Urteil des OLG Stuttgart vom 28.01.2002

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OLG Stuttgart Beschluß vom 28.1.2002, 15 WF 16/02
Ehescheidung: Unzumutbare Härte für Fortsetzung der Ehe wegen Verletzung der ehelichen Treuepflicht
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Böblingen -- Familiengericht -- vom 4.1.2002 wird
zurückgewiesen.
Gründe
1 Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
2 Nachdem die Parteien erst seit 1.9.2001 getrennt leben, könnte eine Scheidung nur unter den Voraussetzungen von § 1565 Abs. 2 BGB erfolgen.
Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich aber nicht, dass die bloße Aufrechterhaltung des Ehebandes bis zum Ablauf des ersten
Trennungsjahres -- bei Getrenntleben der Parteien -- für sie aus Gründen, die in der Person des Antragsgegners liegen, eine unzumutbare Härte
darstellen würde.
3 An die Voraussetzungen der unzumutbaren Härte sind strenge Anforderungen zu stellen. Es entspricht daher h.M., dass die Verletzung der
ehelichen Treuepflicht nicht schlechthin einen Härtegrund darstellt. Vielmehr können im Einzelfall die Art und Weise sowie die Begleitumstände
ergeben, dass dem anderen Ehegatten ein Zuwarten bis zum Ablauf des Trennungsjahres nicht zugemutet werden kann. Da es somit auf die
besonderen Umstände des Einzelfalls ankommt, reicht der pauschale Vortrag, der Antragsgegner habe "ständig wechselnde außereheliche
Beziehungen", nicht aus.
4 Ohne nähere Kenntnis des Verlaufs der Ehe kann nicht einmal davon ausgegangen werden, dass die Ehe endgültig gescheitert ist. So bringt der
Antragsgegner zum Ausdruck, er verstehe es bis heute noch nicht, dass "dadurch unsere Ehe kaputt ging". Dies deutet darauf hin, dass zwischen
den Parteien noch ein Klärungsbedarf besteht und es auch unter diesen Gesichtspunkt sinnvoll ist, die Ehe nicht vorschnell zu scheiden.