Urteil des OLG Stuttgart vom 27.11.2002

OLG Stuttgart: summarisches verfahren, vereinfachtes verfahren, leistungsfähigkeit, selbstbehalt, form, wohnkosten, zahl, versicherung, anmerkung, unterhalt

OLG Stuttgart Beschluß vom 27.11.2002, 18 WF 241/02
Vereinfachtes Verfahren über den Unterhalt: Verwendung des Formularvordrucks zum Nachweis eingeschränkter Leistungsfähigkeit
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Rottenburg vom
19.9.02 wird
zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 3.704,– Euro.
Gründe
1 Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist statthaft gemäß § 652 Abs. 1 ZPO. Es ist innerhalb der 2-Wochen-Frist nach Zustellung (hier an
den Antragsgegner persönlich) eingelegt und auch insoweit gemäß § 652 Abs. 2 Satz 2 (2. Alternative) zulässig, als geltend gemacht wird, der
Rechtspfleger habe eine Einwendung nach dieser Vorschrift zu Unrecht als unzulässig behandelt (vgl. Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 652, Anmerkung 9
mit weiteren Nachweisen), weil er rein formalistisch auf der Einreichung des eingeführten Vordruckes beharrt habe.
2 Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Gesetz sieht in § 648 Abs. 2 ZPO die Auskunftserteilung des Antragsgegners über seine
Leistungsfähigkeit unter Verwendung des eingeführten Vordruckes ausdrücklich vor. Die vom Anrichte, wonach die Versicherung der
Leistungsunfähigkeit ohne Verwendung des Vordrucks genüge, bezieht sich ausnahmslos auf die Fälle, in denen sich der Antragsgegner für
absolut leistungsunfähig hielt, weil er weder Vermögen noch ein Einkommen über dem notwendigen Selbstbehalt hatte. Hier wurde es
(zutreffender Weise) für überflüssigen Formalismus gehalten, eine derartige Erklärung ausschließlich durch Ankreuzen des betreffenden
Kästchens auf dem Vordruck zu verlangen.
3 Anderes muss jedoch für den Fall des Vortrags einer nur eingeschränkten Leistungsfähigkeit gelten.
4 Hier stellt die Verwendung des Vordrucks keinen unnötigen Formalismus dar (abgesehen davon, dass sie im Gesetz zwingend vorgeschrieben ist)
sondern soll der Tatsache gerecht werden, dass es sich beim vereinfachten Verfahren um ein summarisches Verfahren handelt dessen Ziel es
nicht ist den Grad der Leistungsfähigkeit zu prüfen sondern in dafür geeigneten Fällen eine rasche Entscheidung durch den Rechtspfleger (nicht
den Richter) zu ermöglichen, der die in rechter Form erhobenen Einwendungen nur auf ihre Zulässigkeit nicht jedoch auf ihre Begründetheit zu
prüfen hat (vgl. Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 648 Rn 7). Dazu sind die vorgelegten umfangreichen Jahresabschlüsse der vom Antragsgegner
zusammen mit seinem Bruder betriebenen GbR für die Jahre 98 bis 2000 auch im Zusammenhang mit den Schriftsätzen nicht geeignet, zumal
darin nicht sämtliche im 2. Abschnitt des Formulars enthaltenen Fragen beantwortet sind. So fehlen etwa Angaben zum Vermögen, zu den
Wohnkosten und zur Zahl der unterhaltsberechtigten Personen.
5 Ob die als Anlage zum Schriftsatz vom 23.5.00 angekündigte (aber nicht mit übersandte) Aufstellung der Entnahmen des Antragsgegners im
Zusammenhang mit dem eingeführten Vordruck ausgereicht hätte bzw. ob deren Vorlage in der zweiten Instanz noch möglich gewesen wäre,
kann dahinstehen, da der Antragsgegner auch in der zweiten Instanz den Vordruck nicht ausgefüllt sondern dies ausdrücklich für unnötig gehalten
hat.
6 Das Rechtsmittel war deshalb zurückzuweisen.
7 Dem Antragsgegner bleibt es jedoch unbenommen, im Wege der sogenannten Korrekturklage (§ 654 ZPO) seinen Einwand der
Leistungsunfähigkeit weiter zu verfolgen.
8 Er hat im Beschwerdeverfahren gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten zu tragen.