Urteil des OLG Stuttgart vom 03.02.2006
OLG Stuttgart (genehmigung, gkg, begründung, vereinbarung, zpo, rechtsmittel, beschwerde, aug, scheidungsurteil, sitzung)
OLG Stuttgart Beschluß vom 3.2.2006, 8 WF 7/06
Gerichtskosten des Scheidungsverbundverfahrens: Behandlung einer begründeten Genehmigung des
Ausschlusses des Versorgungsausgleichs
Leitsätze
1. Die Erteilung der richterlichen Genehmigung einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich bedarf einer
Begründung, wenn die Voraussetzungen des § 313a Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
2. Eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1311 KV/GKG tritt nicht ein, wenn die Parteien allein bezüglich des
Scheidungsausspruchs auf Rechtsmittel verzichtet haben, nicht aber hinsichtlich der Genehmigung der
Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, und deshalb die gemeinsame Entscheidung über Scheidung und
Genehmigung der Vereinbarung über den Versorgungsausgleich zu letzerer eine Begründung enthält.
3. Gebührenrechtlich ist es unerheblich, welchen Umfang die Begründung hat und ob sie inhaltlich aussagekräftig
ist.
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Richters des Amtsgerichts - Familiengericht -
Waiblingen vom 27. Dezember 2005 wird
zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1
Das vorliegende Scheidungsverfahren wurde mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Waiblingen vom
19.07.2005 beendet. Die Parteien hatten unmittelbar im Anschluss an die Verkündung des Urteils in der
Sitzung vom 19.07.2005 bezüglich des Scheidungsausspruches auf Rechtsmittel, Anschlussrechtsmittel und
Antrag gem. § 629 c ZPO sowie auf Darstellung von Tatbestand und Entscheidungsgründen verzichtet. Unter
Ziff. 2 des Urteils wurde der mit notarieller Urkunde vom 20.06.2005 vereinbarte Ausschluss des
Versorgungsausgleichs genehmigt. Im Urteil wurde die Erteilung der Genehmigung kurz begründet. Die
Streitwerte für die Ehesache und den Versorgungsausgleich wurden mit 80.000,-- EUR und 1.000,-- EUR
festgesetzt.
2
Mit Kostenrechnung vom 12.08.2005 wurden dem Antragsgegner Gerichtskosten von 756,-- EUR, die sich aus
der Hälfte von zwei Gerichtsgebühren nach Nr. 1310 KV/GKG ergeben, in Rechnung gestellt.
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Die dagegen eingelegte Erinnerung des Antragsgegners wurde mit Beschluss des Richters des Amtsgerichts -
Familiengericht - Waiblingen vom 27.12.2005 zurückgewiesen. Bezüglich der Genehmigung nach § 1587 o
Abs. 2 BGB liege eine echte Begründung vor, die eine Ermäßigung nach Nr. 1311 KV/GKG ausschließe.
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Gegen den am 02.01.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 13.01.2006 Beschwerde
eingelegt. Das Urteil enthalte bezüglich der Genehmigung des zwischen den Parteien vereinbarten
Versorgungsausgleichs keine echte Begründung. Der entscheidende Satz sei floskelhaft und schildere lediglich
die abstrakten Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit einer Vereinbarung. Selbst wenn hierin eine
Begründung gesehen werden könnte, sei diese so undeutlich und lückenhaft, dass sie einer Entscheidung ohne
Gründe gleichstehen müsse.
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Mit Schreiben vom 18.01.2006 hat der Richter des Amtsgerichts - Familiengericht - Waiblingen das
Rechtsmittel ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist als sofortige Beschwerde gem. § 66 Abs. 2 S. 1 GKG statthaft und in
zulässiger Weise eingelegt. In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
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1. Nach Nr. 1310 KV/GKG sind für das vorliegende Verfahren 2,0 Gebühren aus einem Streitwert von 81.000,--
EUR entstanden. Diese Gebühren haben sich nicht gem. Nr. 1311 KV/GKG ermäßigt.
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a) Das Verfahren ist nicht in der unter Nr. 1311 Ziff. 1 - 4 KV/GKG genannten Weise insgesamt beendigt
worden.
9
Nach Nr. 1311 KV / GKG ist allerdings eine Gebührenermäßigung im Verbundverfahren nicht davon abhängig,
dass alle Verfahrensteile gerichtskostenmindernd beendet werden. Aus dem Wortlaut der Nr. 1311 KV / GKG
und deren Anmerkung in Absatz 1 Satz 1 ergibt sich jedoch, dass lediglich die Beendigung einer Folgesache in
der in Nr. 1311 Ziff. 1 - 4 KV / GKG genannten Weise zu einer Gebührenermäßigung führen kann. Weil
bezüglich einer Teilbeendigung lediglich Folgesachen, nicht aber das Scheidungsverfahren selbst genannt sind,
kann der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1311 Ziff. 2 KV / GKG i.V.m. § 313a Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 ZPO
bezüglich dem Scheidungsurteil nur dann zu einer Gebührenermäßigung führen, wenn das gesamte Verfahren
durch einen oder mehrere Ermäßigungstatbestände beendigt wurde. Nachdem neben dem Scheidungsurteil für
die Entscheidung über die Genehmigung zum Versorgungsausgleich ein Ermäßigungstatbestand nicht vorliegt,
führt das abgekürzte Scheidungsurteil nicht zu einer (teilweisen) Reduzierung der Gerichtsgebühren.
10 b) Über die richterliche Genehmigung der Vereinbarung der Parteien zum Versorgungsausgleich musste gemäß
§ 1587o BGB entschieden werden, was auch im Urteil vom 19.07.2005 geschehen konnte (MünchKomm-
Strobel, BGB, 4. Aufl., § 1587 o Rn. 42).
11 c) Unter dem Buchstaben B. enthält das Urteil vom 19.07.2005 eine Begründung, warum die Vereinbarung des
Verzichts auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu genehmigen war. Auf die Qualität der
Begründung, insbesondere darauf, ob die Begründung einer Überprüfung in der Rechtsmittelinstanz
standgehalten hätte, kommt es nach Nr. 1311 KV/GKG nicht an.
12 d) Nach Nr. 1311 Ziff. 2 KV/GKG tritt die Ermäßigung u. a. dann ein, wenn das Urteil nach § 313 a Abs. 2 ZPO
keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält. Ob der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1311 Ziff. 2
KV/GKG auch dann eintritt, wenn das Urteil nach § 313 a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine
Entscheidungsgründe aufweisen müsste, solche aber vom Richter dennoch gefertigt wurden, kann hier
dahinstehen. Die Genehmigung der Vereinbarung über den Versorgungsausgleich nach § 1587 o Abs. 2 S. 3
BGB war hier vom Familiengericht zu begründen. Im Gesetz ist eine Begründung der Genehmigung zwar nicht
vorgeschrieben (vgl. MünchKomm-Strobel, a.a.O.). Jedoch müssen grundsätzlich Beschlüsse, die einem
Rechtsmittel unterliegen, begründet werden (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 329 Rn. 24 m.w.N.). Gegen
die Erteilung der Genehmigung ist das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach § 621 e ZPO, § 64 Abs.
3 FGG statthaft (MünchKomm-Strobel, a.a.O., Rn. 45; Staudinger-Rehme, BGB Bearb. Jan. 2004, § 1587 o
Rn. 43). Danach durfte das Familiengericht auf eine Begründung der Genehmigung nur dann verzichten, wenn
die Parteien rechtzeitig einen Rechtsmittelverzicht erklärt hätten und deshalb gem. § 313 a Abs. 2 ZPO analog
eine Begründung der Entscheidung entbehrlich worden wäre (vgl. Zöller-Vollkommer a.a.O., Rn. 24 a. E.; abw.
MünchKomm-Strobel, a.a.O., Rn. 42: Begründung notwendig nur bei Streit über die Erteilung der
Genehmigung). Nachdem die Parteien in der Sitzung vom 19.07.2005 ausdrücklich nur auf Rechtsmittel
bezüglich des Scheidungsurteils, nicht aber bezüglich der Genehmigung der Vereinbarung über den
Versorgungsausgleich verzichtet haben, bedurfte die Genehmigung der Vereinbarung über den
Versorgungsausgleich einer richterlichen Begründung. Die Voraussetzungen der Nr. 1311 Ziff. 2 KV/GKG für
eine Gebührenermäßigung liegen daher insoweit nicht vor.
13 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 6 GKG.