Urteil des OLG Stuttgart vom 27.10.2004

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OLG Stuttgart Beschluß vom 27.10.2004, 13 W 58/04
Zwangsvollstreckung einer unvertretbaren Handlung: Titulierte Pflicht des Wohnungseigentümers zur Mängelbeseitigung, mieterseitige
Verweigerung der Mitwirkung und Darlegungslast des Schuldners
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG Ulm vom 23.9.2004 - 3 O 415/00 wird zurückgewiesen.
Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
I. Die Schuldnerin ist Eigentümerin einer Wohnung. Diese ist vermietet. Durch einen Vergleich vom 18.10.2000 verpflichtete sich die Schuldnerin,
einen Fachhandwerker mit der Behebung eines Mangels am Balkon ihrer Wohnung zu beauftragen, da von diesem Balkon Wasser auf den
darunter liegenden Balkon tropft. Zur Behebung des Mangels muss die vermietete Wohnung betreten werden.
2
Trotz Mahnung erfüllte die Schuldnerin den Vergleich nicht. Daraufhin beantragte der Gläubiger, gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld gem. §
888 ZPO festzusetzen. Im Zwangsgeldverfahren behauptete die Schuldnerin, sie habe einen Fachhandwerker beauftragt. Später macht sie
geltend, der Mieter der Wohnung weigere sich, die Arbeiten durchführen zu lassen, sie werde sich aber um eine Erledigung bemühen.
3
Durch Verfügung des Gerichts vom 11.8.2003 wurde die Schuldnerin aufgefordert, binnen 2 Wochen mitzuteilen, wann die Verpflichtung aus
dem Vergleich vom 18.10.2000 erfüllt wurde. Ferner möge sie substantiiert und nachprüfbar zur Weigerung des Mieters, die Arbeiten durchführen
zu lassen, vortragen. Schließlich sei mitzuteilen, ob und welche Maßnahmen die Schuldnerin bisher ergriffen habe. Da keine Antwort einging,
wurde gegen die Schuldnerin am 9.9.2003 ein Zwangsgeld in Höhe von 250 Euro festgesetzt.
4
Gleichwohl erfüllte die Schuldnerin den Vergleich nicht, weshalb der Gläubiger am 23.7.2004 erneut einen Antrag auf Zwangsgeld stellte. Durch
Verfügung des Gerichts vom 29.7.2004 wurde die Schuldnerin aufgefordert, binnen 2 Wochen dazu Stellung zu nehmen, welche Maßnahmen sie
bisher ergriffen hat. Hierauf reagierte die Schuldnerin nicht. Das erste Zwangsgeld konnte bisher nicht beigetrieben werden, da die Schuldnerin
auf Anschreiben der Gerichtsvollzieherin schwieg.
5
Durch Beschluss vom 23.9.2004 wurde ein zweites Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Beschuldigte mit
der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Vollstreckung habe nach § 887 ZPO zu erfolgen. Außerdem sei der Vergleich mangels Unbestimmtheit
nicht vollstreckbar. Die von dem Sachverständigen zur Mängelbeseitigung beschriebenen Handlungen seien im Übrigen streitig.
6
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
7
Die Zwangsvollstreckung richtet sich nach § 888 ZPO, da die mangelbehaftete Wohnung vermietet ist und daher zur Vornahme der
Mängelbeseitigung das Betreten von Räumen erforderlich ist, die im Besitz eines Dritten sind, dessen Einverständnis fehlt (Zöller/Stöber, ZPO,
24. Aufl., § 888 Rz. 2; Schilken in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 888 Rz. 8; OLG Köln v. 3.7.2002 - 19 W 18/02, MDR 2003, 114 = OLGReport Köln
2002, 415; OLG Düsseldorf v. 13.3.2002 - 3 W 404/01, OLGReport Düsseldorf 2002, 412 = NJW-RR 2002, 163). Dabei trägt die Schuldnerin die
Behauptungslast für das Ausbleiben einer Mitwirkung des Dritten (Schilken in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 888 Rz. 8).
8
Dieser Behauptungslast ist die Schuldnerin trotz Aufforderung durch das Gericht nicht nachgekommen. Sie hat nicht dargetan, wann sie die
Mieterin aufgefordert hat und aus welchen Gründen die Mieterin die Mitwirkung verweigert. Sie hat auch nicht dargetan, ob sie gerichtliche
Schritte gegen die Mieterin unternommen hat.
9
Der Titel ist auch zur Vollstreckung bestimmt genug. Es geht um die Beseitigung des streitgegenständlichen Mangels am Balkon der vermieteten
Wohnung der Klägerin. Streitgegenständlich war, dass Wasser heruntertropft. Dies ergibt das Sitzungsprotokoll der Verhandlung, in welcher der
Vergleich geschlossen wurde.
10 Der Schuldnerin bleibt unbenommen, wie sie die Mängelbeseitigung durchführt. Deshalb kommt es auf die unsubstantiierte Behauptung, der
Vorschlag des Sachverständigen sei ungeeignet, nicht an.
11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
12 Streitwert: 1.000 Euro.