Urteil des OLG Stuttgart vom 16.08.2013

OLG Stuttgart: unterhalt, verzicht, familienrecht, rechtskraft, beendigung, zusammenrechnung, handbuch, scheidung, einkünfte, versicherung

OLG Stuttgart Beschluß vom 16.8.2013, 11 UF 181/13
Leitsätze
Bemisst sich der Wert eines Unterhaltsverfahrens bereits nach dem Jahreswert des beantragten
Unterhalts, führt eine Vereinbarung über den Verzicht auf künftigen Unterhalt nicht zu einer
Erhöhung des Verfahrenswertes.
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten Rechtsanwalt G. gegen den Beschluss des Amtsgerichts -
Familiengericht - Esslingen vom 24.06.2013 - 5 F 127/10 - wird
zurückgewiesen.
Das Verfahren ist Gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1 Der Beschwerdeführer vertrat den Beteiligten J. B. im verfahrensgegenständlichen
Scheidungsverbundverfahren.
2 Am 14.02.2011 reichte die Antragsgegnerin im Verbund einen Stufenantrag
nachehelichen Unterhalt ein. Am 08.04.2011 reichte der Beschwerdeführer für den
Antragsteller einen Widerantrag nachehelicher Unterhalt ein, beschränkt auf die Stufen
Auskunft und Versicherung an Eides statt, welcher im Verbundverfahren unzulässig ist.
3 Durch Vereinbarung vom 28.09.2011 verpflichteten sich die beteiligten Eheleute durch
gerichtlichen Vergleich zur gegenseitigen Auskunftserteilung über ihre Einkünfte. Der
Antragsteller verpflichtete sich zur Bezahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von
250.- EUR. Am gleichen Tag wurden unter Abtrennung der Folgesache nachehelicher
Unterhalt die Ehe rechtskräftig geschieden.
4 Mit Schriftsatz vom 26.03.2013 kündigte die Antragsgegnerin einen Antrag auf
nachehelichen Unterhalt über monatlich 794.- EUR von September 2012 bis März 2013
sowie in Höhe von 1.050.- EUR monatlich ab April 2013.
5 Im Verhandlungstermin vom 15.05.2013 vereinbarten die Beteiligten einen
Unterhaltsverzicht der Antragsgegnerin ab März 2013.
6 Das Familiengericht hat den Verfahrenswert der Folgesache nachehelicher Unterhalt auf
10.800.- EUR (7 x 794.- EUR + 5 x 1.050.- EUR) festgesetzt.
7 Der Beschwerdeführer erstrebt mit der Beschwerde eine Erhöhung des Verfahrenswertes
um 12.600.- EUR (12 x 1.050.- EUR) wegen des Unterhaltsverzichts sowie die
wertmäßige Berücksichtigung der wechselseitigen Auskunftsanträge.
II.
8 Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
9 Das Familiengericht hat zu Recht den Verfahrenswert der Folgesache nachehelicher
Unterhalt auf 10.800.- EUR festgesetzt, § 51 FamGKG.
10 Gemäß § 51 FamGKG bemisst sich der Verfahrenswert in Unterhaltssachen nach dem
Unterhaltsbetrag, der für die ersten 12 Monate nach Antragseinreichung gefordert werden.
Dabei handelt es sich rechnerisch um den Betrag von 10.800.- EUR.
11 Im Falle eines Unterhaltsverzichts ist dessen Wert gemäß § 42 Abs. 1 FamGKG zu
schätzen, wobei der Wert des Anspruchs, auf den verzichtet wird, in Ansehung des § 51
FamGKG mit heranzuziehen ist. Die Praxis setzt insoweit vielfach Pauschalen an
(Handbuch des Fachanwalts Familienrecht / Keske, 9. Aufl. 2013, Kap. 17, Rn. 73),
welche jedoch den Jahreswert des zu erwartenden Unterhalts regelmäßig nicht
überschreitet.
12 Wird dieser Jahreswert jedoch bereits durch die Berücksichtigung des 12-fachen
Monatswertes im Verfahrenswert berücksichtigt und umfasste der
verfahrensgegenständliche Zeitraum des nachehelichen Unterhalts auch tatsächlich mehr
als 12 Monate (hier von Rechtskraft der Scheidung am 28.09.2011 bis zur vertraglichen
Beendigung der Unterhaltsverpflichtung zum 31.03.2013), ergibt sich der Wert allein aus §
51 FamGKG, ohne dass sich der spätere Unterhaltsverzicht innerhalb des
Unterhaltsverfahrens wertmäßig auswirkt (Schulte-Bunert/Weinreich/Keske, FamFG, 3.
Aufl. 2012, § 51 FamGKG, Rn. 36).
13 Im Ergebnis spielt deshalb der Wert eines Unterhaltsverzichts nur im Falle einer
Vereinbarung über nicht anhängigen Unterhalt eine Rolle, während bei einem Verzicht auf
anhängige Unterhaltsforderungen nur der Wert der anhängigen Gegenstände in die
gerichtliche Festsetzung einfließt (Schneider/Wolf/Volpert, Familiengerichtskostengesetz,
1. Aufl., 2009, § 51 FamGKG, Rn. 187).
14 Die wechselseitigen Auskunftsansprüche im Rahmen der Stufenanträge sind von der
Wertfestsetzung her nicht gesondert zu erfassen, da sich der Verfahrenswert in
Stufenverfahren gemäß gesetzlicher Regelung in § 38 FamGKG allein nach dem höchsten
Einzelwert, hier dem Leistungsantrag, bemisst und eine Zusammenrechnung der
Einzelwerte der verschiedenen Stufenwerte unterbleibt.
15 Die Kostenentscheidung folgt aus § 59 Abs. 3 FamGKG.