Urteil des OLG Stuttgart vom 10.09.2002

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OLG Stuttgart Beschluß vom 10.9.2002, 12 W 42/02
Streitwert im Bauprozeß: Bemessung bei Werklohnklage mit Geltendmachung eines Anspruchs auf Bauhandwerkersicherungshypothek
Tenor
1. Der Streitwertbeschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg – Einzelrichter – vom 9.08.2002 wird dahin
abgeändert,
daß der Streitwert des Rechtsstreits insgesamt 15.347,74 EUR beträgt.
2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1 Die zulässige Beschwerde des Beklagten ist begründet. Für den Gesamtstreitwert ist nämlich lediglich der Streitwert der Zahlungsklage (Antrag
Ziff. 1) zugrunde zu legen.
2 Allerdings sieht § 5 ZPO, der auch für den Gebührenstreitwert gilt, im 1. Halbsatz die Zusammenrechnung mehrerer in einer Klage geltend
gemachter Ansprüche vor, wie dies auch dem Streitwertbeschluß des Landgerichts zugrunde liegt. Dies gilt aber dann nicht, wenn – wie hier –
Vollidentität der Ansprüche (allgemeine Meinung, z.B. Thomas/Putzo ZPO 24. Auflage § 5 Rdnr. 8) vorliegt. Denn aus wirtschaftlicher Sicht verfolgt
der Kläger mit beiden Anträgen ein- und dasselbe Ziel, nämlich Durchsetzung seines Anspruchs auf Zahlung von 15.347,74 EUR.
3 Das Sicherungsinteresse des Klägers rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Entgegen einer teilweise vertretenen Meinung (OLG München OLGR 99,
347; OLG Düsseldorf OLGR 97, 136; Werner/Pastor Der Bauprozeß 9. Auflage Rdnr. 313) kann dies nicht streitwerterhöhend berücksichtigt
werden. Denn mehr als die volle Forderung kann der Kläger nicht erhalten (so zu Recht die herrschende Meinung, z.B. KG BauR 98, 829, 839
mwN) und zwar unabhängig davon, ob das Sicherungsverlangen von der Hauptforderung abhängig ist oder nicht. Das hinter der Argumentation
stehende Bedürfnis wäre wohl eher dadurch zu befriedigen, daß bei wirtschaftlich schwachen Schuldnern bei der Zahlungsklage ein Abschlag
vorgenommen würde, der dann mit der Klage auf Eintragung der Sicherungshypothek ggfs. wieder aufgefüllt würde. Solchen auf einer analogen
Anwendung des damaligen § 148 KO fußenden Bestrebungen, die die Einbringlichkeit der zu titulierenden Forderung in der späteren
Zwangsvollstreckung berücksichtigen wollten, ist aber der Erfolg deswegen versagt worden, weil dies den Rahmen des pauschalen
Streitwertfestsetzungsverfahrens sprengen würde und angesichts der zeitlichen Dauer der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung eine Prognose
unmöglich ist.
4 Soweit zur Begründung der Streitwerterhöhung weiter angeführt wird, daß in zwei verschiedenen Prozessen beide Ansprüche im jeweiligen
Streitwert berücksichtigt werden und die Zusammenfassung in einem Rechtsstreit hieran nichts ändern kann, vermag dies genauso wenig zu
überzeugen wie der Hinweis darauf, daß über die Ansprüche unterschiedlich entschieden werden könnte. Die Zusammenfassung in einer Klage
erfordert eben eine einheitliche Betrachtung. Dies zeigt sich daran, daß mit derselben Begründung auch argumentiert werden könnte, daß bei
einer Klage gegen zwei Gesamtschuldner der doppelte Streitwert angesetzt werden müsste, weil sie auch getrennt verklagt werden könnten mit
der entsprechenden Kostenfolge. Im übrigen müsste dann auch konsequenterweise für den Antrag Ziff. 2 nicht nur 1/3 des Streitwertes des
Antrags Ziff. 1 angesetzt werden, sondern ein gleich hoher (der Streitwert für die Eintragung einer Sicherungshypothek richtet sich nämlich nach §
6 ZPO und damit nach der gesicherten Forderung).
5 2. Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 25 Abs. 4 GKG.
6 3. Die Rechtsbeschwerde ist wegen §§ 25 Abs. 3 S. 2 iVm 5 Abs. 2 S. 3 GKG ausgeschlossen (Hartmann Kostengesetze 31. Auflage § 5 GKG
Rdnr. 35), weswegen über eine Zulassung nicht zu entscheiden ist.