Urteil des OLG Stuttgart vom 02.04.2007
OLG Stuttgart (culpa in contrahendo, treu und glauben, gesellschaft mit beschränkter haftung, due diligence, anlage, vertragsabschluss, abbruch, gesellschafter, berufliche tätigkeit, anfang)
OLG Stuttgart Urteil vom 2.4.2007, 5 U 177/06
Unternehmenskaufvertrag: Schadensersatz aus culpa in contrahendo wegen Verhandlungsabbruchs
Leitsätze
Eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss wegen Abbruchs von
Vertragsverhandlungen für Aufwendungen des Vertragspartners kommt - insbesondere bei beurkundungspflichtigen
Rechtsgeschäften - nur dann in Betracht, wenn das Verhalten nach den gesamten Umständen mit Treu und
Glauben nicht zu vereinbaren ist und eine besonders schwere Treuepflichtverletzung vorliegt.
1. Liegt keine Täuschung über die Abschlussbereitschaft vor und wird die Aufgabe der Absicht, kooperieren zu
wollen, umgehend offen gelegt, sind diese Voraussetzungen im Zweifel nicht erfüllt.
2. Die gilt auch dann, wenn im Rahmen der Verhandlungen über die geplante Übernahme eines Unternehmens
durch Anteilserwerb der von den Erwerbern vorgesehene Mitgesellschafter und Geschäftsführer, mit den
Verhandlungen über seinen Eintritt und seine Anstellung geführt werden, nach Abbruch der Verhandlungen die
Anteile selbst erwirbt und den geplanten Unternehmenserwerb seiner Verhandlungspartner so zum Scheitern
bringt.Rechtskräftig
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts STUTTGART vom 19.09.2006
- 16 O 148/06 - wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 200.000,-- EUR.
Gründe
A.
1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche nach dem Abbruch von Vertragsverhandlungen durch den
Beklagten.
2
Die Klägerin, eine Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in CH W , beabsichtigte Anfang des Jahres 2005, die
Geschäftsanteile an der Firma AS ... mit Sitz in Sch. zu erwerben, deren Geschäftsführer und
Hauptgesellschafter damals F. und G. waren. Der Beklagte war – vertraglich über die O ... GmbH, deren
Alleingesellschafter er war, mit der AS .... verbunden – beratend für diese tätig, die hierfür ein monatliches
Honorar in Höhe von 10.000,-- EUR entrichtete.
3
Die Klägerin unterbreitete den Gesellschaftern der AS .... mit Schreiben vom 05.05.2005 (Anlage K 1) ein sog.
„unverbindliches indikatives Angebot“ für den Erwerb sämtlicher Anteile der AS .... einschließlich ihrer
Tochtergesellschaften zu einem Kaufpreis von 10,1 bis 11,3 Mio. EUR. Nach den Plänen der Klägerin sollte als
„Aquisitionsvehikel“ (Anlage K 1, S. 3) bzw. „formelle Erwerberin“ eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung
gegründet oder eine solche Gesellschaft erworben werden, die unter N ..... GmbH (im Folgenden: N ...)
firmieren und an der der Beklagte im Umfang von ca. 5 % der Gesellschaftsanteile beteiligt werden sollte.
Außerdem verfolgte die Klägerin das Ziel, dem Beklagten die Stellung eines Geschäftsführers der AS .... zu
übertragen. Zu diesem Zweck fanden ab Juni 2005 Vertragsverhandlungen statt, an denen für die Klägerin u.a.
deren Verwaltungsrat L. und der von ihr für die Beratung und für die Vertretung beim vorgesehenen Erwerb
beauftragte ... B. ... sowie der Beklagte teilnahmen. Hierbei wurden insbesondere ein ausführlicher
Businessplan und Einzelheiten eines Geschäftsführervertrages vorbesprochen. Am 14.06.2005 erstellten die
Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen Bericht über die rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse der AS
.... (due diligence-Bericht, Anlage K 2). Parallel dazu verhandelten die Repräsentanten der Klägerin mit dem
Beklagten.
4
Am 04.07.2005 gab die Baden-Württembergische Bank gegenüber der Klägerin ein Angebot zur Finanzierung
der zu erwerbenden Anteile ab (Anlage K 10). Der Beklagte erarbeitete im Oktober 2005 einen Businessplan für
die Jahre 2006 bis 2010 über die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten der AS .... (Anlage K 11). Nach
weiteren Vertragsverhandlungen am 20.10.2005 unter Beteiligung des Beklagten übersandte die Klägerin dem
Beklagten mit Schreiben vom 28.10.2005 den Entwurf eines Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen der
AS .... und dem Beklagten (Anlage K 7), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
5
Am 02.11.2005 fanden erneut Verhandlungen in Form eines eintägigen Workshops mit dem Beklagten statt, in
dem neben dem Geschäftsführeranstellungsvertrag insbesondere das Finanzierungskonzept der Klägerin
besprochen wurden. Die Klägerin übermittelte dem Beklagten am 03.11.2005 Entwürfe eines
Gründungsvertrages über die Errichtung der N .... (zwischen den Herren L., Le. und dem Beklagten) nebst
Satzung sowie eines Optionsvertrages betreffend die Weiterveräußerung der vom Beklagten zu erwerbenden
Geschäftsanteile an der N ... an die Mitgesellschafter und eines Kaufvertrages zwischen der N ... und den
Gesellschaftern der AS ... (vgl. dazu Anlagen K 4 - K 9).
6
Der Beklagte brach die Verhandlungen am 07.11.2005 ab, indem er per E-Mail gegenüber der Klägerin mitteilte,
weder als Gesellschafter der N .... noch als Geschäftsführer der zu übernehmenden Gesellschaft zur
Verfügung zu stehen (vgl. dazu Anlage K 14).
7
Per E-Mail vom 05.12.2005 teilte der Gesellschafter F. der AS .... der Klägerin folgendes mit (vgl. Anlage K
15):
8
„Sehr geehrter Herr L.,
wir haben die letzte Woche intern mehrmals die Situation erörtert, in der wir uns befinden, nachdem
Ihre Verträge für Herrn H. nicht akzeptierbar waren, was wir von der Sache her nachvollziehen können.
Dieser Tatbestand führt derzeit dazu, dass wir auf der Stelle treten.
Wir haben auch bei intensivem Nachdenken noch keine weitere gangbare Alternative gefunden, vor
allem deshalb, da H. für uns ebenso ein Garant war für einen reibungslosen Übergang.
Wir gehen davon aus, dass wir vor Ablauf des Jahres die Fortsetzung unserer Gespräche in Folge des
Entfalls des Geschäftsführers nicht mehr schaffen werden.
Wir schlagen daher vor, bis zum 15.01.2006 eine Vertagung vorzunehmen, vor allem, um nicht unter
Zeitdruck nach Alternativlösungen suchen zu müssen.
Wir bedauern diese Vorgehensweise außerordentlich, da wir einen Abschluss wie geplant in greifbarer
Nähe hatten.
Derzeit haben wir noch keine konkreten Vorstellungen für eine Alternative, vor allem, da Lösungen
anderer Art belastbar sein sollten.
…“
9
Der Verwaltungsrat L. der Klägerin antwortete gegenüber den Gesellschaftern F. und G ... der AS ... mit E-Mail
vom 09.12.2005 (ebenfalls Anlage K 15), die auszugsweise wie folgt lautet:
10
„...
Zum Abbruch der Gespräche mit Herrn H. möchten wir festhalten, dass die von uns entworfenen und
zugesandten Vertragsentwürfe wie üblich eine Grundlage für die Diskussion/Verhandlung darstellen.
Sämtliche Bestandteile sind wie üblich im Rahmen eines Verhandlungsprozesses verhandelbar, ein
Prozess, den wir ja mit der eintägigen Sitzung mit Herrn H. in W. begonnen hatten. Wir haben bis
heute kein Feedback von Herrn H. zu den Gründen für seine Gesprächsverweigerung, uns war es auch
nie möglich, Vertragspunkte zu begründen oder zu relativieren.“
11 Der Beklagte erwarb in der Folgezeit selbst die Anteile an der AS .....
12 Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 150.351,10 EUR und auf
Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich aller weiteren Schäden in Anspruch genommen, die ihr dadurch
entstehen, dass der Beklagte die Anteile an der AS .... erworben hat. Zur Begründung hat die Klägerin
vorgetragen, der Beklagte habe die Verhandlungen ohne triftigen Grund abgebrochen und dadurch bewirkt, dass
auch die Verhandlungen mit den Gesellschaftern der AS .... gescheitert seien. Darüber hinaus habe der
Beklagte insbesondere den Wissensvorsprung, den er hinsichtlich der Finanzierung erhalten habe, für seine
eigenen Zwecke ausgenutzt. Durch dieses Verhalten habe er sich nach den Grundsätzen der culpa in
contrahendo schadensersatzpflichtig gemacht und deswegen alle nutzlosen Aufwendungen zur Erstellung der
Vertragsentwürfe durch die bevollmächtigten Rechtsanwälte, Berater und Wirtschaftsprüfer sowie den
Zeitaufwand ihrer Mitarbeiter zu ersetzen. Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf den
Vortrag der Klägerin in der Klage (Bl. 15-17 d. A.) nebst den damit vorgelegten Anlagen K 16 - K 26 verwiesen.
Ferner sei die Beklagte verpflichtet, der Klägerin auch alle weiteren Schäden - insbesondere den noch nicht
bezifferbaren entgangenen Gewinn - zu ersetzen.
13 Der Beklagte hat vorgetragen, er habe aus triftigen Gründen die Vertragsverhandlungen abgebrochen. Die
Vertragsentwürfe hätten eine jederzeitige Kündbarkeit der Geschäftsführerstellung mit einer Kündigungsfrist
von 6 Monaten vorgesehen, ferner eine Verknüpfung der Stellung als Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft
mit der Funktion des Geschäftsführers. Wegen des zusätzlich vorgesehenen Wettbewerbsverbots von 2
Jahren nach seinem Ausscheiden habe außerdem die Gefahr gedroht, dass seine wirtschaftlichen und
beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten für den Zeitraum von 2,5 Jahren in unzumutbarer Art und Weise
eingeschränkt werden. Aus diesen Gründen sei eine langfristige Perspektive für eine sichere berufliche
Tätigkeit nicht gegeben gewesen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten das Vertrauensverhältnis zerstört und
dadurch den Abbruch der Vertragsverhandlungen verursacht. Erst danach habe er erwogen, selbst die Anteile
an der AS .... zu erwerben und erstmals am 11.11.2005 ein informatorisches Gespräch mit einem Bankberater
geführt, um Finanzierungsmöglichkeiten für einen eigenen Erwerb der Gesellschaftsanteile an der AS .... zu
erörtern. Am 30.11.2005 sei ihm eine Finanzierung in Aussicht gestellt worden. Der Beklagte bestreitet, dass
zwischen den Gesellschaftern der AS .... und der Klägerin zum Zeitpunkt des Abbruches der Verhandlungen
bereits ein vollständiges Einvernehmen erzielt worden sei und sich der Vertragsabschluss nur noch als
Förmlichkeit dargestellt habe. Vielmehr sei noch völlig offen gewesen, ob überhaupt eine Einigung hätte erzielt
werden können. Am 02.11.2005 habe ihm lediglich der Entwurf eines Geschäftsführervertrages vorgelegen.
Ferner stellt der Beklagte in Abrede, von dem für die Klägerin erstellten Finanzierungskonzept und von den
durch die Klägerin erstellten Vertragsentwürfen profitiert zu haben. Den due diligence-Bericht habe er erst im
Zuge des vorliegenden Rechtsstreits erhalten. Im Übrigen hat der Beklagte den Schaden der Höhe nach
bestritten.
14 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei als
Verhandlungspartner ein wesentlicher Garant für das Zustandekommen des Unternehmenskaufvertrages
gewesen, jedoch sei nicht ersichtlich, inwieweit es dem Beklagten möglich gewesen sei, auf das von
Repräsentanten der Klägerin ausgearbeitete Vertragswerk Einfluss zu nehmen. Allein die vom Beklagten
erklärte Bereitschaft, für die ihm zugedachten Funktionen zu akzeptablen Bedingungen zur Verfügung zu
stehen, könne nicht zu einer Vertrauens- oder Sachwalterstellung führen, die Voraussetzung für eine Haftung
nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo sei. Die Vertragsverhandlungen seien nicht weit genug
fortgeschritten gewesen und der Beklagte habe auch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, an dem er sich
festhalten lassen müsse. Der Beklagte habe insbesondere nicht erkennen lassen, dass er die ihm
unterbreiteten Offerten akzeptieren und dafür gerade stehen werde, dass der Kaufvertrag über den Erwerb der
Gesellschaftsanteile zustande komme. Hierfür sei der Abschluss eines notariellen Vertrages notwendig
gewesen, zu dem es nicht gekommen sei. Außerdem sei das Verhalten des Beklagten nicht pflichtwidrig
gewesen, weil dem Beklagten die Annahme der vertraglichen Angebote nicht zumutbar gewesen sei. Im
Gegensatz zu seiner bisherigen Stellung sei seine neue Funktion weder persönlich noch rechtlich von
besonderem Vertrauen der Klägerin geprägt gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin nicht näher
vorgetragen, welche Anstrengungen hätten unternommen werden sollen, um den Beklagten zum Abschluss der
ins Auge gefassten Verträge zu bewegen. Durch eine unterbliebene umgehende Unterrichtung der Klägerin vom
Abbruch der Verhandlungen sei dieser kein Schaden entstanden.
15 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, in der sie, ihren bisherigen Sachvortrag vertiefend und
ergänzend, geltend macht, der Beklagte sei selbstständiger Verhandlungspartner der Klägerin gewesen. An der
noch zu gründenden Erwerbsgesellschaft habe der Beklagte mit mindestens 5 % der Anteile beteiligt werden
sollen. Dieser habe frühzeitig den Entschluss gefasst, das Geschäft selbst abzuschließen, ohne die Klägerin
hierüber zu informieren. Hierbei sei der Beklagte grob treuwidrig und arglistig vorgegangen, so dass die
Missachtung der Formvorschriften ausnahmsweise unbeachtlich sei. Der Vertragsabschluss mit dem
Beklagten habe sich nur noch als bloße Formalie dargestellt. Insbesondere habe der Beklagte zu keinem
Zeitpunkt etwas anderes verlauten lassen, als dass man den Vertrag nun unter Dach und Fach bringe. Bereits
Ende Oktober/Anfang November 2005 habe er mit der B. Bank in S. Kontakt aufgenommen, um sich das von
der Klägerin mit dieser Bank entwickelte Finanzierungskonzept zu Nutze zu machen und im eigenen Namen
durchzuführen. Triftige Gründe für den Abbruch der Vertragsverhandlungen hätten nicht vorgelegen. Die
jederzeitige Widerrufbarkeit der Bestellung als Geschäftsführer entspreche der sich aus § 38 GmbHG
ergebenden Gesetzeslage. Die Kündigungsfrist von 6 Monaten hinsichtlich des Anstellungsvertrages sei
großzügig und geschäftsüblich. Das Gleiche gelte für das vorgesehene Wettbewerbsverbot. Insgesamt sei dem
Beklagten eine lukrative Position in Aussicht gestellt worden, wobei die Klägerin das wirtschaftliche Risiko des
Erwerbsgeschäftes nahezu alleine zu tragen gehabt hätte. Die Klägerin habe nicht darauf bestanden,
unzumutbare oder unfaire Regelung durchzusetzen. Vielmehr seien viele Anregungen und Vorschläge des
Beklagten berücksichtigt und in die Vertragsentwürfe aufgenommen worden. Auch habe weiterhin
Verhandlungsbereitschaft bestanden. Insgesamt habe der Vertragsabschluss unmittelbar bevorgestanden.
16 Die Klägerin beantragt,
17
das Urteil des Landgerichts STUTTGART vom 19.09.2006 - 16 O 148/06 - wird aufgehoben und
18
1. Der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 150.351,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-
Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2006 zu zahlen,
19
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren über die im
vorstehenden Antrag vorgenommene Bezifferung hinaus erwachsenden Schaden zu ersetzen, der
ihr dadurch entstanden ist und entstehen wird, dass der Beklagte ohne Beteiligung der Klägerin die
Geschäftsanteile der AS .... mbH erworben hat,
20 Der Beklagte beantragt,
21
die Berufung zurückzuweisen.
22 Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Er hebt hervor, es sei unerheblich, in welcher Funktion der
Beklagte an den Vertragsverhandlungen beteiligt gewesen sei. Die Verhandlungen seien aus vernünftigen
Erwägungen heraus abgebrochen worden, weil es der Klägerin hauptsächlich darum gegangen sei, möglichst
problemlos zu einem späteren Zeitpunkt die Gesellschaftsanteile des Klägers an der Erwerbsgesellschaft
übernehmen zu können. Beim Vertragsabschluss habe es sich nicht nur um eine bloße Formalie gehandelt. Es
sei nicht ersichtlich, welche Aufwendungen der Klägerin nach einem haftungsrechtlich relevanten Verhalten des
Beklagten getätigt wurden. Das positive Interesse sei nicht zu ersetzen.
23 Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den
Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.
B.
24 Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist im
Ergebnis nicht zu beanstanden. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin schon dem
Grunde nach nicht zu.
I.
25 Antrag Ziffer 1:
26 1. Die Aktivlegitimation der Klägerin, deren Fehlen der Beklagte im Berufungsverfahren erstmals gerügt hat,
wurde in der Sitzung vom 05.03.2007 unstreitig gestellt.
27 2. Eine Schadensersatzansprüche auslösende Pflichtverletzung wegen grundlosen Abbruchs von
Vertragsverhandlungen gemäß §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, die gem. Art. 229 § 5 Satz 1
EGBGB Anwendung finden, ist zu verneinen. Die Klägerin vermochte eine Pflichtwidrigkeit, für die sie
darlegungs- und beweispflichtig ist (BGH WM 1983, 1385; Emmerich in Münchener Kommentar, 4. Aufl., Rn.
248 zu § 311 BGB), nicht zu beweisen. Es ist nicht substantiiert dargetan und erst recht nicht belegt, dass der
Beklagte von Anfang an eine nicht bestehende Abschlussbereitschaft nur vorgetäuscht hat. Es steht ferner
auch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Verhandlungen der Parteien so weit fortgeschritten
waren, um nach dem Grundsatz von Treu und Glauben Offenbarungspflichten auf Seiten des Beklagten
begründen zu können.
28 a) Im Rahmen der Vertragsfreiheit hat jeder Vertragspartner bis zum Vertragsabschluß das Recht, von dem in
Aussicht genommenen Vertragsabschluß Abstand zu nehmen. Aufwand, der in Erwartung des
Vertragsabschlusses gemacht wird, erfolgt daher grundsätzlich auf eigene Gefahr. Nur wenn der
Vertragsschluss nach den Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen ist und in dem
hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluss
gemacht werden, können diese vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den
Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er den Vertragsabschluss später ohne triftigen Grund ablehnt
(BGHZ 76, 143).
29 Noch höhere Voraussetzungen für eine Ersatzpflicht gelten indessen für nach § 311 b BGB n.F./ § 313 Satz 1
BGB a.F. zu beurkundende Rechtsgeschäfte. Denn eine Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens
bedeutet einen indirekten Zwang zum Vertragsabschluss. Dieser Zwang läuft dem Zweck der Formvorschrift
von § 311 b BGB n.F./ § 313 Satz 1 BGB a.F. zuwider, nach der wegen der objektiven Eigenart des
Vertragsgegenstandes eine Bindung ohne Einhaltung der Form verhindert werden soll (BGHZ 116, 251). Für
gem. § 311 b BGB beurkundungspflichtige Rechtsgeschäfte löst der Abbruch von Vertragsverhandlungen,
deren Erfolg als sicher anzunehmen war, durch einen der Verhandlungspartner daher auch dann grundsätzlich
keine Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund für den Abbruch fehlt (BGH WM 1982,
1436).
30 Die Nichtigkeitsfolge eines Verstoßes gegen die Formvorschrift von § 311 b BGB hat nur in Ausnahmefällen
zurückzutreten, und zwar dann, wenn sie nach den gesamten Umständen mit Treu und Glauben (§ 242 BGB)
schlechthin nicht zu vereinbaren ist, etwa weil sie die Existenz des anderen Vertragsteils gefährdet (BGHZ 12,
286; BGHZ 23, 249) oder ihre Geltendmachung eine besonders schwerwiegende Treupflichtverletzung bedeutet
(BGHZ 29, 6; BGHZ 48, 396; BGHZ 85, 315; vgl. Kanzleiter in Münchener Kommentar, 4. Aufl., Rn. 72 zu §
311 b BGB).
31 Von diesen Grundsätzen ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei der Beantwortung der Frage
auszugehen, ob ein Verhandlungspartner bei Abbruch der Verhandlungen unter dem Gesichtspunkt der culpa in
contrahendo verpflichtet ist, Aufwendungen des anderen zu ersetzen. Die Verantwortlichkeit des
Verhandlungspartners unterliegt daher keinen Einschränkungen im Hinblick auf die Formbedürftigkeit des
abzuschließenden Vertrages, sofern die Berufung auf den Formmangel zurückzuweisen ist (BGHZ 92, 164).
Soweit dies daraus folgt, dass das Verhalten des in Anspruch Genommenen sich als besonders
schwerwiegender Treueverstoß darstellt, kommt damit in der Regel nur eine vorsätzliche Treupflichtverletzung
als Grundlage eines Schadenersatzanspruchs aus culpa in contrahendo in Betracht, wie sie im Vorspiegeln
tatsächlich nicht vorhandener Abschlussbereitschaft liegt (BGH NJW 1975, 43).
32 Dem Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Bereitschaft, einen Vertrag zu bestimmten Bedingungen,
insbesondere zu einem bestimmten Preis, abzuschließen, ist nach Treu und Glauben der Fall gleichzustellen,
dass ein Verhandlungspartner zwar zunächst eine solche, von ihm geäußerte, Verkaufsbereitschaft tatsächlich
gehabt hat, im Verlaufe der Verhandlungen aber innerlich von ihr abgerückt ist, ohne dies zu offenbaren (vgl.
BGH DStR 2001, 802; BGH NJW 1996,1884). In allen solchen Fällen wird durch die Äußerung einer endgültigen
Abschlussbereitschaft zu bestimmten Bedingungen dem Verhandlungspartner der Eindruck einer besonderen
Verhandlungslage vermittelt, der ihn der erhöhten Gefahr nachteiliger Vermögensdispositionen aussetzt. Diese
besondere Gefährdungslage begründet nach Ansicht des BGH eine gesteigerte Vertrauensbeziehung, die den
Verhandelnden zu erhöhter Rücksichtnahme auf die Interessen seines Partners verpflichtet. Aus ihr folgt
gleichermaßen die Verpflichtung, den Partner vor einem Irrtum über den Fortbestand einer geäußerten,
tatsächlich aber nicht (mehr) vorhandenen endgültigen Abschlussbereitschaft zu bestimmten Bedingungen zu
bewahren.
33 Es ist weiter anerkannt, dass bei abgebrochenen Verhandlungen über den Abschluss eines nach § 2 Abs. 1 S.
1 GmbHG notariell zu beurkundenden Gesellschaftsvertrages nichts anderes gilt (BGH NJW-RR 1988, 288;
OLG Rostock WuM 2003, 478; OLG Frankfurt MDR 1998, 957).
34 b) Zu Recht geht die Klägerin zwar davon aus, dass der Beklagte nicht nur für die AS .... bzw. deren
Gesellschafter, sondern auf Grund der vorgesehenen Stellung in dem neuen Unternehmen auch selbst ihr
Verhandlungspartner war, weshalb die besonderen Voraussetzungen für eine Haftung eines Vertreters bzw.
Vermittlers aus c.i.c. (Inanspruchnahme besonderen Vertrauens bzw. eigenes unmittelbares wirtschaftliches
Interesse am Abschluss des Geschäfts) nicht erforderlich sind. Jedoch besteht vor dem dargelegten
rechtlichen Hintergrund für die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten kein Raum.
35 aa) Da der Beklagte zusammen mit weiteren Personen Gesellschafter der noch zu gründenden
Erwerbsgesellschaft werden sollte, deren Gründung einen nach § 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG notariell zu
beurkundenden Gesellschaftsvertrag erforderte, war er grundsätzlich berechtigt, die geführten
Vertragsverhandlungen ohne weiteres zu beenden. Im Vorfeld eines beurkundungspflichtigen
Gesellschaftsvertrages können Vertragsverhandlungen, wie der BGH entschieden hat, grundsätzlich jederzeit
auch ohne triftigen Grund abgebrochen werden, ohne dass sich daraus Schadensersatzansprüche ableiten
lassen. Danach kann dahinstehen, ob der Beklagte einen vernünftigen Grund zum Abbruch der Verhandlungen
hatte (vgl. Emmerich in Münchener Kommentar, 4. Aufl., Rn. 181 zu § 311 BGB) oder nicht.
36 bb) Eine vorsätzliche Täuschung über das Bestehen einer tatsächlich zu Beginn der Verhandlungen nicht
gegebenen Abschlussbereitschaft wurde von der Klägerin nicht substantiiert behauptet. Sie lässt sich nach
Lage der Akten auch nicht nachweisen. Nach dem unstreitigen Sachverhalt spricht alles dafür, dass der
Beklagte zunächst mit der angestrebten Zusammenarbeit einverstanden gewesen ist und sich erst nach
Übersendung der Vertragsentwürfe Anfang November 2005 von dem gemeinsamen Vorhaben distanziert hat.
Denn der Beklagte hat sich seit Juni 2005 an einer Vielzahl von Gesprächen und Verhandlungen beteiligt, die
dem Zweck dienten, einen Erwerb der Gesellschaftsanteile an der AS .... durch die noch zu gründende N ... zu
ermöglichen. Zur Förderung dieses Zwecks nahm der Beklagte sogar am 02.11.2005 an einem eintägigen
Workshop teil. Derartige Bemühungen wären überflüssig gewesen, wenn der Beklagte bereits von Anfang an
vorgehabt hätte, selbst die Anteile an der AS .... zu erwerben, und hätten vielmehr die Gefahr mit sich
gebracht, dass nicht dem Beklagten, sondern der Klägerin der Zuschlag erteilt wird. Die bloße Behauptung der
Klägerin, der Beklagte habe nicht erst am 11. November, sondern schon Ende Oktober/Anfang November 2005
mit der B. Bank Kontakt aufgenommen, um mit dieser das von der Klägerin entwickelte Finanzierungskonzept
im eigenen Namen durchzuführen, lässt auf einen Täuschungsvorsatz des Beklagten zu Beginn der
Verhandlungen im Juni 2005 nicht schließen und könnte einen solchen auch nicht beweisen. Von der
Vernehmung des angebotenen Zeugen D. war daher abzusehen. Dafür, dass der Beklagte bereits vorher
konkrete Aktivitäten in der Richtung unternommen hat, selbst die Anteile zu erwerben, hat die Klägerin keinen
Sachvortrag angebracht.
37 Auf bloßen Spekulationen beruht die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2007 aufgestellte
Behauptung der Klägerin, die Gesellschafter der AS .... hätten gemeinsame Sache mit dem Beklagten
gemacht. Damit kann die Klägerin gem. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO nicht gehört werden. Im Übrigen
hat die Klägerin hierfür keinerlei Indizien vorgetragen und keinen Beweis angetreten. Auch erschließt sich nicht,
was das für einen Sinn hätte machen sollen. Für den Senat ist ein späterer Sinneswandel des Beklagten nicht
nur nachvollziehbar, sondern deswegen sogar besonders naheliegend, weil die dem Beklagten angebotenen
vertraglichen Vereinbarungen keine langfristige berufliche Perspektive boten und somit keine gesicherte
Lebensgrundlage für ihn darstellten. Denn der Entwurf eines Optionsvertrages (Anlage K 8) sah ein bindendes
Angebot des Beklagten vor, seine Anteile an der N ... an die übrigen Gesellschafter zu verkaufen und an diese
abzutreten. Er hätte diesen die Möglichkeit eröffnet, selbst ohne Differenzen die Gesellschaft jederzeit und
ohne vorwerfbares Verhalten allein zu übernehmen und ohne den Beklagten fortzuführen. Zudem war nach § 11
Ziff. 6 des Entwurfs eines Geschäftsführervertrages (Anlage K 7) die Abberufung als Geschäftsführer jederzeit
ohne Begründung zulässig und die Geschäftsführerstellung mit einer Frist von 6 Monaten kündbar (§ 11 Ziff. 2
des Entwurfes). Im Ergebnis stand es daher im Belieben der Klägerin, sich alsbald ganz vom Beklagten zu
trennen.
38 cc) Eine definitive Abschlussbereitschaft des Beklagten zum Vertragsabschluss zu bereits fest stehenden
konkreten Bedingungen hat der Beklagte vor dem Abbruch der Verhandlungen nicht erkennen lassen. Daher
war der Beklagte nicht gehalten, die Klägerin über die Aufgabe seiner Absicht, sich mit dieser vertraglich
binden zu wollen, zu unterrichten.
39 (1) Soweit - wie hier - gem. § 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG formbedürftige Rechtsgeschäfte in Rede stehen, kommt
ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsanbahnung wegen Verletzung einer
Mitteilungspflicht nach einem Abrücken von einer ursprünglich bestehenden Bereitschaft zum
Vertragsabschluss nach der bereits zitierten Rechtsprechung (BGH DStR 2001, 802; BGH NJW 1996,1884;
OLG Frankfurt MDR 1998, 957) nur dann in Betracht, wenn der in Anspruch Genommene eine endgültige
Abschlussbereitschaft zu bestimmten Bedingungen geäußert und dadurch den Eindruck einer besonderen
Verhandlungslage vermittelt hat.
40 (2) Der Klägerin wurde weder ausdrücklich noch konkludent vom Beklagten ein definitiver Vertragsabschluss zu
ganz konkreten Konditionen in Aussicht gestellt. Von der Klägerin wird nicht vorgetragen, dass der Beklagte zu
irgendeinem Zeitpunkt die endgültige Bereitschaft erklärt hätte, die von ihr vorgeschlagenen
Vertragsbedingungen zu akzeptieren. Darüber hinaus mangelt es auch an Anhaltspunkten, aus denen die
Klägerin hätte ableiten dürfen, die Zustimmung des Beklagten werde mit Bestimmtheit erteilt. Denn die
wesentlichen Eckpunkte der verschiedenen ins Auge gefassten Vereinbarungen standen Anfang November
2005 noch gar nicht verlässlich fest. So war nicht einmal sicher, ob der Beklagte 5 oder mehr Prozent der
Gesellschaftsanteile der N .... GmbH erwerben sollte, vielmehr spricht die Klägerin selbst ausdrücklich von
„mindestens 5 %“ (Bl. 115 d. A.). Außerdem war noch offen, ob der Beklagte den von der Klägerin
übermittelten Geschäftsführeranstellungsvertrag akzeptieren würde. Falls der Beklagte hiergegen keine
Bedenken angemeldet haben sollte, wie die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung hervorhebt, reicht dies für
die Annahme einer endgültigen Abschlussbereitschaft allein noch nicht aus. Denn ein bloßes Schweigen kann
im Rechtsverkehr grundsätzlich gerade nicht als Zustimmung interpretiert werden.
41 Es kommt hinzu, dass ein endgültiger Vertragsabschluss nicht lediglich vom Beklagten abhing, sondern
zusätzlich von einer Einigung mit den Gesellschaftern der AS ..... Nach den Feststellungen im
landgerichtlichen Urteil, die von den Parteien nicht angegriffen werden, war für eine Veräußerung der
Gesellschaftsanteile durch die Gesellschafter der AS .... unabdingbar, dass der Beklagte deren
Geschäftsführer wird. Damit sollten sämtliche Vereinbarungen miteinander stehen und fallen (§ 139 BGB).
Indessen waren auch die Details des beabsichtigten Erwerbs der Gesellschaftsanteile der AS .... Ende
Oktober/Anfang November 2005 noch nicht ausreichend geklärt, als dass eine Einigung insoweit als sicher
hätte angesehen werden können. Deshalb konnte die Klägerin redlicherweise auch noch nicht von einer
sicheren Abschlussbereitschaft des Beklagten ausgehen. Nach der eigenen Darstellung der Klägerin bestand
etwa beim Kaufpreis noch Verhandlungsbedarf, denn sie selbst behauptet, dass nach dem Ergebnis der
bisherigen Gespräche der Preis bei „rund 14 Mio. EUR“ gelegen habe (Bl. 121 d. A.). Für die Richtigkeit der
Darstellung des Beklagten, es sei noch keine Einigkeit über alle Streitpunkte des Erwerbs erzielt worden,
spricht zusätzlich der Inhalt der E-Mail des Gesellschafters F. der AS .... vom 05.12.2005 (Anlage K 15), in der
lediglich von einer „greifbaren Nähe“ des Vertragsabschlusses die Rede ist, nicht hingegen von einer bereits
erfolgten Klärung aller für den Abschluss des Erwerbsvertrages relevanten Gesichtspunkte.
42 Eine andere Betrachtungsweise wäre auch nicht dann gerechtfertigt, wenn der Beklagte verlautbart haben
sollte, „man werde den Vertrag nun unter Dach und Fach bringen“. Denn die Klägerin konnte eine solche
Erklärung – falls sie gefallen sein sollte - in Anbetracht der Fülle von noch regelungsbedürftigen Fragen nur
dahin verstehen, dass vom Beklagten der Erwartung und Zuversicht Ausdruck verliehen wird, sich einigen zu
können. Als endgültige Bereitschaft, die von der Klägerin vorgeschlagenen Konditionen zu akzeptieren, war
eine solche Äußerung schon deswegen nicht aufzufassen, weil dem Beklagten mit Ausnahme des Entwurfes
eines Geschäftsführervertrages, der ihm mit Schreiben vom 28.10.2004 übersandt worden war, erst am
03.11.2004 die übrigen Vertragsentwürfe zugingen und weil die Klägerin nicht ohne weiteres annehmen konnte,
dass der Beklagte mit dem Inhalt der Entwürfe vollständig einverstanden sein würde. Dies gilt insbesondere für
den Inhalt des Optionsvertragsentwurfs (Anlage K 8) und § 11 Ziff. 2 und 6 des Entwurfs eines
Geschäftsführervertrages (Anlage K 7), die einer langfristigen Zusammenarbeit entgegen standen.
43 Dass die Klägerin selbst noch nicht von einer definitiven Abschlussbereitschaft des Beklagten ausgegangen
ist, ergibt sich aus der E-Mail des Herrn L. vom 09.12.2005 (Anlage K 15), wonach die Vertragsentwürfe nur
eine Verhandlungsbasis darstellten, deren Bestandteile noch verhandelbar gewesen seien, wobei dieser
Verhandlungsprozess mit dem Workshop vom 02.11.2005 erst begonnen worden sei.
44 (3) Ersatzpflichtig könnte der Beklagte - eine Verletzung von Offenbarungspflichten unterstellt - im Übrigen
allenfalls für solche Aufwendungen sein, die nicht angefallen wären, wenn der Beklagte die Aufgabe seiner
Absicht, mit der Klägerin kooperieren zu wollen, unverzüglich offen gelegt hätte. Nach den vorgelegten
Rechnungen könnte dies nur für einen kleinen Teil der Klagforderung bejaht werden, da dafür, dass der
Beklagte mehrere Wochen oder gar Monate verhandelt hat, ohne abschließen zu wollen, von vornherein
keinerlei Anhaltspunkte bestehen. Unter den gegebenen Umständen erübrigt sich aber eine nähere Überprüfung
des für eine Haftung erforderlichen Kausalzusammenhanges.
45 3. In Ermangelung einer belegbaren Täuschung über eine in Wirklichkeit nicht existente Abschlussbereitschaft
scheiden Ansprüche aus § 826 BGB gleichfalls aus.
46 4. Offen bleiben kann schließlich, ob zwischen den Parteien, da ein Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer
GmbH nicht wirksam geschlossen wurde, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Arbeitsgemeinschaft
begründet worden ist. Eine solche Sonderverbindung kann im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der
Klägerin ebenfalls keine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten nach sich ziehen. Die Gründung einer
GmbH, die hier angestrebt war, erfordert zwingend die notarielle Beurkundung. Ohne entsprechende notarielle
Beurkundung des Gesellschafsvertrages können selbst bei Bestehen einer Vorgründungsgesellschaft o.ä. die
Vertragsverhandlungen im Grundsatz stets ohne nachteilige Folgen von einer Partei abgebrochen werden. Eine
Ersatzpflicht wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung setzt bei derartigen Konstellationen aus den bereits
dargelegten Gründen immer eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung voraus, an der es hier
gerade fehlt. Wenn – wie es der Ansicht der Klägerin entspricht – bereits ein einfacher Pflichtverstoß eine
Haftung aus Verschulden bei Vertragsanbahnung nach sich ziehen könnte, würde ein indirekter Zwang zum
Vertragsabschluss erzeugt, den die Formvorschrift gerade verhindern will. Der Senat teilt deswegen die Ansicht
der Klägerin nicht.
47 5. Soweit die Klägerin sich schließlich darauf stützt, der Beklagte habe von ihren Aufwendungen für die
Vertragsanbahnung profitiert und eigene Aufwendungen erspart, ist ein rechtlicher Ansatzpunkt für einen
Ersatzanspruch unter diesem Gesichtspunkt nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin nicht angeführt,
insbesondere kommt ein bereicherungsrechtlicher oder auftragsrechtlicher Anspruch nicht in Betracht. Dies gilt
auch für etwaige Vorteile bei der Finanzierung. Auch erscheint zweifelhaft, ob und inwieweit der Beklagte von
den Aufwendungen der Klägerin überhaupt profitieren konnte, da ihm die Informationen, die die Klägerin über
die AS .... zusammengetragen hat, als deren enger Berater bekannt gewesen sein dürften, und die geplante
Konstruktion unter Gründung der N .... zur Überleitung der Anteilsrechte auf die Klägerin bzw. deren
Gesellschafter bei einer Übertragung auf ihn von vornherein nicht gepasst haben dürfte.
II.
48 Antrag Ziffer 2:
49 Aus den gleichen Gründen bleibt dem Antrag Ziffer 2 der Erfolg versagt. Mit ihm verfolgt die Klägerin die
Feststellung, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, ihren sämtlichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr
dadurch entstanden ist, dass der Beklagte die Geschäftsanteile an der AS .... erworben hat. Damit soll die
Ersatzpflicht des Beklagten bezüglich des der Klägerin entgangenen Gewinns festgestellt werden. Dieser
Antrag ist zudem deswegen unbegründet, weil ein Ersatzanspruch aus c.i.c. wegen Abbruchs von
Vertragsverhandlungen regelmäßig nur das negative Interesse umfasst, nicht hingegen das positive Interesse.
Eine Ersatzpflicht bezüglich des positiven Interesses würde auf einen Kontrahierungszwang aus c.i.c.
hinauslaufen (BGH WM 1968, 1402; BGH WM 1981, 787; BGH NJW-RR 2001, 1524; Emmerich in Münchener
Kommentar, 4. Aufl., Rn. 186 zu § 311 BGB).
B.
50 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
51 Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Fragen von
einer über den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sind nicht ersichtlich. Die Fortbildung des
Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des
Revisionsgerichtes nicht.