Urteil des OLG Stuttgart vom 14.09.2005

OLG Stuttgart: vereidigung, öffentlich, strafbarkeit, erstellung, kauf, absicht, ersteigerer, rechtsberatung, rechtsverletzung, fahrlässigkeit

OLG Stuttgart Beschluß vom 14.9.2005, 3 U 160/05
Zwangsversteigerungsverfahren: Haftung des Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin des Landgerichts Heilbronn vom 24.06.2005 (Az.: 1
O 92/05 Ve) durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.09.2005. Eine Entscheidung des Senats wird nicht vor dem 04.10.2005
ergehen.
Gründe
1 Die in zulässiger Weise eingelegte Berufung dürfte unbegründet sein. Das angefochtene Urteil lässt keine Rechtsverletzung zum Nachteil des
Klägers erkennen.
2 1. Das Landgericht hat mit zutreffenden Ausführungen dargestellt, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte unter
keinem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt besteht. Dem schließt sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen im Wesentlichen an.
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Lediglich ergänzend ist Folgendes auszuführen:
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Entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung ergibt sich eine Haftung der Beklagten nicht aus § 826 BGB wegen
vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung des Klägers. Abgesehen davon, dass der Kläger selbst ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten
nicht behauptet, sondern von grober Fahrlässigkeit ausgeht, die für die Erfüllung des Tatbestandes des § 826 BGB nicht genügt (vgl.
Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 826 Rnr. 12), gehört zum Vorsatz i. S. dieser Norm die Absicht des Schädigers, einen Schadenseintritt zu
wollen, d. h., diesen jedenfalls billigend in Kauf zu nehmen (Palandt/Sprau, § 826 Rnr. 10). Hierfür sind keinerlei Umstände ersichtlich,
geschweige denn nachgewiesen.
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Auch eine Haftung der Beklagten nach §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 154, 163 StGB ist nicht gegeben. Zwar kommt eine Haftung des öffentlich
bestellten und allgemein vereidigten gerichtlichen Sachverständigen bereits bei fahrlässiger Falschbegutachtung nach diesen Vorschriften
grundsätzlich in Betracht (vgl. BGH NZM 2003, 411; Kilian, VersR 2003, 683, 684; Brückner/Neumann, MDR 2003, 906, 907). Allerdings liegt
eine Vereidigung des Sachverständigen erst dann vor, wenn diese durch Gerichtsbeschluss angeordnet wird. Die Berufung des
Sachverständigen auf seinen allgemein geleisteten Eid in einem schriftlichen oder mündlichen Gutachten – die hier ausweislich des
streitgegenständlichen Verkehrswertgutachtens schon gar nicht erfolge – reicht hierfür nicht aus, da nach der Regelung in den §§ 402, 391
ZPO über die Vereidigung immer durch das Gericht durch Beschluss zu entscheiden ist (vgl. Peters, NJW 1990, 1832 ff.; Kilian, a. a. O.;
Zöller/Greger; ZPO 25. Aufl., § 410 Rnr. 3).
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Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 153 StGB scheitert daran, dass die Strafbarkeit einer falschen uneidlichen Aussage bei
fahrlässiger Begehung nicht besteht.
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Schließlich scheidet eine Haftung der Beklagten nach § 839 a BGB wegen grob fahrlässiger Erstattung eines gerichtlichen
Sachverständigengutachtens bereits deshalb aus, weil diese Vorschrift zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens am 11.05.2000 noch
nicht in Kraft war (vgl. Palandt/Sprau, § 839 a Rnr. 1).
8 2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erfordern keine andere Entscheidung des Senats (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).
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Der Senat regt an, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.