Urteil des OLG Stuttgart vom 05.03.2002

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OLG Stuttgart Beschluß vom 5.3.2002, 8 WF 119/2001; 8 WF 120/2001; 8 WF 119/01; 8 WF 120/01
Rechtsanwaltsgebühr: Verjährung des Vergütungsanspruchs des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse
Tenor
Gründe
1
2 Aus den Gründen:
3 1. Der Klägerin war sowohl im Verfahren auf Kindes- und Ehegattenunterhalt als auch im nachfolgenden Verfahren auf Ehescheidung, Regelung
des Sorgerechts und Versorgungsausgleich Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und der jetzige Beschwerdeführer als Rechtsanwalt
beigeordnet worden. Das Unterhaltsverfahren hat durch Schlussurteil vom 7.11.1997 geendet, während im zweiten Verfahren durch Urteil vom
9.12.1998 die Ehescheidung ausgesprochen und die elterliche Sorge geregelt wurde; die Regelung des Versorgungsausgleichs wurde
abgetrennt und zum Ruhen gebracht.
4 Im April 2001 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Festsetzung der in beiden Verfahren angefallenen Vergütung beantragt. Nachdem
der Bezirksrevisor mit Zustimmung des Landgerichtspräsidenten die Einrede der Verjährung förmlich geltend gemacht hatte, hat die
Kostenbeamtin die Vergütungsanträge des Klägervertreters wegen Verjährung zurückgewiesen. Die Erinnerung des Klägervertreters hat die
Richterin des Amtsgerichts hat zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägervertreters, mit der er seine Rechtsansicht weiter
verfolgt, maßgeblich sei die 30jährige Regelverjährung, weil es sich bei dem PKH-Vergütungsanspruch des Anwalts um einen
Aufopferungsanspruch handle.
5 2. Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
6 Der Senat folgt der ganz einhelligen Ansicht der übrigen Oberlandesgerichte, die durchgängig die Auffassung vertreten haben, dass die zwischen
Anwalt und Mandanten maßgebliche kurze Verjährung auch im Verhältnis zwischen Anwalt und Staatskasse gilt – ebenso wie im Falle einer
Vergütung als Pflichtverteidiger (vgl. z.B. OLG Celle JurBüro 83, 699; OLG Frankfurt JurBüro 1988, 1010; KG JurBüro 1986, 724; 1987, 1805; OLG
München AnwBl. 1985, 596; AnwBl. 1999, 78; OLG Schleswig JurBüro 1990, 763; LAG Köln MDR 1999, 1287; Gerold/Schmidt/von Eicken,
BRAGO 15. Aufl., § 16 RN 23, § 121 RN 8; Palandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl., § 196 Rn. 28).
7 Soweit sich der Beschwerdeführer auf die vereinzelt im Schrifttum vertretene Gegenmeinung (Riedel/Sussbauer/Schneider, BRAGO 8. Aufl., § 121
RN 38-40) beruft, vermag dem der Senat angesichts der gefestigten Rechtsprechung nicht zu folgen. Dies gilt um so mehr, als das – hier
allerdings noch nicht einschlägige – Schuldrechtsmodernisierungsgesetz diese lange Regelverjährung beseitigt hat. Hinzu kommt, dass die –
1994 eingeführte – Bestimmung des § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO im umgekehrten Fall zugunsten des Anwalts ebenfalls eine Zweijahresfrist vorsieht:
wird eine Angelegenheit nach ihrem Abschluss mit einer Unterbrechung von mehr als zwei (Kalender-)Jahren – etwa nach Ruhen des Verfahrens
– fortgeführt, fingiert die Neuregelung eine "neue Angelegenheit", die neue Vergütungsansprüche auslöst.
8 Auch das Argument des Beschwerdeführers, es sei treuwidrig, wenn der Staat die Dienstleistung eines Anwalts zugunsten eines Bedürftigen in
Anspruch nehme, dann aber den Einwand der Verjährung erhebe, vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nachdem der
Landgerichtspräsident unter Bezugnahme der Ausführungsverordnung des Justizministeriums vom 10.12.1980 (Die Justiz 1981, 97) die
Einwilligung zur Erhebung der Verjährungseinrede durch den Vertreter der Staatskasse erteilt hat, ist dies für das weitere Festsetzungsverfahren
maßgebend.