Urteil des OLG Stuttgart vom 10.09.2008

OLG Stuttgart (anlage, speicher, rücktritt vom vertrag, heizungsanlage, einbau, haus, zpo, wesentlicher nachteil, geschäftsführer, vertrag)

OLG Stuttgart Urteil vom 10.9.2008, 3 U 48/08
Werkvertrag: Vereinbarte Beschaffenheit des Werkes; Funktionstauglichkeit für den vertraglich
vorausgesetzten Zweck
Leitsätze
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Die Entscheidung ist somit rechtskräftig.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn
vom 8. Februar 2008 (Az. 5 O 111/07) wird
zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte
ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufung: 27.681,87 EUR
Gründe
I.
1
Die Klägerin verlangt Rückabwicklung eines Vertrages über eine Strom- und Wärmeerzeugungsanlage. Diese
Energieanlage wurde von der Beklagten in ein im Eigentum der Mutter des Geschäftsführers der Klägerin
stehendes Haus in H…-N… eingebaut. Zu den weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die
tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
2
Im selbstständigen Beweisverfahren vor dem LG Stuttgart - Az. 5 OH 15/05 Sz - ist zu den streitigen
Behauptungen über die Energieanlage ein Sachverständigengutachten (vom 11.05.2006, Bl. 60) sowie ein
Ergänzungsgutachten (vom 6.11.2006, Bl. 103) des Sachverständigen Dipl. Ing.(FH) R… M… eingeholt
worden.
3
Das Landgericht hat T… M…, der zumindest seit Juni 2008 wieder Geschäftsführer der Klägerin ist, als Zeuge
vernommen (vgl. Protokoll vom 19.12.2007, Bl. 61) sowie den Geschäftsführer der Beklagten M… H… als
Partei angehört (vgl. Protokoll vom 19.12.2007, Bl. 65) und die Klage sowohl im Hauptantrag als auch im
Hilfsantrag abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge
weiterverfolgt.
4
Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung sowie eine fehlerhafte Beweiswürdigung. Zu Unrecht sei
das Landgericht davon ausgegangen, dass über die Beschaffenheit der Heizungsanlage eine Vereinbarung
getroffen worden sei, die aber von der Klägerin nicht habe bewiesen werden können. Die eingebaute
Heizungsanlage eigne sich für den vertraglich vorgesehenen Gebrauch, das Haus auch im Winter ausreichend
zu beheizen, nicht. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass das Haus keine Wärmedämmung gehabt habe.
Sie sei daher verpflichtet gewesen, eine Heizungsanlage einzubauen, die das Haus auch im ungedämmten
Zustand ausreichend beheizen könne. Bei den damaligen Vertragsverhandlungen habe T… M… auch lediglich
erklärt, man beabsichtige, weitere Umbaumaßnahmen vorzunehmen, so dass in 3 bis 4 Jahren der Endzustand
der Baumaßnahmen erreicht sei. Daraufhin habe der Geschäftsführer der Beklagten nicht darauf hingewiesen,
dass für das Haus ohne Dämmung die angebotene und dann auch gelieferte und eingebaute Heizungsanlage
nicht ausreichend dimensioniert sei. Aufgrund dieses Mangels sei die Klägerin, nachdem die Beklagte eine
Nachbesserung verweigert habe, berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Jedenfalls habe eine ausreichende
Beratung und Information durch die Beklagte, die dafür auch darlegungs- und beweisbelastet sei, nicht
stattgefunden.
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Weiterhin sei der Beklagten auch eine Falschberatung anzulasten, da sie aufgrund einer falschen Beurteilung
die Möglichkeit des Einbaus des bereits im Eigentum der Klägerin befindlichen Latento-Speichers abgelehnt
habe. Diese fehlerhafte Beratung begründe einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer
vertraglichen Nebenpflicht gemäß den §§ 311, 280 BGB. Dass der von der Klägerin mit der Beklagten
abgeschlossene Vertrag auch nachteilig für die Klägerin gewesen sei, ergebe sich aus dem
Sachverständigengutachten im selbständigen Beweisverfahren, in welchem der Sachverständige Dipl.-Ing.(FH)
R… M… darlege, dass durchaus der Einbau des Senertec-Speichers wirtschaftlich nachteilig gewesen sei, da
der bereits vorhandene Latento-Speicher hätte verwendet werden können. Aufgrund der Falschberatung könne
die Klägerin nunmehr auch die Rückgängigmachung des Vertrages verlangen, weshalb das Landgericht der
Klage hätte stattgeben müssen.
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Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht Tatsachenvortrag, der in der ersten Instanz noch vorgebracht
worden sei, nicht zugelassen und das Verfahren nicht wieder eröffnet. Der Vortrag der Klägerin zur fehlerhaften
Beratung im Zusammenhang mit dem Strompreis gründe nämlich auf ein Schreiben über die Abrechnung der
Rückvergütung vom 23.01.2008, welches zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 19.12.2007 noch gar
nicht hätte vorgelegt werden können. Aus diesem Schreiben ergebe sich jedoch, dass der Geschäftsführer der
Beklagten gegenüber dem T… M… eine Zusicherung bezüglich der Entwicklung der Strompreise und der
Erlöse aus dem Blockheizkraftwerk gegeben habe, die sich nun nicht erfüllt habe. Auch aus diesem Grund sei
ein Beratungsfehler und damit ein Rücktrittsgrund gegeben.
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Die Klägerin beantragt:
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1. Unter Abänderung des am 08.02.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Heilbronn, AZ 5 O
111/07 - wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 22.475,00 EUR nebst 5 % Verzugszinsen über
dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2006 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe der
Heizungsanlage im Haus F… … in H….
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2. Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.206,87 EUR zu bezahlen zuzüglich 5
% Verzugszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.10.2006 Zug um Zug gegen Rückgabe des
Senertec-Pufferspeichers.
10 Die Beklagte beantragt:
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Die Berufung wird zurückgewiesen.
12 Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zutreffenderweise sei das Landgericht davon ausgegangen,
dass als Beschaffenheit die Eignung der Energieanlage für den sanierten Zustand des Hauses vereinbart
worden sei. Es wäre demgegenüber ein Mangel der Anlage gewesen, welchen die Beklagte zu vertreten hätte,
wenn die Beklagte für den unsanierten Zustand eine völlig überdimensionierte Heizungsanlage eingebaut hätte.
Für den Zeitraum ab der Sanierung des Hauses sei die Anlage jedenfalls geeignet, weshalb sie frei von
Sachmängeln im Sinne von § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB sei.
13 Auch ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Werkvertrages liege nicht vor, denn aufgrund einer
fehlerhaften Beratung sei bei der Klägerin kein Schaden eingetreten. Der eingebaute Senertec-Speicher habe
nämlich eine höhere Laufleistung und Lebensdauer der Anlage zur Folge, was der Sachverständige in seinem
Gutachten im selbständigen Beweisverfahren deutlich herausgestellt habe. Der Einbau des Latento-Speichers
hätte dagegen einen Schaden bewirkt, da dieser dann ineffektiver und teurer gearbeitet hätte und zu einem
früheren Verschleiß der Anlage geführt hätte. Letztlich könne die Klägerin den vorhandenen Latento-Speicher
auch noch veräußern, um wirtschaftliche Nachteile auszugleichen. Schließlich wären bei einem Einbau des
Latento-Speichers auch noch Umbauarbeiten an der Anlage erforderlich gewesen.
14 Die Beklagte habe schließlich keine Zusicherung zu Strompreisen oder Rückvergütungspreisen gegeben. Die
Beklagte habe insoweit auch keine betriebswirtschaftliche Beratung durchgeführt. Mithin sei ein Recht zum
Rücktritt nicht gegeben.
15 Zu den weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
16 Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu den von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen das
erstinstanzliche Urteil ist Folgendes auszuführen:
1.
17 Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Rücktritt vom Vertrag gemäß § 634 Nr. 3 BGB
i.V.m. §§ 326 Abs. 5, 323 BGB verneint.
18 Die Beklagte hat eine Heizungsanlage geliefert und eingebaut, die der vereinbarten Funktionstauglichkeit und
damit der vertraglich festgelegten Beschaffenheitsvereinbarung entspricht. Zwar ist nicht mit Sicherheit
festzustellen, dass die Parteien tatsächlich ausdrücklich eine Beschaffenheit des Werkes vereinbart haben.
Eine Besonderheit im vorliegenden Fall ist, dass die Parteien den Einbau einer Heizungsanlage zu einem
Zeitpunkt vereinbart haben, als seitens der Klägerin klar war und auch zum Ausdruck gebracht wurde, dass
das Haus noch baulichen Veränderungen unterworfen werde, ein diesbezüglicher Zeitpunkt jedoch nicht sicher
feststand. Dem Schriftwechsel der Parteien, insbesondere dem Angebot (K 1) vom 25.02.2004 sowie der
Auftragsbestätigung (K 2) vom 18.11.2004 ist eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung nicht zu
entnehmen.
19 Welche Beschaffenheit eines Werkes die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der Auslegung des
Werkvertrages. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 1 BGB gehören alle
Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg
herbeiführen sollen (BGH NJW 2008, 511). Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach
der dokumentierten Leistungsbeschreibung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das
Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der Bundesgerichtshof hat deshalb eine Abweichung von der
vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. angenommen, wenn
der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werkes nicht erreicht wird und das Werk seine
vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (BGH NJW 2008, 511 m.w.N.). Das
gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten
Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten
oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder
Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Unternehmer die
vereinbarte Funktionstauglichkeit. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von
Sachmängeln, wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst für die gewöhnliche Verwendung
eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach
der Art des Werkes erwarten kann. Es ist mithin jedenfalls auch gemäß § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB von der
Verwendungseignung auszugehen, d.h. beim Fehlen einer ausdrücklich vereinbarten Beschaffenheit kommt es
auf die Funktionstüchtigkeit und Gebrauchsfähigkeit des Werkes an, wobei in erster Linie auf die vertraglich
vorausgesetzte Verwendung, d.h. die vom Besteller beabsichtigte und dem Unternehmer bekannte Verwendung
abzustellen ist, d.h. es ist ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk geschuldet (vgl.
Palandt/Sprau, § 633 Rn. 7).
20 Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte stellt sich die Leistung der Beklagten, nämlich die Auslegung
der Energieanlage für ein gedämmtes Haus, nicht als Mangel dar, denn hierdurch wird den vorgegebenen
Anforderungen durch den Besteller in der bestmöglichen Weise entsprochen. Dies ergibt sich auch aus den
Ausführungen des Sachverständigen, der insbesondere in seinem Ergänzungsgutachten vom 06.11.2006 (vgl.
Bl. 103 ff der Beiakte 5 OH 15/05) zu der Frage Stellung genommen hat, ob ein leistungsfähigeres
Blockheizkraftwerk (BHKW) hätte eingebaut werden müssen, um bis zur Realisierung sämtlicher
Energiesparmaßnahmen das Haus ausreichend zu beheizen und welche Mehrkosten damit verbunden gewesen
wären. Dazu trägt der Sachverständige wie folgt vor (vgl. Bl. 109 der Beiakte 5 OH 15/05):
21
„Ein leistungsfähigeres BHKW wäre in der Lage gewesen, den Wärmebedarf des Hauses zu decken.
Dieses hätte etwa die doppelte Leistung besitzen müssen. Die Mehrkosten für das größere BHKW sind
in erster Linie näherungsweise proportional der Abgabeleistung. Das bedeutet, dass somit mit einer
Verteuerung der Anlage von etwa 20.000 Euro zzgl. Mehrwertsteuer hätte gerechnet werden müssen.
22
Nach Isolierung des Hauses wäre dann jedoch ein wesentlicher Nachteil durch das größere BHKW
entstanden, da jetzt wegen der deutlich geringeren Wärmeentnahme im Heizbetrieb die Laufzeit des
Gerätes deutlich reduziert worden wäre, was die Lebensdauer des Gerätes negativ beeinflusst hätte.
Dem hätte nur durch Einbau eines größeren Pufferspeichers entgegen gewirkt werden können. Hierfür
wären noch einmal Mehrkosten in Höhe von ca. 2.000 EUR zzgl. MWST notwendig gewesen.“
23 Diese Erwägungen zeigen, dass die Verwendungseignung des bestellten Werkes gegeben ist, denn die von der
Beklagten angebotene Alternative stellt ein zweckentsprechendes, funktionstaugliches und insbesondere im
Hinblick auf die ansonsten zu erwartenden Kosten wirtschaftlich sinnvolles Modell dar, um den konkret ins
Auge gefassten Umbauplänen der Klägerin - bzw. der Eigentümerin des Hauses - gerecht zu werden.
24 Angesichts der von dem Sachverständigen M… festgestellten großen Differenz in der Ausführungsart einer
Heizungsanlage für den Fall, dass das Haus gedämmt bzw. nicht gedämmt ist, liegt es nahe, dass die Klägerin
mit ihrer Information über die zukünftige Dämmung des Hauses vorgegeben hatte, dass eine Heizungsanlage
auf das Haus in gedämmtem Zustand ausgerichtet sein sollte. Im Zuge von Umbaumaßnahmen und
Sanierungsmaßnahmen ist zu erwarten, das ein Besteller eine Anlage wünscht, die seinen zukünftigen
Bedürfnissen am ehesten gerecht wird. Eine Anlage allein auf eine kurze Zeitspanne auszurichten wäre -
gerade bei einer so langfristigen Investition wie dem Einbau einer neuen Heizanlage - eine fehlerhafte
Entscheidung, da sie erhebliche Investitionen veranlasst hätte, die nach kurzer Zeit nutzlos gewesen wären
und sogar zu einer deutlichen Verkürzung der Laufzeit der Anlage geführt hätte. Gerade dies würde dann die
Funktionstauglichkeit der Anlage in Frage stellen. Angesichts der angekündigten Umbaumaßnahmen war
mithin der Einbau einer größeren Heizungsanlage nicht angemessen.
2.
25 Auch aufgrund des Einbaus des Senertec-Speichers sowie der Beratung in diesem Zusammenhang ergibt sich
kein Rücktrittsgrund. Der Einbau des Speichers durch die Beklagte ist vertragsgemäß, entspricht einer
funktionstauglichen Ausführungsweise und stellt mithin keinen Mangel dar.
26 Allenfalls käme eine fehlerhafte Beratung und damit ein Anspruch aus c.i.c. bzw. §§ 311, 280 BGB in Betracht.
Diesbezüglich ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei fahrlässiger falscher Auskunfts- oder
Ratserteilung eine Schadensersatzpflicht wegen Verletzung einer im Rahmen des Vertrages übernommenen
Nebenpflicht neben Gewährleistungsansprüchen bestehen kann, und zwar auch dann, wenn sich das
Verschulden des Verkäufers auf Angaben über Eigenschaften der Sache bezieht (BGH NJW 1984, 2938;
Palandt/Grüneberg § 311 BGB Rn. 17).
27 Die Klägerin leitet die Annahme einer Falschberatung daraus ab, dass die Beklagte erklärt habe, der bei ihr
vorhandene Latento-Speicher wäre unbrauchbar. Allerdings erscheint fraglich, ob es tatsächlich eine derartige
Erklärung gegeben hat, die als Falschberatung zu werten wäre. Im Schriftsatz der Antragstellerin im
selbständigen Beweisverfahren vom 02. September 2005 ist der Sachverhalt noch so dargestellt, dass der
Geschäftsführer der Antragsgegnerin erwidert habe, er habe einen besseren, weil effektiveren Pufferspeicher,
nämlich einen Speicher, der speziell auf das Dachs-Blockkraftwerk abgestimmt sei und die Solarenergie
besser ausnütze als der Latento-Speicher (Bl. 4 der Antragsschrift). Entsprechendes ergibt sich auch aus dem
Schriftwechsel zwischen den Parteien. Im Schreiben vom 20.06.2005 (Bl. 21 d.A. 5 OH 15/05) forderte der
Geschäftsführer der Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten auf, nun - entsprechend seiner Zusage - einen
besseren Speicher als den, den er gehabt habe, einzubauen. Zunächst gibt er an, dass er zu seinem Bedauern
feststellen musste, dass die Zusage, einen wesentlich besseren Speicher als den, den er bereits gehabt habe,
zu liefern, nicht zugetroffen habe. Dementsprechend gibt die Beklagtenseite an, dass sie darauf hingewiesen
habe, dass sie eine Dachs-Anlage nur dann einbaue, wenn auch der vom Hersteller vorgesehene
Pufferspeicher mit 750 l dazu erworben werde, da nur dann von dieser garantiert werden könne, dass die
Anlage auch ordnungsgemäß funktioniere (Bl. 14 d.A.). Die Ablehnung des Einbaus des bereits bei der
Klägerseite vorhandenen Speichers erfolgte mithin nicht alleine aus dem Grund, dass ein Einbau nicht möglich
gewesen wäre, sondern weil die Beklagte dann auch keine Gewährleistung für die gesamte Anlage
übernommen hätte. Diese Angaben stellen jedenfalls zu berücksichtigende Gründe dafür dar, dass die
Beklagte nicht den Latento-Speicher einbauen wollte. Dies hat sie auch ausreichend klar gemacht und in ihrem
zweiten Angebot(K 2, Auftragsbestätigung) schließlich nur den Einbau eines kompletten Systems angeboten.
28 Dass der von der Beklagten nunmehr eingebaute Speicher tatsächlich wirkungsvoller und besser ist, ergibt sich
aus den Feststellungen des Sachverständigen M… (Bl. 67 d.A. 5 OH 15/05). Zudem stellt der Sachverständige
fest, dass bei dem jetzt verwendeten Energiekonzept vorteilhaft ist, „dass diese treibende Temperaturdifferenz
gänzlich entfällt, da das Heizungswasser direkt zwischen Dachs-Energie-Zentrale und Pufferspeicher zirkuliert
und dass wegen dem größeren Speichervolumen eine längere Laufzeit des BHKW möglich wird. Beide Effekte
verringern die Einschalthäufigkeit des BHKW, was der Lebensdauer der Anlage zuträglich ist. Nichts desto
trotz hätte der angesprochene Latento-Speicher ebenso verwendet werden können, dann jedoch mit dem
Nachteil einer größeren Einschalthäufigkeit“ (Bl. 70 d.A. 5 OH 15/05).
29 Zudem wäre auch die Kausalität einer Falschberatung für einen Schaden nicht gegeben. Die angebliche
Falschberatung erfolgte im Frühjahr 2004, bevor die Beklagte ihr erstes Angebot (K 1) abgegeben hat. Dieses
Angebot hat die Klägerin im März 2004 abgelehnt. Erst im Herbst - wohl November - 2004 ist die Klägerin
wieder auf die Beklagte zugekommen und hat mit Schreiben vom 18.11.2004 ein neues Angebot erhalten (K 2,
Auftragsbestätigung). Darin wird der Klägerin eine komplette Energiezentrale angeboten. In der Zwischenzeit
hatte die Klägerin sich nach Alternativen umgehört (vgl. Protokoll über die Zeugenvernehmung des T… M…,
Bl. 64). Mithin ist davon auszugehen, dass für den konkreten Vertragsschluss die angebliche Falschberatung
nicht mehr relevant war, zumal die Klägerin nunmehr von der Beklagten ein Komplettangebot erhalten hat und
sie wusste, dass die Beklagte die Energieanlage nicht ohne den Speicher liefern würde. Hinzu kommt, dass
angesichts der höheren Effizienz der Anlage und der längeren Lebensdauer ein Schaden konkret nicht
festzustellen ist, zumal letztlich der Klägerin auch noch die Möglichkeit verbleibt, den bei ihr vorhandenen
Speicher durch Verkauf wirtschaftlich zu verwerten.
3.
30 Die Nichtberücksichtigung des Vortrages der Klägerin zur Frage eines Beratungsfehlers im Zusammenhang mit
Strompreisen und Rückvergütung in erster Instanz wegen Verspätung gemäß § 296a ZPO war nicht
verfahrensfehlerhaft, denn nach dieser Vorschrift können Angriffs- und Verteidigungsmittel nach Schluss der
mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgetragen werden. Das Gericht war auch nicht nach § 156 ZPO
gehalten, aufgrund der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragenen neuen Angriffsmittel die
Verhandlung wiederzueröffnen (Zöller/Greger, § 296a ZPO Rn. 2, 3 sowie § 156 ZPO Rn. 4). Dagegen kann der
neue Vortrag in dem Berufungsverfahren nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO berücksichtigt werden, da die Klägerin
objektiv gehindert war, den auf dem Schreiben vom 23.01.2008 (K 7, zum Schriftsatz vom 31.01.2007, Blatt
77) beruhenden Vortrag bereits in der mündlichen Verhandlung am 19.12.2007 vorzubringen. Diese nachträglich
bekannt gewordenen Tatsachen können daher noch Berücksichtigung finden (Zöller/Gummer/Heßler, § 531
ZPO Rn. 9).
31 Auch aus der von der Klägerin vorgetragenen angeblichen Falschberatung im Hinblick auf die Entwicklung der
Strompreise und der zu erwartenden Rückvergütung ergibt sich jedoch kein Anspruch auf Rücktritt von dem
Vertrag. Dass eine entsprechende Zusicherung hinsichtlich der Strompreise und der Rückvergütung durch die
Beklagte erfolgt ist, ist bereits nicht hinreichend konkret vorgetragen. Die Klägerin trägt lediglich vor, der
Beklagte habe erklärt, dass der Strompreis steige und damit auch der Erlös aus dem Blockheizkraftwerk; dabei
habe er diese Tatsache so dargestellt, als ob der Preismechanismus festgeschrieben sei. Diese von der
Beklagten bestrittenen Behauptungen sind - sofern zutreffend - nicht als Zusicherungen oder verbindlichen
Zusagen einer konkreten Vergütung zu werten, für die für den Fall des Nichteintretens eine Haftung
angenommen werden könnte. Zudem ist nicht aufgeführt, welcher konkrete Schaden hierdurch der Klägerin
entstanden sein soll. Ein Rücktrittsgrund ist mithin nicht gegeben.
4.
32 Zu Recht hat das Landgericht auch den Hilfsantrag der Klägerin abgewiesen, denn ein Anspruch der Klägerin
allein auf Ausbau des gelieferten Speichers und Einbau des bei ihr befindlichen Speichers sowie
Rückvergütung hat die Klägerin aus den oben bereits angeführten Gründen nicht, da weder
Gewährleistungsrechte noch Schadensersatzansprüche ihr insoweit zustehen. Ergänzend wird auf die
zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
III.
33 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
34 Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
35 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs.2 ZPO sind - auch unter
Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom 04.09.2008, mit welchem die Klägerin die Zulassung
der Revision beantragt - nicht gegeben.