Urteil des OLG Stuttgart vom 14.02.2008

OLG Stuttgart (wert, aktie, antragsteller, ertragswert, bag, liquidationswert, bewertung, beteiligung, stichtag, auflösung der gesellschaft)

OLG Stuttgart Beschluß vom 14.2.2008, 20 W 11/06
Spruchverfahren außenstehender Aktionäre nach Unternehmensvertrag: Anteilsbewertung bei
marginalem außerbörslichem Handel
Leitsätze
Zur Berücksichtigungsfähigkeit von Börsenkursen bei der Anteilsbewertung im Falle marginalen außerbörslichen
Handels.
Tenor
1. Auf die Beschwerden und Anschlussbeschwerden wird der Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Stuttgart vom 14. Juli 2006, 31 AktE 21/04 KfH teilweise
abgeändert
Festsetzung von Gegenstandswerten insgesamt
neu gefasst
a) Der Antrag des unter der Nr. 32 geführten Antragstellers „Nachlass J.“ wird zurückgewiesen.
b) Die von der Antragsgegnerin zu leistende Barabfindung gem. § 5 des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrags vom 11.05.2004 wird auf 251,18 EUR je Stückaktie festgesetzt.
c) Der von der Antragsgegnerin zu leistende feste Ausgleich gem. § 4 des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrags vom 11.05.2004 wird auf 15,97 EUR je Stückaktie abzüglich
Körperschaftsteuerbelastung einschließlich Solidaritätszuschlag in Höhe des jeweils geltenden
gesetzlichen Tarifs festgesetzt.
d) Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der
Antragsteller mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des unter a) genannten Antragstellers.
e) Für die erste Instanz wird der Geschäftswert auf 1.133.343,48 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen werden die Beschwerden und Anschlussbeschwerden zurückgewiesen.
3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten des
Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.133.343,48 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
1
Die Antragsteller sind oder waren Aktionäre der IAG mit Sitz in S., die mit der Antragsgegnerin als
herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags abgeschlossen hat. Die
Antragsteller halten die den außenstehenden Aktionären als Ausgleich oder Abfindung angebotenen Beträge für
nicht angemessen und sie begehren in diesem Spruchverfahren deshalb eine höhere Festsetzung.
I.
2
Die IAG wurde 1923 gegründet, um nach der Verlegung des S. Hauptbahnhofs freigewordene Gleisflächen in
der Innenstadt zu erwerben und zu bebauen. Sie ist Eigentümerin mehrerer gewerblich genutzter Grundstücke
im Stadtgebiet von S.. Zunächst bewirtschaftete sie Grundstücke im ehemaligen Gleisbereich, heute in
Bahnhofsnähe zwischen K., L. und B. gelegen, später erwarb sie weitere Grundstücke außerhalb dieses
Gebiets hinzu, die ebenfalls mit gewerblich genutzten Gebäuden bebaut sind. Zu zwei Grundstücken hat die
IAG Erbbaurechte vergeben, die übrigen ihr gehörenden Immobilien sind vermietet, ebenso vier weitere
Gebäude, die sie als Erbbauberechtigte auf städtischen Grundstücken errichtet hat (diese Angaben wie alle
weiteren im Folgenden genannten Daten beziehen sich auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der
Hauptversammlung vom 07.07.2004, sofern nicht anders angegeben).
3
Die IAG tritt zusammen mit zwei weiteren ebenfalls in den Zwanziger-Jahren des 20. Jahrhunderts gegründeten
Gesellschaften, der SAG und der BAG, sowie der gemeinsamen Tochter G GmbH unter der Bezeichnung „B.
Gesellschaften“ auf. Die IAG hält 57,58 % der Anteile an der BAG. Die G GmbH wurde von allen drei
Gesellschaften als gemeinsame Tochtergesellschaft gegründet, die IAG hält einen Geschäftsanteil von 50 %.
Die G GmbH ist Eigentümerin weiterer Geschäftsbauten im Zentrum von S.. Sie hat im Jahr 2000 aufgrund
eines Servicevertrags mit den drei B. Gesellschaften die Besorgung sämtlicher Geschäfte dieser
Gesellschaften mit Ausnahme der Geschäftsführung übernommen. Die Vorstände bzw. Geschäftsführer der
drei Aktiengesellschaften und der G GmbH sind personenidentisch.
4
Das Grundkapital der IAG von 19.500.000 EUR ist in 750.000 Inhaber-Stückaktien aufgeteilt, wovon sich
43.293 Aktien (ca. 5,78 %) im Streubesitz befunden haben. Die restlichen Aktien wurden von der
Antragsgegnerin (ca. 84,22 %) und der L. Holding GmbH (10 %), die ihrerseits mit 64,58 % an der
Antragsgegnerin beteiligt ist, gehalten. Die Aktien der IAG werden im sog. Telefonhandel bei der V. gehandelt.
5
Durch Pressemitteilung der B. Gesellschaften vom 25.03.2004 wurde die Absicht der Antragsgegnerin bekannt
gegeben, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der IAG abzuschließen. Der Vertrag wurde
am 11.05.2004 abgeschlossen und durch eine weitere Pressemitteilung vom 13.05.2004 bekannt gegeben. Im
Unternehmensvertragsbericht wurde auf der Grundlage eines von der ... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
ermittelten Ertragswerts von 165,7 Mio. EUR ein anteiliger Ertragswert je Aktie von 221,04 EUR angenommen.
Im Unternehmensvertrag wurden eine Barabfindung von 225,00 EUR je Aktie und ein fester Ausgleich von
10,36 EUR je Aktie festgesetzt. Diese Festsetzungen wurden von den gerichtlich bestellten Vertragsprüfern,
der ... Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, im Prüfbericht vom 13.05.2004 als angemessen bestätigt.
6
Die Hauptversammlung der IAG vom 07.07.2004 stimmte dem Abschluss des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrags zu. Der Unternehmensvertrag wurde am 18.08.2004 im Handelsregister eingetragen,
die Eintragung wurde letztmals am 28.08.2004 bekannt gemacht.
II.
7
Die Antragsteller haben eine Erhöhung der Barabfindung begehrt. Sie haben die Festsetzung für
unangemessen gehalten, weil der durchschnittliche Börsenkurs im Zeitraum von drei Monaten vor der
Hauptversammlung und ebenso ein Liquidationswert des Unternehmens der IAG auf Basis der richtig zu
ermittelnden Grundstückswerte über seinem Ertragswert liege. Auch dieser sei zu niedrig angesetzt, weil die
Ertragsüberschüsse zu niedrig prognostiziert seien, u.a. wegen zu Unrecht angesetzter Personalkosten für den
Vorstand H., der erst im Februar 2004 als zusätzliches drittes Vorstandsmitglied bestellt worden und bereits im
November 2004 ersatzlos wieder ausgeschieden war. Schließlich haben die Antragsteller Einwendungen gegen
die nach ihrer Ansicht falsch angesetzten Parameter des Kapitalisierungszinssatzes vorgebracht.
8
Die Antragsgegnerin ist diesen Bewertungsrügen entgegen getreten. Zum Stichtag sei das Ausscheiden des
Vorstandsmitglieds H. nicht geplant oder sonst absehbar gewesen. Auch im Übrigen seien die
Ertragsprognosen ebenso wenig zu beanstanden wie die Ansätze zum Kapitalisierungszinssatz. Kurse aus
dem Aktienhandel bei der V. hätten wegen Marktenge außer Betracht zu bleiben. Der lediglich zur
Plausibilisierung ermittelte Liquidationswert liege ohnehin unter dem Ertragswert, er sei außerdem deshalb nicht
zu berücksichtigen, weil das Unternehmen der IAG weder dauerhaft ertragslos noch seine Liquidation
beabsichtigt gewesen sei.
9
Zur Ermittlung des festen Ausgleichs war vor allem umstritten, mit welchem Satz der Ertragswert zu verzinsen
sein soll.
III.
10 Das Landgericht hat mit Beschluss vom 14.07.2006 die Barabfindung auf einen Betrag von 261,05 EUR je
Aktie festgesetzt. Es hat die in den Planungs- und Prognoserechnungen angesetzten Personalkosten nach
Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage des ehemaligen (bei allen B. Gesellschaften tätigen)
Vorstandsmitglieds H. ab 2005 um den auf die IAG entfallenden Anteil an seiner Vergütung, also um 55.000,--
EUR jährlich, gekürzt.
11 Auf der Grundlage eines Basiszinses von 5,5 %, einer Marktrisikoprämie von 4 %, eines wegen der
herausragenden Lage der Grundstücke von 0,23 auf 0,18 herabgesetzten Beta-Faktors der IAG und eines
typisierten Einkommensteuersatzes von 35 % hat das Landgericht einen Kapitalisierungszinssatz von 4,04 %
für die Planjahre angenommen. Für die folgende Phase hat es einen von 1 % auf 1,25 % erhöhten
Wachstumsabschlag und damit einen Kapitalisierungszinssatz von 2,79 % angesetzt. Dasselbe gilt für die
Bewertung der Beteiligung an der BAG. Für die Berechnung des Ertragswerts der G GmbH blieb es beim
Betafaktor von 0,23, so dass sich bei im Übrigen gleichen Werten Zinssätze von 4,17 % und 2,92 % ergaben
(vgl. auch Anl. 1 und 2 zum angefochtenen Beschluss).
12 Den Liquidationswert hat das Landgericht für nicht maßgeblich gehalten, weil das Unternehmen weder liquidiert
werden sollte noch auf Dauer ertragslos sei. Wegen der fehlenden Börsennotierung der Aktien und des geringen
Handels im Telefonhandel seien auch die gegenüber dem anteiligen Ertragswert höheren Kurse aus den dort
erzielten Verkaufspreisen nicht zu berücksichtigen.
13 Als festen Ausgleich hat das Landgericht aus dem von ihm ermittelten Ertragswert unter Ansatz eines
risikoadjustierten Zinssatzes einen erhöhten Betrag von 11,53 EUR abgeleitet.
IV.
14 Die Antragsgegnerin hat Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, weil sie der Ansicht ist, dass die
Festsetzungen im Unternehmensvertrag angemessen und deshalb vom Landgericht zu Unrecht höher gesetzt
worden seien. Die Antragssteller zu 1, 8, 9, 22, 24, 26 und 27 haben ebenfalls Beschwerde eingelegt (die
Beschwerden der Antragsteller zu 3 und 30 sind zurückgenommen worden), die Antragsteller zu 2, 4, 10, 11,
13, 14, 28 und 33 Anschlussbeschwerde. Sie halten den vom Landgericht angesetzten
Kapitalisierungszinssatz im Ergebnis für noch zu hoch. Der Liquidationswert sei als Untergrenze des
Unternehmenswerts zu Unrecht nicht berücksichtigt worden; dazu sei eine Grundstücksbewertung zu
veranlassen, denn die von der Antragsgegnerin veranlassten Grundstückswertermittlungen seien fehlerhaft.
15 Der Antragsteller zu 13 wiederholt seinen Standpunkt, der Zinssatz für die Ermittlung des Ausgleichs könne bei
richtiger Risikobetrachtung nicht herabgesetzt, sondern er müsse allenfalls erhöht werden.
B.
16 Die Beschwerden sind zulässig, ebenso im Hinblick darauf, dass auch die Antragsgegnerin Beschwerde
eingelegt hat, die Anschlussbeschwerden (vgl. dazu OLG Stuttgart NZG 2007, 237).
17 Die Beschwerden und Anschlussbeschwerden sind nur teilweise begründet. Da der Senat einige Parameter des
Kapitalisierungszinssatzes abweichend vom Landgericht bestimmt, ist die Barabfindung niedriger als im
angefochtenen Beschluss festzusetzen. Insoweit haben die von Antragstellerseite erhobenen Beschwerden
und Anschlussbeschwerden, mit denen eine noch höhere Festsetzung der Kompensationen begehrt wurde,
keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich ein im Vergleich zur landgerichtlichen Festsetzung geringfügig höherer
Ausgleichsbetrag nach Steuern; zudem ist der feste Ausgleich nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs als Bruttobetrag abzüglich der jeweiligen Körperschaftssteuerbelastung festzusetzen.
C.
18 Die angemessene Barabfindung ist auf einen Betrag von 251,18 EUR je IAG-Aktie festzusetzen.
I.
19 Dieser Abfindungsbetrag ergibt sich nach dem Ertragswertverfahren (hierzu OLG Stuttgart NZG 2007, 112, 114
ff; AG 2006, 420, 425), das auch im Unternehmensvertragsbericht im Grundsatz unbeanstandet für die
Bewertung herangezogen worden ist. Der Senat legt die Feststellungen der mit sachkundigen Handelsrichtern
besetzten Kammer für Handelssachen des Landgerichts zu den zu prognostizierenden Zukunftserträgen
zugrunde und nimmt auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug, soweit nicht das konkrete
Beschwerdevorbringen die nachfolgenden Ergänzungen veranlasst (1.). Diese Erträge sind mit dem vom Senat
angesetzten Kapitalisierungszinssatz zu diskontieren (2).
20 Dabei ist für die Tatsachenfeststellung zur Unternehmens- und Anteilsbewertung in Spruchverfahren § 287
Abs. 2 ZPO auch im Hinblick darauf anwendbar, dass jede Bewertung in diesem Bereich naturgemäß nur eine
mit Unsicherheiten behaftete Schätzung und keine punktgenaue Messung sein kann (vgl. auch § 738 Abs. 2
BGB, § 260 Abs. 2 Satz 3 AktG). Das folgt vor allem aus dem heute allgemein anerkannten Grundsatz, dass
ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung nach dem künftigen finanziellen Ertrag für den Eigner des
Unternehmens oder der Beteiligung zu bewerten ist und die Bewertung deshalb notwendigerweise auf
Prognosen über künftige Entwicklungen gestützt werden muss, von denen es nicht nur eine Richtige gibt und
die im seltensten Fall auch so wie vorhergesagt eintreffen. Es kommt hinzu, dass für Bewertungen, nach
denen die gleichmäßige (§ 53 a AktG) Kompensation für eine Vielzahl von Anteilseignern festzulegen ist, nicht
auf subjektive Wertvorstellungen eines einzelnen Eigners abgestellt werden kann, weshalb in weitem Umfang
mit typisierten Annahmen gerechnet werden muss. Der so ermittelte Wert ist deshalb nicht, wie oft formuliert
wird, ein „wahrer“ Wert, sondern notwendigerweise ein typisierter, eher fiktiver Wert (OLG Stuttgart AG 2007,
705, 706 m.w.N.).
21 1. Gegen die vom Landgericht zugrunde gelegten Annahmen zur Planung und Prognose der Zukunftserträge
der IAG bestehen keine Bedenken.
22 Im Rahmen der Tatsachenfeststellung zur Unternehmensbewertung im Spruchverfahren sind die in die Zukunft
gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen ihrer Erträge ohnehin nur
eingeschränkt überprüfbar. Sie sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung
der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden
Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich
widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre
Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere - letztlich ebenfalls nur vertretbare - Annahmen
des Gerichts ersetzt werden (OLG Stuttgart AG 2007, 596, 5907 f; AG 2007, 705, 706; NZG 2007, 112, 114;
AG 2006, 420, 425).
23 a) Das Landgericht hat zu Recht die nach dem Unternehmensvertragsbericht (abgekürzt: UB) in der Planung
unterstellte Mietsteigerung von 1,5 % (S. 53) mit der Überlegung gebilligt, für die konkrete Planungsphase sei
nach dem Kenntnisstand zum Stichtag nicht mit einer durchgreifenden Erholung der Mieterlöse zu rechnen
gewesen. Eine besondere Begutachtung ist nicht nur im Hinblick auf die im Beschluss dargelegte Sachkunde
der Handelsrichter in Bezug auf den Immobilienmarkt in S., sondern auch aufgrund allgemein zugänglicher
Daten nicht erforderlich. Nach dem Marktbericht der Deutschen Immobilien-Partner 2005 waren von 2002 bis
2004 die Bürospitzen- und ebenso die Bürodurchschnittsmieten in der S. Citylage gesunken (S. 7). Für 2005
wurden keine Steigerungen prognostiziert und erst ab 2006 eine allmähliche Markterholung erwartet (S. 7 und
29). Entsprechendes gilt für Einzelhandelsflächen, insbesondere für 1B-Lagen wurde für 2005 sogar eine
fallende Tendenz prognostiziert (S. 9). Wegen steigender Flächen durch Neubauprojekte wurde mit einem
weiteren moderaten Mietpreisrückgang auch in 1A-Lagen gerechnet; die Mieterträge früherer Jahre seien auch
mittelfristig nur noch in Ausnahmefällen zu erzielen (S. 39). Unter diesen Umständen und im Hinblick auf
durchschnittliche Steigerungsraten von 0,3 % bei den Mieterlösen der IAG in den zehn Jahren vor 2004 (UB S.
53) ist die Annahme einer Steigerung von 1,5 % jährlich nicht unangemessen, wenn nicht gar „ehrgeizig“ (UB
S. 53).
24 b) Der in erster Instanz von einigen Antragstellern erhobene Einwand, bei der Unternehmensbewertung sei ein
geplanter Anbau an das Gebäude E. 9, das die IAG aufgrund eines Erbbaurechts hält, auf dem Grundstück E.
7 zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, geht fehl. Bereits der Geschäftsbericht 2003 der IAG weist auf S. 15
aus, dass entsprechende Pläne aufgegeben worden sind, weil die Stadt die nötigen Mittel für die Verlegung
einer Parkhauseinfahrt nicht bewilligt hat. Gemeint ist das städtische Parkhaus R., das derzeit unter der
Adresse E. 7 geführt wird und dessen Einfahrtsbereich die für einen - gerichtsbekannt bis heute nicht
realisierten - Anbau erwogene Fläche ist. Auf dieser Grundlage sind zu Recht keine Erträge aus einem in
absehbarer Zeit nicht zu realisierenden Vorhaben auf einem nicht zum Bestand der IAG gehörenden
Grundstück (vgl. Geschäftsbericht 2003 S. 14) angesetzt worden.
25 c) Die Antragsgegnerin hat sich in der mündlichen Verhandlung damit einverstanden erklärt, dass der streitige
Ansatz einer Vergütung des kurz nach dem Stichtag ersatzlos ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds H. nicht
als Aufwand berücksichtigt wird. In der Ertragswertberechnung ist deshalb, wie im angefochtenen Beschluss
geschehen, ab dem Jahr 2005 das Jahresergebnis vor Steuern um den auf die IAG entfallenden
Vergütungsanteil von jeweils 55.000 EUR zugunsten der außenstehenden Aktionäre zu korrigieren.
26 d) Vom jeweiligen Jahresergebnis vor Steuern sind nicht nur die Unternehmenssteuern in Höhe von 26,38 %
(Körperschaftsteuer 25 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag hieraus) abzusetzen, sondern es sind auch die
typisierten persönlichen Ertragsteuern der Anteilseigner durch einen Abzug in Höhe von 17,5 % zu
berücksichtigen.
27 Der Senat hält trotz verschiedentlich in der Literatur geäußerter Bedenken (dazu ausführlich OLG Stuttgart
NZG 2007, 302, 308 f m.w.N.) bis auf Weiteres an der Nachsteuerbetrachtung fest, die im juristischen und
betriebswirtschaftlichen Schrifttum und in der Rechtsprechung vorherrscht (vgl. etwa OLG München BB 2007,
2395, 2397 m.w.N.; Reuter AG 2007, 1, 6; Wittgens/Redeke ZIP 2007, 2015, 2016; Ballwieser u.a. Wpg. 2007,
765). Sie ist im Ausgangspunkt methodisch überzeugender, weil sich der Unternehmenswert als Barwert der
künftigen Überschüsse darstellt, die dem Unternehmenseigner in Zukunft aus der Beteiligung zufließen. Dies
ist für den steuerpflichtigen Anteilseigner der Nachsteuerwert. Die Steuerberücksichtigung ist auch
bewertungsrelevant, weil sich der Steuerabzug bei der gebotenen Annahme von Wachstum (s.u. 2 d) und
abweichender Besteuerung der Alternativanlage aus dem Ertragswertkalkül nicht herauskürzt (Siegel in FS
Brönner, 2000, S. 391, 399 ff; Hüttemann Wpg. 2007, 812, 822). Bei der Berechnung einer ewigen Rente unter
Annahme unendlichen konstanten Wachstums liegt so der Nachsteuerwert regelmäßig über dem Vorsteuerwert
(vgl. bereits OLG Stuttgart NZG 2007, 302, 308 m.w.N.; siehe zum sog. Steuerparadox etwa
Ballwieser/Kruschwitz/Löffler Wpg. 2007, 765, 766; Wagner in FS Brönner, 2000, S. 425, 437; Siegel ebda. S.
391, 400 ff m.w.N.; übersehen etwa bei Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht,
5. Aufl., § 305 Rn. 63 a.E.).
28 Es erscheint außerdem auch künftig sachgerecht, dabei einen typisierten Steuersatz von 35 % des
inländischen Anteilseigners anzusetzen (siehe auch OLG München a.a.O.). An sich wäre auch zu diesem
Punkt eine Prognose über die künftige Entwicklung der Steuerbelastung zu treffen, die schon wegen der
mangelnden Vorhersehbarkeit der Steuerrechtsentwicklung nicht aufgrund konkreter Erwartungen an die
Zukunft möglich ist (vgl. dazu Ballwieser u.a. Wpg. 2007, 65, 66). Deshalb ist hilfsweise auf
Vergangenheitswerte zurückzugreifen. So ist der Wert von 35 % aus statistischen Daten des Jahres 1989
abgeleitet worden (Wagner u.a. Wpg. 2007, 1005, 1013, Fn. 65) und er erscheint auch für spätere Zeitpunkte
als Grenzsteuersatz plausibel (Hüttemann a.a.O.; Heintzen u.a., Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Hannover, Diskussionspapier Nr. 346, August 2006 zum Jahr 2005), so dass er weiterhin zugrunde gelegt
werden kann.
29 Mit diesem Satz ist wegen des anwendbaren Halbeinkünfteverfahrens nur die Hälfte der ausschüttbaren
Erträge zu versteuern. Rechnerisch entspricht dies einem Abzug von 17,5 %.
30 2. Die geplanten oder prognostizierten Erträge sind mit dem Kapitalisierungszins zu diskontieren (ausführlich
OLG Stuttgart NZG 2007, 112, 114). Der Senat hält für die Berechnung des Ertragswerts der IAG einen
Kapitalisierungszins nach Steuern von 3,94 % (Planungsphase) bzw. 2,94 % (Prognosephase) für angemessen
(§ 287 Abs. 2 ZPO). Dies liegt etwas über den vom Landgericht angewandten Sätzen von 3,89 % bzw. 2,64 %,
so dass sich infolge der höheren Abzinsung ein niedrigerer Ertragswert ergibt (s.u.).
31 a) Der Senat geht von einem Basiszins von 5,25 % aus. Der nach dem Unternehmensvertragsbericht
angesetzte Wert von 5,5 % beruht auf der Empfehlung des IDW für den Zeitraum ab 01.01.2003 (vgl. OLG
Stuttgart NZG 2007, 112, 115), ab 01.01.2005 wurde ein Wert von 5,0 % empfohlen. Für den etwa ein halbes
Jahr früher liegenden Zeitpunkt ist deshalb nach den Grundsätzen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung
zur Ableitung des Basiszinses aufgestellt hat (OLG Stuttgart NZG 2007, 112, 115 f) der Zwischenwert von 5,25
% angemessen. Ein Wert in dieser Größenordnung (5,18 %) ergibt sich auch aus der Zinsstrukturkurve nach
der sog. Svensson-Methode zum Stichtag (vgl. OLG München BB 2007, 2395, 2396; Wüstemann BB 2007,
2223, 2224; siehe auch Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 15.02.2006). Der von der Antragsgegnerin
insoweit angegebene Wert von 5,39 % beruht nicht nur auf einer Mittelung von drei Werten zum 30.04., 31.05.
und 30.06.2004 (zweifelnd dazu Wüstemann a.a.O. m.w.N.), sondern offensichtlich auch auf damaligen
Annahmen in Fachkreisen, es sei eine Umrechnung stetiger in diskrete Renditen erforderlich, was sich bei
Zugrundelegung der Daten der Deutschen Bundesbank als unzutreffend erwiesen hat (vgl. Reese/Wiese ZBB
2007, 38, 42; Wiese/Gampenrieder, Der Schweizer Treuhänder 2007, 442, 445, je m.w.N.). Unter
Berücksichtigung dessen ergibt sich auch bei einer Durchschnittsbildung sämtlicher Werte über drei Monate
vor Stichtag ein Wert von ca. 5,26 %.
32 b) Für den Risikozuschlag, um den der aus Renditen festverzinslicher, relativ risikoloser Anleihen abgeleitete
Basiszins zu erhöhen ist, geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von einer Marktrisikoprämie von 4,5 %
vor Steuern aus (ausführlich OLG Stuttgart NZG 2007, 112, 116 f mit Stellungnahme auch zu den im
vorliegenden Verfahren vorgebrachten Argumenten).
33 Er ist zu multiplizieren mit dem sog. Beta-Faktor zur Berücksichtigung der abweichenden Volatilität der Aktie
des zu bewertenden Unternehmens. Aus den vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung
ausgeführten Gründen (geringer Verschuldungsgrad, ausgezeichnete Lage der Objekte) hält es der Senat für
sachgerecht, abweichend von dem im Unternehmensvertragsbericht für Immobilienunternehmen angeführten,
aus dem DIMAX abgeleiteten Durchschnittswert von 0,23 einen niedrigeren Wert von 0,18 anzusetzen. Eine
weitere Herabsetzung ist dagegen nicht zu rechtfertigen, auch im Vergleich zu dem vom Senat entschiedenen
Fall eines Immobilienunternehmens mit ausschließlicher Vermietung an Konzerngesellschaften, für das
ebenfalls ein Beta-Faktor von 0,18 angesetzt worden ist (OLG Stuttgart NZG 2007, 307).
34 Dies ergibt einen Risikozuschlag von 0,81.
35 c) Daraus folgt ein Kapitalisierungszinssatz vor Steuern von 6,06 %, der um die typisierte Ertragsteuer der
Anteilseigner von 35 % zu kürzen ist (s.o.), so dass sich ein Wert von 3,94 % ergibt.
36 d) Ein Wachstumsabschlag für die Phase der ewigen Rente ist mit 1 % in ausreichender Höhe angesetzt. Er
hat die Funktion, in dieser Phase die zu erwartenden Veränderungen der Überschüsse abzubilden, die bei der
nominalen Betrachtung im Ausgangspunkt unverändert aus dem letzten Planjahr abgeleitet werden. Er
bezweckt nicht einen unbedingten Inflationsausgleich. Maßgebend sind vielmehr neben dem Umfang, in dem
zu erwartende Preissteigerungen der Einsatzfaktoren an Kunden, hier die Mieter, weitergegeben werden
können, sonstige prognostizierte Mengen- und Strukturänderungen (OLG Stuttgart AG 2007, 596, 599; NZG
2007, 302, 307; NZG 2007, 112, 118, je m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist der Wert von 1 %
im Unternehmensvertragsbericht nachvollziehbar hergeleitet, hierauf wird verwiesen (S. 61). Entgegen der
Annahme des Landgerichts rechtfertigt die besondere Lage der Grundstücke mit der im Grundsatz zutreffenden
Unterstellung, diese würden auch in Zukunft nachgefragt werden, keine Erhöhung des Wachstumsabschlags
um 0,25 Prozentpunkte. Die anhaltende Nachfrage ist bereits in die Prognose der Zukunftserträge eingeflossen
und begründet als solche kein zusätzliches Wachstum.
37 3. Dem Ertragswert ist außerdem der Barwert des Körperschaftsteuerguthabens von 182.000 EUR
hinzuzurechnen, der bei Abzinsung mit dem entsprechend oben 2 c) korrigierten Zinssatz gerundet 107.000
EUR beträgt (zur Berechnungsweise i.ü. vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.03.2005, S. 44).
38 Schließlich sind die Werte der Beteiligung von 57,58 % an der BAG sowie des Geschäftsanteils von 50 % an
der G GmbH anzusetzen, die ebenfalls richtigerweise und im Grundsatz unbeanstandet nach
Ertragswertgesichtspunkten ermittelt worden sind. Beim Ansatz der zu diskontierenden Jahresergebnisse nach
Steuern ergeben sich für die G GmbH keine Veränderungen gegenüber dem Unternehmensvertragsbericht, für
die BAG ist entsprechend oben 1 b) eine Korrektur um den Aufwand für die Vorstandsvergütung ab 2005
vorzunehmen, hier in Höhe von jährlich 37.000 EUR vor Steuern. Bei beiden Gesellschaften können keine
höheren Mietsteigerungen zugrunde gelegt werden (siehe oben 1. a; siehe insgesamt zur Bewertung der BAG
auch die Ausführungen im heutigen Senatsbeschluss im Parallelverfahren 20 W 10/06). Wegen der einzelnen
Faktoren des Kapitalisierungzinses kann auf die Ausführungen unter 2. verwiesen werden mit der Maßgabe,
dass es für die G GmbH aus den vom Landgericht im angefochtenen Beschluss ausgeführten Gründen, auf die
Bezug genommen wird, bei dem Beta-Faktor von 0,23 zu verbleiben hat.
39 4. Danach ergibt sich der Ertragswert der IAG unter Einbeziehung der Beteiligung von 25 % an der G GmbH
und von 57,58 % an der BAG wie folgt (Rechenwerte nur in der Darstellung gerundet, Betragsangaben in
Tausend Euro):
40 a) Unternehmenswert der G GmbH
41
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010 ff
Jahresergebnis nach
Ertragsteuern des
Unternehmens und der
Anteilseigner
729,81 883,40 949,65 978,76 1.006,87 1.035,48
1.045,84
Zinssatz
4,085 % 4,085 % 4,085 % 4,085 % 4,085 % 4,085 %
ab 2010
3,085 %
Kapitalisierungsfaktor
0,96075 0,92305 0,88682 0,85202 0,81858 0,78645 25,49270688
Barwert
701,16 815,42 842,17 833,92
824,20
814,35
26.661,20
Summe Barwerte
31.492,43
KSt-Guthaben
29,00
Unternehmenswert
zum 31.12.2003
31.521,43
42 b) Unternehmenswert der BAG einschließlich Beteiligung an G GmbH
43
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010 ff
Jahresergebnis vor
Steuern
2.376,00 2.291,00 2.531,00 2.617,00 2.679,00 2.733,00
Korrektur Vorstands-
vergütung
- 37,00 - 37,00 - 37,00 - 37,00 - 37,00
Korrigiertes Jahreser-
gebnis
2.376,00 2.328,00 2.568,00 2.654,00 2.716,00 2.770,00
Unternehmensteuer
26,38 %
- 626,79 - 614,13 - 677,44 - 700,13 - 716,48 - 730,73
(Erhöhung
Wert 2009
um 1 %)
Jahresergebnis nach
Unternehmensteuern
1.749,21 1.713,87 1.890,56 1.953,87 1.999,52 2.039,27
Pers. ESt Anteilseigner
17,5 %
- 306,11 - 299,93 - 330,85 - 341,93 - 349,92 - 356,87
Jahresergebnis nach
Steuern
1.443,10 1.413,95 1.559,71 1.611,95 1.649,60 1.682,40
1.699,23
Zinssatz
3,94 % 3,94 % 3,94 % 3,94 % 3,94 % 3,94 %
ab 2010:
2,94 %
Kapitalisierungsfaktor
0,96209 0,92562 0,89054 0,85678 0,82430 0,79306 26,9746858
Barwert
1.388,40 1.308,78 1.388,98 1.381,08 1.359,77 1.334,24 45.836,06
Summe Barwerte
53.997,32
Beteiligung 25 % an
G GmbH (s.o. a)
7.880,36
KSt-Guthaben
22,00
Unternehmenswert zum
31.12.2003
61.899,67
44 c) Unternehmenswert der IAG einschließlich Beteiligungen an BAG und GmbHG
45
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010 ff
Jahresergebnis vor
Steuern
4.813,00 6.148,00 6.427,00 6.549,00 6.688,00 6.787,00
Korrektur Vorstands-
vergütung
- 55,00
- 55,00
- 55,00
- 55,00
- 55,00
(Erhöhung
Wert 2009
um 1 %)
Korrigiertes Jahreser-
gebnis
4.813,00 6.203,00 6.482,00 6.604,00 6.743,00 6.842,00
Unternehmensteuer
26,38 %
-1.269,67 -1.636,35 -1.709,95 -1.742,14 -1.778,80 -1.804,92
Jahresergebnis nach
Unternehmensteuern
3.543,33 4.566,65 4.772,05 4.861,86 4.964,20 5.037,08
Pers. ESt Anteilseigner
17,5 %
- 620,08 - 799,16 - 835,11 - 850,83 - 868,73 - 881,49
Jahresergebnis nach
Steuern
2.923,25 3.767,49 3.936,94 4.011,04 4.095,46 4.155,59
4.197,15
Zinssatz
3,94 %
3,94 %
3,94 %
3,94 %
3,94 %
3,94 %
ab 2010:
2,94 %
Kapitalisierungsfaktor
0,96209 0,92562 0,89054 0,85678 0,82430 0,79306 26,9746858
Barwert
2.812,44 3.487,27 3.505,99 3.436,58 3.375,90 3.295,62 113.216,73
Summe Barwerte
133.130,52
Beteiligung 50 % an
G GmbH (s.o. a)
15.760,71
Beteiligung 57,58 % an
BAG (s.o. b)
35.641,83
KSt-Guthaben
107,00
Unternehmenswert
zum 31.12.2003
184.640,07
Aufzinsung auf
07.07.2004
Faktor
1,0203
188.383,83
46 d) Aus dem Unternehmenswert von 188.383.830 EUR ergibt sich bei 750.000 Aktien ein Wert zum Stichtag
07.07.2004 von 251,18 EUR pro Aktie.
II.
47 Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Kurse, die beim Telefonhandel bei der V. mit den Aktien
der IAG beobachtet wurden, bei der Bewertung unberücksichtigt bleiben müssen, weil angesichts des geringen
Handels aus den Kursen kein Rückschluss auf eine Desinvestitionsmöglichkeit zu einem entsprechenden
Preis möglich ist. Dies ist mit den antragstellerseits vorgelegten Beschwerdebegründungen auch nicht konkret
beanstandet worden.
48 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfasst die Gewährleistung des Eigentums
durch Art. 14 Abs. 1 GG das Anteilseigentum in Form der Aktie, das im Rahmen seiner
gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Dispositionsbefugnis gekennzeichnet ist
(BVerfG ZIP 2007, 1055; ZIP 2003, 2114, 2115; BVerfGE 100, 289, 301; BVerfGE 14, 263, 276 f). Dieser
grundrechtliche Schutz hindert den Gesetzgeber nicht, im Rahmen der aktienrechtlichen Ausgestaltung der
Rechtsbeziehungen unter den Aktionären aus Gründen des Gemeinwohls Maßnahmen der Aktionärsmehrheit
wie einen Unternehmensvertrag zuzulassen, die diese verfassungsrechtlich geschützte Stellung
beeinträchtigen. Für diese Beeinträchtigung ist aber ein voller Ausgleich zu leisten. Weil die Aktie nicht nur
eine mittelbare Beteiligung am Unternehmen der Gesellschaft darstellt, sondern im Unterschied zu anderen
Formen gesellschaftsrechtlicher Beteiligung auch ein selbständig verkehrsfähiger, der unmittelbaren Verfügung
des Aktionärs unterliegender Vermögenswert ist, darf der Börsenkurs nicht unberücksichtigt bleiben (BVerfGE
100, 289, 307 ff). Unter diesem Blickwinkel hat also eine unmittelbare, nicht aus dem Unternehmenswert
abgeleitete Anteilsbewertung stattzufinden (BVerfGE 100, 289, 305; vgl. zu dieser Doppelnatur Schön in FS
Ulmer, 2003, S. 1359, 1368 ff; Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der börsennotierten
Aktiengesellschaft, 2007, S. 297 ff, 324 ff; siehe auch OLG Stuttgart AG 2007, 705, 708 m.w.N.). Bei dieser
Anteilsbewertung, die nicht mit einer schadensrechtlichen Betrachtung verwechselt werden darf (BVerfG ZIP
2007, 175, 177), wird also im Ergebnis ein Verkehrswert prognostiziert, den die Aktie am Stichtag hypothetisch
aus Sicht eines typisierten Aktionärs gehabt hätte, wenn es nicht zu der fraglichen Maßnahme, die die
Abfindungspflicht auslöst, gekommen wäre (Adolff a.a.O. S. 318 ff). Dieser Desinvestitionswert der Aktie kann
vom anteiligen Unternehmenswert je Aktie abweichen, so dass es nicht darauf ankommt, ob der Kapitalmarkt
hinreichend informationseffizient ist (vgl. näher heutigen Beschluss im Parallelverfahren 20 W 9/06 m.w.N.).
49 2. Es ist zweifelhaft, ob die Kurse bereits deshalb nicht zu berücksichtigen sind, weil die Preisfindung nicht wie
bei der amtlichen Notierung an einer Börse auf einem staatlich überwachten Handelsplatz zustande gekommen
ist, wie das Landgericht angenommen hat. Auch Kurse oder andere Werte aus außerbörslichem Handel
könnten bei hinreichendem Handel ein bei der Wertfindung zu berücksichtigendes Marktgeschehen darstellen,
aus dem sich ein Verkehrswert ableiten lässt. Entscheidend kommt es auf diese Frage aber nicht an.
50 3. Der Börsenkurs stellt jedenfalls nur die Untergrenze der Abfindung dar, soweit er den Verkehrswert der Aktie
abbildet (BVerfGE 100, 289, 307 ff), nicht aber, wenn er angesichts der gegebenen Marktumstände den
Verkehrswert der Aktie nicht widerspiegelt (vgl. zu dieser Ausnahme BVerfGE 100, 289, 309; BGHZ 147, 108,
122 f).
51 Das ist hier der Fall, weil die im Telefonhandel beobachteten Kurse wegen des nur marginalen Handels nicht in
diesem Sinne für den Verkehrswert der Aktie zum Bewertungsstichtag aussagekräftig sind.
52 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wäre auf einen Durchschnittskurs aus dem Zeitraum von
drei Monaten vor der Hauptversammlung abzustellen (BGHZ 147, 108, 118 ff; BGHZ 156, 57). Aus den im
Zeitraum von drei Monaten vor dem 07.07.2004 im Telefonhandel beobachteten Kursen ergibt sich ein
Durchschnittswert von 311 EUR.
53 Nach Ansicht des Senats kann allerdings dieser Referenzzeitraum nicht zugrunde gelegt werden, weil in
diesem Zeitraum die abzufindende Maßnahme und der Abfindungswert regelmäßig wegen entsprechender Ad-
hoc- oder Pressemeldungen und wegen der mit der Einladung zur Hauptversammlung gegebenen Informationen
schon bekannt sind und diese Informationen im Kurs eingepreist werden, so dass er sich maßgeblich aus
Abfindungserwartungen ergibt (siehe hierzu näher OLG Stuttgart NZG 2007, 302, 303 ff; AG 2007, 705, 710;
heutiger Beschluss im Parallelverfahren 20 W 9/06; vgl. auch KG NZG 2007, 71; OLG München AG 2007, 701,
705).
54 Unabhängig davon kann der Durchschnittswert aus diesem Zeitraum aber schon deshalb nicht herangezogen
werden, weil er angesichts der gegebenen Marktumstände den Verkehrswert der Aktie nicht widerspiegelt (vgl.
zu dieser Ausnahme BVerfGE 100, 289, 309; BGHZ 147, 108, 122 f).
55 Dabei kann nicht schon darauf abgestellt werden, ob es der Gesamtheit der außenstehenden Aktionäre möglich
gewesen wäre, ihre Aktien zum Stichtag oder auch in einem überschaubaren Zeitraum zum festgestellten
Börsenkurs zu verkaufen (siehe dazu näher den heutigen Beschluss im Parallelverfahren 20 W 9/06).
56 Der Börsendurchschnittskurs ist dann in dem Sinne aussagekräftig, dass er eine hinreichend verlässliche
Ableitung des hypothetischen Verkehrswerts der Beteiligung zum Stichtag (s.o.) erlaubt, wenn die Börsenkurse
auf einem realen und nicht nur marginalen Marktgeschehen beruhen.
57 Das ist hier nicht der Fall. Bereits das Landgericht hat zutreffend aufgrund des unbestrittenen Vorbringens der
Antragsgegnerin festgestellt, dass im Jahr 2003 nur 0,55 % und im ersten Halbjahr 2004 nur 0,56 % des
Streubesitzes von 43.725 Aktien gehandelt wurden; das entspricht jeweils ca. 0,03 % aller Aktien. Dieser
ohnehin auf den Telefonhandel beschränkte Markt war zusätzlich dadurch verengt, dass etwa der Antragsteller
zu 22 alleine über 11 % der außenstehenden Aktien hält; weitere Antragsteller halten ebenfalls namhafte
Anteile.
58 Dieses Bild ergibt sich auch bei Betrachtung des Zeitraums von drei Monaten vor der Hauptversammlung. Im
April 2004 wurden gar keine Aktien gehandelt, im Mai 2004 an zwei Tagen insgesamt 135 Stück bei Kursen
von 317 EUR und 330 EUR. Ende Juni 2004 wurden an einem Tag 5 Stück zu 286 EUR gehandelt, danach gab
es bis zur Hauptversammlung keinen Handel mehr. Die Kurse waren also zudem noch derart volatil, dass sie
nicht nur wegen des nahezu fehlenden Handels, sondern auch wegen der sprunghaften Preisbewegungen nicht
die Annahme erlauben, zu dem Durchschnitt dieser drei Werte von 298 EUR sei einem typisierten Aktionär am
Tag der Hauptversammlung eine Desinvestition möglich gewesen.
59 b) Dasselbe gilt, wenn ersatzweise auf die Kurse aus einem Zeitraum von drei Monaten vor der
Pressemitteilung vom 25.03.2004, mit der ein Unternehmensvertrag angekündigt wurde, abgestellt werden
sollte (siehe zu dieser Möglichkeit den heutigen Beschluss im Parallelverfahren 20 W 9/06). In diesem
Zeitraum fand überhaupt nur an drei Tagen im März 2004 geringer Handel zu Kursen von 286 EUR und 276
EUR statt. Dies ist aus denselben, bereits unter a) genannten Gründen keine tragfähige Grundlage für die
Ableitung eines Desinvestitionswerts zum Stichtag, der die oben unter I. ermittelte Abfindung übersteigt.
III.
60 Eine höhere Barabfindung ist auch nicht aufgrund einer Liquidationsbewertung festzusetzen.
61 Es kommt nicht auf die umstrittene Rechtsfrage an, ob bei der Ermittlung der angemessenen Abfindung ein
Liquidationswert stets dann als Unternehmenswert anzusetzen ist, wenn er den unter
Fortführungsgesichtspunkten ermittelten Ertragswert des Unternehmens übersteigt, oder ob ein höherer
Liquidationswert zu vernachlässigen ist, wenn eine Liquidation weder notwendig noch beabsichtigt ist, sondern
das Unternehmen fortgeführt werden soll und dies auch wirtschaftlich vertretbar ist (so in der Rechtsprechung
v.a. OLG Düsseldorf AG 2004, 324, 327 m.w.N.; ebenso das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung;
für gesellschaftsrechtliche Bewertungsanlässe grundsätzlich offen gelassen von BGH NZG 2006, 425 m.w.N.
zum Streitstand).
62 Denn ein Liquidationswert der IAG übersteigt nicht ihren Ertragswert von 188.383.830 EUR. Die von den
Antragstellern in erster Instanz vorgebrachten Einwendungen gegen die überschlägige
Liquidationswertermittlung, die anlässlich des Abfindungsangebots durchgeführt worden ist und einen Betrag
von 101.992.000 EUR ergeben hat, greifen nicht durch. Soweit gegen die Berechnung im Detail konkrete
Bewertungsrügen erhoben worden sind, sind diese nicht schlüssig oder jedenfalls nicht geeignet, einen den
Ertragswert übersteigenden Liquidationswert zu begründen.
63 1. Der Liquidationswert ist der Erlös, der sich nach Auflösung der Gesellschaft bei bestmöglicher
Einzelveräußerung der Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Liquidationskosten erzielen
ließe (vgl. etwa Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 203, 206).
64 Anzusetzen sind also zunächst die Verkehrswerte dieser Vermögensbestandteile. Da die IAG ausschließlich
Gewerbeimmobilien hält, ist es angemessen, dass die Verkehrswerte dieser Immobilien von dem hiermit von
der IAG und der Antragsgegnerin beauftragten S., einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen
u.a. für Grundstücksbewertungen, nach der für die Grundstücksbewertung anerkannten Ertragswertmethode
bewertet worden sind. Diese Methode ist in §§ 15 ff WertV mit weiteren Details in der Wertermittlungsrichtlinie,
zum Stichtag hier in der Fassung 2002 gültig (WertR 2002), beschrieben. Diese Regelungen gelten zwar
unmittelbar für die Bewertung durch die Gutachterausschüsse nach §§ 192 ff BauGB, enthalten aber
Grundsätze der Verkehrswertermittlung von Immobilien, wie sie auch in der Grundstücksbewertungsliteratur
und -praxis allgemein anerkannt sind (vgl. nur Kleiber/Simon, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 5.
Aufl., S. 620 Rn. 7 ff). Nach diesen Grundsätzen wird wie folgt vorgegangen: Aus dem Jahresrohertrag auf der
Grundlage nachhaltig erzielbarer Mieten ergibt sich nach Abzug der Bewirtschaftungskosten der
Jahresreinertrag (§§ 16 - 18 WertV). Der auf ihn entfallende Bodenwertanteil (Bodenwertverzinsungsbetrag) wird
abgezogen, weil der Bodenwert als solcher am Ende der Berechnung dem Gebäudeertragswert hinzugerechnet
wird. Der verbleibende Gebäudeanteil, immer noch ein Jahresbetrag, wird über einen Vervielfältiger kapitalisiert,
was den Gebäudeertragswert ergibt. Der Vervielfältiger wird aus einem dem örtlichen Grundstücksmarkt und
der Grundstückslage entsprechenden Liegenschaftszins unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer
abgeleitet (siehe Vervielfältigertabelle in der Anl. zu § 16 Abs. 3 WertV). Die Summe von Gebäudeertragswert
und Bodensachwert ergibt den Ertragswert, der im Einzelfall noch einer Anpassung wegen besonderer
Umstände des Objekts (z.B. Reparaturstau) oder des Markts bedarf (ausführlich Kleiber/Simon a.a.O. S. 1381
ff Rn. 31 ff). Nach dieser Methode wurde der Verkehrswert auch in sämtlichen Einzelgutachten ermittelt, die die
Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgelegt hat und die der Senat eingehend geprüft hat. Gegen die
dort ausgewiesenen Ergebnisse (vgl. auch Anl. 2 zum Unternehmensvertragsbericht) bestehen keine
Bedenken.
65 a) Zu Unrecht haben einige Antragsteller vor allem beanstandet, dass die Bodenwerte der Grundstücke
unzutreffend ermittelt worden seien.
66 Der sachverständige Grundstücksbewerter hat die Bodenwerte auf der Grundlage der Angaben in der vom
Gutachterausschuss für die Ermittlung von Grundstückswerten in S. (kurz: Gutachterausschuss S.)
herausgegebenen Bodenrichtwertkarte sachgerecht ermittelt. Die Ableitung aus diesen Bodenrichtwerten wird
von den Antragstellern auch nicht beanstandet. Ihre Ansicht, ein Wert aus der Bodenrichtwertkarte der Stadt S.
sei immer dann unverändert zugrunde zu legen, wenn die tatsächliche GFZ (Geschossflächenzahl, zulässige
Geschossfläche je qm Grundstücksfläche nach § 20 BauNVO) des Objekts der nach dem Bebauungsplan für
das Grundstück zulässigen GFZ entspreche, beruht auf einer Fehlvorstellung zur Ableitung von Bodenwerten
aus Bodenrichtwerten.
67 Die Angaben in der Bodenrichtwertkarte der Stadt S. beruhen vor allem auf tatsächlichen
Grundstücksverkäufen und beziehen sich auf ein fiktives unbebautes Grundstück. Der für ein Gebiet
angegebene qm-Preis ist dort jeweils in Beziehung gesetzt zu einer konkreten Geschossflächenzahl, die nicht
der in einem Bebauungsplan festgesetzten Geschossflächenzahl entsprechen muss. Die
Geschossflächenzahl, auf die sich der Preis bezieht, ist unmittelbar aus der Richtwertkarte ersichtlich. Zur
Ableitung des Bodenwerts des bebauten Gebäudes aus dem Bodenrichtwert müssen die GFZ des Gebäudes
auf dem zu bewertenden Grundstück und die dem Bodenrichtwert zugeordnete GFZ in ein Verhältnis gesetzt
und anschließend der Bodenrichtwert in diesem Verhältnis umgerechnet werden. Anders als etwa für
bestimmte Wohngrundstücke sind für Grundstücke mit Geschäftsbauten vom Gutachterausschuss S. keine
Umrechnungskoeffizienten vorgegeben (vgl. etwa Jahresbericht 2002 zum Grundstücksmarkt, S. 36; dto. für
2003, S. 45); hier ist vielmehr eine lineare Umrechnung sachgerecht (Wertermittlungsrichtlinie 2002, 2.3.4.2.).
68 So hat auch der Sachverständige S. korrekt umgerechnet und dabei teils sogar im Hinblick auf die exponierte
Lage einiger Grundstücke erhebliche Zuschläge auf den Rechenwert angesetzt. Beispielsweise ergibt sich für
das Grundstück K bei einer GFZ von 6,0 für den Bodenrichtwert und einer tatsächlichen GFZ von gerundet 3,2
ein Umrechnungsfaktor von 3,2 : 6,0 = 0,5333. Damit ist der Bodenrichtwert von 14.500,00 EUR umzurechnen,
was zu einem Wert von 7.733,33 EUR pro qm führt. Angesetzt wurde letztlich ein Quadratmeterpreis von
11.500,00 EUR. Vergleichbar wurden die für die Grundstücke in der L bei linearer Umrechnung ermittelten
Beträge von ca. 1.500,00 EUR bzw. 2.500,00 EUR auf 3.000,00 EUR erhöht. Entsprechend ist der
Sachverständige auch bei den anderen zu bewertenden Grundstücken verfahren, indem er jeweils linear
umgerechnet und ggf. Zu- oder Abschläge zur Anpassung an die Lage oder an nutzungsspezifische
Bebauungen vorgenommen hat, was hier nicht im einzelnen dargestellt werden muss (vgl. dazu bereits den
Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.03.2005, S. 59 ff). Es begegnet auch keinen Bedenken, dass der
Sachverständige den Bodenwert für das Grundstück W. mangels vorliegender Richtwerte auf 400,00 EUR/qm
geschätzt hat: es handelt sich um das Planetariums-Grundstück, das für eine anderweitige Verwertung auf
dem Markt nicht in Betracht kommt. Die Einwendungen, die auf die Berechnung des Bodenwerts der einzelnen
Grundstücke zielen, sind deshalb nicht berechtigt.
69 b) Entgegen der Annahme einiger Antragsteller wurde den Bewertungen kein durchschnittlicher
Liegenschaftszins zugrunde gelegt. Der überflüssige Angabe eines Durchschnittswerts in der Anl. 2 zum
Unternehmensvertragsbericht ist ohne Bewertungsrelevanz. Die dort ebenfalls ausgewiesenen Einzelwerte
zwischen 4,5 % und 5,75 % für die Grundstücke liegen, wie die Antragsgegnerin zutreffend ausgeführt hat, am
unteren Rand der im Grundstücksmarktbericht 2002 der Stadt S. auf S. 41 angegebenen Liegenschaftszinsen
für Geschäfts- und Bürogrundstücke und begegnen deshalb keinen Bedenken. Aus dem Rahmen fällt lediglich
der Wert 8 % bei dem Grundstück W., das auf die Nutzung für das Planetariumsgebäude beschränkt ist,
weshalb auch dieser Wert unbedenklich ist.
70 c) Fehler beim Ansatz der Restnutzungsdauer sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat dazu ausführlich
und zutreffend erläutert, dass bei den beiden vermieteten Grundstücken der IAG, um die es hier nur geht, eine
Gesamtnutzungsdauer von 70 bzw. 80 Jahren zugrunde gelegt wurde (Schriftsatz vom 15.02.2006, S. 22 ff).
Dies ist für Geschäfts- bzw. Bürobauten wiederum am oberen Rand anzusiedeln (Anl. 4 zu WertR 2002;
Kleiber/Simon a.a.O. S. 1423 Rn. 125). Aus dieser Gesamtnutzungsdauer wurde in den Gutachten die
Restnutzungsdauer entsprechend dem jeweiligen Alter des Gebäudes korrekt abgeleitet. Die verhältnismäßig
kurze Restnutzungsdauer des Planetariums erklärt sich wiederum aus der angesichts der besonderen
Verhältnisse nachvollziehbar kurzen Gesamtnutzungsdauer.
71 d) Zu Unrecht wurde in erster Instanz weiter beanstandet, dass anstelle der konkret entstandenen Kosten
Pauschalen für nicht umlagefähige Betriebskosten (1 %), Verwaltungskosten (4 % bzw. beim Planetarium 2 %)
und Bewirtschaftungskosten (zwischen 17,61 und 21,59 %) angesetzt worden seien, dass das
Mietausfallwagnis von 4 % bzw. 2 % (Planetarium und Bezirksrathaus) zu hoch sei und dass auch die
Instandhaltungskosten nicht nachzuvollziehen seien. Dabei ist zunächst klarzustellen, dass
Bewirtschaftungskosten der Oberbegriff ist, der die übrigen genannten Positionen umfasst (vgl. dazu § 18
WertV und hierzu Kleiber/Simon a.a.O. S. 1408 ff, 1655 ff). Nach den allgemeinen Grundsätzen der
Immobilienbewertung sind für die Verkehrswertermittlung die üblichen, dem Objekt angemessenen Kosten
anzusetzen, davon etwa abweichende tatsächliche Kosten des derzeitigen Eigentümers kommen nur in
Betracht, wenn sie auf die Ertragsfähigkeit von Einfluss sind (Nr. 3.5.2. WertR 2002; vgl. auch § 18 WertV).
Die pauschalen Ansätze sind deshalb nicht zu beanstanden. Auch der Höhe nach erscheinen sie im Vergleich
mit den in der Anl. 3 der WertR 2002 angegeben Werte angemessen.
72 e) Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob bei der Bewertung der Grundstücke K 6 und K 4, für die
Erbbaurechte vergeben sind, anstelle des Wertfaktors 1,0 ein solcher von 0,7 (wie bei anderen
erbbaurechtbelasteten Grundstück der B. Gesellschaften) hätte angesetzt werden müssen.
73 Weil im Fall von Erbbaurechten die Gebäude dem Erbbauberechtigten gehören, wird der Wert im Grundsatz nur
nach dem Bodenwert berechnet. Entspricht der Erbbauzins der angemessenen Bodenwertverzinsung, dann ist
der Bodenwert mit dem Grundstückswert identisch. Die Situation kommt aber bei älteren Erbbaurechten, wie
sie auch hier vorliegen, praktisch nicht vor, weil der für den Erbauzins vereinbarte Index erheblich unter der
Bodenwertsteigerung liegt. Dann erleidet der Eigentümer einen Zinsverlust, der den Bodenwert mindert, also
von ihm abgezogen werden muss. Er hängt wiederum von der Restlaufzeit des Erbbaurechts ab. Nach der
WertR 2002 ist die Differenz zwischen angemessenem und tatsächlichem Erbbauzins über die Restlaufzeit zu
kapitalisieren. Das Ergebnis ist mit einem sog. Wertfaktor von 0,3 bis 0,8 oder 0,9 zu multiplizieren, was zu
höheren Bodenwerten für den Eigentümer führt; damit sollen Vor- und Nachteile aus der Höhe des
Erbbauzinses und aus sonstigen Auswirkungen des Erbbauvertrags berücksichtigt werden; zudem sollen am
Markt höhere Kaufpreise beobachtet worden sein, als sie sich rechnerisch ergeben haben. Der Faktor ist um so
höher, je größer die Beeinträchtigungen des Grundstücks durch das Erbbaurecht sind (vgl. zu alldem WertR
2002 Nr. 4.2.2.3 und 4.2.1; Simon u.a. Handbuch der Grundstückswertermittlung S. 55 ff).
74 Diese Umstände sind in den betreffenden Gutachten methodisch korrekt berücksichtigt. Eine Verringerung des
Wertfaktors bei den beiden genannten Grundstücken um 0,3 auf 0,7 in diesen Berechnungen hätte einen
Mehrwert der Grundstücke von insgesamt lediglich 0,53 Mio. EUR zur Folge, was den Liquidationswert nicht
entscheidungserheblich anhebt.
75 2. Bei der Ermittlung des Liquidationswerts sind zu Recht Liquidationskosten abgezogen worden. Da auch der
Liquidationswert ein fiktiver Wert ist, sind neben den Verbindlichkeiten die Liquidationskosten einschließlich
etwaiger Ertragsteuern oder auch bei Liquidation noch fortbestehender Verpflichtungen (z.B.
Pensionsverpflichtungen) unabhängig davon abzuziehen, ob liquidiert wird oder eine Liquidationsabsicht
besteht (vgl. BGH NJW 1972, 1269; 1973, 509; NJW-RR 1986, 1066; NJW-RR 2005, 153; außerdem nunmehr
BGH NZG 2006, 425, Tz. 12; Großfeld a.a.O. S. 207 mit S. 172). Der in erster Instanz antragstellerseits
vertretene Standpunkt, Liquidationskosten dürften nicht berücksichtigt werden, weil es sich um einen fiktiven
Wert handele, ist gerade nicht richtig. Er lässt sich auch nicht auf die abweichende Ansicht des BayObLG zur
Bewertung nicht betriebsnotwendigen Vermögens stützen, die im Übrigen durch die genannte Entscheidung
des Bundesgerichtshofs (NZG 2006, 425, Tz. 12) überholt ist.
76 Zu den Liquidationskosten gehören auch die vom Unternehmen infolge der für die fiktive Liquidation
unterstellten Veräußerung von Betriebsvermögen auf Veräußerungsgewinne nach § 11 KStG, § 7 Abs. 1 Satz 2
GewStG zu entrichtenden Steuern (vgl. BGH NJW-RR 2005, 153, 155; NJW 1978, 1316, 1319; OLG München
BB 2007, 2395, 2398; OLG Düsseldorf DB 2000, 83; Hirte/Hasselbach in GroßKomm-AktG § 305 Rn. 231
m.w.N.), da nur das danach verbleibende Vermögen zur Verteilung an die Aktionäre nach § 271 Abs. 1 AktG
zur Verfügung steht. Deshalb wurde bei der überschlägigen Ermittlung des Liquidationswerts im
Unternehmensvertragsbericht (S. 64) diese Steuerlast zu Recht berücksichtigt. Der Einwand, eine
Kapitalgesellschaft als potentielle Erwerberin zahle diese Steuern nicht und brauche sie nicht vom Kaufpreis
abziehen, ist unschlüssig, weil es nicht um die Steuerlast eines potentiellen Erwerbers eines Grundstücks der
Gesellschaft oder um sein Preiskalkül unter steuerlichen Gesichtspunkten geht, sondern um die von der
veräußernden Gesellschaft auf den Betriebsaufgabegewinn (Differenz zwischen letztem Steuerbilanzwert und
Verkehrswerten nach kompletter Veräußerung aller Vermögensbestandteile, § 11 Abs. 2 bis 4 KStG) zu
zahlenden Steuern. Da bei dieser Betrachtung die Liquidation der Gesellschaft unterstellt wird, könnte sie der
Steuerlast auch nicht etwa durch Übertragung von stillen Reserven auf ein neu angeschafftes
Ersatzgrundstück nach § 6 b EStG entgehen. Die Unternehmenssteuern sind deshalb zu Recht als
Liquidationskosten in Abzug gebracht worden.
77 Ob der weitere Abzug typisierter persönlicher Ertragsteuern der Anteilseigner in Höhe von 9.590.000 EUR in
diesem Fall richtig ist, kann dahingestellt bleiben, weil aus einem um diesen Wert korrigierten Liquidationswert
vor Ertragsteuern keine höhere Abfindung folgt.
78 3. Die Ausführungen unter 1. und 2. gelten entsprechend für die gleichartigen Rügen zur Ermittlung des
Liquidationswerte der G GmbH und der BAG, die in Höhe der o.g. Anteile der IAG an diesen Unternehmen in
die Liquidationsbewertung der IAG eingeflossen ist (Unternehmensbericht S. 62, 64, Anl. 2, Anl. 4); hierauf wird
zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Zu ergänzen ist, dass im Gutachten zum H. der BAG, das im
Verfahren 20 W 10/06 vorgelegt worden ist, die zusätzliche Fläche aus der zum Stichtag lediglich geplanten
Aufstockung dieses Gebäudes mit den zu erwartenden nachhaltigen Mieterträgen berücksichtigt worden ist
(vgl. zur Bewertung der BAG auch Beschluss vom heutigen Tage im Parallelverfahren 20 W 10/06).
79 Soweit darüber hinaus in erster Instanz bei der Bewertung der Immobilien der G GmbH die Berechtigung eines
Abzugs von Reparaturkosten in der Abdichtung der K.-Passage bezweifelt worden ist, kommt es darauf wegen
des verhältnismäßig geringen, für die Entscheidung unerheblichen Differenzbetrags von 200.000 EUR (davon
relevant für den Wert der IAG insgesamt ca. 64% = ca. 129.000 EUR) nicht an. Dasselbe gilt für den Einwand,
beim Objekt R. hätte wegen laufender Prolongationsverhandlungen ein höherer Vervielfältiger angesetzt werden
müssen: selbst wenn - wohl unberechtigt - eine Restlaufzeit von 14 Jahren anstelle von 4 Jahren angesetzt
würde, würde sich damit bei einem Vervielfältiger von 9,59 und einem Abzinsungsfaktor von 0,47257 zur
Berechnung der Wertminderung des Werts der baulichen Anlagen bei Vertragsende lediglich ein Mehrwert von
ca. 640.000 EUR (64 % = ca. 410.000 EUR) ergeben.
IV.
80 Somit bleibt es bei der Festsetzung einer angemessenen Barabfindung von 251,18 EUR je Aktie.
81 Von der Festsetzung einer Verzinsung, wie sie die Antragsteller in erster Instanz verschiedentlich begehrt
hatten, hat das Landgericht zu Recht abgesehen, denn die Verzinsung ergibt sich aus dem Gesetz (§ 305 Abs.
3 Satz 3 AktG; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.11.2006, 20 W 233/93, Juris Tz. 15; OLG
Hamburg AG 2002, 89). Der Verfahrensgegenstand des Spruchverfahrens erstreckt sich nicht auf die in dieser
Bestimmung geregelten Sekundäransprüche (Drescher in Spindler/Stilz, AktG, § 11 SpruchG Rn. 3 m.w.N.).
D.
82 Der Ausgleich nach § 304 AktG ist abweichend von der Festsetzung des Landgerichts auf einen Betrag von
15,97 EUR (brutto) abzüglich der jeweiligen Körperschaftsteuerbelastung samt Solidaritätszuschlag
festzusetzen.
I.
83 Der nach Maßgabe des § 304 Abs. 2 AktG auf der Grundlage der bisherigen Ertragslage und künftigen
Ertragsaussichten angemessene Ausgleich kann nach h.M. und gängiger Praxis aus dem Ertragswert, der für
die Barabfindung berechnet worden ist, mittels dessen Verzinsung abgeleitet werden (vgl. nur BGHZ 156, 57,
63; Emmerich a.a.O. § 304 Rn. 39; Koppensteiner in KölnKomm-AktG, § 304 Rn. 67), denn damit kann
methodisch der Durchschnitt der künftigen Gewinnerwartungen ermittelt werden (Jonas Wpg. 2007, 835, 836 f).
Die Rechtsprechung des BVerfG, die bei der Bestimmung des variablen Ausgleichs nach der
Verschmelzungswertrelation die Berücksichtigung der Börsenkurse des beherrschten Unternehmens verlangt,
ist auf den festen Barausgleich nicht übertragbar (Koppensteiner a.a.O. § 304 Rn. 55 m.w.N.). Hier geht es
ausschließlich um die Erwartungen an die künftige Ertragsfähigkeit des Unternehmens der beherrschten
Gesellschaft; dafür ist ein Desinvestitionsinteresse ohne Belang (vgl. auch OLG Hamburg AG 2003, 583, 585).
II.
84 Auszugehen ist deshalb vom Unternehmenswert zum 31.12.2003 in Höhe von 184.640.070 EUR (s.o.). Auch
hier ist aus den o.g. methodischen Gründen zunächst von einem Nachsteuerwert auszugehen. Damit weicht
der Senat im Ergebnis nicht von der Rechtsauffassung des OLG München (BB 2007, 2395, 2399; AG 2007,
411, 414) ab, das die Erforderlichkeit einer Bruttoberechnung aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 21.07.2003 (BGHZ 156, 57) ableiten will, obwohl es dort nicht um persönliche Ertragsteuern eines
typisierten Anteilseigners, sondern um die den jeweils ausschüttungsfähigen Gewinn mindernde
Körperschaftsteuer auf Unternehmensebene ging; auch insoweit wurde im Ergebnis kein Vorsteuerbetrag
zugesprochen, sondern lediglich der Nachsteuerwert unter Abkehr vom Stichtagsprinzip von der künftigen
Steuerrechtsentwicklung abhängig gemacht (siehe dazu noch unten V.). Tatsächlich führt aber auch die
Berücksichtigung der persönlichen Ertragsteuer bei der Ermittlung des Ertragswerts und seiner Verzinsung
(unten III.) nicht zu einem Nettowert des Ausgleichs, weil letztlich die typisierte Steuerlast auf die
Ausgleichszahlung als Korrekturfaktor hinzu gerechnet wird (s.u. IV.). Damit erhält der im Unternehmen
verbleibende Anteilseigner eine Brutto-Garantiedividende, die er je nach seinen individuellen steuerlichen
Verhältnissen und nach Maßgabe des jeweils anzuwendenden Steuerrechts zu versteuern hat. Diese
Berechnungsweise ist im Verfahren auch nicht bezweifelt worden.
III.
85 Dieser Unternehmenswert ist mit dem Kapitalisierungszinssatz zu verzinsen. Der Senat lässt es dahin gestellt,
ob grundsätzlich eine Risikoadjustierung des Kapitalisierungszinssatzes deshalb berechtigt ist, weil sich
während der Laufzeit des Unternehmensvertrags die feste Ausgleichszahlung vergleichbar einer Anleihe als
sicher erweist und nur der unsicheren, möglicherweise sogar schlechteren Risikostruktur nach Ende des
Unternehmensvertrags Rechnung zu tragen ist (Maul DB 2002, 1423, 1425; OLG München BB 2007, 2395,
2400; AG 2007, 411, 414; OLG Celle ZIP 2007, 2025, 2028; LG Bremen AG 2003, 214, 215), oder ob es beim
Ansatz des insoweit unveränderten Kapitalisierungszinssatzes (vgl. etwa BGHZ 156, 57, 63; i.Erg. auch OLG
Stuttgart AG 2004, 43, 47) zu bleiben hat, weil sich möglicherweise beide Effekte in etwa kompensieren.
Jedenfalls beruhen beide Ansichten auf der Überlegung, dass sich die Risikostruktur der festen
Ausgleichszahlung von derjenigen einer Aktienrendite qualitativ unterscheidet und deshalb an sich einer
eigenständigen Betrachtung bedarf. Ob dies im Regelfall quantitativ einen niedrigeren Zuschlag rechtfertigt,
kann offen bleiben. Der Risikozuschlag ist hier ohnehin aus den oben ausgeführten Gründen äußerst gering
(0,81). Eine weitere Reduzierung des Risikozuschlags um die Hälfte würde einen Wert nahe Null ergeben und
dem verbleibenden Restrisiko kaum ausreichend Rechnung tragen. Zudem verändert sie das Endergebnis
ohnehin nur um ca. 7 %, was noch innerhalb möglicher Bandbreiten der Bewertung liegt.
86 Umgekehrt kommt eine Erhöhung des Risikofaktors erst recht nicht aus dem Grund in Betracht, weil das
Risiko einer „Ausplünderung“ des Unternehmens durch die beherrschende Gesellschaft während der
Vertragslaufzeit bestehe, wie einige Antragsteller unter Hinweis auf einschlägige betriebswirtschaftliche
Untersuchungen vertreten (vgl. auch Knoll ZIP 2003, 2329, 2335). Für die zugrunde liegende Befürchtung, bei
einem den Ertragswert übersteigenden Liquidationswert sei eine Vermögensveräußerung auf Veranlassung des
herrschenden Unternehmens für dieses lohnend, fehlt es hier schon an den tatsächlichen Voraussetzungen.
87 Aus diesen Gründen belässt es der Senat in diesem Fall bei dem Kapitalisierungszins vor Steuern von 6,06 %.
Reduziert um den typisierten Einkommensteuersatz von 35 %, wie er auf die Erträge aus festverzinslichen
Wertpapieren zu entrichten ist (dazu Unternehmensbericht S. 65), ergibt sich ein Verrentungszins von 3,94 %.
Daraus folgt ein Netto-Ausgleichsbetrag von 9,69 EUR je Aktie.
IV.
88 Da der typisierte Aktionär, auf den bei der Unternehmensbewertung und der daraus abgeleiteten
Ausgleichsberechnung abzustellen ist, mit der Ausgleichsleistung der Einkommensteuer auf Ausschüttungen
nach dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt (Hasselbach/Hirte in GroßKomm-AktG, § 304 Rn. 164 f m.w.N.),
ist der so ermittelte Nachsteuerbetrag auf der Grundlage des hälftigen typisierten Steuersatzes von 17,5 % in
eine Brutto-Garantiedividende umzurechnen (Stephan in K.Schmidt/Lutter, AktG, § 304 Rn. 87; siehe auch die
Darstellung auf S. 25 des Prüfungsberichts zu UB S. 62). Wird der Nachsteuerbetrag von 9,69 EUR mit 82,5 %
gleichgesetzt, ergibt sich so ein Betrag (100 %) von 11,75 EUR.
V.
89 Dem außenstehenden Aktionär ist als angemessener Ausgleich schließlich der voraussichtlich
verteilungsfähige Bruttogewinnanteil je Aktie abzüglich der von der Gesellschaft hierauf zu entrichtenden
Körperschaftsteuer in Höhe des jeweils gültigen Steuertarifs (BGHZ 156, 57) zu gewähren. In gleicher Weise ist
der jeweilige Solidaritätszuschlag zu berücksichtigen (OLG München AG 2007, 411, 414; BayObLG AG 2006,
41, 45). Somit ist der oben unter IV. ermittelte Endbetrag um die in der Ertragswertberechnung berücksichtigte
Steuerbelastung von insgesamt 26,38 % (25 % Körperschaftsteuer zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag hieraus)
zu korrigieren. Dies gibt einen Bruttoausgleichsbetrag von 15,97 EUR abzüglich jeweiliger Belastung mit diesen
Unternehmenssteuern.
E.
90 Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten hat die Antragsgegnerin zu tragen, § 15 Abs. 2
Satz 1 SpruchG. Sie ganz oder teilweise den Antragstellern aus Billigkeitsgründen (§ 15 Abs. 2 Satz 2
SpruchG) aufzuerlegen, ist nicht veranlasst. Das gilt auch in Bezug auf die zurückgenommenen Beschwerden
der Antragsteller zu 3 und 30, nachdem dadurch gesonderte Kosten nicht entstanden sind.
91 Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war es nicht veranlasst, die außergerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführer abweichend vom Regelfall, dass eine Kostenerstattung nicht erfolgt, nach § 15 Abs. 4
SpruchG aus Billigkeitsgründen der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
92 Der Geschäftswert ist auf 1.133.343,48 EUR festzusetzen. Dies ist der Unterschiedsbetrag zwischen der
angebotenen und der festgesetzten Barabfindung für alle außenstehenden Aktien (§ 15 Abs. 1 Satz 2
SpruchG). Bei gleichzeitiger Entscheidung über Abfindung und Ausgleich kommt keine Zusammenrechnung in
Betracht, weil beide Arten der Kompensation nur alternativ gewährt werden; maßgeblich ist in dem Fall der
höhere Betrag (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, AktG, § 15 SpruchG Rn. 5). Er liegt für den Ausgleich niedriger,
denn abzustellen ist auf den 12,5-fachen Jahresbetrag (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SpruchG i.V.m. § 24 Abs. 1 KostO,
siehe Drescher a.a.O. Rn. 4) nur der Differenz zwischen dem Ausgleichsangebot der Antragsgegnerin und dem
o.g. Nettobetrag von 11,75 EUR vor Hinzurechnung des Unternehmenssteueranteils, der wirtschaftlich dem
festgesetzten Bruttobetrag abzüglich jeweiliger Unternehmensertragsteuer entspricht.
93 Dementsprechend ist auch der Geschäftswert für das erstinstanzliche Verfahren herabzusetzen (vgl. OLG
München, Beschluss vom 26.10.2006, 31 Wx 12/06, Juris Tz. 53), der insoweit auch als Gegenstandswert für
die Gebühren der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin sowie der Vergütung des gemeinsamen
Vertreters anzusetzen ist, ohne dass es dazu eines Ausspruchs bedarf. Auch die Gegenstandswerte für die
Verfahrensbevollmächtigten erster Instanz auf Antragstellerseite ändern sich dadurch nach Maßgabe von § 31
RVG; die bisherigen Festsetzungen im angefochtenen Beschluss sind aber nicht zu ändern, sondern
aufzuheben, da die nach § 33 Abs. 1 RVG erforderlichen Anträge nicht ersichtlich sind.
94 Eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung war nicht veranlasst.