Urteil des OLG Stuttgart vom 14.03.2006

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OLG Stuttgart Beschluß vom 14.3.2006, 1 W 9/06
Streitwert des selbständigen Beweisverfahren: Beweisfrage nach Totalsanierung oder Reparatur
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller (Bl. 63/64 d.A.) wird der Beschluss
des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 3.2.2006 - 4 OH 2/05 - (Bl. 59/60 d.A.)
abgeändert:
Der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren wird auf 33.959.-Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller wenden sich mit ihrer Streitwertbeschwerde (Bl. 63 ff.d.A.)
gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 3.2.2006 - 4
OH 2/05 - (Bl. 59/60 d.A.), durch den der Wert des selbständigen Beweisverfahrens auf "bis zu 21.530.-
Euro" festgesetzt wurde.
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Sie begehren die Festsetzung auf 33.959.-Euro entsprechend der Höhe der Mängelbeseitigungskosten, die
der Sachverständige D. für die vollständige Sanierung des Wärmedämmverbundsystems unter Einschluss
der Entfernung des aufgebrachten Systems angesetzt hat (Bl. 171 ff.d.A.).
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Wegen der Begründung der Beschwerde wird auf die Schriftsätze vom 16.2.2006 (Bl. 63/64 d.A.) und vom
24.2.2006 (Bl. 68/69 d.A.) Bezug genommen.
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Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung
vorgelegt (Bl. 65/66 d.A.).
II.
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Die nach § 68 GKG zulässige Streitwertbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Streitwert des
selbständigen Beweisverfahrens ist - wie beantragt - auf 33.959.-Euro festzusetzen.
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1. Die Beschwerde ist nach § 68 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die
Prozessbevollmächtigten der Antragsteller haben inzwischen klargestellt, dass sie das Rechtsmittel im
eigenen Namen erheben. Daher ist die erforderliche Beschwer gegeben ist, die auch mehr als 200.-
Euro beträgt.
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2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Streitwert beträgt 33.959.-Euro.
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a) In der Rechtsprechung ist inzwischen weitgehend anerkannt, dass sich der Streitwert des
selbständigen Beweisverfahrens in der Regel nach dem Wert der Hauptsache richtet. Geht es - wie
hier - um die Feststellung von Baumängeln und die Höhe der hierfür notwendigen Aufwendungen, so
entspricht der Streitwert den Kosten der Mängelbeseitigung (OLG Celle, BauR 2004, 705; OLG
Düsseldorf, NZBau 2003, 385; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage, RN 145 m.w.N.). Stellt
sich nach Einholung des Gutachtens heraus, dass die Kosten mit der vom Antragsteller zu Beginn des
Verfahrens genannten Schätzgröße nicht übereinstimmen, so richtet sich der Streitwert nach der
neueren Rechtsprechung nach den Feststellungen des Sachverständigen, wenn es sich bei den
ursprünglichen Angaben erkennbar um eine Schätzung gehandelt hatte (OLG Düsseldorf NJW-RR
2003, 1530; jetzt auch BGH BauR 2004, 1975).
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b) Der vorliegende Fall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass der Sachverständige die
Kosten alternativ ermittelt hat für den Fall der Sanierung nach Maßgabe der von ihm für notwendig
erachteten Mängelbehebung (21.530.-Euro) sowie für den Fall einer Generalsanierung nach den
Vorstellungen der Antragsteller (33.959.-Euro). In einem solchen Fall sind als Streitwert die Kosten
anzusetzen, die sich für den Fall der vom Antragsteller beanspruchten Mängelbehebung ergeben. Dies
ist die Folge davon, dass der Streitwert durch das jeweilige Interesse der Antragsteller an der
Beweissicherung bestimmt wird. Sind die Antragsteller - wie hier - ausdrücklich der Auffassung, dass
ihnen ein Anspruch auf eine Generalsanierung zusteht, so entspricht ihr Beweissicherungsinteresse
den Kosten einer derartigen umfassenden Sanierung. Ob sie diese auch tatsächlich beanspruchen
können, ist eine Frage des materiellen Rechts, für den Streitwert aber nicht entscheidend. Da im
vorliegenden Fall eine Generalsanierung voraussichtlich Kosten in Höhe von 33.959.-Euro verursachen
wird, ist auch der Streitwert in dieser Höhe festzusetzen.
III.
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Der angefochtene Beschluss ist daher entsprechend abzuändern.