
analog auf die Fälle der Eingriffskondiktion angewandt werden. Anderes gelte indes dann,
wenn konkurrierend neben dem Anspruch aus Eingriffskondiktion auch ein deliktischer
Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte, etwa aus § 826 BGB, gegeben
wäre. Dies kann indes offen bleiben, da unabhängig vom Bestehen eines
Aufrechnungsverbots jedenfalls kein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die
Klägerin besteht.
57 b) Offen bleiben kann ferner, ob hinsichtlich der einzelnen Abbuchungen wirksame
Einzugsermächtigungen der Franchisenehmerin vorlagen. Jedenfalls stellen die
Erklärungen der Franchisenehmerin vom 1. Februar 2005 und vom 1. März 2006 (Anlagen
K 3 und K 4) zwei Einzugsermächtigungen dar. Bei den Erklärungen vom 25. März 2004,
vom 27. September 2007 und vom 22. Dezember 2008 (Anlagen K 2, K 5 und K 6)
hingegen handelt es sich um Abbuchungsaufträge. Zwar kann der Umstand, dass auch
diese Erklärungen der Franchisenehmerin nach Unterschrift durch die Beklagte der
Streithelferin der Klägerin übersandt worden sind, ein Argument dafür liefern, in diesen
Erklärungen zugleich auch Einzugsermächtigungen zugunsten der Streithelferin der
Klägerin zu sehen. Letztlich kommt es aber hierauf nicht an.
58 c) Entscheidend ist nämlich, dass jedenfalls hinsichtlich aller Abbuchungen von einer
Genehmigung der Franchisenehmerin auszugehen ist, die Wirkung unabhängig davon
entfaltet, ob den Buchungen wirksame Einzugsermächtigungen der Schuldnerin zu
Grunde gelegen haben oder nicht.
59 aa) Die Besonderheit des Einzugsermächtigungsverfahrens besteht darin, dass der
Gläubiger die Initiative zur Bezahlung seiner Forderung ergreift, indem er seine Bank
beauftragt, den Geldbetrag einzuziehen. Diese leitet den Auftrag an die Schuldnerbank
weiter, die den Betrag dem Schuldnerkonto belastet und an die Gläubigerbank leitet, ohne
dazu vom Schuldner eine direkte Weisung erhalten zu haben.
60 Wegen dieses Initiativrechts des Gläubigers gehen sowohl die Bankwirtschaft als auch die
führenden juristischen Theorien übereinstimmend davon aus, dass der
Lastschriftschuldner der Kontobelastung während einer gewissen Zeitspanne
widersprechen kann. Widerspricht der Schuldner, ohne die Belastung zuvor genehmigt zu
haben, muss die Schuldnerbank die Buchung berichtigen. Sie gibt dann die Lastschrift im
Interbankenverhältnis zurück. Die Gläubigerbank belastet sodann das Gläubigerkonto
wieder mit dem zuvor gutgeschriebenen Betrag einschließlich der
Rücklastschriftgebühren.
61 Mit der herrschenden Genehmigungstheorie (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 14.
Februar 1989, Az.: IX ZR 141/88 = NJW 1989, 1672 f.; ferner Ellenberger, in:
Schimansky/Bunte/Lwowsky, Bankrechts-Handbuch, 4. Auflage, 2011, § 57, Rz. 12 ff.) ist
davon auszugehen, dass der Gläubiger durch eine Einzugsermächtigung keinerlei Rechte
erlangt, auf welchem Wege auch immer auf das Konto des Schuldners zuzugreifen. Die
Schuldnerbank nimmt also die Belastung des Schuldnerkontos aufgrund eingehender
Lastschriften vor, ohne dazu im Verhältnis zum Schuldner berechtigt zu sein. Sie löst die
Lastschriften auf eigene Rechnung ein. Dem liegt die Wertung zu Grunde, dass der
Schuldner durch Erteilung der Einzugsermächtigung seine Rechtsstellung gegenüber dem
Gläubiger in Bezug auf Leistungsverweigerungsrecht und Aufrechnungsmöglichkeiten aus
dem Valutaverhältnis nicht beeinträchtigen und nicht in einen Streit mit seiner Bank über
die Berechtigung einer Lastschrift hineingezogen werden oder sich auch nur unter
Zeitdruck beim Widerspruch (Verweigerung der Genehmigung) setzen lassen will.
62 Damit also die im Verhältnis zum Schuldner nicht berücksichtigte Belastung seines Kontos
Bestand hat, bedarf sie zur ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Schuldners nach §§
684 Satz 2, 185 Abs. 2 Satz 1 BGB. Erst diese Genehmigung begründet einen Anspruch
der Schuldnerbank auf Ersatz der ihr durch Einlösung der Lastschriften entstandenen
Aufwendungen (§§ 684 Satz 2, 683 Satz 1, 670 BGB). Diese Genehmigungswirkung gem.
§ 184 Abs. 1 BGB gilt unabhängig vom Vorliegen einer Einzugsermächtigung. Bis zur
Erklärung einer solchen Genehmigung liegt die Sicherung der Schuldnerbank in der durch
das Lastschriftabkommen begründeten Möglichkeit des Rückgriffs bei der Gläubigerbank,
die Abschnitt III Nr. 1 LSA für den Fall des Widerspruchs durch den Schuldner eröffnet.
Widerspruch meint dabei das Verlangen, die vorgenommene Belastung im Wege der
Berichtigung rückgängig zu machen, worin gleichzeitig die Verweigerung der
Genehmigung liegt.
63 Dieser Rückgriff nach dem LSA ist allerdings gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA nur
möglich, wenn der Schuldner innerhalb von sechs Wochen nach der Belastung
widerspricht. Wird der Widerspruch später erhoben, was regelmäßig insbesondere in der
Insolvenz des Schuldners zumindest für einen Teil der betroffenen Lastschrifteinzüge und
auch in der hiesigen Fallkonstellation der Fall ist, besteht diese Möglichkeit der
Rückabrechnung der Lastschrift nach dem LSA nicht mehr. Der Schuldnerbank, hier also
der Beklagten, verbleibt dann nur die Möglichkeit des Schadensersatzes, wenn eine
unberechtigt eingereichte Einzugsermächtigungslastschrift vorliegt (Abschnitt I Nr. 5 LSA).
64 Nach der Genehmigungstheorie sind also die Parteierklärungen dahingehend
auszulegen, dass durch eine Einzugsermächtigung nur die Benutzung des von der
Kreditwirtschaft entwickelten technischen Verfahrens gestattet wird, weil aus Sicht des
Schuldners kein Anlass besteht, dem Gläubiger über die Verfahrensvereinfachung hinaus
mehr Rechte einzuräumen als diesem bei einer Überweisung oder bei einer
Scheckzahlung zustehen würde, also insbesondere nicht die Verfügungsmacht über sein
Konto. In dieser rechtlichen Wertung sieht die Rechtsprechung auch den Grund für die
unbeschränkte Widerspruchsmöglichkeit des Schuldners, die das LSA voraussetzt und die
sich bei einer echten Ermächtigung oder Vollmacht dogmatisch nicht erklären ließe, weil
sie weder aus Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner noch aus der
Einzugsermächtigung folgt, noch durch das LSA eingeräumt ist. Nur dieser in der
unbeschränkten Widerspruchsmöglichkeit bestehende Schutz des Schuldners vermeidet
indes die Gefahr, dass er sich mit seinem Kreditinstitut über die Berechtigung einer
Lastschrift gerichtlich auseinandersetzen muss, ein Risiko, das der Schuldner nach dem
Inhalt seiner Erklärung gerade nicht hat übernehmen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 14.
Februar 1989, Az.: IX ZR 141/88 = NJW 1989, 1672 f.).
65 Für die Wirksamkeit einer Belastungsbuchung, die zunächst ohne Weisung des
Schuldners erfolgt ist, ist daher stets eine Genehmigung nach §§ 684 Satz 2, 182 ff. BGB
erforderlich. Erst durch diese Genehmigung entsteht der Aufwendungsersatzanspruch der
Schuldnerbank.
66 bb) Das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen die Klägerin
gemäß Abschnitt I Nr. 5 LSA hängt also davon ab, ob zum Zeitpunkt der Widersprüche am
23. November 2010, 25. November 2010 und am 29. November 2010 (Anlagen B 3, B 4
und B 6) noch eine Widerspruchsmöglichkeit zu Gunsten der Beklagten hinsichtlich der
eingereichten Lastschriften gegeben war. Dies ist vorliegend nicht mehr der Fall gewesen.
Es fehlt hier an der Voraussetzung unberechtigt eingereichte Lastschriften (vgl. Abschnitt I
Nr. 5 LSA), da bezüglich der streitgegenständlichen Lastschriften durchgängig –
zumindest konkludente – Genehmigungen der Franchisenehmerin als Zahlungspflichtiger
vorliegen. Mit diesen Genehmigungen ist deren Berechtigung erloschen, den erfolgten
Belastungsbuchungen zu widersprechen (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 13. Oktober
2011, Az.: IX ZR 115/10 = NJW 2012, 146 ff.).
67 (1) Nicht als Genehmigung angesehen werden können in diesem Zusammenhang
allerdings die seitens der Franchisenehmerin erteilten Einzugsermächtigungen i.S.d.
Abschnitt I Nr. 1 Satz 1 a) LSA vom 1. Februar 2005 und vom 1. März 2006 (Anlagen K 3
und K 4), da diesen keinerlei Wirkung im Deckungsverhältnis zwischen der Beklagten als
Schuldnerbank und Zahlstelle im Verhältnis zu ihrer Kundin zukommt. Gleiches gilt für die
Erklärungen der Franchisenehmerin vom 25. März 2004, vom 27. September 2007 und
vom 22. Dezember 2008 (Anlagen K 2, K 5 und K 6).
68 (2) Auch gilt für die Widerspruchsmöglichkeit des Zahlungspflichtigen (=
Franchisenehmerin) im Verhältnis zu seiner Bank als Zahlstelle (= Beklagte) nicht die
Ausübungsfrist gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA von sechs Wochen (vgl.
Hadding/Häuser, in: MüKo HGB, 2. Aufl., 2009, ZahlungsV, Rz. C 38). Das LSA begründet
nämlich ausschließlich Rechte zwischen den beteiligten Kreditinstituten und kann darüber
hinaus nicht die Widerspruchmöglichkeit des Schuldners limitieren (vgl. BGH, Urteil vom
6. Juni 2000, Az.: IX ZR 258/99 = NJW 2000, 2667 f.). Im bloßen Verstreichenlassen der
Sechs-Wochen-Frist kann somit ebenfalls keine die Möglichkeit des Widerspruchs
ausschließende Genehmigung des Schuldners (= Franchisenehmerin) gesehen werden.
69 (3) Abzulehnen ist weiter eine früher vertretene Auffassung, wonach die
Widerspruchsmöglichkeit im Deckungsverhältnis als dadurch zeitlich begrenzt angesehen
wurde, dass nach den AGB der Kreditinstitute Einwendungen des Kontoinhabers z.B.
gegen Kontoauszüge, die dieser auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu prüfen hat,
„unverzüglich“ zu erheben sind, d.h. „ohne schuldhaftes Zögern“ (vgl. § 121 Abs.1 Satz 1
BGB). Mit Recht hat der BGH (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2011, Az.: IX ZR 328/09
= WM 2011, 2259 ff.) entschieden, dass in dem Schweigen auf eine durch einen
Kontoauszug mitgeteilte Belastungsbuchung keine rechtsgeschäftliche Genehmigung,
sondern nur eine tatsächliche Erklärung gesehen werden kann. Um eine
Genehmigungswirkung zu vermeiden, muss der Schuldner also gegenüber seiner Bank
als Zahlstelle nicht etwa „unverzüglich“ widersprechen.
70 Auch lässt sich aus einem Schweigen des Kunden auf einen Rechnungsabschluss in der
Regel nicht auf eine Genehmigung schließen.
71 (4) Aus den nachfolgenden Gründen ist hier aber dennoch auf Grund der Umstände des
Einzelfalles von einer geschäftsbesorgungsrechtlichen Genehmigung der Einlösungen
und damit der Belastungen auszugehen (vgl. insofern auch BGH, Urteil vom 6. Juni 2000,
Az.: XI ZR 258/99 = NJW 2000, 2667 ff.). Mit dieser Genehmigung war die
Widerspruchsmöglichkeit der Zahlungspflichtigen (= Franchisenehmerin) ausgeschlossen
Dabei besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit, dass die Genehmigung auch
stillschweigend erteilt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, Az.: IX ZR
368/09 = NJW-RR 2012, 243 ff.). Eine solche ist hier anzunehmen:
72 Zunächst lagen hinsichtlich aller Stores des Kxxx Bxxx bzw. der Fxxx GmbH gemäß
Anlagen K 2, K 3, K 4, K 5 und K 6 Einzugsermächtigungen und Abbuchungsaufträge vor.
Mit diesen Erklärungen der Franchisenehmerin korrespondiert deren in allen
Franchiseverträgen enthaltene Pflicht (vgl. die jeweiligen Ziff. 5 f. der Verträge), binnen
zwei Tagen nach Ablauf der Geschäftswoche den erzielten Bruttoumsatz telefonisch, per
Fax, elektronisch oder auf sonstige genehmigte Weise zu melden. Diese Regelung war
den Parteien des Valutaverhältnisses nicht nur positiv bekannt; vielmehr haben sie diese –
unstreitig – in den Jahren 2004 bis 2009 auch in der Praxis umgesetzt. Gem. dieser
vertraglichen Vereinbarung meldete die Franchisenehmerin jeweils die entsprechenden
Umsatzzahlen und auf der Grundlage dieser Meldungen errechnete die Franchisegeberin
die ihr zustehenden Forderungen (vgl. etwa Ziff. 2 der jeweiligen Franchiseverträge) und
zog diese im Lastschriftverfahren ein.
73 Die enorme Vielzahl der einzelnen Kontobelastungen (insgesamt ca. 1.200
Zahlungsvorgänge) über einen mehrjährigen Zeitraum (2004 bis 2009) lassen keinen
anderen Schluss als den zu, dass die Franchisenehmerin jeweils Kenntnis von den
entsprechenden Belastungsbuchungen hatte. Andernfalls wäre eine Fortsetzung der
Geschäftsbeziehung über einen solch langen Zeitraum schlechterdings nicht erklärbar. In
eben dieser – für die Beklagte erkennbaren und ersichtlich erkannten – Fortsetzung des
Franchiseverhältnisses in Kenntnis der einzelnen Belastungsbuchungen liegt deren
konkludente Genehmigung seitens der Franchisenehmerin gegenüber der Beklagten als
Zahlstelle.
74 Auch der BGH (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, Az.: XI ZR 236/07 = NJW 2010, 3510 ff.;
BGH, Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: XI ZR 171/09 = NJW-RR 2011, 477 ff.; BGH, Urteil
vom 1. Dezember 2011, Az.: IX ZR 58/11 = NJW-RR 2012, 245) geht bei fortlaufendem
Einzug von Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen laufender
Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr mittels Lastschrift im
Einzugsermächtigungsverfahren vom Vorliegen einer konkludenten Genehmigung aus,
wenn sich die Forderungen innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor
genehmigten Lastschriftbuchungen bewegen oder diese nicht wesentlich über- oder
unterschreiten. Keinesfalls müssen die Abbuchungen immer die gleiche Höhe aufweisen.
75 So liegt Fall hier: Angesichts der großen Vielzahl der einzelnen Buchungen im Rahmen
einer laufenden Geschäftsbeziehung, der enormen Gesamtsumme der Buchungen und
des mehrjährigen Zeitablaufs musste die Beklagte die erkennbar widerspruchslose
Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu unveränderten Bedingungen als eine die
Möglichkeit eines Widerspruchs ausschließende Genehmigung der Abbuchungen seitens
ihrer Kundin ansehen (§§ 133, 157 BGB).
76 Dies gilt umso mehr, als es sich bei den Parteien des Franchisevertrages im
Valutaverhältnis beiderseitig um Vollkaufleute i.S.d. HGB handelt.
77 Zudem ist eine betragsmäßig signifikante Über- und Unterschreitung zu verneinen:
Vielmehr bewegen sich die Lastschriften allesamt in den Grenzen einer höchstrichterlich
gebilligten Schwankungsbreite. Zwangsläufig bringt es die hier im Valutaverhältnis
vereinbarte Geschäftspraxis eines wöchentlichen Melde- und Abrechnungssystems mit
sich, dass die Umsatzzahlen in gewissen Grenzen schwanken, mithin also die einzelnen
Lastschriftabbuchungen keine exakt deckungsgleichen Beträge zum Gegenstand haben
konnten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für die Franchisenehmerin aufgrund der
von ihr selbst durchgeführten Umsatzmeldungen jeweils erkennbar und vorhersehbar war,
in welchem Umfang seitens der Franchisegeberin Lastschriften eingereicht werden
würden. Bei dieser Sachlage lässt sich aus dem Bestehen einer gewissen
betragsmäßigen Schwankungsbreite kein Gegenargument gegen das Vorliegen einer
konkludenten Genehmigung gewinnen.
78 Außerdem liegt selbst zwischen der letzten streitgegenständlichen Belastung vom 17.
März 2009 und dem ersten Widerspruch der Franchisenehmerin vom 25. November 2010
(Anlage B 4) ein Zeitraum von mehr als 1 ½ Jahren. In einer solchen Konstellation musste
die Beklagte vom objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB davon
ausgehen, dass ihre Kundin, die Franchisenehmerin, mit den Abbuchungen einverstanden
war, diese also im Rechtssinne genehmigt hatte. Erhebt nämlich der Schuldner in
Kenntnis eines Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen einer bereits zuvor genehmigten
Buchung bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine
Einwendungen, so entsteht auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung, auch die
neuerliche Belastungsbuchung solle Bestand haben. Eine solche Annahme ist schon
deshalb gerechtfertigt, weil die Zahlstelle beim Einzugsermächtigungsverfahren in der
derzeit rechtlichen Ausgestaltung zwar einerseits für den Kontoinhaber erkennbar auf
seine rechtsgeschäftliche Genehmigungserklärung angewiesen ist, um die Buchung
wirksam werden zu lassen, das Verfahren aber andererseits darauf ausgelegt ist, dass der
Kontoinhaber keine ausdrückliche Erklärung abgibt.
79 In einer solchen Situation können an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten
keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Konten –
wie hier – im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt werden. In einem solchen Fall
kann und muss die Zahlstelle davon ausgehen, dass die Kontobewegungen von ihrem
Kunden zeitnah nachvollzogen und überprüft werden und nach dessen Willen Bestand
haben sollen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, Az.: IX ZR 58/11 = NJW-RR 2012,
245 ff; BGH, Urteil vom 23. November 2010, Az.: XI ZR 370/08 = NJW 2011, 994 ff; BGH,
Urteil vom 25. Januar 2011, Az.: XI ZR 171/09 = NJW-RR 2011, 477 ff; BGH, Urteil vom
26. Oktober 2010, Az.: XI ZR 562/07 = WM 2010, 2307 ff.). Wie genau dieses Kriterium
„zeitnah“ auszulegen ist, wann also von einer konkludenten Genehmigung des
Zahlungspflichtigen ausgegangen werden muss, kann offenbleiben. Jedenfalls fällt
hierunter nicht ein Zeitraum von mehr als 1 ½ Jahren zwischen der letzten
streitgegenständlichen Lastschrift und dem Widerspruch, zumal hier die
Franchisenehmerin im Zeitraum nach der letzten Belastungsbuchung bis zum ersten
Widerspruch mehrere Abschlüsse hinsichtlich ihrer Bankkonten erhalten haben muss und
die entsprechenden Beträge als Kosten in die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die
genehmigten Jahresabschlüsse aufgenommen worden sein müssen.
80 Auch war hier allen vier am Lastschriftverfahren beteiligten Parteien (Klägerin, Beklagter,
Franchisegeber, Franchisenehmer) bewusst, dass Einwendungen gegen einzelne oder
alle Buchungen im unternehmerischen Geschäftsverkehr zeitlich nicht unbegrenzt
nachvollzogen und überprüft werden können. Auch vor diesem Hintergrund konnte und
musste die Beklagte die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung ihrer Kundin mit der
Franchisegeberin als konkludente Genehmigung der im Einzelnen erfolgten
Lastschriftbuchungen auslegen.
81 Schließlich folgt ein weiteres Argument für das Vorliegen einer konkludenten
Genehmigung aus dem Umstand, dass Kxxx Bxxx bzw. die Fxxx GmbH zwischen dem 25.
März 2004 und dem 22. Dezember 2008 fortlaufend neue Einzugsermächtigungen bzw.
Abbuchungsaufträge erteilt und damit zum Ausdruck gebracht haben, dass sie an der
Geschäftsbeziehung festhalten und vorangegangene Belastungsbuchungen genehmigen
(vgl. Anlagen K 2, K 3, K 4, K 5 und K 6).
82 cc) Den erklärten Widersprüchen der Franchisenehmerin vom 23. November 2010, vom
25. November 2010 und vom 29. November 2010 (Anlagen B 3, B 4 und B 5) konnte
mithin angesichts der zuvor erfolgten konkludenten Genehmigung keine rechtliche
Wirkung mehr zukommen. Die streitgegenständlichen Lastschriften waren mithin nicht
i.S.d. Abschnitts I Nr. 5 LSA unberechtigt eingereicht. Schadensersatzansprüche der
Beklagten gegen die Klägerin bestehen nicht.
83 d) Angesichts der erteilten Genehmigungen kann offen bleiben, ob die Widersprüche der
Fxxx GmbH wirksam waren. Die Klägerin hat insofern bestritten, dass eine wirksame
Kontoumschreibung vom vormaligen Franchisenehmer Kxxx Bxxx auf die erst im
November 2008 (Anlage B 10), gegründete Fxxx GmbH vorliegt und damit, dass Letztere
überhaupt widerspruchsberechtigt gewesen ist.
84 3. Dem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte kann schließlich nicht
entgegengehalten werden, dass Erstere vor einer Inanspruchnahme der Beklagten im
Interbankenverhältnis verpflichtet gewesen wäre, Ansprüche gegen die Franchisegeberin
als ihrer Kundin geltend zu machen. Vielmehr steht es der Klägerin frei, direkt im
Interbankenverhältnis gegen die Beklagte vorzugehen. Etwaige Ansprüche der Klägerin
gegen die Franchisegeberin haben beim bereicherungsrechtlichen Ausgleich im
Interbankenverhältnis außer Betracht zu bleiben.
85 4. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 286 Abs. 1, 288
Abs. 1, 247 BGB).
C.
86 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.
87 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr.
10, 711 ZPO.
88 Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht
vorliegen. Das Rechtsinstitut der konkludenten Genehmigung von Belastungsbuchungen,
die die Möglichkeit des Widerspruchs ausschließt, ist von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung abstrakt geklärt und die Auswirkungen dieser Grundsätze auf einen
konkreten Vertrag betreffen nur den jeweiligen Einzelfall.