Urteil des OLG Stuttgart vom 06.09.2010

OLG Stuttgart (kläger, schaden, höhe, ersatz, entgangener gewinn, rückabwicklung, verzinsung, zukunft, steuerberater, bezug)

OLG Stuttgart Urteil vom 6.9.2010, 5 U 114/09
Schadensersatz: Umfang des positiven Interesses bei Rückabwicklung eines Immobilienkaufs als
Investitionsobjekt zur Steuerersparnis; Ersatzpflicht bei noch nicht bestandskräftigem Steuerbescheid;
Schadensminderungspflicht durch Ermächtigung für die möglichen Rechtsbehelfe; Leistungsklage bei
noch nicht eingetretener Steuerbelastung; Erstattungsfähigkeit künftiger Steuervorteile;
Finanzierungsaufwendungen; Verzinsung bei finanziertem Kaufpreis
Leitsätze
1. Der Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses umfasst bei Rückabwicklung eines Kaufvertrags über zur
Vermietung bestimmte Gewerberäume, der als Steuersparmodell konzipiert war, auch den durch die Rückforderung
der zunächst gewährten, in Folge der Rückabwicklung dann jedoch vom Finanzamt zurückgeforderten
Steuervorteile entstandenen Schaden.
2. Der Anspruch besteht schon dann, wenn der Rückforderungsbescheid noch nicht rechtskräftig ist, die Steuern
auf seiner Grundlage jedoch entrichtet sind. Der Käufer hat jedoch dem Verkäufer, der den Steuerbescheid für
falsch hält, die Möglichkeit zu gewähren, über Rechtsbehelfe zu versuchen, die Korrektur des Steuerbescheids zu
bewirken.
3. Schadensersatzansprüche auf Ersatz drohender, aber noch nicht eingetretener - weiterer -
Steuerrückforderungen kann der Verkäufer noch nicht beziffert, sondern nur über ein
Schadenersatzfeststellungsbegehren geltend machen.
4. Anspruch auf entgehende künftige Steuervorteile hat er nicht.
5. Der Käufer hat Anspruch auf Ersatz der zum Erwerb des Objekts aufgewandten eigenen Darlehenszinsen. Er
hat jedoch keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf Verzinsung des fremdfinanzierten Kapitals.
Die Revision wurde zugelassen, die Frist zur Einlegung läuft noch.
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart
vom 29.06.2009 - 2 O 399/07 - abgeändert und neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 109.817,30 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.01.2008 zu bezahlen. Im Übrigen wird
die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz tragen die Kläger 87 % und die Beklagten 13 %
jeweils als Gesamtschuldner. Von den Kosten der I. Instanz tragen die Kläger 2/3 und die Beklagten 1/3 jeweils
als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die andere
Partei vorher Sicherheit leistet in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird hinsichtlich der Frage der Schadensersatzpflicht für die entgangenen Steuervorteile in der
Vergangenheit zugelassen.
Streitwert:
bis 01.11.2009:
273.743,97 EUR
seither:
257.996,18 EUR
Gründe
I.
1
Die Parteien streiten um die Berechnung des sog. großen Schadensersatzes wegen eines Wohnungskaufs
aus dem Jahr 1999.
2
Die Kläger kauften - auch zum Zweck der Steueroptimierung - im Jahr 1999 von den Beklagten mit
Kreditmitteln umzubauende Räume in einem denkmalgeschützten Haus in E... (Ortsname) und vermieteten
diese als Büro. Als sich nach einigen Jahren herausstellte, dass die Räume im Untergeschoss eine für
Arbeitsstätten zu niedrige Raumhöhe aufwiesen, die nicht den Bauplänen entsprach, verlangten die Kläger
großen Schadensersatz. Im Vorprozess beim LG Stuttgart (Az. 15 O 326/02) wurde rechtskräftig
festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern den Schaden aus der Rückabwicklung des
Kaufvertrags zu ersetzen. Außerdem wurden die Beklagten zur Freistellung von den künftigen
Kreditverbindlichkeiten verurteilt.
3
Im jetzigen Nachfolgeprozess geht es ausschließlich um die Höhe der Ersatzforderung. Wegen der
Einzelheiten wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
4
Das Landgericht hat der Klage zum kleineren Teil stattgegeben - Zug um Zug gegen Abtretung von
Rückerstattungsansprüchen für die Grunderwerbssteuer - und hat dabei folgende Schadenspositionen als
ersatzfähig angesehen (alle Zahlen in Euro):
5
Finanzierungsaufwendungen 2000 bis 2007
160.887,65
Grunderwerbssteuer
15.747,79
Grundsteuer 2001 bis 2007
6.544,13
Hausgeld in den Jahren 2001 bis 2007
42.637,17
Baubesichtigung/Abnahme (Schätzung)
224,47
Zwischensumme
226.041,21
abzgl. erzielter Mieten 2001 bis 2007
-149.999,53
zugesprochener Betrag
76.041,68
6
Nicht zugesprochen hat das LG eine Gruppe von drei kleineren Positionen (Teil der Fahrtkosten,
Beurkundung, Geldbeschaffung) sowie Architekten- und Rechtsanwaltskosten, was die Kläger hinnehmen.
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Weiter hat das Landgericht einen Ersatzanspruch abgelehnt hinsichtlich Steuernachforderungen wegen
nachbelasteter AfA - die in Höhe von 122.233 EUR bereits durch Steuerbescheid des Finanzamts N....
(Ortsname) vom 15.05.2009 nacherhoben wurden - und wegen zukünftig erwarteten
Steuernachforderungen. Diese Nachteile würden durch die den Klägern verbleibenden Steuervorteile
kompensiert. Weil die Kläger durch die Entscheidung für großen Schadensersatz und die Ersatzforderung
für den geleisteten Kapitaldienst bzw. den Freistellungsanspruch ihre Investitionsentscheidung rückgängig
gemacht hätten, könnten sie keine entgangenen bzw. entgehenden Steuervorteile für die Jahre 2008 und
2009 und keine Steuernachteile durch zurückgezahlte Anschaffungskosten (AfA) ersetzt verlangen; beides
nebeneinander sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ausgeschlossen. Demnach seien
auch Steuerberaterkosten nicht ersatzfähig. Nutzungen für die Zeit der Kapitalüberlassung an die
Beklagten nach Rücktrittsregeln (§§ 347, 346, 634 BGB a.F.) müssten diese ebenfalls nicht ersetzen, weil
diese nicht zusätzlich zum großen Schadensersatz verlangt werden könnten.
8
Gegen das dem Klägervertreter am 30.06.2009 zugestellte Urteil haben die Kläger durch am 30.07.2009
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 20.08.2009 eingegangenen Schriftsatz
begründet.
9
Die Berufung vertieft die erstinstanzliche Argumentation und rügt in erster Linie, dass das Landgericht
keine Gesamtabrechnung vorgenommen, sondern nur über einzelne Schadenspositionen entschieden
habe. Außerdem wendet sie sich im Kern gegen die Auffassung, dass der große Schadensersatz auf der
Basis der vor der Schuldrechtsmodernisierung gültigen Fassung des § 635 BGB keine
Rückabwicklungspositionen wie die Verzinsung des zu erstattenden Kaufpreises/Werklohns und keinen
Ersatz der Steuernachteile erfassen solle.
10
Die Kläger verfolgen die Ansprüche in folgenden Hauptstreitpunkten weiter (jeweils in Euro):
11
Herausgabe der Kapitalnutzung/
Verzinsung des Kaufpreises
164.278,71
Ersatz für Steuernachforderungen
174.806,00
Ersatz der entgehenden Steuervorteile in der Zukunft
51.675,00
Steuerberatungskosten
3.332,09
12
Das gesamte Zahlenwerk der Kläger ist aus Gründen der Übersichtlichkeit nachfolgend unter Ziff. II
wiedergegeben und den dort vom Senat anerkannten Positionen gegenübergestellt.
13
Insbesondere wenden sich die Kläger gegen die Ansicht des Landgerichts, dass die steuerlichen
Auswirkungen der Kapitalanlage unberücksichtigt bleiben sollten, weil Steuernachteile grundsätzlich einen
ersatzfähigen Schaden darstellten und weil ihnen durch Steuernachforderungen des Finanzamts die in der
Vergangenheit gewährten Steuervorteile zumindest teilweise wieder genommen würden. Dass sie von den
Finanzierungsverbindlichkeiten befreit worden seien, liege an der mangelhaften Vertragserfüllung der
Beklagten und stelle keine Entscheidung der Kläger gegen die Investition dar; vielmehr hätten die
Beklagten die Investition unmöglich gemacht. Es sei falsch, wenn das Landgericht die Kläger so stellen
wolle, als hätten sie nie gekauft, weil es dadurch ihren Anspruch auf das negative Interesse zu verkürze.
Vielmehr hätten sie Anspruch auf das positive Interesse, nämlich den wirtschaftlichen Zustand, der
bestehen würde, wenn das Kaufobjekt mangelfrei gewesen wäre. Dieser umfasse auch die Erzielung von
Steuervorteilen in Vergangenheit und Zukunft (bis ins Jahr 2039), zumal es sich um ein ausgesprochenes
Steuersparmodell gehandelt habe, das mit Steuervorteilen von ca. 65 % beworben wurde (Bl. 241).
14
Wegen der den Klägerin zwischenzeitlich erstatteten Grundsteuerbeträgen (15.747,79 EUR) haben die
Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
15
Die Kläger beantragen,
16
1. unter Aufhebung des am 29.06.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 2 O 399/07 -
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 349.785,65 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
17
2. hilfsweise die Beklagten unter Aufhebung des am 29.06.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts
Stuttgart - 2 O 399/07 - als Gesamtschuldner zu verurteilen,
18
a. an die Kläger 185.506,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu bezahlen;
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b. Auskunft zu erteilen über den Umfang der Nutzungen, die die Beklagten aus von den Klägern
bezahlten Beträgen
20
134.981,06 EUR am 31.01.2000
125.777,80 EUR am 18.04.2000
56.692,04 EUR am 18.04.2000
25.564,59 EUR am 12.01.2001
21
gezogen hat;
22
c. erforderlichenfalls die Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt zu versichern;
23
d. an die Kläger einen nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Betrag zu bezahlen.
24
Die Beklagten beantragen,
25
die Berufung zurückzuweisen.
26
Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil als richtig. Sie bekräftigen ihre Auffassung, dass
entgangene Steuervorteile oder erlittene Steuernachteile nicht unter den engen Schadensbegriff des § 635
BGB a.F. fielen und daher irrelevant seien. Es sei nicht Sinn dieser Regelung, den Klägern zu einem
steuerfreien Einkommen von über 200.000 EUR zu verhelfen. Vielmehr seien Steuernachbelastungen
Folge dessen, dass die Kläger den großen Schadensersatz gewählt und damit ihre Investition rückgängig
gemacht hätten. Im Übrigen seien etwaige Steuernachbelastungen - selbst wenn sie den Richtlinien der
bayerischen Finanzverwaltung entsprächen - nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs rechtswidrig,
weil die früheren Steuerbescheide nicht abänderbar seien. Es sei Sache der Kläger, im Rahmen der
Schadensminderungspflicht die möglichen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Ohnehin seien die behaupteten
Steuernachteile geringer als die erzielten Steuervorteile und könnten daher keinen Schaden darstellen. Den
Steuervorteilen in der Vergangenheit sei der Aufwand gegenüberzustellen, von dem die Kläger bereits
befreit worden seien. Ebenso müssten von etwaigen entgangenen Steuervorteilen in der Zukunft die dafür
erforderlichen Aufwendungen abgezogen werden, was die Klage nicht berücksichtige auch insoweit
unschlüssig sei. Im Übrigen bezweifeln die Beklagten die Höhe der behaupteten steuerlichen Nachteile.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und die Protokolle der mündlichen
Verhandlungen vom 02.11.2009 (Bl. 449/455 d.A.) und vom 12.07.2010 (Bl. 493/497 d.A.) Bezug
genommen.
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Einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Klärung der steuerlichen Situation der Kläger durch die
Finanzverwaltung bzw. die Finanzgerichte sind beide Parteien entgegengetreten. Stattdessen haben die
Kläger mit Schriftsatz vom 30.03.2010 (Bl. 488 d.A.) erklärt, etwaige Ansprüche aus einer Korrektur der
Einkommenssteuerbescheide für das Jahr 2007 und etwaiger Folgejahre an die Beklagten abzutreten.
Gleichzeitig haben sie diese ermächtigt, das Rechtsmittelverfahren im Steuerverfahren in ihrem Namen
und auf eigene Kosten zu führen.
II.
29
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger hat teilweise
Erfolg. Der den Klägern zustehende Schadensersatz berechnet sich - nach Teilerledigung hinsichtlich der
Grunderwerbssteuer - wie folgt (alle Zahlen in Euro):
30
30
Kläger
Gericht
Tatsächliche Vermögenssituation:
Finanzierungsaufwendungen 2000 bis 2007
-160.887,65
-160.887,65
Grunderwerbssteuer (nach Erstattung)
0,00
0,00
Grundsteuer in den Jahren 2001 - 2007
-6.544,13
-6.544,13
Hausgeld in den Jahren 2001 bis 2007
(nach Erstattungen)
-42.637,17
-42.637,17
Baubesichtigung/Abnahme (Schätzung)
-224,47
-224,47
Verzinsung des Kaufpreises
164.278,71
0,00
Mieteinnahmen
-149.999,53
149.999,53
Steuervorteile bis 2007
194.374,00
194.374,00
Steuernachbelastungen
-174.806,00
-122.233,00
Steuerberaterkosten
-3.332,09
-3.332,09
Vermögenssaldo tatsächlich
-179.778,33
8.515,02
Fiktive Vermögenssituation:
Finanzierungsaufwendungen 2000 bis 2007
-160.887,65
-160.887,65
Grunderwerbssteuer (nach Erstattung)
-15.747,79
-15.747,79
Grundsteuer in den Jahren 2001 - 2007
-6.544,13
-6.544,13
Hausgeld in den Jahren 2001 bis 2007
(nach Erstattungen)
-42.637,17
-42.637,17
Baubesichtigung/Abnahme (Schätzung)
-224,47
-224,47
Mieteinnahmen
149.999,53
149.999,53
Steuervorteile bis 2007
194.374,00
194.374,00
Steuervorteile bis 2039
51.675,00
0,00
Steuernachbelastungen
0,00
0,00
Steuerberaterkosten
0,00
0,00
Vermögenssaldo fiktiv
170.007,32
118.332,32
Differenz der Vermögenssalden
= Schaden
349.785,65
109.817,30
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1. Unstreitige Positionen
32
Die Positionen Kapitaldienst, Grundsteuer, Hausgeld sowie Kosten der Baubesichtigung und Abnahme sind
unter den Parteien nicht im Streit und wurden vom Landgericht zu Recht berücksichtigt. Sie sind Teil der
Gesamtabrechnung, die im Rahmen des großen Schadensersatzes durchzuführen ist (BGH, U. v.
24.09.1999, V ZR 71/99, NJW 1999, 3625; Staudinger/Otto, BGB (2009), § 280 Rn. E 58).
33
Das Landgericht hat auch zu Recht die erzielten Mieten in Abzug gebracht und nicht nur die lineare
Abschreibung des Grundstückswerts, wovon in der II. Instanz auch die Kläger ausgehen. Diesen Vorteil
hätten sie nur für sich in Anspruch nehmen können, wenn sie den Schadensersatz auf die
Rückgängigmachung des bloßen Leistungsaustauschs beschränkt hätten. Verlangen sie - wie hier - aber
die gesamten Aufwendungen für die Immobilie ersetzt inklusive Finanzierungszinsen, Hausgeld etc.,
müssen sie sich den deutlich höheren Mietwert abziehen lassen (BGH, U. v. 31.03.2006, Az. V ZR 51/05,
NJW 2006, 3582), insbesondere wenn er - wie hier - tatsächlich erzielt werden konnte.
34
Die vom Landgericht vorgenommenen "kleineren" Absetzungen bei Telefonkosten, Beurkundungskosten
und Geldbeschaffungskosten greift die Berufung ebenfalls nicht an.
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Anzumerken ist, dass die Kläger in ihrer Darstellung des tatsächlichen Vermögenssituation versehentlich
die Position „Mieteinnahmen“ als Belastung und die Position „Verzinsung des Kaufpreises“ als Einnahme
behandelt haben. Diese Zahlen sind deshalb in kursiver Schrift gesetzt. Grund dürfte die von den Klägern
vorgenommene Vorabsaldierung beider Posten sein, die aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht in die
obige Aufstellung übernommen wurde. Bei korrekter Darstellung hätte sich der tatsächliche
Vermögenssaldo mit den Zahlen der Kläger auf 208.336,69 EUR belaufen und der Schaden sogar auf
378.344,01 EUR. Die Abrechnung des Gerichts korrigiert das.
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2. Herausgabe der Kapitalnutzung/Verzinsung des Kaufpreises (164.278,71 EUR)
37
a) Zinsen aus dem den Beklagten während der Zeit der Vertragsdurchführung zur Verfügung gestellten
Werklohns können nicht neben großem Schadensersatz über § 635 BGB a.F. herausverlangt werden. Das
hat das Landgericht zu Recht entschieden. Die Rückabwicklung nach §§ 346, 347 BGB - jede Partei gibt
ihre Leistungen zurück und erstattet gezogene Nutzungen - ist eine andere Form der werkvertraglichen
Gewährleistung, nämlich über die Wandelung nach § 634 BGB a.F. Dagegen gibt § 635 BGB a.F. die
Möglichkeit des Schadensersatzes "statt der Wandelung oder Minderung". An dieser gesetzlich
angeordneten Alternativität ist trotz vielfacher Kritik in der Rechtsprechung immer festgehalten worden:
Beides nebeneinander steht dem Gläubiger nach dem BGB in der Fassung vor dem
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht zu (vgl. z.B. BGH, U. v. 20.05.1994, Az. V ZR 64/93, BGHZ
126, 131 = NJW 1994, 2480; Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., Rn. 5a vor § 633). Bereits durch die
Geltendmachung der Ersatzansprüche im Vorprozess haben sich die Kläger auf großen Schadensersatz
nach § 635 BGB a.F. festgelegt. Sie können diese Entscheidung nicht rückgängig machen und tun dies
auch nicht, weil sie zugleich an den - nicht über § 346 BGB rückabzuwickelnden -
Schadensersatzpositionen festhalten.
38
b) Dass wegen des Werts der Kapitalnutzung kein Schadensersatzanspruch besteht, ergibt sich auch aus
weiteren Erwägungen:
39
aa) Wegen der von den Beklagten gezogenen Nutzungen haben die Kläger schlicht keinen Schaden
erlitten. Das gilt schon deswegen, weil sie das Kapital nicht aus eigener Tasche zur Verfügung gestellt,
sondern die Anschaffung voll finanziert haben. Daraus entstandene Finanzierungskosten müssen von den
Beklagten ohnehin ersetzt werden, was diese auch akzeptieren. Insofern haben die Kläger nach Befreiung
von diesen Verbindlichkeiten nichts geleistet, wovon die Beklagten zu Unrecht profitieren würden, selbst
wenn dieser bereicherungsrechtliche Gedanke im Schadensersatzrecht berücksichtigt werden könnte (was
in Wirklichkeit freilich nicht der Fall ist). Bei der von den Klägern in ihrem Schriftsatz vom 01.09.2010
vorgelegten Entscheidung des OLG Karlsruhe (BauR 2010, 508) wurden dagegen - anders als hier - Zinsen
aus einer entgangenen Eigenkapitalnutzung geltend gemacht. Die Lösung der Kläger liefe darauf hinaus,
dass sie aus nicht vorhandenem Kapital Zinsen erzielen.
40
bb) Dass die Nutzung der Gegenleistung abgegolten ist durch den vollen Ersatz der Finanzierungskosten
kann der BGH-Rechtsprechung entnommen werden. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach den
umgekehrten Fall entschieden, dass der Käufer/Besteller, der Zinsen auf den rückerstatteten
Kaufpreis/Werklohn erhält, keinen Zinsschaden mehr hat, weil die Zinsaufwendungen des Käufers und die
gezogenen Nutzungen des Verkäufers im wirtschaftlichen Äquivalent stehen (BGH, U. v. 14.07.2000, V ZR
82/99, NJW 2000, 3064, 3065; BGH, U. v. 31.03.2006, V ZR 51/05, NJW 2006, 1582, 1584). Wegen dieses
Äquivalents ändert sich an dieser Überlegung auch im hier vorliegenden, umgekehrten Fall nichts, dass ein
Käufer/Besteller die vollen Zinsen (also den Erwerbsaufwand) erstattet erhält und dadurch die Nutzungen
der Gegenseite abgegolten sind.
41
cc) Schließlich kann bei einer Schadensberechnung auf der Grundlage der Differenztheorie, die hier zu
Grunde zu legen ist, die erbrachte Gegenleistung ohnehin nicht zurückgefordert werden (BGH, U. v.
25.03.1983, V ZR 168/81, BGHZ 87, 156 = NJW 1983, 1605), sondern sie bleibt dem Schädiger, der im
Gegenzug den Geschädigten so stellen muss, als habe er richtig erfüllt. Wenn aber die Gegenleistung den
Beklagten bleibt, stehen auch die gezogenen Nutzungen ihnen zu.
42
c) Weil wegen der Überlassung des Kapitals kein Anspruch besteht, sind auch die auf Erteilung von
Auskünften, eidesstattliche Versicherung und Zahlung in Bezug auf die Kapitalnutzung gerichteten
Hilfsanträge unbegründet.
43
3. Nachversteuerung der Steuervorteile aus der Vergangenheit (174.806,00 EUR)
44
Die Beklagten haften den Beklagten für die bisher durch das Finanzamt festgesetzten
Steuernachbelastungen, soweit diese auf einer Rückgängigmachung der Abschreibungen beruhen. Diese
belaufen sich nach der Aufstellung der Steuerberater der Kläger (Anl. K 30, Bl. 431 d.A.), deren
kalkulatorische Richtigkeit die Beklagten nicht in Zweifel gezogen haben, auf 122.233,- EUR.
45
a) Die Mängel des Investitionsobjekts und die aufgrund dessen erfolgte Rückgabe an die Beklagten hat
adäquat kausal dazu geführt, dass die Kläger mit Steuernachforderungen belastet worden sind, wie sie
sich aus dem Bescheid des Finanzamts N.... (Ortsname) vom 15.05.2009 (Anl. K 28, Bl. 352 d.A.)
ergeben. Dieser legt für jeden der beiden Kläger im Jahr der Rückgabe Einnahmen aus Vermietung und
Verpachtung von je 104.659 EUR zu Grunde, die dadurch zustande kommen, dass die Abschreibungen der
Vorjahre in Höhe von 222.125,- EUR als an die Kläger zurück fließende Einnahmen angesehen werden
(vgl. Klägerschriftsatz vom 02.12.2009 mit Anl. K 32 (Anlage V zur Einkommenssteuererklärung 2007, Bl.
459/460 d.A.). Verglichen mit den ohne Rückgabe der Räume zu entrichtenden Steuern ergibt sich
hinsichtlich der Abschreibungen daher ein Vermögensnachteil von 122.233 EUR (Anl. K 30).
46
b) Ob solche Steuernachteile zu den engeren (nahen) Mangelfolgeschäden gehören, die nach der BGH-
Rechtsprechung unter § 635 BGB a.F. fallen, oder ob es sich um entferntere Mangelfolgeschäden am
sonstigen Vermögen der Kläger handelt, die nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung zu
ersetzen sind (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., Rn. 44 vor § 633; z.B. BGHZ 67, 1: Nachteile wegen
falscher Grundstücksbewertung nach 6 Jahren), könnte zweifelhaft sein. Zwar wird die Steuerersparnis mit
Hilfe der Immobilie erzielt, jedoch hängt der Steuerschaden nicht mit dem Minderwert der Immobilie
zusammen, sondern wird nur zeitgleich über den Mechanismus des Steuersystems hervorgerufen.
Andererseits zählen entgangener Gewinn und Zinsverluste zu den näheren Mangelfolgeschäden
(Werner/Pastor, 11. Aufl. Rn. 1690). Auf die in der Rechtswissenschaft immer umstrittene Unterscheidung
(vgl. Werner/Pastor aaO. sowie Rn. 1753 ff.) kommt es hier jedoch nicht an, weil die Beklagten auch aus
positiver Forderungsverletzung haften, denn sie haben ihre Pflichten schlecht erfüllt. Verjährungsfragen,
bei denen die Unterscheidung eine Rolle spielen könnte, stellen sich hier nicht.
47
Zu Unrecht meinen die Beklagten, nur für Schäden einstehen zu müssen, die nach § 635 BGB a.F. zu
ersetzen sind. Mit dem Urteil im Vorprozess (LG Stuttgart 15 O 326/02) ist die Schadensersatzpflicht der
Beklagten in Bezug auf die Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtskräftig festgestellt worden, nicht aber
die Anspruchsgrundlage dieser Ersatzpflicht, was rechtlich gar nicht möglich wäre. Denn Gegenstand der
Rechtskraft kann nur der Streitgegenstand sein, d.h. Lebenssachverhalt und Rechtsfolge, nicht aber die
rechtliche Begründung dafür (statt vieler: Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, § 322 BGB Rn. 17, 19, 31 mit
zahlreichen Nachweisen). Abgesehen davon hat das Landgericht im Vorprozess unter Ziff. 10 der
Entscheidungsgründe bereits festgehalten, dass sich der Ersatzanspruch der Kläger für entferntere
Mangelfolgeansprüche aus positiver Vertragsverletzung ergebe (S. 25 des Urteils, hier Bl. 37 d.A.).
48
c) Dem Landgericht kann nicht darin gefolgt werden, dass die Versteuerung der Schadensersatzleistung
infolge von Werbekostenrückflüssen keinen Schaden darstelle, weil davon auszugehen sei, dass die
daraus resultierenden Nachteile den erzielten Steuervorteilen entsprächen. Die dazu zitierte
Rechtsprechung (BGH, U. v. 30.11.2007, V ZR 284/06, NJW 2008, 649; ebenso zahlreiche weitere
Entscheidungen wie z.B. BGH, U. v. 19.06.2008, VII ZR 215/06, NJW 2008, 2773; vgl. auch Podewils,
DStR 2009, 752) bezieht sich nur auf die umgekehrte Frage, ob erzielte Steuervorteile im Rahmen der
Vorteilsausgleichung unberücksichtigt bleiben können, weil sie durch die Versteuerung der
Schadensersatzzahlung in etwa aufgewogen werden. Sie ist vor allem deshalb nicht einschlägig, weil sie
den Ersatz des negativen Interesses betrifft (vgl. etwa BGH v. 17.11.2005 aaO., Tz. 16: „… des
Schadensersatzbegehrens der Kläger, das dahin geht, so gestellt zu werden, als hätten sie die ihnen durch
die Beklagte vermittelte Vermögensanlage nicht gezeichnet …“). Hier geht es aber um das positive
Interesse: Die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits haben sich gezielt an einem Steuersparmodell
beteiligt, das als solches beworben wurde und mit dem auch, anders als bei anderen Kapitalanlagefällen,
keine besonderen wirtschaftlichen oder steuerlichen Risiken verbunden waren. Sie können daher
verlangen, so gestellt zu werden, als hätten die Beklagten ordnungsgemäß erfüllt. In diesem Fall hätten die
Kläger, wie die Steuerbescheide der Vergangenheit zeigen, Steuervorteile erzielt, die nicht durch spätere
Festsetzungen von Steuern geschmälert worden wären (zur steuerrechtlichen Situation vgl. BGH v.
19.06.2008 aaO.).
49
d) Der Ersatzpflicht der Beklagten steht nicht entgegen, dass derzeit nicht feststeht, ob ein Schaden
endgültig eingetreten ist, weil der Steuerbescheid vom 15.05.2009 nicht bestandskräftig ist. Zwar geht die
Rechtsprechung bei Schäden, die in der Belastung mit einer Verbindlichkeit bestehen, davon aus, dass der
Ersatzberechtigte, der die Verbindlichkeit bekämpft, nur Feststellung und nicht Zahlung verlangen kann
(BGH, U. v. 16.11.2006, Az. I ZR 257/03, NJW 2007, 1809, 1811, Tz. 20; BGHZ 79, 76, 78 = NJW 1981,
870; BGH NJW 1993, 1137, 1139). Die Kläger haben aber zum einen die festgestellten Steuern bezahlt, so
dass der finanzielle Nachteil eingetreten ist. Zum anderen haben sie gegen den Steuerbescheid, den sie im
Gegensatz zu den Beklagten für korrekt halten, nur Einspruch eingelegt, um den Eintritt der Bestandskraft
zu verhindern und ihrer Schadensminderungspflicht nachzukommen, so dass den Beklagten ggf. die
Möglichkeit bleibt, den von ihnen zu ersetzenden Schaden zu reduzieren. Das Einspruchsverfahren
betreiben die Kläger seither nicht.
50
e) Anders als die Parteien meinen, ist in der vorliegenden Konstellation die steuerrechtliche Frage, ob die
Abschreibungen für Abnutzung der Jahre 2000 bis 2006 zu Recht im Jahr 2007 rückgängig gemacht
wurden und als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung behandelt wurden, nicht abschließend durch
den Senat, sondern durch die zuständigen Finanzbehörde bzw. die Finanzgerichte zu klären. Es geht nicht
nur darum, divergierende Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen zu vermeiden. Entscheidend ist
vielmehr, dass der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch nur und insoweit besteht, als den
Klägern tatsächlich ein endgültiger (Steuer-) Schaden entstanden ist. Dieser ergibt sich allein aus der
steuerlichen Behandlung durch die insoweit zuständigen Stellen. Ob ein Schaden entstanden ist, ist in
vorliegendem Fall somit keine reine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage, da sie davon abhängt, wie
die Steuer letztlich rechtsverbindlich festgesetzt wird. Zu den von den Klägern für ihre abweichende
Auffassung angeführten Entscheidungen (BGH v. 19.06.2008, VII ZR 215/06; BGH v. 30.11.2007, V ZR
284/06; BGH v. 24.09.1999, V ZR 71/99) ist dabei anzumerken, dass es dort jeweils nicht darum ging,
dass die Kläger einen zwischen den Parteien rechtlich umstrittenen Steuerschaden geltend gemacht
haben, sondern darum, ob sie sich bei anderweitigen Schadensersatzansprüchen im Wege des
Vorteilsausgleichs Steuervorteile entgegenhalten lassen müssen. Das ist eine grundsätzlich andere Frage.
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f) Gleichwohl ist Entscheidungsreife in Bezug auf die bereits festgesetzten Steuern dadurch hergestellt
worden, dass die Kläger ihre etwaigen Ansprüche aus der Korrektur des fraglichen Steuerbescheids an die
Beklagten abgetreten und diese ermächtigt haben, das Rechtsmittelverfahren im Steuerverfahren in ihrem
Namen zu führen. Aus § 255 BGB ergibt sich, dass der Geschädigte auch dann vollen Schadensersatz
verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht, dessen Erfüllung den
geltend gemachten Vermögensnachteil ausgleichen würde (BGH, U. v. 13. 11. 1997 - IX ZR 37/97, NJW
1998, 749, 751 unter Hinweis auf BGHZ 120, 261, 268 = NJW 1993, 593 und BGH NJW 1997, 2946, 2948,
je mwN.). Dieser Gedanke gilt für die hier vorliegende Konstellation entsprechend. Somit steht dem
Schadensersatzverlangen der Kläger nicht entgegen, dass es den Beklagten gelingen könnte, die in ihren
Augen falsche Festsetzungspraxis der bayerischen Finanzbehörden - ggf. durch einen Gang zum
Bundesfinanzhof - zu beenden und den Schaden der Kläger letztlich noch einmal zu verringern.
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g) Dagegen besteht derzeit kein Zahlungsanspruch wegen den von den Klägern erwarteten steuerlichen
Belastungen aus Werbungskostenrückflüssen in Höhe von 52.573 EUR (gemäß Berechnung der
Steuerberater, Anl. K 30). Nachdem insoweit noch keine Steuerbescheide ergangen sind, sind die Kläger
nicht mit einer aktuellen Verbindlichkeit belastet. Ein Schaden ist noch nicht eingetreten, sondern er droht
bislang nur für den Fall, dass die steuerrechtliche Auffassung der Steuerberater der Kläger zutrifft. Selbst
wenn man aber insoweit schon von einem Schadenseintritt ausgehen wollte, stünde die Höhe der
Verbindlichkeit nicht fest, von der die Kläger befreit werden wollen, so dass nicht auf Leistung, sondern nur
auf Feststellung geklagt werden könnte (BGH, U. v. 16.11.2006, I ZR 257/03, NJW 2007, 1809, 1811, Tz.
20). Einen Feststellungstitel haben die Kläger indes bereits in Händen, so dass selbst bei einer
entsprechenden Umdeutung des Antrags die Rechtskraft des Vorverfahrens entgegenstehen würde und
eine nochmalige Klage unzulässig wäre.
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4. Zukünftige entgangene Steuervorteile (51.675,- EUR)
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Unbegründet ist die Klage wegen der Steuervorteile, die die Kläger ihrer Darstellung zufolge in den Jahren
2008 bis 2039 hätten erzielen können (vgl. Aufstellung Anl. K31, Bl. 432 d.A., die allerdings nur bis zum
Jahr 2034 reicht). Insoweit ist die Klage unschlüssig, weil die Kläger einen Rechenposten isoliert
herausgreifen wollen, anstatt eine Gesamtbetrachtung anzustellen (BGH, U. v. 24.09.1999, V ZR 71/99,
NJW 1999, 3625 f.). Sie stellen nur mögliche Steuervorteile dar, lassen aber die zur Erzielung dieser
Vorteile erforderlichen Aufwendungen außer Acht.
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Zwar bezieht sich die Aufstellung soweit ersichtlich nur auf Absetzungen für Abnutzung und nicht auf
Werbungskostenüberschüsse, so dass es steuerrechtlich gesehen auf getätigte Aufwendungen und
erzielte Mieteinnahmen nicht ankommt. Schadensersatzrechtlich ist aber von Bedeutung, wie sich das
Halten der Mieträume auf das Vermögen der Kläger insgesamt ausgewirkt hätte. Sie hätten sich die
Steuervorteile durch das Finanzieren und Betreiben der Räume erarbeiten müssen. Dass sich die
Investition rentiert hätte, ist gut möglich, steht aber nicht fest. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gilt die Rentabilitätsvermutung für Zukunftsschäden wie den entgangenen Gewinn
gerade nicht (z.B. BGH, U. v. 13.06.2006, Az. X ZR 167/04, NJW-RR 2006, 1309, Tz. 23 u. 24). Dasselbe
ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24.09.1999 (Az. V ZR 71/99, NJW 1999, 3625),
das seinerseits auf dem Urteil vom 27.10.1983 (NJW 1984, 863) aufbaut: Wer Ersatz verlangt für die
gescheiterte Möglichkeit, weitere steuermindernde Verlustzuweisungen zu erhalten, muss die
Aufwendungen für die Anlageobjekte und deren wirtschaftliche Rendite gegenüberstellen. Insoweit müssten
für den hier verlangten Schaden auch Risikoprognosen und Sicherheitsabschläge berücksichtigt werden,
etwa im Hinblick auf das Weitervermietungsrisiko und das Insolvenzrisiko der Mieter. Möglicherweise
hätten auch irgendwann notwendig werdende Investitionen in das Gebäude das Geschäft auf lange Sicht
unrentabel gemacht.
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All das hätte im Rahmen einer Schadensberechnung im Einzelnen kalkuliert und nachvollziehbar
dargestellt werden müssen. Stattdessen unterstellen die Kläger stillschweigend, dass sich die Räume auf
Dauer selbst getragen hätten und sie die Steuervorteile in vollem Umfang hätten als Gewinn vereinnahmen
können. Jedoch haben die Kläger keinen Anspruch darauf, besser gestellt zu werden als sie ohne die
Rückabwicklung per Schadensersatz stünden. Nachdem es insoweit nicht um einen Vorteilsausgleich
geht, zu dem die Beklagten vortragen müssten, sondern die Darstellung eines per Saldo sich ergebenden
Zukunftsschadens, wäre es Sache der Kläger gewesen, nachprüfbar vorzutragen. Das ist nicht geschehen.
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Eine Berechnung ist auch deshalb nicht möglich, weil die entgangenen Steuervorteile von den künftigen
steuerlichen Einkommensverhältnissen der Kläger und der damit verbundenen Steuerbelastung und zudem
von den in der Zukunft geltenden Steuervorschriften abhängig sind.
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Im Übrigen steht ein Schaden diesbezüglich auch deshalb nicht fest, weil die Kläger die Möglichkeit haben,
in der Zukunft durch Beteiligung an anderen Kapitalanlagen mögliche Steuervorteile anderweitig zu
erzielen. Dass ihnen durch den Wegfall des konkreten Objekts einmalige Gewinnchancen entgangen
wären, behaupten die Kläger nicht.
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5. Steuerberatungskosten (3.332,09 EUR)
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Nachdem die Beklagten für die Nachversteuerung der Abschreibungen ersatzpflichtig sind, haben sie auch
die Kosten der Steuerberater der Kläger in geltend gemachter Höhe von 3.332,09 EUR zu tragen. Deren
Hinzuziehung war erforderlich, um die Schäden errechnen und darlegen zu können, wie aus den von den
Steuerberatern erstellten Unterlagen für diesen Rechtsstreit ersichtlich ist (z.B. K 13 - K16, K 30 und K31,
Bl. 84 ff. und 431 f. d.A.), so dass dahinstehen kann, ob die Steuerberater den Klägern ggf. zusätzliche
Kosten für andere Tätigkeiten in Rechnung gestellt haben. Die Höhe der Steuerberaterkosten, d.h. ihre
Berechnung, und ihre Begleichung durch die Kläger haben die Beklagten nicht bestritten (vgl. Schriftsätze
vom 03.02.2009 (S.2), Bl. 205 d.A., vom 04.04.2009 (S. 3), Bl. 244 d.A. sowie vom 25.05.2009 (S. 8), Bl.
367 d.A.).
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6. Wertverlust
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Der Senat hat davon abgesehen, im Weg der Vorteilsausgleichung zu Lasten der Kläger zu
berücksichtigen, dass die dauerhaften Steuervorteile durch Absetzungen für Abnutzung, die bei ungestörter
Vertragsdurchführung entstanden wären, ggf. durch einen Wertverlust der Teileigentumseinheit erkauft
worden wären. Zwar machen die Beklagten im Grundsatz zu Recht geltend, dass Steuervorteile regelmäßig
durch Aufwand erwirtschaftet werden müssen. Von diesem Wertverlust sind die Kläger dadurch befreit
worden, dass sie die Immobilie an die Beklagten zurückgegeben haben bei vollem Ausgleich der
Finanzierungskosten. Jedoch haben die Beklagten zu einem solchen Wertverlust nicht vorgetragen. Ob der
tatsächliche Wertverlust dem steuerlichen Ansatz - hier jährlich 2,5 % der Kosten des Altbaus und der
Stellplätze - entsprochen hätte, ist offen. Vor allem kommt in Betracht, dass der Wertverlust der
Bausubstanz durch eine Wertsteigerung des Grundstücks aufgefangen worden wäre.
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Wegen der Sonderabschreibungen käme eine Vorteilsausgleichung ohnehin nicht in Betracht, weil die
Denkmal-AfA auf die Sanierungskosten der Immobilie keinen Wertverzehr ausgleichen, sondern stellen nur
aus kulturpolitischen Gründen einen Anreiz darstellen, Investitionen in denkmalgeschützte Gebäude zu
belohnen. Die anteiligen Sanierungskosten haben die Kläger mit dem Kaufpreis entrichtet, so dass sie für
die Dauer der Sonderabschreibung die Voraussetzungen für besondere Steuervorteile geschaffen haben,
die ungeschmälert Teil ihres Erfüllungsinteresses sind.
III.
64
1. Der vom Landgericht übergangene Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB.
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2. Die Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 92, 97,
708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit die Parteien wegen der inzwischen erstatteten Grunderwerbssteuer den
Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, treffen die anteiligen Kosten gem. § 91a ZPO die
Beklagten, weil die Klage insoweit begründet war.
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3. Inwieweit der nachträgliche Entzug von Steuervorteilen in der Vergangenheit zu einem auf Zahlung
gerichteten Schadensersatzanspruch führen kann sowie die Frage, ob ein Schaden bereits besteht,
solange die entsprechenden Nachbelastungen durch die Finanzbehörden noch nicht bestandskräftig sind
bzw. solche Nachbelastungen nur drohen (Ziff. II.3 dieser Entscheidungsgründe), sind über den Einzelfall
hinausgehende Fragen, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt sind. Sie stellen sich auch in Fällen, in
denen nicht auf der Basis von § 635 BGB a.F., sondern nach neuem Schuldrecht gehaftet werden muss.
Insoweit liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO
vor.
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Die Revision insgesamt zuzulassen kam dagegen nicht in Betracht, weil die anderen Fragen des
Rechtsstreits - Nutzungsersatz für Kapitalüberlassung bei voll finanzierten Geschäften und Ersatz für
entgangene zukünftige Steuervorteile - teilweise auf der Basis gesicherter Rechtsprechung zu entscheiden,
teilweise auch aus tatsächlichen Gründen nicht entscheidungserheblich waren.