Urteil des OLG Stuttgart vom 06.06.2002

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OLG Stuttgart Beschluß vom 6.6.2002, 8 WF 96/2000; 8 WF 96/00
Prozesskostenhilfe: Keine Änderung der erstinstanzlich ohne Ratenzahlung bewilligten Prozesskostenhilfe bei zweitinstanzlicher
Ratenzahlungsanordnung
Tenor
Gründe
1
2 Aus den Gründen:
3 1. Der Familienrichter hat der Antragsgegnerin 1999 Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ab Antragstellung ohne
Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt. In dem die Hauptsache betreffenden Beschwerdeverfahren hat der "Spruchsenat" der Antragsgegnerin und
Beschwerdeführerin Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt mit der Verpflichtung, ab 1.7.2000 monatliche Raten von 60,– DM an
die Landeskasse zu zahlen.
4 Daraufhin hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts unverzüglich die Prozesskostenhilfebewilligung für die Antragsgegnerin für den ersten
Rechtszug dahin abgeändert, dass sie im Anschluss an die Ratenzahlung für die zweite Instanz auch für die erste Instanz monatliche Raten von
60,– DM auf die Prozesskosten zu bezahlen habe; als Begründung ist lediglich darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenhilfeentscheidung der
zweiten Instanz den Schluss rechtfertige, die Antragsgegnerin könne auch für die erste Instanz entsprechende Raten aufbringen.
5 Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde, mit der sie geltend macht, eine Abänderung der erstinstanzlichen
Prozesskostenhilfeentscheidung sei nicht gerechtfertigt, weil sich ihre maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich
nicht geändert hätten; die Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch das Oberlandesgericht sei unzutreffend und
jedenfalls nicht für erste Instanz maßgebend, weshalb der ursprüngliche Bewilligungsbeschluss wieder herzustellen sei. Der Bezirksrevisor ist der
Beschwerde entgegengetreten.
6 2. Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg.
7 Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfolgt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders. Zwar bewirkt die
Prozesskostenhilfebewilligung ohne Ratenzahlung in der zweiten Instanz, dass die von der ersten Instanz angeordnete Ratenzahlung entfällt
(BGH NW 1983, 944; Senat Die Justiz 1985, 317; OLG Hamm JurBüro 1987, 445; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 119 Rn 61).
8 Dies rechtfertigt jedoch nicht den von der Rechtspflegerin gezogenen Umkehrschluss, die Anordnung von Ratenzahlung im Beschwerde- bzw.
Berufungsverfahren rechtfertige auch eine nachträgliche Abänderung der erstinstanzlichen Prozesskostenhilfebewilligung ohne Ratenzahlung.
Vielmehr ist in der Rechtsprechung weithin anerkannt, dass eine nachträgliche Abänderung der erstinstanzlichen Prozesskostenhilfebewilligung
durch den Rechtspfleger nur unter den Voraussetzungen des § 120 Abs. 4 ZPO zulässig ist (OLG Celle FamRZ 1991, 207 = RPfl 1991, 117; LAG
Düsseldorf JurBüro 1995, 532 = MDR 1995, 750; OLG Köln (26. ZS) FamRZ 1997, 754 = MDR 1997, 404; OLG Köln (14. ZS) FamRZ 1999, 1144;
Zöller / Philippi, a.a.O.).
9 Da hier die Rechtspflegerin nicht in einem formgerechten Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO festgestellt hat, dass sich die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin so verbessert haben, dass eine Ratenzahlungsanordnung gerechtfertigt ist, fehlt dem
angegriffenen Abänderungsbeschluss die gesetzliche Grundlage. Er war deshalb ersatzlos aufzuheben mit der Folge, dass es bei der
anfänglichen Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für die erste Instanz verbleibt.