Urteil des OLG Stuttgart vom 24.03.2010
OLG Stuttgart (klausel, kläger, höhe, fahrzeug, vertrag, deklaratorische wirkung, herausgabe, vermittlungsvertrag, mehrwertsteuer, zug)
OLG Stuttgart Urteil vom 24.3.2010, 3 U 188/09
Werbemittel- und Platzmietpauschale bei Vermittlungsvertrag zum Verkauf eines gebrauchten
Kraftfahrzeuges
Leitsätze
Bei einem selbstständigen Vermittlungsvertrag, der rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag mit
Dienstleistungscharakter zu beurteilen ist, ist eine "Werbemittel- und Platzmietpauschale", wonach der
Verkäufer/Auftraggeber unabhängig vom Erfolg der Vermittlungsbemühungen des Vermittlers 40 EUR zuzüglich
Mehrwertsteuer pro Woche schuldet, unwirksam.
Revision BGH III ZP 78/10
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 16. Oktober
2009 - 22 O 335/09 - wird
zurückgewiesen .
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des
Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %
des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 10.000,00 EUR
Gründe
I.
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, der er den Auftrag zur Vermittlung des Verkaufs seines Pkw O… …
erteilt hat, nach Kündigung dieses Auftrags die Herausgabe seines Fahrzeugs. Die Beklagte ist der
Auffassung, sie habe gegen den Kläger aus Ziff. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages einen
Anspruch auf eine Werbemittel- und Platzmietpauschale in Höhe von wöchentlich 40,00 EUR, insgesamt in
Höhe von 2.352,40 EUR, weshalb sie lediglich die Herausgabe Zug-um-Zug gegen Begleichung dieser
Forderung schulde.
2
Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf
das landgerichtliche Urteil vom 16. Oktober 2009 Bezug genommen.
3
Durch dieses Urteil wurde die Beklagte zur Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges an den Kläger
verurteilt. Es könne dahinstehen, ob es sich bei dem Vermittlungsvertrag um einen Makler-, einen
Maklerdienst- oder einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter gehandelt habe. In jedem
Fall sei das Besitzrecht der Beklagten durch die jeweils konkludente Kündigung des Vertrages erloschen,
sodass auf jeden Fall ein Anspruch aus § 985 BGB bestehe. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten
nicht zu. Sie habe keinen Anspruch auf Zahlung der sog. Werbemittel- und Platzmietpauschale. Der von den
Parteien geschlossene Vertrag unterfalle als von der Beklagten verwendeter Formularvertrag der
Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB. Die in Ziff. 3 des Vertrages verwendete Klausel habe einen pauschalierten
Aufwendungsersatz zum Inhalt. Sie sei daher bereits nach § 308 Ziff. 7 b BGB deswegen unwirksam, weil sie
einen Aufwendungsersatzanspruch pauschaliert, ohne dem anderen Vertragsteil ausdrücklich den Nachweis zu
gestatten, Aufwendungen für den konkreten Fall seien überhaupt nicht oder nur in geringem Maße entstanden.
Dies folge aus dem in § 309 Ziff. 5 b BGB statuierten Klauselverbot für pauschalierte
Schadensersatzansprüche, welches auch auf § 308 Ziff. 7 b BGB für pauschalierten Aufwendungsersatz
analog anwendbar sei. Zwar betreffe Ziff. 3 des Vermittlungsvertrages nicht nur den Fall, dass die
Aufwendungspauschale bei Beendigung des Vertrages zu bezahlen sei. Sie sei jedoch, wie der vorliegende Fall
zeige, auch bei Beendigung des Vertrages zu bezahlen. Jedenfalls sei die Klausel aber gemäß § 307 BGB
unwirksam. Die Unangemessenheit der Pauschale liege darin, dass sie von den eigentlichen, für den konkreten
Vertrag entstandenen Aufwendungen losgelöst und dem anderen Vertragsteil kein Gegenbeweis möglich
gemacht werde. Auch aus Ziff. 2 des Vermittlungsvertrages stehe der Beklagten kein Anspruch zu. Diese
Klausel verstoße wegen Fehlens der Möglichkeit des Gegenbeweises ebenfalls gegen § 308 Nr. 7 b BGB.
Einen konkreten Aufwendungsersatzanspruch habe die Beklagte nicht dargelegt.
4
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren Antrag, das Fahrzeug nur Zug-um-Zug
gegen Zahlung von 2.352,40 EUR herausgeben zu müssen, weiterverfolgt. Das Landgericht habe die Frage der
rechtlichen Einordnung des vorliegenden Vertrages nicht offen lassen dürfen, da die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten auch darauf hätten überprüft werden müssen, ob die einzelnen Klauseln
entscheidend von den jeweiligen gesetzlichen Regelungen abwichen und deshalb unwirksam sein könnten.
Darüber hinaus habe das Landgericht verkannt, dass die Vertragsklausel über die Werbemittel- und
Platzmietpauschale einer Inhaltskontrolle entzogen sei, da es sich hierbei um eine Preisvereinbarung für eine
Haupt-, zumindest aber eine Nebenleistung der Beklagten handele. Die Beklagte nehme im Rahmen ihrer
Fahrzeugvermittlung, bei der es sich um eine Geschäftsbesorgung mit Dienstleistungscharakter handele, die
jeweiligen Fahrzeuge der Auftraggeber in Besitz, stelle sie auf einem eigenen und abgesicherten Verkaufsplatz
ab, versichere die Fahrzeuge, führe sie Kunden vor, reinige sie und bewerbe sie. Hierfür sei in Ziff. 3 des
Vertrages eine Pauschale in Höhe von 40,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Woche geregelt. Die Höhe
dieser vertraglichen Vergütung könne mangels gesetzlicher Kontrollmaßstäbe nicht nach den §§ 157, 242 BGB
vom Richter festgesetzt werden. Weiter sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei
der streitigen Vertragsklausel um einen pauschalierten Aufwendungsersatzanspruch handele, für den die in §
309 Ziff. 5 b BGB statuierten Klauselverbote für pauschalierte Schadensersatzansprüche analog anwendbar
seien. Würde man dieser Auffassung des Landgerichts folgen, so wäre jeder gemischte Vertrag, der auch
dienstvertragliche Elemente bzw. Vergütungsabreden enthalte, hinsichtlich dieser einer AGB-Prüfung
zugänglich, obwohl dies dem Grundsatz der Privatautonomie widersprechen würde.
5
Die Beklagte beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an den Kläger das Fahrzeug
O… … - A - Selection, Fahrgestellnummer W… Zug um Zug gegen Zahlung des Klägers an die
Beklagte in Höhe von 2.352,40 EUR herauszugeben.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
9
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt vor, der Bundesgerichtshof unterscheide bei der Inhaltskontrolle
von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen vertraglicher Nebenleistung und vertraglich geschuldeter
Hauptleistung. Typische Preisnebenabreden seien der richterlichen Inhaltskontrolle unterworfen. Im
vorliegenden Fall handle es sich bereits nach den Ausführungen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung
um eine Nebenleistung, da die Hauptleistung darin bestehe, das streitgegenständliche Fahrzeug im Rahmen
eines Maklervertrages zu vermitteln. Die von der Beklagten dargestellten weiteren Leistungen, wie das
Abstellen des Fahrzeuges auf dem Verkaufsplatz, die Versicherung, Vorführung, Reinigung und Bewerbung
des Fahrzeuges, seien typische Nebenleistungen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass in der Klausel des
Vertrages 40,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer als „Werbemittel- und Platzmietpauschale“ bezeichnet würden.
Bei einem bloßen Vermittlungsvertrag für ein Fahrzeug, der kein Agenturvertrag sei, handle es sich um einen
Maklervertrag. Zu den Grundsätzen des Maklerrechts gehöre es, dass ein Kunde in seiner Entschließung frei
bleiben müsse, ob er das vom Händler vermittelte Geschäft abschließen wolle oder nicht. Ebenso müsse er bei
Nichtabschluss eines Vertrages durch den Händler unbeschränkt das Recht haben, unabhängig vom Händler
sein Gebrauchtfahrzeug an Dritte selbst weiterzuveräußern, ohne dass Kosten auf ihn zukämen. Dies sei im
vorliegenden Fall nicht gegeben, da eine Aufwandspauschale von 40,00 EUR pro Woche ohne
Höchstbegrenzung vereinbart sei, was zur Konsequenz habe, dass bei einer kundenfeindlichen Auslegung das
Entgelt, welches der Vermittler vom Kunden verlangen könne, sogar den Wert des Fahrzeuges übersteige.
10 Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die zu
den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.
II.
11 Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf
Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges gemäß §§ 675, 667 BGB, daneben auch gemäß § 985
BGB. Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass die Beklagte gegen den Kläger aus Ziff. 3 des
Vermittlungsvertrages vom 15.08.2008 keine Ansprüche herleiten kann.
12 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges
gemäß §§ 675, 667 BGB.
13 Mit Vertrag vom 15.08.2008 haben die Parteien vereinbart, dass die Beklagte ermächtigt und beauftragt wird,
im Namen und auf Rechnung des Klägers das streitgegenständliche Fahrzeug zu verkaufen und zu übereignen.
Der Verkaufspreis wurde auf 12.300,00 EUR festgesetzt, bei Bedarf sollte dieser Preis bis auf 11.500,00 EUR
gesenkt werden. Bei erfolgreicher Vermittlung sollte die Beklagte 10 % des Verkaufspreises erhalten.
14 Bei einem solchen Vertrag handelt es sich um einen selbstständigen - also von einem Neu- oder
Gebrauchtwagenkauf unabhängigen - Vermittlungsvertrag, der rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag mit
Dienstleistungscharakter zu beurteilen ist (Reinking/ Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. 2009, Rn. 1234; BGH NJW
1981, 388; 1982, 2304).
15 Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich nicht um einen Maklervertrag. Ein solcher liegt vor, wenn
sich die geschuldete Tätigkeit des Vermittlers in der Benennung eines Kaufinteressenten erschöpft, der
Eigentümer im Besitz des Fahrzeuges verbleibt und die Verkaufsverhandlungen selbst führt (Reinking/Eggert
a.a.O. Rn. 1234). Vorliegend wurde der Beklagten jedoch das Fahrzeug übergeben und ihr eine entsprechende
Verkaufsvollmacht erteilt. Diese Tätigkeit geht über die eines bloß vermittelnden Maklers hinaus.
16 Der Vermittlungsvertrag zwischen den Parteien wurde unstreitig beendet, ohne dass das Fahrzeug durch die
Beklagte veräußert wurde. Nach Beendigung des Vermittlungsvertrages ist der Vermittler gemäß §§ 675, 667
BGB zur Herausgabe des Fahrzeuges verpflichtet (Reinking/Eggert a.a.O. Rn. 1260). Daneben steht dem
Kläger als Eigentümer ein Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB zu.
17 2. Der Beklagten stehen keine Zahlungsansprüche zu, die sie dem Herausgabeanspruch gemäß § 273 BGB
entgegenhalten könnte.
18 Die Beklagte macht insoweit Standgebühren in Höhe von 40,00 EUR netto für 49 Wochen zuzüglich
verauslagter Abmeldegebühren in Höhe von 16,81 EUR, jeweils nebst gesetzlicher Mehrwertsteuer, insgesamt
2.352,40 EUR geltend. In Ziff. 3 des Vermittlungsvertrages vom 15.08.2008 sei geregelt, dass der Kläger
unabhängig vom Erfolg der Vermittlungsbemühungen der Beklagten eine Werbemittel- und Platzmietpauschale
in Höhe von 40,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Woche schulde.
19 Diese Nebenpreisabrede gemäß Ziff. 3 des Vermittlungsvertrages vom 15.08.2008 hält einer Inhaltskontrolle
gemäß §§ 307ff BGB nicht stand.
20 a) Dass es sich bei der angegriffenen Klausel um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte
Vertragsbedingung handelt, die die Beklagte gestellt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.
21 b) Die Klausel ist der Inhaltskontrolle gem. §§ 307ff BGB zugänglich.
22 aa) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (der an die Stelle des früheren § 8 AGBG getreten ist) sind Klauseln in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die weder von Rechtsvorschriften abweichen noch diese ergänzen, einer
Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff AGBG entzogen. Da die Vertragsparteien nach dem im Bürgerlichen Recht
geltenden Grundsatz der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung frei bestimmen können, sind Klauseln,
die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und die dafür zu zahlende Vergütung unmittelbar
bestimmen, kontrollfrei (BGHZ 143, 128, 138f; 141, 380, 382 f.; NJW 2002, 2386). Neben den Bestimmungen
über den Preis der vertraglichen Hauptleistungen sind auch solche Klauseln nicht kontrollfähig, die das Entgelt
für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung festlegen, wenn hierfür keine rechtlichen Regelungen bestehen
(BGHZ 137, 27, 30, NJW 2002, 2386). Mithin stellen im nicht preisregulierten Markt Preisvereinbarungen für
Haupt- und Nebenleistungen im allgemeinen weder eine Abweichung noch eine Ergänzung von
Rechtsvorschriften dar und unterliegen daher grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle (BGHZ 141, 380, 383;
116, 117, 120f.; NJW 2002, 2386).
23 Andererseits führt die bloße Einstellung einer Klausel in ein Regelwerk, das Preise für Einzelleistungen bei der
Vertragsabwicklung festlegt, noch nicht dazu, dass die einzelne Klausel als unselbständiger Bestandteil einer
„Gesamtpreisabsprache“ jeder Kontrolle entzogen ist. Der klare Wortlaut des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB verlangt
auch dann eine Prüfung, ob die Klausel lediglich deklaratorische Wirkung hat oder ob sie Rechtsvorschriften
ergänzt, wenn sie etwa ein Entgelt festlegt, obwohl eine Leistung für den Vertragspartner nicht erbracht wird.
Der Begriff der Leistung steht nicht zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Daher ist die streitige Werbemittel- und Platzmietpauschale daraufhin zu überprüfen, ob es sich um eine
Abrede handelt, die zwar (mittelbare) Auswirkungen auf Preis und Leistung hat, an deren Stelle aber, wenn eine
wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (BGHZ 141, 380, 383; 137, 27,
29f.; 137, 43, 45ff; 136, 261, 264; NJW 2002, 2386).
24 bb) Ausgehend von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen steht § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle
der beanstandeten Werbemittel- und Platzmietpauschalklausel nicht entgegen.
25 Die Beklagte macht insoweit geltend, mit der Werbemittel- und Platzmietpauschale werde ihr Aufwand für das
Abstellen des zum Zwecke der Verkaufsvermittlung in Besitz genommenen Fahrzeuges auf einem gesicherten
Verkaufsplatz, dessen Versicherung, Reinigung, Bewerbung und Vorführung abgegolten.
26 Diese Verrichtungen stehen zwar in einem Zusammenhang mit den vertraglichen Hauptleistungspflichten, die
der Beklagten aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages oblagen; es handelt sich aber
nicht um Leistungen, die unmittelbar dem Interesse des Klägers dienen. Die Parteien haben sich in dem
Vermittlungsvertrag vom 15.08.2008 in erster Linie darauf geeinigt, dass die Beklagte für den Kläger dessen
Kraftfahrzeug Dritten zum Verkauf anbietet, ggf. verkauft und übereignet. Bei erfolgreicher Vermittlung sollte
die Beklagte eine Provision in Höhe von 10 % des Verkaufspreises erhalten. Ein unbefangener Vertragspartner
der Beklagten würde bei einer derartigen Vertragskonstruktion davon ausgehen, dass mit der 10 %igen
Verkaufsprovision alle regelmäßig mit der Vermittlung eines Kfz-Verkaufs durch einen gewerblichen
Autovermittler wie der Beklagten verbundenen Kosten abgegolten sind. Zu diesen üblicherweise mit
abgegoltenen Kosten gehören bei gewerblichen Autovermittlungen auch die Unterstellkosten (so auch LG
München DAR 1998, 394 f; Reinking/Eggert a.a.O. Rn. 1236 und 1261). Im Übrigen dienen die von der
Beklagten vorgetragenen Leistungen in erster Linie ihren eigenen Interessen. Durch den Abschluss einer
Versicherung für die in Besitz genommenen Fahrzeuge und deren Bewachung sichert sie sich gegen eventuelle
Ersatzansprüche der Eigentümer für den Fall des Diebstahls oder der Beschädigung der Fahrzeuge. Auch die
Reinigung, die Bewerbung und Vorführung dient zumindest auch den Interessen der Beklagten, die im Falle
einer erfolgreichen Verkaufsvermittlung einen Provisionsanspruch erlangt. Sähe Ziff. 3 des
Vermittlungsvertrages eine Pauschalvergütung für Werbemittel und Platzmiete nicht vor, hätte allein die
Beklagte diese Aufwendungen im Rahmen der von ihr übernommenen (Haupt-)Leistungspflicht, nämlich der
Vermittlung des klägerischen PKW an potentielle Verkäufer, zu tragen. Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen
des Bundesgerichtshofs ist somit die Inhaltskontrolle der beanstandeten Klausel eröffnet.
27 cc) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Inhaltskontrolle von preisbezogenen Klauseln ist in der
Literatur vielfach kritisiert worden, da hinter der bloßen Verkehrserwartung oder dem „Leitbild“ eines
Vertragstyps, aus dem die Unentgeltlichkeit bestimmter Einzelleistungen folgen solle, nicht mehr als
subjektives Rechtsempfinden stehe (vgl. Staudinger-Coester, BGB, 2006, § 307, Rn. 329 m.w.N.). Dass aber
die Frage der Rechtmäßigkeit ungerechtfertigter Entgeltabreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen generell
der Überprüfung gem. § 307 ff BGB entzogen werden soll, wird soweit ersichtlich nicht vertreten. So plädiert
Coester a.a.O. dafür, die Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dann zu eröffnen, wenn wegen eines
vertragsgefährdenden Widerspruchs zur selbstgewählten Vertragsordnung (Aushöhlungsaspekt) die
Unangemessenheit der Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB festgestellt wird. Eine solche Rücknahme der
materiellen Inhaltskontrolle im Leistungsbereich auf die Linie des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB würde - wie Coester
selbst darlegt, in den meisten Fällen - wie auch dem vorliegenden (s.u.) - zu keinem anderen Ergebnis führen.
Der Senat folgt davon unabhängig der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
28 c) Ist somit die Klausel einer Inhaltskontrolle grundsätzlich zugänglich, folgt ihre Unwirksamkeit zwar nicht aus
§ 308 Ziff. 7 b i.V.m. § 309 Ziff. 5 b BGB analog, ihr Inhalt stellt aber eine unangemessene Benachteiligung
gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB dar.
29 aa) Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht darin, dass die Unwirksamkeit der Klausel aus § 308 Ziff. 7 b
i.V.m. § 309 Ziff. 5 b BGB analog folge. Die Vorschrift des § 308 Ziff. 7 b BGB ist auf die vorliegende Klausel
nicht anwendbar, da das dort statuierte Klauselverbot nur auf solche Klauseln Anwendung findet, die für den
Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, eine unangemessen hohe
Vergütung oder einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangt. Vorliegend fällt die von der
Beklagten verlangte Mietkostenpauschale oder Standgebühr zwar auch dann an, wenn der Vertrag ohne
erfolgreiche Vermittlung beendet wird. Die Klausel enthält aber keine Zahlungsverpflichtung gerade für den Fall
der vorzeitigen Vertragsbeendigung. Im Gegenteil, die von der Beklagten beanspruchte Werbemittel- und
Mietkostenpauschale soll ausweislich des Wortlauts der Klausel in jedem Fall, zeitlich unbeschränkt, anfallen.
Auf eine derartige Preisabrede findet § 308 Nr. 7 BGB ebenso wenig Anwendung wie § 309 Ziff. 5 b BGB, der
unmittelbar ohnehin nur auf Schadensersatzansprüche anwendbar ist.
30 bb) Allerdings stellt sich der Inhalt der Klausel als unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der
Beklagten gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB dar.
31 Wie der Kläger zu Recht dargelegt hat, hätte die Beklagte bei erfolgreicher Vermittlung des
streitgegenständlichen Fahrzeuges, ausgehend von dem festgesetzten Verkaufspreis von 12.300,00 EUR,
maximal eine Provision in Höhe von 1.230,00 EUR verdienen können. Vermittelt sie das Fahrzeug jedoch
nicht, hätte sie bereits nach 30 Wochen, also etwas mehr als einem halben Jahr, einen vergleichbaren Betrag
als Werbe- und Platzmietpauschale verdient. Es liegt auf der Hand, dass es für die Beklagte unter Umständen
wirtschaftlich rentabler sein kann, ein zur Vermittlung hereingenommenes Fahrzeug lange Zeit nicht zu
veräußern, um möglichst hohe Werbe- und Platzmietpauschalen zu erhalten. Dass dies dem Vertragszweck,
nämlich der erfolgreichen Vermittlung eines Kraftfahrzeuges an einen dritten Käufer, zuwiderläuft, jedenfalls
aber diesen Vertragszweck gefährdet, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Die in der streitgegenständlichen
Klausel festgesetzten Pauschalkosten von wöchentlich 40 EUR sind daher geeignet, den Zweck des
geschlossenen Vermittlungszweck auszuhöhlen und benachteiligen somit den Kläger unangemessen i.S. d. §
307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Klausel ist mithin unwirksam.
32 cc) Ob die Klausel darüber hinaus auch überraschend im Sinn des § 305 c BGB ist (so LG München a.a.O.;
AG Lübeck DAR 1982, 72; Reinking/Eggert a.a.O. Rn.1236), kann Hinblick auf die bereits aus § 307 Abs. 1, 2
Nr. 2 BGB folgende Unwirksamkeit dahinstehen.
33 d) Die berechtigte Forderung der Beklagten auf Begleichung von verauslagten Abmeldekosten steht dem
Herausgabeanspruch des Klägers ebenfalls nicht entgegen.
34 Die Beklagte macht geltend, 16,81 EUR netto für die Abmeldung des streitgegenständlichen Fahrzeuges
aufgewandt zu haben. Die Parteien haben in dem Vertrag ausdrücklich vereinbart, dass das Fahrzeug
abgemeldet werden soll und hierfür eine Gebühr von 20,00 EUR anfällt. Dies entspricht dem verlangten Betrag
zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Der Beklagten steht daher ein entsprechender Zahlungsanspruch zu.
35 Allerdings ist es der Beklagten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verwehrt, wegen dieser geringen
Forderung die Herausgabe des Pkws des Klägers zu verweigern (vgl. OLG Köln VRS 1985, 243; Heinrichs in
Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 273 Rn. 17 mit Hinweis auf arg. § 320 Abs. 2 BGB).
36 e) Ansprüche aus Ziff. 2 des Vermittlungsvertrages vom 15.08.2008 macht die Beklagte nicht geltend.
III.
37 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
38 Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da eine mit der streitgegenständlichen Klausel
vergleichbare Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach Kenntnis des Senats bisher noch nicht
Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war.