Urteil des OLG Stuttgart vom 11.01.2007

OLG Stuttgart (verteidiger, beschwerde, verfügung, aug, strafkammer, auswahl, baden, württemberg, bestellung, hauptverhandlung)

OLG Stuttgart Beschluß vom 11.1.2007, 2 Ws 12/2007; 2 Ws 12/07
Beschwerde des Angeklagten gegen eine Pflichtverteidigerbestellung ohne seine vorherige Anhörung
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird die Verfügung der Vorsitzenden der 16. Großen Strafkammer des
Landgerichts Stuttgart vom 27.Dezember 2006 insoweit aufgehoben, als Rechtsanwalt I. als weiterer Verteidiger
beigeordnet worden ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen
trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
1 Dem Angeklagten wird im vorliegenden Verfahren eine versuchte räuberische Erpressung u.a. vorgeworfen. Mit
Verfügung vom 27. Dezember 2006 hat die Vorsitzende der 16. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart
den Antrag des Verteidigers K-N., zwei Hauptverhandlungstermine zu verlegen, abgelehnt, weil die genannten
Ausweichtermine bei mehreren Verteidigern anderer Angeklagter nicht mehr frei sind. Zugleich hat die
Vorsitzende zur Sicherung des Verfahrens und der Durchführung der Hauptverhandlung dem Angeklagten als
weiteren Verteidiger Rechtsanwalt I. beigeordnet.
2 Gegen diese Beiordnung führt der Angeklagte, vertreten durch seinen Verteidiger K., Beschwerde, da er vor der
Bestellung nicht gehört worden sei und zu dem beigeordneten Verteidiger kein Vertrauen habe. Zugleich benennt
er eine Verteidigerin und einen Verteidiger, zu denen er Vertrauen habe und die an den fraglichen Terminstagen
zur Verfügung stünden. Die Vorsitzende der Strafkammer hat diese Beschwerde ohne Abhilfe vorgelegt.
II.
3 Die zulässige Beschwerde ist begründet.
4 Die angefochtene Pflichtverteidigerbestellung ist aufzuheben, weil der Angeklagte zuvor zur Auswahl des
Verteidigers nicht gehört worden ist (§ 142 Abs. 1 Satz 2 StPO).
5 Die jetzt anstehende erneute Auswahl des zu bestellenden Verteidigers ist nicht Sache des Senats, da bei der
gegebenen Sachlage das Auswahlermessen nicht auf Null reduziert ist. Vielmehr wird hierüber die Vorsitzende
der Großen Strafkammer unter Berücksichtigung der nunmehr vorliegenden Stellungnahme des Angeklagten zu
entscheiden haben.